Marantz SA-10 + PM-10 SACD-Player + Vollverstärker – Dreamteam auf neuen Wegen
Vergesst Marantz. Oder lasst wenigstens die Klang-Klischees außen vor, die ihr seit Jahren im Kopf habt, wenn ihr an die japanische Edelmarke amerikanischen Ursprungs denkt. Denn mit der 10er-Kette ist der Paradigmenwechsel endgültig vollzogen. Und eine Messlatte gelegt, an der andere sich in den kommenden Jahren orientieren müssen.
Fotografie: Ingo Schulz
Ein Wort zu meiner persönlichen Sozialisation in Sachen Marantz: Zur Unterhaltungselektronik des 1953 von Saul Bernard Marantz in Long Island City, NY, gegründeten Unternehmens, das 1980 an Philips verkauft und Anfang der 2000er Jahre von der japanischen Marantz-Tochtergesellschaft übernommen wurde (heute als produkttechnisch eigenständige „D+M Group“ mit Denon und McIntosh unter dem Dach der amerikanischen „Sound United LLC“ zu finden, womit sich in gewisser Weise ein Kreis schließt) hatte ich schon als Schüler ein besonderes Verhältnis. 1981 drückte ich mir die Nase an der Scheibe eines Nürnberger Radioladens platt. Er bot für 298 Mark, mit dem Konfirmationsgeld gerade so eben erschwinglich, ein Marantz-Cassettendeck an. Dass es am Ende doch eine Aufnahmemaschine von Grundig wurde, hatte nur mit den für meine damalige DIN-Welt zu „exotischen“ Cinch-Anschlüssen des goldglänzenden Marantz-Traums zu tun. Viele Jahre später gab ich dem Faible für Marantz-Geräte dann endlich nach und gönnte mir die MusicLink-Komponenten (siehe „FIDELITY Vintage”) – Beginn einer Leidenschaft für Vintage-Equipment, die mich seither nie wieder verließ. Im Laufe der Jahre kamen unter anderem ein PM-17 Mk II, ein nur in den USA, Japan und China erhältlicher SA-14 V1 (in Unterscheidung zum heutigen SA-14, der ein völlig anderes Gerät ist) und ein SA-15 S1 hinzu.
Mit jenem SA-15 teilen sich die neuen Marantz-Flaggschiffe – der SACD-Player SA-10 und der dazu passende Verstärker PM-10 – das von Marantz-Fans durchaus kontrovers diskutierte Design mit geschwungenen Seitenteilen und blauer Illuminierung. Worüber manche schimpfen, die mit dem Einstieg in eine neue technologische Ära auch gerne ein radikal anders gestaltetes Äußeres gesehen hätten. Das wäre aber wohl dem positiven Konservativismus entgegengelaufen, der bei Marantz, verkörpert von lebenden Entwicklerlegenden wie Senior Electronics Engineer Rainer Finck und Markenbotschafter Ken Ishiwata, weiter dominiert. Die Revolution hat zwar stattgefunden – aber unter dem zentimeterdicken Gehäuseblech. Äußerlich unterscheiden sich die beiden
„Zehner“ dagegen kaum von ihren preisgünstigeren Vorgängern SA-11 und PM-11.
Ein klarer Fall von Etikettenschwindel, denn technisch blieb auf dem Gipfel der Marantz-Gerätebaukunst so gut wie kein (Bau-)Stein auf dem anderen. So kann man den SA-10 mit seinen diversen Digitaleingängen als digitale Schaltzentrale betrachten – und das, obwohl in der schmucken, fast 20 Kilo schweren Maschine, die wie für die Ewigkeit konstruiert scheint (was sie mit ihrem Verstärkerbruder PM-10 teilt), kein DAC herkömmlicher Auffassung mehr werkelt.
Der SA-10 versteht sich nicht nur mit dem PCM-Format der CD und dem DSD-Datenstrom der SACD, sondern auch mit den modernen hochaufgelösten Dateiformaten, die man ihm über seinen computerkompatiblen USB-B-Eingang zukommen lässt oder über eine mit entsprechenden HiRes-Dateien bespielte DVD-ROM verfüttert. Im SA-10 werden alle digitalen Quellen auf DSD-Niveau hochgesampelt (siehe dazu auch den Technik-Kasten) und dann mit einer Methode in hörbare analoge Signale zurückverwandelt, die Rainer Finck und seine Mitstreiter eine „direkte Marantz Musical Mastering-Konvertierung“ nennen. Dabei macht man sich zunutze, dass der Ein-Bit-Datenstrom („Direct Stream Digital“, kurz DSD) das Signal in so vielen Nullen und Einsen (Ein-Aus-Zustände) abbildet, dass er gleichsam zu einer Kopie der analogen Wellenstruktur wird. „Das Signal ist damit schon quasi analog“, so Finck im Gespräch am Rande der 2017er Messe in München. Und verschwieg dabei elegant, dass man es dennoch nicht unbehandelt an die Ausgangsklemmen schicken könnte, weil es mit digitaltypischen Verzerrungen behaftet ist. Eine Aufgabenstellung, die man bei Marantz gleichwohl mit Bravour gelöst hat, wie wir noch sehen werden.
