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Naim Uniti Nova

Naim Uniti Nova All-In-One Player im Test

Naim Uniti Nova – Uni(ti)versalgenie

Der englische Verstärkerspezialist Naim erkannte früh die Bedeutung von Streaming. Heute vereinen die Geräte der Uniti-Reihe das beste beider Technologien in einem Gerät.

Fotografie: Ingo Schulz

Der Naim Uniti Nova begeistert durch Technik und Klang – und macht es dem Autor trotzdem schwer. Denn der fühlt sich zu einer Abhandlung über gutes Design inspiriert. Dabei weiß er, dass hier Musikliebhaber und HiFi-Fans lesen möchten, wie es Naims jüngster Spross mit Triangel und Kontrabass hält. Ob „pace, rhythm and timing“ dem hohen Naim-Standard entsprechen. Womöglich interessiert das Publikum die Provenienz der Leistungstransistoren, oder warum das Digitalfilter ausgelagert und die Abtastrate auf 768 Kilohertz aufgebohrt wurde.

Naim Uniti Nova
Ich sage: Betrachtet das Ganze. Der Uniti Nova ist als Gesamtkunstwerk ein gestalterisches Meisterstück. Alles Weitere ergibt sich daraus.
Im umfangreichen Naim-Katalog firmiert der Nova als Spitzenmodell einer kleinen, aber feinen Sippe von All-in-one-Playern. Alle verbindet der Familiennamen Uniti. Es gibt den Kleinen (Uniti Atom im halben Formfaktor), den Praktischen (Uniti Star mit CD-Laufwerk) und das Oberhaupt namens Nova, laut Naim mit dem Besten, was sich an analoger Verstärkertechnik und digitalem Streaming-Knowhow in weniger als zehn Liter Gehäusevolumen hineinkomprimieren ließ.
Eigentlich stelle ich mir ja unter einem All-in-one-Player ein reines Quellgerät vor. Naim interpretiert das Thema anders: Im Uniti Nova genehmigt sich ein potenter Vollverstärker klassischer Bauart ein Drittel des Nutzvolumens. Da fehlt nichts: ein schwerer Ringkerntrafo mit separaten Wicklungen für den analogen Verstärkerpart und alles Digitale; eine ausgefeilte digital-analoge Pegelregelung; eine Class-AB-Stereoendstufe mit diskreten Leistungstransistoren und besonders hochwertigen Folienkondensatoren (kein SMD!), gut für amtliche 80 Watt Maximalleistung (offizielle Angabe für eine 8-Ohm-Last, bei 4 Ohm deutlich dreistellig); zwei Paar Bananenbuchsen mit (Achtung, Naim-Insiderwitz) rechtem Kanal rechts und linkem Kanal links. Weil für den Uniti Nova auch ein optionales DAB+/UKW-Tunermodul im Angebot ist, müsste es also korrekterweise heißen: All-in-one-Receiver. Leider gibt es keine Phonoplatine – aber bei der Vielzahl an Funkantennen und HF-Quartzen in nächster Nähe wäre hier vermutlich das falsche Habitat für derart einstreuempfindliche Analogschaltkreise.

Das „All“ in „All-in-one“ ist also dezidiert digital. Die vier Analog-Inputs, von denen zwei entzückenderweise in der Naim-typischen DIN-Bauform daherkommen, erfahren intern eine angemessen hochwertige A/D-Wandung. Ansonsten bedeutet „All“ wirklich „All“, und wenn ich hier einen vollständigen Überblick über die Fähigkeiten des Nova zu streamen, zu funken, zu D/A-wandeln und zu Multiroom-verwalten einfügen sollte, wäre mein knappes Wortkontingent im Handumdrehen erschöpft.
Wo waren wir? Ach ja: Design.
Das kantige Aluminiumgehäuse ist unübersehbar Naim. Details wie die rau gebürsteten Metalloberflächen, die sichtbaren Kühlkörper oder der handtellergroße Drehregler an der Oberseite zitieren die neue Designsprache, die mit dem Statement-Verstärker oder auch den Mu-so-Komplettsystemen eingeführt wurde. Wer übrigens den Drehregler on top für postmoderne Spielerei hält, dem sei gesagt: Der kugelgelagerte Ring mit clever programmierten LED-Segmenten bietet, obwohl nur Impulsgeber, ein derart sämig-analoges haptisches Feedback, dass selbst teuerste Lautstärkepotis daneben als die Relikte eines vergangenen Jahrhunderts verblassen, die sie auch sind.

