Norddeutsche HiFi-Tage 2017 im Hotel Holiday Inn in Hamburg – Hörtest!
Messebericht mit vier riesigen Bildergalerien à 100 Bilder!
Was macht eine wirklich gute HiFi-Show aus? – Es ist die Vielfalt, die Besucher anlockt: viele Aussteller, noch mehr Marken, neues und historisches Equipment an jeder Ecke, dazu unterhaltsame bis sensationelle Vorführungen. Und für all das braucht es offenbar weder große Hallen noch saftige Eintrittspreise. Wie die Norddeutschen HiFi-Tage nachdrücklich beweisen: Im Hotel Holiday Inn (direkt an den Elbbrücken in Hamburg) feiert die „klassische HiFi-Messe im Hotel“ seit mittlerweile zwölf Jahren fröhliche Urständ – 2017 mit über 130(!) Ausstellern. Statt Eintritt zu nehmen wird der dicke, druckfrische Messe-Katalog für einen schlanken Euro angeboten, der Erlös kommt wieder zu 100 Prozent einer gemeinnützigen Stiftung zugute. Prima Idee!
Auf der Messe selbst herrschte ein gutes Grundgefühl vor: Die Besucher in Hamburg wirkten überwiegend entspannt, zugleich sehr am Thema interessiert, und sie bringen gute Laune mit. Das versüßt den Saisonauftakt zu allen kommenden Messen. Auf den Norddeutschen HiFi-Tagen ist jedenfalls deutlich zu spüren, wie sehr die Endkunden den direkten – und nicht um jeden Preis professionell aufpolierten – Kontakt zu Herstellern und Vertrieben schätzen. Wir konnten jedenfalls eine unglaublich hohe Akzeptanz der Messe bei den Besuchern feststellen, volles Haus und durchweg sehr gut besuchte Vorführungen waren angesagt. Damit haben sich die Norddeutschen HiFi-Tage in Hamburg längst von einer regionalen zu einer wirklich großen Publikumsmesse gemausert, tolle Neuheiten inklusive. Der Besucherandrang war an diesem ersten Februar-Wochenende entsprechend hoch. Mehrere Tausend Besucher strömten über die Messe, um sich auf der riesigen Spielwiese für HiFi- und Musikbegeisterte umzuschauen, die sich über eine Vielzahl von Hotel-Etagen verteilte. Selbst wer seinen großen Rundgang in den obersten drei Stockwerken („unter den Wolken“) startete, konnte schon vor der offiziellen Öffnungszeit gut besuchte Flure und Vorführräume erleben. Positiv anzumerken war über beide Tage hinweg auch, dass sämtliche Funktionalitäten – von den Kaffee- und Snack-Ständen bis hin zu den notorisch kritischen Fahrstühlen – professionell betreut waren.
Zu absoluten Spitzenzeiten drängten sich die Besucher dann derart in manchen Räumen, dass manche nur kurz den Kopf in den Eingangsbereich der Hotelzimmer und -suiten steckten, was für das wahre Klangerlebnis ziemlich sinnlos ist. Andere „schafften“ es immerhin bis zum nächsten Türrahmen, was die Sache mit dem guten Klang aber auch nicht wirklich besser machte. Nur konsequent daher der handschriftliche Hinweis bei Sieveking Sound: „Im Türrahmen klingt es mies!“ Wer sich daraufhin einen Platz auf den aufgestellten Stühlen verschaffte, konnte der Aussage nur zustimmen, denn im Raum selbst klangen die Verity Finn, angesteuert von Esoteric und Audia Flight, wirklich gut.
Gleiches galt auch für zahlreiche andere Aussteller, die mit viel Mühe und Aufwand ihre Räume zum Klingen gebracht hatten. Die Firma Hörzone mit Aktivlautsprechern von ADAM darf hier beispielhaft genannt werden (mehr „Best Of Show“ schon bald im zweiten Teil des Messeberichts). Allerdings sollte bei etlichen Klangzauberern noch der optische Auftritt entsprechend nachziehen. Schwarze Geräte auf schwarzen Möbeln vor schwarzem Hintergrund zum Beispiel sehen ebensowenig lecker aus, wie abgeräumte Bügelbretter in der Raumecke oder nur „irgendwie“ abgedecktes Mobiliar. Im ansonsten akustisch unbehandelten Raum von Lyravox entdeckten wir ein völlig neuartiges Akustiktuning-Teil, das offenbar zwischen den Lautsprechern aufzustellen ist … Es stellte sich später als „übriggebliebenes“ Schreibtischbein heraus, das im Boden des Zimmers verankert war und sich beim Abräumen der Standardmöblierung schlicht nicht entfernen ließ.
