Mission 700
Bis in die 80er Jahre hinein war es ein Leichtes, die Lautsprecher einer bestimmten Marke aufgrund des Designs schon von weitem im Schaufenster des Händlers zu identifizieren. Das hat sich neben der Schwestermarke Wharfedale nun auch Mission zunutze gemacht und einen dieser „Klassiker mit Gesicht“ wieder aufleben lassen. Die neue Mission 700 soll dabei an die aktuelle Erfolgsgeschichte der großen Schwester 770 anknüpfen.
In aller Kürze:
Die hervorragend verarbeitete Mission 700 liefert ein ausgewogenes, aufgeräumtes und gleichzeitig lebendiges Klangbild ab. Zusammen mit den optionalen Ständern in dieser Preisklasse ein Meilenstein.
Entwickler Peter Comeau ist neben dem Relaunch der Mission 770 bekanntlich auch für die sehr erfolgreiche Wharfedale-Linton-Neuauflage verantwortlich. Während Letztere eher warm und nah am historischen Vorbild abgestimmt ist, schickt Comeau die 700er-Reihe von Mission klanglich und technologisch in die Gegenwart. Historisch bleibt hier lediglich das Design, das der Ur-700er aus dem Jahr 1980 schon recht nahe kommt. So ist auch heute der Hochtöner asymmetrisch unterhalb des Tiefmitteltöners eingebaut. Mission nannte das damals „invertierte Treiber-Geometrie“, was es sehr gut trifft. Unterhalb des Hochtöners richtet sich das Bassreflexrohr des Zweiwege-Systems in Richtung Hörplatz. Der klassische Mission-Schriftzug ist prominent am unteren Rand der weißen Schallwand zu sehen.
Allerdings, jedes Detail des Originals wurde für die neue 700er überarbeitet. Das geht von den Treibern über die Frequenzweiche bis hin zur Gehäusekonstruktion. Die weiße Membran des Tiefmitteltöners besteht, wie bei Mission seit langem üblich, aus Polypropylen. Allerdings sind dem Kunststoff hier mineralische Bestandteile beigemischt worden, um die Steifigkeit zu erhöhen. Ein Kniff, den Comeau auch bei der 770 anwendet. Der Antrieb ist in Sachen Belastbarkeit und Dynamik ebenfalls aktuellen Bedürfnissen angepasst worden. Die veränderte Geometrie des Druckgusskorbes soll dafür sorgen, dass weniger erste Reflexionen und damit Verfärbungen auftreten können.
Stichwort Bass. Ich spiele per Qobuz-HiRes Iggy Pops Version von „You Want It Darker“, zu finden auf dem neuen Leonard-Cohen-Tribute-Album. Iggy Pop tritt dabei in den direkten Wettbewerb mit dem verstorbenen Altmeister. Wer hätte gedacht, dass jemand fast noch tiefer singen kann als Cohen? Das Fundament ist stabil, die Stimme spricht mich aus der Stereomitte mit leicht grollender Attitüde an, sie klingt aber nach wie vor realistisch, Iggy Pop eben. Dabei verortet sich der Kessel der tiefen Trommel tonal noch unterhalb seines vokalen Vortrags. Der Bass von Scott Colley zeigt sich ebenfalls als klar zu differenzierendes Instrument, wenn auch etwas weicher und mit einem Schuss Wärme versehen. Das ist allerdings der Produktion von Larry Klein geschuldet, der das Instrumentalensemble für das Album rund um Gitarrist Bill Frisell im Stile einer großen Jazzcombo eingefangen hat. Noch eindringlicher erklingt „If It Be Your Will“, interpretiert von Mavis Staples. Die extrem sauber aufgenommene Stimme stellt die Mission 700 in die Stereomitte. Das heißt, es ist keine technische, ausschließlich auf eine zu eng fixierte Position festgelegte Stimmwiedergabe, sondern eine Wiedergabe mit einem fast schon sichtbaren Körper, der eben schulterbreit im Hörraum erscheint und nicht zu schmal wird, wie bei so manch anderer Box.