Naim Uniti Nova
Während sich das Bedieninterface maximal zurücknimmt – die Gerätefront zieren vier Knöpfe und ein hochauflösendes Display (nicht berührungsempfindlich) –, findet die Motto-Party „Anschlussvielfalt“ an der Rückseite statt. Digital lässt sich alles anstöpseln, selbst eine HDMI-Buchse mit ARC-Funktionalität (audio return channel) ist vorhanden. Für Datenträger stehen USB-Buchsen sowie ein SD-Karten-Steckplatz bereit. Netzwerkanschluss per Ethernet und WLAN ist obligatorisch, wobei die WiFi-Antenne clever (Naim-Patent!) so im Kühlkörper integriert ist, dass der ihre Effizienz noch erhöht. Analogausgänge ermöglichen den Betrieb etwa von externen Endstufen oder eines Subwoofers.
Herz, Dreh- und Angelpunkt der Signalverarbeitung im Uniti Nova ist ein potenter Rechner: ein SHARC-Signalprozessor ADSP-21489 von Analog Devices. Der übernimmt, neben weiteren Aufgaben wie der Jitter-freien Aufbereitung des digitalen Datenstroms, die wichtige Digitalfilterung. Indem auf diese Weise die in den D/A-Wandlerchips PCM 1791A integrierten Filterschaltkreise deaktiviert werden, lassen sich die feinen Konverter mit einer maximalen Abtastrate von 768 kHz anstelle der ansonsten möglichen 192 kHz betreiben. Was nun nicht bedeutet, dass der Uniti Nova Hochtonsignale bis fast in den HF-Bereich reproduzieren könnte – zumal das Gerät, ganz in guter Naim-Tradition, im Analogpart nicht exzessiv auf Bandbreite gezüchtet ist. Der internen Signalverarbeitung tut eine solche Leistungs- bzw. Frequenzbandreserve allerdings gut, bietet sie doch reichlich Raum für die Operationen der hauseigenen Filteralgorithmen.

Eine weitere Kernbaugruppe ist das erstmals vollständig im eigenen Haus entwickelte Streaming-Board NP800. Es ist dasselbe, das auch in den gerade vorgestellten reinen (also verstärkerlosen) Netzwerkplayern zweiter Generation (ND5 XS 2, NDX 2, ND 555) dafür sorgt, dass über Tidal, Spotify Connect und beliebige andere Dienste (per Google Chromecast) Musik ins Heim findet. Apple Airplay ist mit von der Partie, ebenso beherrscht der Uniti Nova Bluetooth-Streaming via aptX-HD-Codec und UPnP.
Naims Bedien-App ist – Stichwort: gutes Design – ein Quell der Freude. Sie bändigt die Eingangswahlliste mit 18 Einträgen mit links, stellt Song-Informationen flink und ansprechend dar, verwaltet das komplexe Technologiepaket, das der Uniti Nova ist, und macht dazu eine edle Figur. Dass ich als passionierter LP-Auf- und CD-Einleger exakt einmal zur Bedienungsanleitung greife, nämlich für das Paaren des Nova mit der mitgelieferten Funkfernbedienung, sagt schon alles: Gerät und App erklären sich von selbst.
Die Einrichtung geht flott und intuitiv vonstatten. Auspacken, aufstellen, einschalten, Fernbedienung paaren, App laden. Der Nova holt sich über WLAN noch schnell ein Update (vermutlich das, wodurch er kompatibel zum Musikorganisationssystem Roon wird), schon steht Internetradio zur Verfügung, und der unterhaltsame Teil des Tages beginnt. Zum Kennenlernen wähle ich den Sender Naim Radio in 320K-Qualität, zu finden im Ordner „Naim’s Choice“. Hier folgen einer fein gesponnenen Mendelssohn-Klaviersonate die Berserker von trio VD und jagen eben mal den Puls auf 130. Danach eine gepflegte Bläserserenade zur Beruhigung. Für wen der Uniti Nova der erste Kontakt mit Naim ist, der sollte spätestens nach diesem Wechselbad verstanden haben, dass er bei den Musikbesessenen aus Salisbury in besten Händen ist. Nebenbei macht die überzeugende Darbietung des MP3-Formats sofort Lust auf mehr. Da ist schon ordentlich Druck im Bass, da spannen sich trotz Datenreduktion Räume mit echter Dreidimensionalität auf.

Naim Uniti Nova
Der Vollverstärker-Aspekt des Nova sollte nicht unterbewertet werden. Schließlich liegen hier die Gene von Naim. Man denke nur an Legenden wie die NAIT-Integrierten oder die famose NAP250-Endstufe. Alles, was per Analog-Zuspielung in den großen Uniti findet, wird, zugegeben, zunächst digitalisiert. Die Begründung leuchtet aber ein: Nur so lässt sich Musik aus wirklich jeder angeschlossenen Quelle mittels der Multiroom-Fähigkeiten des Nova quer durchs Haus an bis zu vier Netzwerkplayer schicken. Klasse. Der Gedanke an das Ploppen einer Auslaufrille in einem Raum ohne Plattenspieler fühlt sich allerdings ein wenig seltsam an …
Naim-Verstärkern wurde noch nie Schlafmützigkeit nachgesagt. Da weckt der Hinweis des Herstellers auf eine Verdoppelung der Schnelligkeit (gemeint ist die Signalanstiegszeit) der Endstufenschaltung gegenüber dem Vorgänger SuperUniti hohe Erwartungen. Der Nova erfüllt sie mit Bravour. Er spielt locker und offen, auf den Punkt dynamisch und lustvoll detailreich. Als echter Naim beweist er sich durch ein feines Leerlaufräuscheln aus den Hochtönern, verkneift sich aber dankenswerterweise jegliche Ein- und Ausschaltknaller, wie ich sie von meiner privaten Naim-Verstärkerkombi kenne und, nun ja, akzeptiere.