Festzuhalten bleibt, dass der SA-10 bestens als „Dolmetscher“ taugt und durch seine Upsampling-Technik auch betagtere Digitalquellen ebenso wie gestreamte Musikinhalte auf ein zeitgemäßes Klangniveau zu heben versteht. Wobei die Zulieferung durch ältere CD-Player schon unter Nostalgie einzuordnen ist, denn aufgrund der Solidität seines neu entwickelten Laufwerks toppt der Marantz-Player die meisten separaten Laufwerkslösungen deutlich. Wer diesen Mehrfachkönner besitzt, hat auf dem Musiksektor für ganz lange Zeit keinen Erneuerungsbedarf mehr.
Verkörpert der SA-10 schon einen gewaltigen Innovationssprung, so ist der Vollverstärker PM-10 geeignet, auf Jahre hinaus heißes Diskussionsthema zu werden. Setzt Marantz doch hier erstmals in der Premiumklasse auf ein Class-D-Konzept, das vom Eingang bis zum Lautsprecher vollsymmetrisch aufgebaut ist – „für massefreies Signalmanagement“, so Rainer Finck. Mit den digitalen „Kraftwaffeln“ geht hohe Leistung einher: 200 Watt pro Kanal bei 8 Ohm und 400 Watt bei 4 Ohm gibt Marantz an und vergisst nicht, auf die hohe Stromstabilität des Konzeptes hinzuweisen, bei dem je zwei gebrückte Verstärkerzüge für einen Stereokanal zuständig sind. Damit sollen sich so gut wie alle Lautsprecher des Weltmarktes adäquat antreiben lassen – einschließlich impedanzkritischer Monster wie der alten Infinity Kappa 9. In der FIDELITY-Redaktion konnten wir das zwar mangels Vintage-Kappa nicht ausprobieren, verbandelten SA-10 und PM-10 aber nicht nur mit verschiedenen anderen Playern und Verstärkern, sondern auch mit charakterlich grundverschiedenen Schallwandlern, vom MartinLogan-Elektrostaten bis zur Wilson Audio Yvette.
Dabei kristallisierte sich eine klare klangliche Grundtendenz heraus: Tendierten die wahlweise in Champagnergold oder gebürstetem Schwarz erhältlichen Boliden früher gerne zu – vor allem in den Höhen – leicht gesofteter Wiedergabe, die dadurch vor allem beim Langzeithören punktete, so sind die aktuellen Zehner deutlich stärker in Richtung Neutralität getrimmt, ohne deshalb überanalytisch oder gar nervig zu werden.Besonders positiv vermerke ich die gesteigerte Detailfülle bei Player wie Verstärker, die nicht auf Kosten der Homogenität geht. Ein schwieriger Spagat, dessen Gelingen damit zu tun hat, dass die Entwickler nicht nur möglichst perfekte Messwerte im Blick haben – obwohl sich die technischen Daten vor allem bei der erzielten Dynamik und beim Signal-Rauschabstand an der Grenze des technisch Erreichbaren bewegen. Bei Marantz wird im Laufe des Entwicklungsprozesses auch ausgiebig gehört und nicht nur der musikalische Mainstream zu Rate gezogen.
Zudem hat man die beiden Geräte auch untereinander penibel feinabgestimmt, weshalb im finalen Hörtest die Kette als Ganzes untersucht wurde, das einen deutlich größeren klanglichen Schritt nach vorne bedeutet, als es die fraglos überzeugende Vorstellung der Einzelbausteine hätte vermuten lassen.
Als es darum ging, die passende Software für diesen Supertest auszuwählen, konnte ich in die Vollen langen: Hatten mich doch die Vorzüge der „Super Audio Compact Disc“ (SACD) schon in den frühen 2000er Jahren so nachhaltig überzeugt, dass ich mit Freuden auf den damals noch sehr zügig fahrenden Zug des neuen Formates aufsprang. Die Systemerfinder Philips und Sony planten seinerzeit, die nach gut einem Vierteljahrhundert bestens etablierte CD durch ein Medium abzulösen, das sich der DVD als technischer Grundlage bediente und auf einem dieser ziemlich ähnlichen Datenträger hochauflösende Musik nach dem DSD-Prinzip speicherte. Die neuen Scheiben kam zunächst nur in Stereo heraus und waren als Single-Layer-Discs nicht abwärtskompatibel zur CD – einer der Gründe, warum es der SACD hierzulande nie gelang, die CD als Massen-Tonträger abzulösen. Die SACD ist bis heute ein Nischenprodukt geblieben, was nichts daran ändert, dass immer noch regelmäßig sagenhaft gut klingende Aufnahmen erscheinen, die sich deutlich vom CD-Standard abheben.
