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MartinLogan Expression ESL 13A

MartinLogan Expression ESL 13A im Test

Elektrostatischer Standlautsprecher MartinLogan Expression ESL 13A – Das durchsichtige Portal ins Klangparadies

Wände? Grenzen? Klischees? Nichts davon, gar nichts. Diese Schallwandler atmen den Geist der Absolutheit.

Fotografie: Ingo Schulz

Zugegeben, bei dem Pärchen MartinLogan Expression ESL 13A, das nun schon eine Weile in der Redaktion zu Gast ist, war ich von Anfang an positiv voreingenommen. Weil ich mich seit meiner Jugend für Flächenstrahler begeistern kann. Weil ich als in der Wolle gefärbter „Klassiker“ ein unverbesserlicher Räumlichkeits-Freak bin. Und weil das Testpärchen mir in den letzten Monaten ausgezeichnete Dienste geleistet hat, wenn es darum ging, Verstärkerelektronik der unterschiedlichsten Couleur zu beurteilen, einzuordnen, in größere Zusammenhänge zu bringen. Worüber ich dabei nie nachdachte und das auch nicht musste, war die Frage, ob die so zuverlässig funktionierenden Elektrostaten ihren eigenen „Senf“ zu Klangfarben hinzudichten, Stimmen schönen oder Räume über Gebühr aufblähen. Was bei Lautsprechern, bei denen die Schallwandlung einer hauchdünnen, magnetisch oder elektrisch gespannten Folie überlassen wird, noch vor gar nicht so vielen Jahren durchaus verbreitet war. Weil es nur in sehr engen Grenzen möglich war, solche Dipole an den Raum anzupassen, in dem sie ihr Werk tun sollen. Und weil die physikalischen Grundlagen dafür sorgten, dass solche Folienschwinger sich in vielerlei Hinsicht kapriziös gebärdeten – manche Modelle zickten schon bei Temperaturunterschieden im niedrigen zweistelligen Bereich so herum, dass man schier wahnsinnig werden konnte.

MartinLogan Expression ESL 13A

Vorbei. Moderne Computertechnik vom Entwurf über die Ausführung bis zum Betrieb macht es möglich, dass ein Hybrid-Elektrostat wie die MartinLogan Expression ESL 13A nicht nur mit einer breiten Elektronikpalette vom eher leistungsschwachen Röhren-Vollverstärker bis zur überaus potenten Transistor-Monoendstufe bestens zurechtkommt – während meiner Tests mussten unter anderem Amps von Accuphase, Air Tight, Audia Flight, Einstein, Gato, Marantz und Musical Fidelity an der MartinLogan Expression ESL 13A arbeiten – sondern auch an aus der Sicht des Bauprinzips vergleichsweise problematische Räume anpassbar ist.

Zwar gibt die vorbildlich ausführliche Betriebsanleitung ebenso detaillierte wie substanzielle Tipps zu Platzierung und Einwinkelung der mit knapp über 1,56 Metern nicht ganz mannshohen und rund 47 Kilo pro Stück schweren „Paravents mit Anbau“. Aber bei der essenziell wichtigen Feinjustage, zu der man früher mindestens zu zweit sein musste – einer verrückt die Lautsprecher millimeterweise, der andere notiert die Unterschiede, bis das Optimum erreicht ist –, helfen im Jahr 2017 ein ausgeklügeltes Computerprogramm und ein Messmikrofon. Diese zeitgemäßen Extras erlauben es, die Weichenparameter des hybriden Elektrostaten mit seinem bruchlos angekoppelten Doppelbass, der pro Box von zwei überaus kräftigen Digitalendstufen befeuert wird, passgenau auf den Raum zuzuschneidern. Frequenzgänge werden genau dort angepasst, wo es heikel werden könnte, und zwar digital ohne Phasenfehler. Und es ist genau dieser (jederzeit abschalt- und veränderbare) Feinschliff, der aus einem ohnehin vorzüglichen einen herausragenden Schallwandler macht.

