Monitor Audio Platinum PL500 II – Universales Lautsprecher-Flaggschiff
Die Monitor Audio ist ein Trumm. Sie macht unglaublich viel unglaublich gut und goldrichtig. Dafür will sie ein nicht unbeträchtliches Maß an liebevoller Zuwendung. Das sei ihr gegönnt. Denn einer Diva verzeiht man so manches, wenn sie dort glänzt, wo es nötig ist: auf der Bühne. Und das tut die Platinum PL500 II.
In aller Kürze
Die Monitor Audio Platinum PL500 II kann sehr viel. Stellt man sie sorgsam auf und speist sie mit guter Elektronik, kann sie ihr riesiges Potenzial voll ausspielen. Paarpreis um 22 000 €
Schade, dass ich kein Loft habe. Oder einen deutlich größeren Hörraum. Die sträfliche Vernachlässigung regelmäßiger Fitnessstudio-Besuche rächt sich ebenfalls. „Ich könnte dir die Boxen per Post schicken, aber du würdest nicht froh damit“, kündigte der Chefredakteur an. Als ich die Monitor Audio Platinum PL500 II im FIDELITY-Hörraum leibhaftig vor mir sehe, wird mir klar, was er meint: Rund 1,8 Meter Holz, Stahl und Hightech-Verbundwerkstoffe wie keramikbeschichtetes Aluminium, vier Achtzoll-Bässe, zwei Vierzoll-Mitteltöner und ein Bändchenhochtöner plus superstabile Standfüße, in denen sich auch die Weichenelektronik verbirgt, summieren sich zu einem Stückgewicht von knapp unter 100 Kilogramm.
Ja, ich habe auch schon größere und schwerere Schallwandler daheim getestet. Aber mein Hörraum käme im Fall der Monitor Audio Platinum PL500 II fast schon einer Majestätsbeleidigung gleich. Um klingen zu können, um zu ganz großer Form aufzulaufen braucht dieser Lautsprecher Platz, Luft zum Atmen. Dazu die Geduld dessen, der ihn aufstellt, ihn zentimeterweise verrückt, mehr oder weniger stark auf den Hörplatz einwinkelt, bis er sein volles Potenzial zeigt. Im Hörraum der FIDELITY mit seinen stabilen Standflächen geht das, auf meinen erratisch schwingenden, über 130 Jahre alten Parkettböden wäre das eine Sisyphusarbeit.
Die Monitor Audio Platinum PL500 II ist kein Lautsprecher zum Nebenher-Aufstellen. Und schon gar nicht zum Nebenher-Hören. Gönnt man der Dreiwege-Passivbox mit ihrer symmetrischen Treiberanordnung Mitspieler, die ihr angemessen sind, geht die Sonne wie über der Marsoberfläche auf: hell strahlend und so gut wie unbeeinflusst von atmosphärischen Schleiern.
Der erste Eindruck, auf dem Testprotokoll zweimal unterstrichen, ist Klarheit. Transparenz. Das, was man im Konzertsaal wie zu Hause am ehesten mit Durchhörbarkeit umschreiben kann. Der Klang baut sich nicht als amorphe Zusammenballung auf, sondern hat Form und Struktur. Fragt man Jens Ragenow, für den Deutschland-Vertrieb zuständig, dann sind dafür jene Treiber verantwortlich, die bei Monitor Audio eine sehr lange Tradition haben: „In England wird das ‚Rigid Diaphragm Technology‘ (RDT) genannt und umschreibt Lautsprecherchassis, bei denen ein Aluminium-Magnesium-Mix mit einer hauchdünnen Schicht synthetischer Keramik überzogen ist“, weiß Ragenow. Dabei setzt der 1972 in Cambridge gegründete, heute in Rayleigh beheimatete Hersteller auf eine Honigwabenform, um Membransteifigkeit mit hohem Wirkungsgrad und sehr guten Dämpfungseigenschaften auch bei hohen Frequenzen zu verbinden.
