Test: Epic Audio MS90 – Nischendasein als Chance
Ein noch junges Unternehmen aus Mannheim vereint mit der MS90 Ästhetik und Klang auf kleinstem Raum
Seit wenigen Jahren erst firmieren Daniel Caup und ein paar Mitstreiter unter dem Markennamen Epic Audio, wobei das „i“ als Ausrufezeichen gesetzt – also Ep!c Audio – und auch so gemeint ist. Die Wurzeln von Epic Audio liegen im Profi-Bereich der Beschallungstechnik, wo es neben Klang und Leistung vor allem auch um Robust- und Belastbarkeit geht. Tugenden, die Epic Audio auch im HiFi hochhält, zusätzlich schmeichelt aber zumindest die MS90 mit ihrem pittoresken Bambusgehäuse auch dem Auge. Bei der MS90 – MS steht für Microsound – handelt es sich um einen Mini-Monitor mit lediglich 22 Zentimetern Höhe und nur 14 in Breite und Tiefe, dessen angestammtes Habitat der Schreibtisch oder das Heimstudio-Mischpult ist, der aber mit einem angeblichen Maximalpegel von 110 Dezibel (das habe ich in der Praxis nicht erprobt) auch locker kleine Räume beschallen kann. Er ist in der Aufstellung denkbar unkompliziert, fühlt sich durch das frontale Bassreflexrohr auch im engen Bücherregal vor der Wand wohl, liefert aber in der freien Aufstellung und in kurzer Hördistanz ebenso ausreichend Druck und Tiefgang. Wohlgemerkt, man kann die Physik in gewissen Grenzen überlisten, aber nicht aus den Angeln heben. Aus rund zwei Litern Gehäusevolumen lässt sich kein subsonisches Tiefbassgewitter kitzeln.
Wer zu spät kommt …
Kurzentschlossene aufgemerkt! Bis zum 31. März ist die MS90 mit einer 25-mm-Seidenkalotte aus der Epic-Referenzserie, statt des Standard-Hochtöners zum Serienpreis von 450 Euro für die schwarze oder weiße Variante, bzw. 500 Euro für unser Testexemplar aus massivem Bambus erhältlich. Das bedeutet eine Ersparnis von 200 Euro! Und aus meiner Erfahrung mit diesem Upgrade kann ich nur dringend empfehlen, sofort zuzuschlagen. Unter der Hochtonkalotte mit großzügigem Koppelvolumen sitzt ein Tief-Mitteltöner mit 95-mm-Glasfasermembran und Gummisicke. Er ist etwa einen Zentimeter in der Schallwand versenkt und verfügt somit über einen kurzen Waveguide, der dem Wirkungsgrad zugutekommt. Auf der Rückseite ist optisch raffiniert der Firmenschriftzug eingraviert – eigentlich viel zu schade, um im Regal zu verschwinden –, darunter befinden sich stabile Polklemmen. Leider hat die MS90 keine Füße, geschweige denn Gewinde für Spikes oder ähnliches auf der Unterseite, so dass es sich bei höherem Pegel – obgleich das Bambusgehäuse einen sehr stabilen Eindruck macht – empfiehlt, sie vom Untergrund abzukoppeln. Eine Filzunterlage zeigte bei mir auf dem Schreibtisch schon ausreichende Wirkung, aber da sind der Experimentierfreude keine Grenzen gesetzt. Ebenso wie bei der Basisbreite und Einwinkelung, es hat mich rund fünf Minuten gekostet, am Schreibtisch ohne Wand im Rücken eine Aufstellung zu finden, die ein gutes Stereopanorama mit räumlicher Tiefe liefert.
