Moon 891
Womöglich strahlt der Mond im Norden besonders hell – jedenfalls soll die neue Moon North Collection mit highendigem Klarklang alle Feinohren überzeugen. Der in mehrfacher Hinsicht gewaltige Netzwerkplayer Moon 891 tritt selbstsicher zum Beweis an.
In aller Kürze:
Ein High-End-Bolide wie aus dem Bilderbuch: Wer sich den exklusiven Moon 891 gönnt, hat abgesehen von der Leistungsverstärkung alle highfidelen Komponentenfragen beantwortet!
Der im überwiegend französischsprachigen Québec residierende Hersteller Simaudio produziert seit über 40 Jahren Spitzengeräte für den vollendeten Hörgenuss – High End im allerbesten Sinne: Ein 40-köpfiges Expertenteam entwickelt und fertigt die Komponenten. OEM-Fertigung steht für Simaudio außer Frage. Mit der Eigenmarke Moon haben die Kanadier allenthalben überzeugen können und viele eingeschworene Fans ihrer Produkte gewinnen können. Mit der 2023 präsentierten Moon North Collection hat Simaudio das eigene Konzept, die Konzentration auf wenige Vielkönner im Gegensatz zu einem Einzelkomponentenfuhrpark, konsequent umgesetzt.
Wir haben es mit drei Serien zu tun, die jeweils zwei Geräte umfassen: Die Serie 6, bestehend aus dem Streaming-DAC 681 und dem Vollverstärker, bildet den kostengünstigsten Einstieg in die Serie – sofern man 13 000 beziehungsweise 12 000 Euro für die audiophile Mondfahrt überhaupt so bezeichnen kann. Die Serie 7 umfasst den Netzwerkplayer/DAC/ Vorverstärker 791 sowie den Endverstärker 761. Für den 791 sind gut 18 000 Euro anzulegen, die Stereo-Endstufe ist für 16 000 Euro zu haben. Die absolute Spitze markiert die Serie 8: Der 891 bietet der Funktionalität des 791, unterscheidet sich allerdings in wesentlichen Punkten vom Siebener und kostet über 28 000 Euro. Sein nach dem Herstellerwillen idealer Partner ist die Endstufe 861, deren monetäres Gewicht 25 000 Euro beträgt, während ihr Kampfgewicht von 70 Kilogramm so manchen Highender heftig ins Schwitzen bringen wird. Glücklicherweise lässt sich der Netzwerkplayer 891 auch ohne das Endverstärker-Aggregat ausgesprochen gewinnbringend nutzen, weswegen wir unseren Erfahrungsbericht auf den Netzwerkplayer-Star der Moon North Collection konzentrieren. Völlig zu Recht, denn der 891 hat richtig viel drauf – wie Sie sogleich erfahren werden.

Es darf mehr sein
„Fabriqué au Canada“ ist auf der Gehäuserückseite zu lesen und sehr ernst zu nehmen. Denn wie alle Moon-Geräte wird auch der 891 vom Standfuß bis zum Gehäusedeckel in der Simaudio-Manufaktur gebaut. 25 Kilogramm bringt das Nordlicht auf die Waage, einen gewichtigen Anteil hat definitiv das massive Aluminiumgehäuse mit einem ganz eigenen, durchaus gefälligen Design. Allein die Oberflächenbeschichtung des gewölbten Deckels lässt mein Produktfotografen-Herz jubilieren, ist die doch weitgehend resistent gegen Fingerabdrücke und superschnell von Staub und Mikroschmutz befreit. Auch die in den Deckel eingelassene, einmal mehr massive Logo-Platte sieht edel und teuer aus – und fühlt sich so an. Auf der Unterseite findet sich die „Moon Damping Base“, die, einmal befreit von ihren Transportsicherungen, den 891 vom Untergrund entkoppelt und damit die negative Einflussnahme von Vibrationen minimiert. Es versteht sich von selbst, dass Anschlussbuchsen und Drucktaster von bester Qualität sind. Der frontseitige Drehgeber/-regler ist fraglos ein feinmechanisches Meisterstück par excellence. Es macht einfach einen Riesenspaß, mit diesem perfekt laufenden Knopf diverse Einstellungen vorzunehmen. Wenn der 891-Benutzer nicht die mitgelieferte Fernbedienung BRM-1 vorzieht. Die sieht eher aus wie ein moderner Controller, verfügt über ein eigenes Display und erweist sich als schicker und hochfunktionaler Handschmeichler. Die Simaudio-Entwickler haben mit der BRM-1 das ihrer Meinung nach überholte Infrarot-Konzept überwunden. Die BRM-1 kommuniziert mit den North-Collection-Geräten via Bluetooth. Für den 681 ist sie übrigens separat für nicht eben günstige 1000 Euro zu erwerben.