Die Platinum-Serie wurde laut Jens Ragenow erst 2007 auf den Markt gebracht. Ausschlaggebend war die Eigenentwicklung des sogenannten C-Cam-Bändchenhochtöners, der auf dem Air-Motion-Prinzip von Oskar Heil basiert. Später profitierte von diesem Treiber auch die „Gold“-Serie von Monitor Audio. Die schwingende Folie besteht aus Kapton mit Leiterbahnen aus Aluminium, eingespannt zwischen zwei Stahlplatten, die den Magnetspalt formen, in dem zwei Magnete aus einer Neodym-Eisen-Boron-Mischung installiert sind. Klingt komplex, ist es auch – und klingt unfassbar filigran, ohne Präzision vermissen zu lassen. Schwierig sei es gewesen, eine systemtypische Frequenzgangdelle bei 40 Kilohertz „auszubeulen“, dieses Problem wurde mit einer „mikrogefalteten“ Folienmembran gelöst, die linear bis 100 Kilohertz hinaufläuft.
Mindestens so wichtig waren laut Ragenow die ebenfalls selbst konstruierten „Rigid Diaphragm Technology“-Treiber für Mittel- und Tiefton, die auf der Front einen mit Keramik überzogenen Aluminium-Magnesium-Mix als Membran haben, im Kern aus wabenförmigem Nomex bestehen – Stichwort Vibrationsvermeidung – und auf der Rückseite zur weiteren Stabilisierung Carbonfaser-bewehrt sind.
Ich gebe es zu – wenn ich solche Boliden vor mir habe, drehe ich den Lautstärkeregler des Verstärkers gerne über die 12-Uhr-Position weiter, lasse mich wie in einem Club von Musik umspülen, bis die Hosenbeine flattern und die Deckenpaneele scheppern. Nur dass bei diesem Hörtest nichts scheppert. Weil vagabundierende Störfrequenzen gar nicht erst entstehen. Und weil der Frequenzgang der Monitor Audio Platinum PL500 II insgesamt so absolut linear verläuft wie die Kurve des Hochtöners. Keine überbetonten Höhen, keine aufgedickten Oberbässe, die auf Anhieb spektakulär wirken, aber schnell nur noch nerven. Das Flaggschiff, es kommt so sanft und schmeichelnd wie eine Meeresbrise daher. Dass hier ein Dreh an der Lautstärke Donnergrollen und Orkangebraus entfachen kann, ahnt der Wissende. Zeitnah zur Monitor Audio Platinum PL500 II war A Spectacular Sound Experience, Vol. 2 vom audiophilen Plattenlabel inakustik in der Redaktionspost: eine UHQCD („Ultra High Quality“). Der Hersteller verspricht „eine deutlich verringerte Spiegelung des Laserlichts im Inneren der CD und unerreicht präzise Kantenübergange zwischen Pits und Lands der CD“. Abzüglich des Marketing-Gedönses bleiben diese Silberscheiben ausgezeichnet klingende Exemplare ihrer Gattung, mit denen man neuem Equipment bestens auf den Zahn fühlen kann.
Auf besagter inakustik-Produktion finden sich Einspielungen des Dirigenten Erich Kunzel und seiner Boston Pops: großsinfonischer Filmmusik-Stoff der fetten Sorte. Hier kann die PL500 II zeigen, wo der Hammer hängt. Nicht britisch-distuingiert, sondern so kraftvoll wie ein amerikanischer Achtzylinder-Straßenkreuzer krachen Hollywood-Klassiker wie das „Rocky Theme“ oder die Superman-Titelmusik in den Raum. Die Monitor Audio kapituliert weder vor Kunzels vierfach besetzter Bläsersektion noch vor dem Breitwand-Streichersatz. Zu Druck und Fülle gesellt sich eine extrem beeindruckende Räumlichkeit, die das große Orchester in Breite und Tiefe weit gestaffelt auffächert.
Der fünfte Track auf der Hörtest-CD ist ein Soundschnipsel aus dem Dinosaurierstreifen Jurassic Park namens „Jurassic Lunch“: Eine Panzerechse kommt aus dem Wald und „grast“ einen Baumstamm ab. Die Special-Effects-Abteilung der Universal Studios hat hier alle Register gezogen – und die Monitor Audio Platinum PL500 II verblüfft mit realem Tiefbass, wenn der tonnenschwere Saurier seine Füße auf den Boden setzt. Doppelte, zum Ausgleich von Nichtlinearitäten einander gegenüberliegende Zentrierspinnen in den Tieftönern tun hier das ihre. Merke: High End beginnt manchmal im Bauch.