In puncto Neuigkeiten hatten sich einige Aussteller ordentlich ins Zeug gelegt. Weltpremiere feierten auf den Norddeutschen HiFi-Tagen beispielsweise die neuen kleinen Verstärker von PS Audio (je um 2000€), die per Eilkurier direkt aus USA gekommen waren. Die Jungs von Lyravox hatten hingegen Heimspiel und zogen mit „Karl“ und „Karlotta“, zwei vollaktiven Streaming-Lautsprechern im Vollformat, ins Holiday Inn ein. Das High Fidelity Studio aus Augsburg präsentierte den kleinen, preisgünstigen „Licht-Tonabnehmer“ 002 von DS Audio für 5500€ sowie einige Plattenspieler, Systeme und Phonoentzerrer (designed by Tim de Paravicini) von Mobile Fidelity – und natürlich das AMG-Portfolio in voller Pracht. Gryphon zeigte endlich den „kleinen“ Vollverstärker Diablo 120 bei TAD. Dort sorgte auch Tannoys jüngst erfrischte GR-Modellpalette für Aufsehen – und die Unison Max 2 für substanziellen, knackigen Sound. Burmester war mit dem neuen, wunderbar aufspielenden Lautsprecher B18, angereist. Die komplette kleine Anlage bei ELAC kostete sogar nur 2500 Euro und verbreitete gute Laune. Und dann: Ballfinger! Der Designer Roland Schneider – der zuvor mit namhaften Uhrenherstellern ans Licht der Öffentlichkeit getreten war – sorgte ausgerechnet mit einer neu entwickelten Tonbandmaschine für feuchte Augen bei Nostalgikern und Ästheten. Die 28000 Euro teure Open-Reel-Maschine zog sofort alle Blicke auf sich, doch auch Ballfingers Prototypen eines kommenden Plattenspielers (8800 Euro inklusive kombiniertem Dreh-Tangentialarm) sowie eines passenden Vorverstärkers ließen willkommene Einflüsse moderner HiFi-Klassiker von Dieter Rams oder auch Bang&Olufsen erkennen. Wir kehrten mehrfach zu den Ballfinger-Pretiosen zurück und konnten uns nur schwer wieder von den drei Schönheiten losreißen.
Allerdings war es nicht immer ganz einfach, eine bestimmte Marke, einen bestimmten Hersteller oder Vertrieb auf Anhieb zu finden. Denn auch auf den Norddeutschen HiFi-Tagen 2017 gab es leider keine gezielte alphabetische Auflistung von Marken und Ausstellern, weder im Katalog, noch auf den Flächen und Fluren. Das würde aber durchaus Sinn ergeben, denn die NDHT sind mittlerweile echt groß geworden. Über 130 Aussteller verteilten sich auf insgesamt sechs Ebenen. Aber das erwähnten wir möglicherweise schon.
Ein Wort noch zum klanglichen Niveau der Messe. Das war im Allgemeinen, vor allem im Rahmen der Möglichkeiten eines Hotels durchaus respektabel. Wirklich herausragend guten Klang boten allerdings nur wenige Vorführungen. Uns ist in dieser Disziplin vor allem B&W mit der großen 800er positiv aufgefallen. Aber auch das aktive Grimm-Schallwandlersystem mit Trinnov-Ansteuerung konnte begeistern. In der Kompaktliga gefiel uns die aktive KEF LS 50 (mit DJ Johan Coorg) außerordentlich gut, bei den passiven „Boxen“ konnte uns Boenicke an Elektronik von CAD und Ypsilon nachhaltig beeindrucken. Mehr dazu im zweiten Teil dieses Messeberichts, der schon bald an dieser Stelle erscheinen wird.
Bemerkenswert souverän und ehrgeizig haben sich übrigens einige kleinere Hersteller aus der Spezial-Nische heraus zum Manufaktur-Vollsortimenter gemausert. Man denke etwa an Genuin, die nun auch mit einem eigenen Server am Start sind, oder an Elektronik und Lautsprecher vom Analogspezialisten AVID.
Ja, es gab wieder einmal viel zu entdecken auf den Norddeutschen HiFi-Tagen. Die Team-Mitglieder vom veranstaltenden HiFi-Studio Bramfeld – allen voran Wolfgang Borchert und seine Tochter Yvonne Borchert-Lima – hatten dank toller Vorbereitung für zwei Tage Messetrubel und -jubel vom Feinsten gesorgt. Die Show hatte es wieder einmal in sich. Unsere riesige FIDELITY-Bildergalerie kann da nur einen kleinen Eindruck des livehaftigen Erlebnisses bieten, aber immerhin. Klicken Sie sich einfach durch. Und schauen Sie im nächsten Jahr doch einfach (wieder) selbst in Hamburg vorbei. Die Elbphilharmonie kann warten.