MartinLogan Expression ESL 13A

Die ideale Starthilfe ins Thema hatte uns zuvor Jens Müller gegeben. Der langjährige MartinLogan-Experte vom deutschen Vertrieb Audio Components erledigte (zusammen mit dem Kollegen Gabriel Zunner) die Aufstellung, Positionierung und finale Einmessung der Expression im FIDELITY-Hörraum – professionell, zielstrebig und mit unschätzbarem Sachverstand. Und natürlich mit einer zeitgemäßen Technologie namens Anthem Room Correction (ARC). Hierbei wird die Basswiedergabe am bevorzugten Hörplatz mittels kalibriertem Messmikrofon, Software und Laptop akustisch erfasst und mittels 24-Bit-Vojtko-DSP in der Schallwandlerelektronik korrigiert bzw. nach Wunsch angepasst. Bereits nach wenigen Stunden spielten die US-Hybriden im Redaktionshörraum, als ob sie schon immer hier gewohnt hätten.

MartinLogan Expression ESL 13A

Dank dieser überschaubaren Fürsorge darf die MartinLogan Expression ESL 13A für sich reklamieren, nach sorgfältiger Aufstellung und Einmessung mindestens bis zum nächsten Umzug stressfrei Musik zu liefern – in einer so zweifelsfreien Qualität, dass man über Schallwandlungsprinzipien eigentlich nicht mehr nachdenken muss.

Sorgfalt ist viel eher bei der Auswahl der Software gefragt, denn die MartinLogan Expression ESL 13A honoriert es, wenn man sauber aufgenommene Musik zu ihren ultrasoliden WBT-„Nextgen“-Klemmen schickt. Den meisten Spaß machen die Elektrostaten mit Klängen, bei denen keine elektronischen Klangerzeuger im Spiel waren. Während ich dies schreibe, dreht sich im Accuphase DP-560 eine SACD des Estnischen Philharmonischen Kammerchors unter Paul Hillier (Harmonia Mundi), aufgenommen in einer estnischen Kirche Anfang der 2000er Jahre. Ich kenne nur ganz wenige Lautsprecher egal welchen Bauprinzips, die mir einen Kirchenraum so detailgetreu wie eine dreidimensionale Projektion in den Hörraum stellen können – und von denen kosten die meisten deutlich mehr als die mit gut 20 000 Euro pro Paar auch nicht ganz billigen MartinLogan Expression ESL 13A.

MartinLogan Expression ESL 13A

Frappierend die Tiefenstaffelung, derer die 13A fähig ist. Auch den Raum spannt sie weit, aber nicht überdimensional breit auf. Und sie schafft es, jeder Chorstimme auf besagter SACD (Baltic Voices) ganz klar umrissen ihren Platz zuzuweisen – so konturenscharf und fein aufgelöst, dass das Kopfkino ein Bild in Doppel-Ultra-HD (mindestens) erzeugt, farbprall und dennoch nie überzogen grellbunt.

Nein, diese dank ihrer durchsichtigen (weil ultradünnen) „CLS-XStat“-Paneele so filigran auftretenden Elektrostaten sind auch klanglich echte Feingeister, die mit lässiger Mühelosigkeit feine Dynamikvariationen ins Wohnzimmer beamen und einen beispielsweise nie im Unklaren darüber lassen, welchen Flügel das einstige ABBA-Mastermind Benny Andersson auf seinem neuen Album Piano (Deutsche Grammophon) spielt: Diese bei aller Grundtonwärme doch sehr knackige Tonerzeugung gelingt auch einem versierten Pianisten nur mit einem Fazioli – bei den Flügeln in etwa das, was Ferrari im Automobilbau verkörpert. Ein Grand Piano mit einer immens schnell reagierenden Mechanik, dessen flinke Gangart mit einer angenehmen Eigenart der MartinLogan korrespondiert: Auch die Expression ESL 13A ist im besten Sinne schnell, ihr aktiver Bass hinkt niemals dem Rest des Frequenzbereichs hinterher. Auch das zum Teil eine Folge der computeroptimierten Weichenstellung, die hier vollzogen wird.