Das vertikale Geschehen ist ebenfalls bruchlos, das heißt die von den Lautsprechern losgelöste Wiedergabe widmet dem gesamten Frequenzumfang der Stimme die gleiche Sorgfalt. Die früher für „Brit-Fi“ typischen „perfekten“ mittleren Frequenzen sind natürlich da, aber drüber und drunter wird bei der neuen 700er eben nichts mehr abgeschnitten. Gerade der schwierige Übergang zwischen Hoch- und Tiefmitteltöner scheint bei der Mission exzellent gelöst zu sein. Die Übergabefrequenz liegt bei vergleichsweise hohen drei Kilohertz, damit ist der neue Tiefmitteltöner für die Wiedergabe des überwiegenden Anteils der menschlichen Stimme verantwortlich, die im Wesentlichen zwischen 300 und 3400 Hertz wirkt. Der neue Mission-Hochtöner darf sich daher auf den Bereich konzentrieren, der in der Regel für den Raumeindruck, aber auch die wichtigen Obertöne verantwortlich ist, die Stimmen und Instrumenten ihre Individualität verleihen. Ein 28-Millimeter-Treiber aus Mikrofasergewebe arbeitet in einer eigenen Kammer, die die Resonanzfrequenz des Hochtöners in einen Bereich verschiebt, der unterhalb vom Hochpass der Frequenzweiche liegt, sich also nicht mehr ins Klanggeschehen einmischen kann. So klingt das neue Chassis zum einen klar und offen, zum anderen niemals scharf oder verfärbt. Vorteilhaft ist hier, dass die komplette Produktion des Lautsprechers in den Händen der International Audio Group liegt – also auch die der Chassis. Somit kann Peter Comeau seine klanglichen Vorstellungen ohne Kompromisse durch zugekaufte Treiber umsetzen. Ein wesentlicher Aspekt für den gelungenen Auftritt ist meines Erachtens auch die neue Frequenzweiche. Diese ist ganz zeitgemäß mit Softwareunterstützung entwickelt worden. So konnten viele Parameter vorab in virtuellen Testläufen justiert werden, bevor überhaupt die erste Testplatine gelötet werden musste. Das spart Zeit und auch Ressourcen. Für Hoch- und Tiefmitteltöner sind die Komponenten der Frequenzweiche übrigens je auf einer einzelnen Platine untergebracht.
Die gut produzierte neue Pixies-Platte Doggerel verlangt von den Lautsprechern ganz andere Qualitäten. Der drahtige Bass, die knarzig-rotzige Stimme von Black Francis sowie das mächtige Rockschlagzeug wollen neben der angezerrten Gitarre alle ihren Platz im Klangbild bekommen, und das schafft die 700er sehr gut! Ich höre eine bruchlose Darstellung aller Klangkörper, und die Dynamik des Arrangements von „Vault Of Heaven“ wird mir unverfälscht präsentiert. Der Bass ist hier wesentlich akzentuierter aufgenommen als auf dem Cohen-Tribute, das ich vorher gehört habe. Die Mission 700 profitieren hier ganz offenbar von der Neukonstruktion des Tiefmitteltöners, der druckvoll, aber ohne Dröhnen die tiefen Töne in den Hörraum schickt. Dabei geraten sich Bass und Schlagzeugkessel nicht in die Quere, auch die tiefen Saiten der E-Gitarre bekommen ihren Platz, ohne in der Menge der Töne unterzugehen. Für ihre knapp 25 Liter Gehäusevolumen geht die Mission 700 angenehm tief runter. Nein, das ersetzt keine ausgewachsene Standbox, aber es ist vor allem auf den bestens passenden Ständern eine ganzheitliche Darstellung der Musik. Das klappt schon mit guten 12 Röhrenwatt, mit Leistung jenseits der 50 Watt aus Halbleitern kommt aber noch eine Nuance mehr Definition und Schub hinzu, was bei den angegebenen 86 Dezibel Wirkungsgrad (2,8 V/1 m) auch zu erwarten war.