Kann viel, nimmt viel

Apropos Bluetooth: High-End-Anspruch schön und gut, der 891 ist durchaus offen für aktuelle Drahtlosverbindungen. Namentlich der nordische Blauzahn sowie WLAN darf Kontakte knüpfen. Dass das Gerät fürs Streaming auch eine Ethernetverbindung ermöglicht, versteht sich einmal mehr von selbst. Nach erfolgreicher Strippensteckerei hat die LAN-Verbindung immer Vorrang vor WLAN. Über einen zweiten LAN-Port lässt sich ein weiteres Netzwerkgerät anschließen oder via Moon Link mit der Endstufe 861 kommunizieren.
Digitaleingänge sind reichlich vorhanden: AES/EBU, S/PDIF – jeweils zwei Mal koaxial und optisch – sowie HDMI ARC Plus machen die Sechse voll. USB Audio fehlt auch nicht, sodass der 891 auch als USB-DAC mit dem Rechner verwendbar ist. In diesem Fall sind Abtastraten bis maximal 384 Kilohertz bei 32-Bit-Wortbreite wandelbar. DSD64, 128 sowie 256 nimmt er ebenfalls klaglos entgegen. Sogar ein MQA-Decoder ist dabei. Gut so, denn noch immer bieten Tidal und HighResAudio in MQA verpackte Alben an, wenngleich MQA trotz Übernahme der MQA Ltd. durch das kanadische Unternehmen Lenbrook wohl weiterleben wird. Jedenfalls entpackt der 891 ebenso willig MQA-Musik, wie er DSD-Dateien nativ wandelt.

Als Streamer ist das Flaggschiff der North Collection ebenso wie seine beiden günstigeren Geschwister auf der Höhe der Zeit: Apple AirPlay (allerdings nicht MS ChromeCast) und DLNA/UPnP (das ist klar) finden Unterstützung. Wie alle aktuellen Streamer sind auch die der Moon North Collection Roon-ready. Ab Werk sind bereits die wichtigsten Streamingdienste, namentlich Qobuz, Tidal, Spotify, Deezer und HighResAudio dabei, ergänzt um Internetradio und Podcasts. Apple Music bleibt wie meistens außen vor, was bekanntlich eher an Apple liegt. „Halb so schlimm!“, spricht der Apple-User und verwendet den 891 eben im Verbund mit dem Mac als USB-DAC.
Dank des in allen aktuellen Moon-Geräten integrierten Moduls MiND(„Moon intelligent Network Device) 2 ist der 891 befähigt, Musik mit der eindrucksvollen Maximalauflösung von 32 Bit/384 Kilohertz zu streamen. Angesichts so vieler aktueller 32-Bit-DACs ist das so begrüßenswert wie trendbewusst.
Ins Netzwerk ist der 891 sehr geschwind integriert. Tatsächlich geschieht das spielend einfach – deswegen dürfen Schnellstart-Anleitung und PDF-Handbuch einsilbig bleiben. Da der 891 ohne Weiteres und vollumfänglich komplett App-frei bedienbar ist, sei die eigene MiND-App nur ganz knapp gewürdigt: Die Funktionalität überzeugt, dennoch beweisen andere Hersteller, dass es noch einfacher und bequemer geht. Wer das Hantieren mit mobilem Endgerät weniger mag, freut sich über die konventionelle Bedienung am Gerät mit kompetenter Unterstützung des erstklassigen Displays oder über die lässig-stylische BRM-1-Fernbedienung.