Das funktioniert auch und gerade bei bassbetontem Material besonders eindrucksvoll, denn die mit einer unteren Grenzfrequenz von 24 Hertz spezifizierte ESL 13A ist zu echtem Tiefbass fähig, sofern die Aufnahme ihn hergibt. Hörbar beispielsweise auf dem vor nunmehr 20 Jahren veröffentlichten Titanic-Soundtrack, der ein paar spektakuläre Effekte beinhaltet und vor nicht langer Zeit als fulminant klingende „K2 HD“-CD (über Sieveking Sound) pünktlich zum Filmjubiläum wiederveröffentlicht wurde. So findet sich hier beispielsweise unter dem harmlos klingenden Titel „Hard To Starboard“ (zu deutsch „Hart Steuerbord“) ein Hörbild des Zusammenstoßes mit dem Eisberg, mit dem James Horner sich seinerzeit als Bruitismus-Fan outete, der sich nicht scheute, Ambosse mit Vorschlaghämmern traktieren zu lassen, um damit die „Todesschreie“ des malträtierten Schiffsstahls hörbar zu machen. Die Titanic wird untergehen, das wird auch jenem klar, der das langsame Sterben des Kolosses nur akustisch verfolgt.

Ehe die Erkenntnis, dass nicht nur ich, sondern auch Kate Winslet alias Rose zwei Jahrzehnte mehr auf dem schönen Rücken hat, mich vollends melancholisch macht, lasse ich Till Brönner schnell eine Runde melodischen Barjazz von der schmusigen Seite des schummerigen Clubs auf seiner Blaskanne spielen und mich wenigstens musikalisch für eine CD-Länge in den Chillout-Bereich entführen.

Nein, keine Sorge, der MartinLogan Expression ESL 13A ist kein limitierter Spezialist für kleine Besetzungen. Eher ein pegelfester Allrounder, der dank seiner aktiven Basssektion – wir reden hier von immerhin zweimal 300 Watt pro Kanal, also insgesamt von einskommazwo Kilowatt in Stereo-Konfiguration – mit zwei Zehnzöller-Bässen pro Lautsprecher auch unten herum richtig Druck machen kann und dabei die Reserven des angeschlossenen Verstärkers nur moderat fordert. Wichtige als schiere Leistung sind verstärkerseitig Kontrolle und Auflösung, wobei Letzteres klar auch für die Quellgeräte gilt. Über den MartinLogan Expression ESL 13A lässt sich der Auflösungsunterschied zwischen CD und SACD ebenso eindeutig festmachen wie die Unterschiede zwischen analog und digital oder was auch immer Ihnen sonst so vorschweben mag. Was sich als zuverlässiger roter Faden durch die Höreindrücke zieht, ist das immer schlüssige Timing und damit das Groove-Potenzial der Elektrostaten. Selbst träge Hochglanz-Balladen wie Eric Claptons 2004er Fassung des Reggae-Klassikers „I Shot The Sheriff“ entfalten Sogwirkung und lassen das Spielbein unbremsbar zucken.

Und obwohl die MartinLogan Expression mit geeignetem Musikmaterial ungemein luftig, weiträumig, schwerelos und transparent aufspielen kann, verweigert sie sich erdigem Rock und Blues ebenso wenig wie den pochenden Elektronik-Pulsschlägen, die Yello-Klangtüftler Boris Blank auch und gerade auf seinem Solo-Ausflug Electrified gerne einsetzt.