Ich spiele noch ein paar Takte vom Linn LP12 Selekt zu. Ich habe mal wieder Lust auf „Private Investigations“ von den Dire Straits. Allein schon der trockene E-Bass von John Illsley gegen Ende des Stücks reizt mich, dieses Stück einmal über die 700er zu hören. Die holografischen Fähigkeiten des schottischen Plattenspielers sind trotz des großen Preisunterschieds auch über die erschwinglichen Mission-Lautsprecher eindrucksvoll zu erleben. Die akustische Gitarre zu Beginn, Knopflers Stimme im weiten Hallraum, das mit leichtem Schlag gespielte Xylofon im Hintergrund und die tiefe Keyboardfläche leiten mich zu den räumlich aufgenommenen Schritten, die direkt zum eingangs erwähnten trockenen E-Bass führen. Die Mission folgt den schnellen Transienten der Gitarre und der Toms ebenso wie den kleinen Klangdetails in der Tiefe der Aufnahme. Dabei bleibt der Hochtonbereich aufgeräumt und ohne jede Schärfe. Der Bassbereich ist natürlich, dynamisch und fokussiert. Das bedeutet, dass die tiefen Töne nicht angedickt und wabernd im Raum stehen bleiben, sondern sich ganz natürlich entfalten können. Die früher bei Regallautsprechern beliebte leichte Überbetonung der oberen Mitten gibt es bei der modernisierten Mission 700 nicht!
Damit all diese Eindrücke im Hörraum entstehen können, noch ein Wort zu einer bislang nicht angesprochenen, ebenfalls entscheidenden Komponente: dem Gehäuse. Das besteht bei der Mission 700 aus einer zweischichtigen Holzkonstruktion aus MDF und Spanplatte, die zusätzlich mit internen Versteifungen versehen ist. Dadurch haben Peter Comeau und sein Team die Resonanzfrequenz des Gehäuses unterhalb des hörbaren Bereichs „geschoben“. Und das Dämpfungsmaterial im Inneren wurde mengenmäßig so berechnet, dass der Tiefmitteltöner nicht seine Lebendigkeit verliert. Die Fertigungsqualität der im chinesischen IAG-Werk gebauten Box ist über jeden Zweifel erhaben, das Gleiche gilt auch für die unbedingt empfehlenswerten Lautsprecherständer.
Die neue Mission 700 denkt die guten und individuellen Ansätze der klassischen Zweiwege-Vorgängerbox aus den 80ern weiter und vereint eine vertraute Optik mit zeitgemäßem, hochauflösendem Klang, der sich vor allem in kleinen und mittleren Räumen ausbreiten möchte. Transparenz, Dynamik und eine bruchlose, von den Lautsprechern losgelöste Darstellung aller Frequenzen stehen auf der Habenseite der 700. Betrachtet man den aufgerufenen Preis, müssen sich nicht wenige Mitbewerber nun sehr warm anziehen.
Info
Lautsprecher Mission 700
Konzept: 2-Wege-Kompaktlautsprecher, Bassreflex
Bestückung: Polypropylen-Mineral-Tiefmitteltöner, Mikrofaser-Hochtöner
Übergabefrequenz der Weiche: 3 kHz
Eingänge: Single-Wire-Lautsprecherterminal, schraubbar mit Einlass für Bananenstecker
Impedanz: 8 Ω
Wirkungsgrad: 86 dB bei 2,8 V/1 m
Frequenzbereich (±3 dB): 45 Hz bis 20 kHz
Empfohlene Verstärkerleistung: ab 25 W
Maße (B/H/T): 32/49/33 cm
Gewicht: 12,8 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Paarpreis: um 1500 € (passende Ständer um 380 €/Paar)
Kontakt
IAD GmbH
Johannes-Georg-Halske-Straße 11
41352 Korschenbroich
Telefon +49 2161 617830
info@iad-gmbh.de
Mitspieler
CD-Player/Wandler: Luxman D-N150
Streamer: Volumio
Plattenspieler: Linn LP12 Selekt, Elac Miracord 70 mit Audio-Technica AT33-PTG/II, Rega Planar 3
Phonovorverstärker: Luxman E-250
Vollverstärker: Luxman SQ-N150
Vorverstärker: Audiolab 8200CDQ
Endverstärker: Audiolab 8200P
Lautsprecher: Klipsch Heresy IV
Kabel: Ecosse, TaraLabs, HMS, Furutech, Supra