Auch analoge Eingänge gibt es: Je zweimal symmetrisch XLR und unsymmetrisch RCA, hinzu kommt ein RCA-Buchsenpaar zum Anschluss eines Plattenspielers. Richtig, der 891 – und der 791 – verfügt über einen Phonovorverstärker, der MM- und MC-Systeme unterstützt und sich recht umfangreich konfigurieren lässt. Sogar RIAA und IEC-Kennlinien sind vorhanden. Sämtliche Einstellungen lassen sich tiefenentspannt am Gerät vornehmen.
Audiophile Essenzialia
Für den Wohlklang eines Audiogeräts ist im Wesentlichen die Hardware entscheidend, und Simaudio als highendige Überzeugungstäter setzen auf bestimmte Technologien für das bestmögliche Klangerlebnis. Sehen wir essenzielle technische Lösungen und Besonderheiten der Moon-Geräte im Allgemeinen und des 891 im Besonderen näher an: Für eine perfekte Digital-Analog-Wandlung ist immer die „Moon Digital Engine“, kurz MDE, zuständig. Beim 891 heißt sie MDE-3 und folgt dem Prinzip des FPGA-basierten Reclockings des Eingangssignals. Der FPGA ist jeweils von den Simaudio-Ingenieuren programmiert worden und erledigt nur im Falle des 891 das Reclocking mit femtosekündlicher Taktgenauigkeit. Dabei ist die Verwendung eines FPGA anstelle eines quarzbasierten Oszillators unüblich und recht aufwendig. Im Ergebnis werden die Eingangssignale praktisch vom Jitter gereinigt. Was die im Dual-Mono-Betrieb arbeitenden beiden DACs vorbereiten, perfektioniert der FPGA. Ach so: Bei den Wandlern handelt es sich um ES9038Pro, der sich auch in vergleichsweise kostengünstigen DACs findet. Allerdings ist der schaltungs-/bautechnische Aufwand nach den Regeln der Hochfrequenztechnik der Wandlersektion in allen Moon-DACs kaum mit denen der Preisbrecher-DACs zu vergleichen.
Auch bei der Lautstärkeregelung treibt Simaudio einen hohen Aufwand: Die „M-Ray-2 Volume Control“ im 891 basiert auf einem diskreten R2R-Widerstandsnetzwerk, das die Pegelanpassungen extrem fein abgestuft in 640 Schritten vornimmt. Im Unterschied zu einer gleich guten Lösung mit Relais gibt es absolut nichts über Lautsprecher oder Kopfhörer zu hören. Der Aufwand liegt dabei im Detail: Es bedarf vieler Bauteile, die Widerstandswerte müssen exakt gleich sein. Gemäß den technischen Daten des 891 ist die Umsetzung anscheinend bestens gelungen.
Schließlich soll auch das Netzteil des 891 für ungetrübten Hörgenuss sorgen. Es nennt sich MHP, was für „Moon Hybrid Power“ steht, ist komplett selbst entwickelt und zeichnet sich durch seine hohe Rauscharmut aus. Dabei ist der 891 schon auf noch besser tönende Zukunftsmusik eingerichtet: Die rückwärtigen, mit „EXT. SUPPLY“ beschrifteten Anschlüsse sind bereit für ein bald erhältliches externes Netzteil, das wohl noch ein Schippchen draufsetzen wird, was linearen und rauscharmen Betrieb angeht.
