MiTec. Mann. Maschine. Musik!
Thomas Middeldorf verwirklicht seinen Traum‚ indem er die dazu nötigen Komponenten selbst konstruiert.
Der Mann ist groß und hat eine ziemlich markante Stimme, das muss ich schon sagen. Der Mann klingt derart verblüffend nach Robert de Niro – man könnte ihn glatt mit dem Schauspieler verwechseln. Doch der große, stimmgewaltige Mann ist nicht leibhaftig vor Ort, er ist „nur“ eine Stimme im Raum. Es ist Christian „The Voice“ Brückner, die deutsche Synchronstimme von Robert de Niro. Brückner hat 2001 zusammen mit dem Lone World Trio das Album Brückner Beat eingespielt, oder besser: eingesprochen. „Beat“ ist hier im Sinne von „beat poetry“ oder „beat generation“ zu verstehen und keinesfalls mit „Bietmusik“ zu verwechseln, wie meine Oma jede Art Musik nannte, die mit elektrischen Gitarren zu tun hat und „nur was für junge Leute“ ist. Beat-Gedichte also. Von einer ganz normalen CD abgespielt. Aber von ganz und gar nicht normalen Schallwandlern wiedergegeben. Absolut faszinierend!
„Willkommen bei MiTec“, sagt jetzt ein anderer Mann im Raum. Auch er ist groß und stimmkräftig. Aber leibhaftig vor Ort. Thomas Middeldorf empfängt mich im Vorführraum von MiTec, führt mich herum, zeigt mir erst die Schallwandler-Riege, dann die Maschinen, die zu deren Fertigung nötig sind. Einige Maschinen hat er selbst konstruiert, weil es sie zuvor nicht – oder nicht in der gewünschten Qualität – gab, ein paar sogar selbst gebaut, nebenan in der Manufaktur. MiTec ist der audiophile Zweig seiner anderen, größeren Firma: ein Spezialbetrieb, der sich vor allem in Metallurgie, Keramik und Elektrotechnik betätigt und dessen Technologien „schwerpunktmäßig im industriellen Bereich der induktiven Energieübertragung im Mittelfrequenz- und Hochfrequenzbereich sowie der elektrischen Isolation eingesetzt“ werden. Kein Wunder, dass der Mann Elektrostaten fertigt.
Thomas Middeldorf realisiert hier in Bochum einen audiophilen Traum: den perfekten Schallwandler. Gut, diesen Traum haben viele, deswegen gibt es ja auch so viele Boxenbauer. Nur, mit „Boxen“ hat Middeldorf rein gar nichts am Hut. Das Ziel für den erklärten Jazzliebhaber und „Ex-Hornfan“ ist der gehäuselose Schallwandler, genauer: der perfekte Elektrostat. Ohne Gehäuseresonanzen, weil es gar kein Gehäuse gibt, sondern nur besonders steife, praktisch resonanzfreie Rahmen. Eine verfärbungsfreie, blitzartig schnelle, breitbandige Wiedergabe, das ist es. Dafür ist ihm kein Aufwand zu groß. Wie man sieht.
Und das ist hörbar.
Ich falle nun zwar mit der Tür ins Haus, und auch Robert de Niro lässt grüßen, aber der Klang von MiTec, respektive der Nicht-Klang, besitzt eine fast schon beängstigende Perfektion des Immateriellen. Alle Modelle des Hauses, die ich bisher „live“ erlebt habe, zeichnen sich – exakte Aufstellung, adäquate Elektronik und ein akustisch anständiger Raum selbstverständlich vorausgesetzt – durch das Fehlen von klanglichen Fehlern aus. Das wiederum ist natürlich die Crux für jemanden, der einen Klangcharakter beschreiben soll. Erklärtermaßen ist Eigenklang bei MiTec nicht gewünscht, und nach meinem Dafürhalten gibt es auch keinen zu entdecken. Typischerweise präsentiert eine MiTec die klanglichen Unterschiede ihrer Zuspieler, von der Quelle bis zum Käbelchen, in stupender Deutlichkeit, hält sich selbst jedoch in vorbildlicher High-End-Manier mit eigenen Kommentaren vollkommen aus dem Geschehen heraus.
Wo steckt dann aber der Witz der unterschiedlichen Modelle?
Nun, er steckt in den technischen Gegebenheiten des elektrostatischen Wandlerprinzips. Eine Zwickmühle, denn Vollbereichsmodelle fordern einerseits mächtig Verstärkerleistung, können andererseits auch in den tiefen Lagen zwar irrwitzig schnelle, aber eben keine riesigen Membranhübe vollführen, die für Ohrenbetäubung nötig wären. Beinharte Hardrock-Fans oder Besitzer von zarten Kleinleistungsverstärkern werden daher mit den durchaus sehr anspruchsvollen Vollbereichs-Elektrostaten nicht glücklich werden. Das wahre High-End-Glück hingegen wird bei MiTec finden, wer statt schnöde wummernder „Bietmusik“ (© Oma) bevorzugt Aufnahmen hört, die allerhöchste Ansprüche an Durchhörbarkeit und Präzision fordern. Gern akustisch eingespielt, hochkomplex arrangiert und, kein Widerspruch, mit ordentlich Tiefbass ausgestattet, der dann im wahrsten Sinne „unfassbar“, nämlich holografisch, vollkommen bruchlos und formvollendet im Raum steht. Der statt schnödem „Druck“ Definition zu bieten hat. Für dieses zugleich raumfüllende wie ultrapräzise Klangerlebnis sollte die zuliefernde Endstufe möglichst viele wohlklingende Watt liefern können, gern auch bis in den vierstelligen Bereich hinein. Größere Kaliber von Bryston, Musical Fidelity, McIntosh oder T+A sind eine gute Basis. Zudem lohnt – nichts Neues für Flächenstrahlerfans – auch eine akribische Positionierung der MiTecs im Raum, um die ideale Balance zwischen Riesenkopfhörer, Riesenbühne und reinstem Realismus zu finden. Ist diese aber erst einmal gefunden, heißt es nur noch: genießen, Ohren spitzen und auf Entdeckungsreise gehen. Wohl dem, der dann im Sweetspot in die Musik eintauchen darf. Allein schon die dynamischen Verhältnisse von Instrumenten und Stimmen werden derart intakt wiedergegeben, wie es sonst nur die weltbesten Hörner können. Die „können“ zwar lauter, klingen aber nicht so schwerelos und unverfälscht. Nicht wahr, Mr. de Niro?