Der ultimative Lackmustest für die MartinLogan Expression ESL 13A: Harry Belafontes legendäres Carnegie-Hall-Konzert, im Rahmen der Living-Stereo-Reihe der RCA 1959 so perfekt für die Ewigkeit festgehalten, dass die Klangqualität dieser Liveaufnahme ganz vieles in den Schatten stellt, was in späteren Jahren den Weg auf Tonträger fand. Der junge Belafonte verfügte über eine gleichsam überenergetische Stimme, deren immense Präsenz nicht nur durchschnittliches Stereo-Equipment ganz schnell an die Grenzen und darüber hinaus treibt, sondern auch manchem High-End-Hersteller des Jahres 2017 schlaflose Nächte bereitet. Über die 13A wirkt diese Konzert-Sternstunde so unangestrengt und zugleich elektrisierend, wie sie wohl das Publikum im vollen Saal empfunden haben dürfte. Nein, mit der MartinLogan sitzt man nicht auf der Bühne, sondern „nur“ in einer der vorderen Sitzreihen. Das ist auch gut so, denn so wird man von der Band und ihrem charismatischen Leadsänger nicht „erschlagen“, erlebt das Phänomen Belafonte aber dennoch hautnah.

MartinLogan Expression ESL 13A

Die Expression ESL 13A mag vielleicht nicht das allerletzte Wort in Sachen Präzision, Perfektion oder schiere Bassgewalt sein, schließlich gibt es im Hause MartinLogan noch ein paar größere Geschwister, sie kommt aber dem gedachten Ideal dennoch schon so nah, dass ehrlicherweise keine Wünsche übrig bleiben. Mit der MartinLogan Expression ESL 13A kann man extrem lange stressfrei und beglückend Musik hören. Denn sie stößt die Tür ins Klangparadies ganz locker ganz weit auf – und plötzlich spielt die Welt da draußen keine Rolle mehr.

MartinLogan Expression ESL 13A Navigator

 

MartinLogan Expression ESL 13A

Funktionsprinzip: Hybrid-Elektrostat mit aktivem Bassteil
Wirkungsgrad: 91 dB
Nennimpedanz: 4 Ω
Verstärkerleistung Bassmodul: 2 x 300 W
Bestückung: elektrostatisches CLS-XStat-Paneel (112 x 33 cm = ca. 3700 cm2 Fläche), 2 x 25-cm-Tieftöner
Besonderheiten: ARC (Anthem Room Correction: auf die akustischen Raumverhältnisse einmess- und schaltbare Bassentzerrung) optional; Tiefbass Ausführungen: diverse Lack- und Holzoptionen
Maße (B/H/T): 34/156/70 cm
Gewicht: 47 kg
Garantiezeit: 5 Jahre nach Registrierung
Paarpreis: 20 000 €

 

Audio Components Vertriebs GmbH
Harderweg 1
22549 Hamburg
Telefon 040 401130380

 

www.audio-components.de

www.martinlogan.com

 

MartinLogan Expression ESL 13A

Mitspieler:

Plattenspieler: Audio Note TT-2, Clearaudio Innovation, TechDAS Air Force III
Tonarm: Audio Note Tonearm 2, Clearaudio TT-2 und Universal, Einstein The Tonearm
Tonabnehmer: Audio Note IQ-3, Clearaudio DaVinci, Einstein The Pick-up
Phonoentzerrer: Clearaudio Absolute Phono, Einstein The Phonostage
Digitalspieler: Accuphase DP-560, AVM Ovation MP 8.2, Gato Audio CD-D1
Vorverstärker: Audia Flight FLS-1, Einstein The Preamp, Gato Audio PRD-35, Primare Pre60
Endverstärker: Audia Flight FLS-4, Einstein The Silver Bullet OTL, Gato Audio PWR-222, Musical Fidelity M8 500s, Primare A60
Vollverstärker: Accuphase E-270, Hegel H 360
Kabel und Netzaufbereitung: AudioQuest, HMS, in-akustik, IsoTek, Shunyata, Vovox, Wire World
Zubehör: Kristalltone Kristallbase, Sieveking Sound QNR, Subbase Audio

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