Mit einem Gespann aus D90 D/A-Wandler mit Pegelsteller und A90 Stereoendstufe von Harmony Design gönnte ich der kleinen MS90 vergleichsweise hochwertige Elektronik, als Quelle diente der Arbeitsrechner. Die geradezu unvernünftig teure Verkabelung stammte von T+A; die Strippen lagen gerade so rum und haben offensichtlich nicht geschadet. Schon mit den ersten Tönen konnte mich die MS90 aus zwei Gründen für sich einnehmen: Sie versucht nicht, ihre Größe durch Effekthascherei wie beispielsweise einen unnatürlich aufgeblähten Grundton zu kaschieren, verfügt aber dennoch über einen angenehm sonoren Ton mit satten Klangfarben. Auch nach einem langen Arbeitstag mit YouTube-Untermalung fühle ich mich nicht von nervig dünnem Hochton gestresst. Nein, der MS90 kann man ganz entspannt über Stunden hinweg lauschen. Sie verfügt aber dennoch über genügend Auflösungsvermögen, um die Qualität des digitalen Musikmaterials beurteilen zu können. Der hervorragende Wandler von Harmony Design dürfte daran auch seinen Anteil haben, nichtsdestotrotz lässt die MS90 keinen Zweifel daran, dass richtige Musik erst bei Files ohne datenreduzierende Komprimierung beginnt. Sehr schön, denn Arbeitsgeräte, die alles nivellieren könnte ich gar nicht gebrauchen.
Verschwimmende Größenverhältnisse
Da man bei der MS90 nur die Chassis nicht die Frequenzweiche hört, wie die Website von Epic Audio informiert, gibt es zur Beschaltung des kleinen Monitors auch keine vertieften Informationen. Dass es sich um eine Weiche dritter Ordnung mit wenigen, hochwertigen Bauteilen handelt, ist auch schon alles, was ich Ihnen dazu sagen kann. Letztlich ist der Schaltplan einer Frequenzweiche auch wirklich erst dann von Interesse, wenn man sie hört, weil sie die Freiheit des Lautsprechers einschränkt. Insofern kann ich für die MS90 Entwarnung geben, sie spielt frei und dynamisch auf, sogar die typische Verzögerung des Bassreflex-Konzepts fällt nicht weiter ins Gewicht. Sie kann der traurigen Melodie in Townes Van Zandts Gesang ebensogut folgen, wie sie sich auch von Thrash-Metal-Gitarren Metallica’scher Prägung nicht abschütteln lässt. Frauenstimmen und Flügelanschläge, die sich im kritischen Übernahmebereich zwischen Mittel- und Hochton bewegen, erscheinen sehr sauber und bruchlos. Bezüglich Abbildungsgröße und Raumdarstellung muss man sich natürlich immer wieder mal die Abmessungen und den Preis der Lautsprecher in Erinnerung rufen. Es ist nun wirklich kein Beinbruch, dass es im Redaktionshörraum, wo die brandneue Wilson Audio Yvette steht druckvoller und greifbarer klingt. Die MS90 sucht sich eben Gegner, an denen sie wachsen kann.
Außerdem bietet Epic Audio für „größere“ HiFi-Bedürfnisse auch noch eine ausgewachsene und üppig bestückte Standbox namens Ominotago an. Aber die kleine MS90 verkauft sich wie geschnitten Brot, verrät mir Firmeneigner Daniel Caup, die erste Charge sei im Nu vergriffen gewesen. Um ehrlich zu sein, wundert mich das nicht besonders. Sie ist – vor allem im Bambuskleidchen – ein echtes Schmuckstück, die im Jugendzimmer lässig und auf dem Jugendstil-Sekretär stilvoll wirkt. Daneben ist sie unbestechlich und genau, klingt aber niemals kalt oder analytisch. Auch wenn man ihr ein wenig Zunder in Form erhöhten Pegels gibt, knickt sie nicht ein, sondern spottet ihrer nominalen Größe mit einem sehr stabilen und dreidimensionalen Klangbild. Dieser Mini verdient eine heiße Empfehlung und erstklassige Verstärkung! Machen Sie ihren Arbeitsplatz jetzt zur Wellness-Zone!
Kompaktlautsprecher Epic Audio MS90
Bestückung: 95-mm-Tief-Mitteltöner mit Glasfasermembran, 25-mm-Seidenkalotte
Nominalimpedanz: 4 Ohm
Frequenzbereich: 75–35000 Hz
Empf. Verstärkerleistung: 10–100 Watt
Ausführungen: Bambus natur, Hochglanz schwarz oder weiß
Maße (H/B/T): 22/14/14 cm
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: ab 450 Euro (kostenloses Upgrade bis 31.03.2017)