Mannigliche Mondfarben
Der 891 bietet einen festen Ausgangspegel zum Anschluss an einen Kopfhörerverstärker. Zur Erforschung seines Klangs nutze ich diese Option und verbinde seine XLR-Ausgänge mit meinem Violectric HPA V281. Mit dem neuen Fostex TH1100RP, einem Spitzen-Magnetostaten, ist auch der richtige Schallwandler zur Hand – besser zu Kopfe – für den ersten Höreindruck. Als Hörstoff dient das wunderbare Oscar-Peterson-Album Another Day, das ich für meine Hörtests selbst digital gemastert habe. Mit dem temperamentvollen „Martha’s Blues“ geht es los, und der 891 beweist schon mit den ersten Takten, dass er in puncto Dynamik, Räumlichkeit und Auflösung ein Großmeister ist. So sehr ich meine Referenz-Combo bestehend aus Mutec MC3+USB und Mytek Digital Stereo192-DSD DAC auch schätze: Gegen den Kanadier sieht das europäische Duo nur noch blass aus. Nicht missverstehen: Der 891 langt nicht tief in den Klangfarbentopf. Es ist seine Wiedergabepräzision, die aus der Vorlage alles Vorhandene herausholt und nicht verfärbt. Sicher, eine gewisse Vollmundigkeit, womöglich die Moon-Klangsignatur, ist hörbar. Die stört aber keineswegs, fungiert eher wie die Stütze bei Sängern und gibt den Klängen Substanz. Ich verbinde den 891 zwecks Räumlichkeitstest direkt mit meinen Geithain RL 906 und erlebe mit „The Ballad of Bill Hubbard“ vom Roger-Waters-Werk Amused To Death ein dreidimensionales Klangerlebnis, das meine Geräte so nicht liefern können. Zum Schluss verbinde ich meinen Sony PS-9X mit dem Phonoeingang des 891 und lege zu Ehren des jüngst verstorbenen Gitarristen David Qualey sein wunderschönes Album Guitar Solo auf – und staune, denn die Phonostufe des Kanadiers wird sogar meinem Violectric PPA V600 gefährlich. Genau, so stellen wir uns High End vor, und es ist gewiss: In Kanada leuchtet der Wonnemond besonders prachtvoll.
Info
Netzwerkplayer/DAC/Vorverstärker Moon 891
Konzept: Netzwerkplayer mit integriertem DAC und Vorstufe
Eingänge analog: 2 x Stereo RCA, 2 x Stereo XLR, 2 x Phono, 2 x koaxial SPDIF, 2 x optisch
Eingänge digital: 2 x SPDIF, 2 x optisch, 1 x AES/EBU, 1 x HDMI ARC, 1 x USB Audio, 1 x USB Storage, 2 x LAN
Ausgänge analog: 2 x analog symmetrisch XLR, 2 x analog unsymmetrisch RCA
Ausgänge digital: 1 x AES/EBU, 1 x SPDIF, 1 x Toslink, 1 x HDMI I2S Out, 1 x USB 2.0 Audio für externen USB-DAC
Maximale Auflösung: 32 bit/384 kHz (PCM), DSD256
Netzwerk: Ethernet, WLAN, Bluetooth
Formate: alle gängigen, einschließlich DSD256, MQA-Decoder
Streaming: AirPlay, Bluetooth, Internetradio, Roon, Spotify, Tidal, Qobuz, HighResAudio, DLNA/UPnP, USB-Medien
Besonderheiten: entwickelt und gefertigt in Kanada, Phono-Pre für MM- und MC-Systeme
Ausführung: Aluminium silber/schwarz
Lieferumfang: Bluetooth-Fernbedienung BRM-1, Netzkabel, Anleitung
Maße (B/H/T): 481/140/449 mm
Gewicht: 25 kg
Garantiezeit: 10 Jahre
Preis: um 28 500 €
Kontakt
Dynaudio Germany
Ohepark 2
21224 Nenndorf
Telefon +49 450 4492212
Mitspieler
USB-Interface und D/A-Wandler: Mutec MC-3+USB, Mytek Digital Stereo192-DSD DAC, Violectric V800
Kopfhörerverstärker und Kopfhörer: Violectric V280, Fostex TH1100RP
Musikserver: Audiodata MusikServer II
Rechner: MacBook Pro 16 und MacBook Pro 13 mit M1, jeweils mit Audirvana-Softwareplayer
Plattenspieler und Phono-Pre: Sony PS-X9 und Violectric PPA V600
Aktivlautsprecher: Geithain RL 906
Kabel: Vovox, AudioQuest, Klotz