Dass er echte Ambitionen hat, in Gefilden dezidiert highendiger Verstärker zu wildern, beweist der Top-Uniti durch Qualitäten wie Transparenz, Auflösungsvermögen und Dynamikfähigkeit. Von meinem CD-Player Electrocompaniet EMC 1 UP analog via Cinch-DIN-Kabel beliefert, projiziert der Nova Musik betont klar und dreidimensional zwischen die Lautsprecher. Das klingt durchaus anders als über meine im Paket nicht so arg viel teurere Vor-/Endstufenkombi NAC 202/NAPSC und NAP 200. Die versteht es wie kaum ein zweiter Verstärker, sich jegliches Musikgenre mit Lust und Herzblut anzueignen und alle Technik drumherum vergessen zu machen. Auch mal ganz robust aufs Gas zu treten, Rimshots ungestüm knallen zu lassen oder unverblümt über Größenverhältnisse auf einer virtuellen Bühne zu informieren: Damit profiliert sich der Uniti Nova gegen seine aufs rein analoge Verstärken spezialisierten Geschwister als ernst zu nehmender Herausforderer.
Ganz bei sich ist der Nova bei Anschluss einer Festplatte mit HD-Musik. Zeigten sich im DAC-Betrieb noch deutlich die Eigenheiten der angeschlossenen CD-Laufwerke, steht jetzt der dynamisch anspringende Naim-Sound im Fokus. So eindeutig zu fassen wie ältere Naims ist der Uniti Nova nicht mehr, aber auch sein Klang besticht durch ein feines Gespür für Melodien und musikalischen Fluss. Die sehr natürlich wirkende tonale Balance dürften Klassik- wie Jazzhörer zu schätzen wissen. Das Auflösungsvermögen wird HD-Musikformaten mehr als gerecht. Akustische Instrumente, Stimmen und Raumreflexionen platzieren sich klar definiert und lebensecht zwischen den Lautsprechern.

Naim Uniti Nova
Ich höre Sergei Rachmaninows Sinfonische Tänze in der phänomenalen Reference-Recordings-Aufnahme mit dem Minnesota Orchestra unter Eiji Oue und habe nur einen Gedanken im Kopf: Wäre doch nur der Hörraum doppelt so groß und akustisch so perfekt abgestimmt, dass sich der fulminante Tiefbass und die volle großorchestrale Dynamik ohne Einschränkungen entfalten könnten – dann könnte diese scheinbar minimalistische Anlage aus Naim Uniti Nova und meinen Ayon-Seagull-Boxen, hinter einem Vorhang gespielt, mit so manchem mithalten, was in Summe doppelt so teuer ist.

Naim Uniti Nova Navigator

 

Infos:

All-in-one-Player Naim Uniti Nova

Funktionsprinzip: analoger Vollverstärker mit digitalem Streaming- und Netzwerkplayer-Frontend
Leistung: (8 Ω): 2 x 80 W
Eingänge digital: 2 x USB Typ A, SD-Karte, 4 x S/PDIF (2 x koaxial, 2 x optisch), 1 x BNC, 1 x HDMI ARC
Netzwerk: Ethernet, WLAN
Streaming: Chromecast, Apple AirPlay, Tidal, Spotify Connect, Bluetooth (aptX-HD), Webradio, UPnP, Roon Ready
Eingänge analog: 1 x Cinch, 1 x DIN
Ausgänge: 1 x Lautsprecher, 2 x Subwoofer/Vorstufe (Cinch, DIN), 1 x Kopfhörer (3,5-mm-Klinke)
Audioformate: WAV, FLAC, AIFF, ALAC bis zu 32 bit/382 kHz; MP3, AAC bis 48 kHz, 320 kbit/s; Ogg, WMA; DSD 64 und 128
Zubehör: Fernbedienung zigbee RF4CE (Lieferumfang), Naim-App für iOS und Android, DAB+/UKW-Tuner Modul (200 €)
Maße (B/H/T): 43/9,5/26,5 cm
Gewicht: 13 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Preis: 5000 €

 

www.music-line.biz

www.naimaudio.com

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