Wenn ein Schallwandler im Cinemascope-Format so gut ist, muss er anderswo Schwächen haben. Falsch gedacht. Die in Santos-Palisander-Furnier gekleideten Britinnen, deren mit Inglewood-Schafsleder bezogene Schallwand aus gegossenem Polymer einen besonderen Akzent setzt, „können“ auch klein und leise. Klassische Kammerquartette oder Sängerinnen, denen nur ein Klavier zur Seite gestellt ist, präsentieren sich ebenso authentisch und unaufgeregt richtig wie die großen Formate. Bestechend wirkt die feine Durchzeichnung des Hochtonbereichs. Mein Lackmustest ist die Säuselpop-Scheibe Odyssey der neuseeländischen Sängerin Hayley Westenra. Decca New Zealand gab 2005 obenrum ordentlich was mit. Folge: Diese CD tut ab einem gewissen Pegel in den Ohren weh. Nicht so über die Monitor Audio Platinum PL500 II. Da hört man eine noch sehr junge, stimmstarke Sopranistin, die Spaß am Singen und an schönen Melodien hat. Die aber nicht schrill klingt, wenn sie in die obere Lage geht. Hier zahlt sich aus, dass man dem hauseigenen AMT die Schrullen ausgetrieben hat.
Was beim Sprung der Platinum von Mark I auf Mark II anders geworden ist? Der Hochtöner wurde noch einmal feingetunt, Mitteltöner und Basstreiber bekamen ebenfalls eine Auffrischungskur: „RDT-II-Membranen sind nur zwei Millimeter dick und erheblich stabiler als klassische Konustreiber“, meint Jens Ragenow. Die bewegte Masse wird reduziert, die innere Dämpfung und Festigkeit im Gegenzug massiv erhöht. Verzerrungen oberhalb von 300 Hertz werden nach Werksangaben um volle acht Dezibel reduziert. Die Verbesserungsmaßnahmen starten mit einer überarbeiteten Geometrie der Treiber und hören bei Sicken mit einer synthetischen Gummimischung und einem dazu passenden Kleber noch lange nicht auf. Die Mitteltöner haben in den innen vielfach verstrebten und versteiften Lautsprechern übrigens eigene Gehäuse, um möglichst unbeeinflusst von ihren Mitspielern agieren zu können.
Den rasch im Internet herausgesuchten Preis mochte in der FIDELITY-Redaktion auf Anhieb kaum jemand glauben: 22 000 Euro Paarpreis für einen Schallwandler, der auch nach den Maßstäben des Jahres 2021 in der Liga der absoluten Superboxen spielt? Da musste sich doch jemand vertan haben. Jens Ragenow winkt lächelnd ab und verweist auf die große Fertigungstiefe des britischen Herstellers: „Bei Monitor Audio hat man die komplette Kette von der ersten Konzeptzeichnung über Forschung und Entwicklung der Technologien und das Gehäusedesign bis zu Produktion und Montage komplett in der eigenen Hand“, erläutert Ragenow. In den Ressorts Research & Development, Product Design, Produktion und Fertigung sowie Qualitätsmanagement seien über 70 Mitarbeitende beschäftigt. „Jedes Gehäuse, jedes Chassis und jedes weitere klangentscheidende Teil wurde von Monitor Audio entwickelt, geprüft und gefertigt“, so Ragenow. Der konsequente Verzicht auf Zukauf-Komponenten halte die Preise niedrig und die Qualität hoch. Kurz: Unglaublich gut muss nicht unglaublich teuer sein.
Info
Lautsprecher Monitor Audio Platinum PL500 II
Prinzip: 3-Wege-Standlautsprecher
Bestückung: AMT-Hochtöner, 2 x 4″-RDT-II-Mitteltontreiber, 4 x 8″-RDT-II-Langhub-Basstreiber
Nennimpedanz: 4 Ω
Empfohlene Verstärkerleistung: 150 bis 400 W
Empfindlichkeit (1 W/1 m): 91 dB
Besonderheiten: D’Appollito-Chassisanordnung, Bi-Wiring-Anschlüsse
Angebotene Oberflächen: Holzfurnier Santos-Palisander und Ebenholz-Naturholzfurniere mit hochglänzendem Klavierlack oder klavierschwarzem Glanzlack
Gewicht: je 99,1 kg
Maße (B/H/T): 185/50/63 cm (mit Füßen und Spikes)
Garantiezeit: 5 Jahre
Paarpreis: um 22 000 €
Kontakt
Pannes Vertriebs KG
Berliner Straße 3
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Telefon +49 4551 8955394
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