Und dass es noch einmal besser gehen kann, zeigt sich spätestens dann, wenn man sich solche Produktionen „nichtphysisch“ besorgt, als hochaufgelöste Datei über eines der immer zahlreicher werdenden Download-Portale für HiRes-Musik. Der Marantz SA-10 verschweigt als Wandler nie, dass auch die SACD inzwischen zu den historischen Tonträgerformaten zählt – aber er macht die Unterschiede per Upsampling erträglicher, ohne sie einzuebnen. Ein Ausgleicher und Welten-Zusammenführer mithin, der den Streifzug durch die eigene Tonträgersammlung und das Stöbern in Streaming-Diensten zu einer höchst vergnüglichen Sache machen kann. Die Binsenweisheit, dass die HiRes-Formate in der Tendenz „analoger“ klingen, setzt der Marantz SA-10 unmittelbar in die Realität um. So habe ich etwa Leonard Bernsteins bei der Deutschen Grammophon erschienene West Side Story, die auf eine Single-Layer-SACD gepresst wurde, nie mit so viel natürlichem Raum, so ausgedehnter Tiefenstaffelung und so penibler Ortbarkeit einzelner Schallereignisse gehört wie über die aktuelle 10er-Kombi von Marantz. Dafür verantwortlich ist vor allem eine Fülle ganz selbstverständlich in ein farbiges Klang-Gemälde integrierter Details. Ein Klangpanorama in entschiedener Farbigkeit, das Einzelheiten auf Wimmelbild-Niveau enthält und dennoch auf eine homogene Gesamtschau abhebt: Sobald man die Augen schließt, erwacht ein überaus spannendes Kopfkino zum Leben.
Der PM-10 steuert seinen Teil mit einer wohlbalancierten Mischung aus schierer Kraft und subtilem Feinsinn bei. Abgrundtiefe Passagen mit „Punch“ und idealem Timing (kein Hinterherhinken wie bei mancher starken Endstufe) tragen einen fein durchgezeichneten, angenehm farbneutralen Mittenbereich, gekrönt von hohen Lagen, denen bei allem Nachdruck nichts Schrilles, Vorlautes anhaftet. Die Marantz-Kombi erinnert ein wenig an eine Sportlimousine vom Schlage eines Porsche Panamera: Man kann stressfrei schnell fahren, ohne sich anstrengen zu müssen. Im Falle Marantz bedeutet es, dass Musik aus den unterschiedlichsten Quellen – der PM-10 verfügt auch über eine eingebaute Phonostufe für MM und MC, die so manchen externen Phonoverstärker arbeitslos machen dürfte – in Topqualität in die Gehörgänge geschmeichelt wird. Ja, geschmeichelt! Bei aller Ehrlichkeit verwandelt sich dieses feine Zweigespann doch nie in eine Akustiklupe, die mir den Spaß an normalen Aufnahmen diesseits der audiophilen Sphäre vergällt. Nur den Unterschied zwischen guter und schlechter Musik hört man über die Zehner nach wie vor in aller gebotenen Deutlichkeit. Und so soll es auch sein.
DSD, HDAM und MMM
Die Technik hinter dem souveränen Klang der Marantz-Kette verkörpert die letzte Evolutionsstufe dessen, worauf die Geräte der Marke seit Jahrzehnten fußen. Das „Hyper Dynamic Amplifier Module“ etwa (HDAM), das sich auch in SA-10 und PM-10 wiederfindet, wurde schon 1992 eingeführt und zählt zu den Schlüsselkomponenten in Schaltungslayouts, die innovativ, aber niemals abenteuerlich erscheinen. Der „hyperdynamische Verstärker-Baustein“ ist der Gegenentwurf zu den gängigen Operationsverstärkern, wie man sie inzwischen allerorten auch in hochwertigen HiFi-Komponenten findet. Ein HDAM ist im Gegensatz zum Op-Amp aus Einzelbauteilen aufgebaut, was das Übersprechen reduziert und es erlaubt, klanglich besonders vorteilhafte Schaltungskomponenten einzusetzen. Zu den Konstruktionskniffen gehören unter anderem selektierte Feldeffekt-Transistoren (FETs) und mehrschichtige Platinen, die Vibrationen und Schwingungen den Garaus machen sollen. Außerdem besitzt ein HDAM metallene Abschirmungen, um Störfelder auszusperren. Marantz verspricht sich davon einen frischen, lebendigen Klang.
Ein Grund, warum die Zahl der SACD-Player sukzessive kleiner geworden ist: Es werden kaum noch passende Laufwerke produziert. Bei Marantz verzichtete man auf einen Zukauf und entwickelte ein eigenes Modell: Der Transportmechanismus SACD-M3 kann SACDs, CDs und Datendiscs mit Audiodaten lesen und wurde auf mechanische Solidität getrimmt, um Auslesefehler zu minimieren. Die Wandlersektion schließlich ist so ungewöhnlich wie effektiv: Der „MMM Stream Converter“ (MMM = Marantz Musical Mastering) wandelt alle eingehenden Digitalsignale in einen DSD-Strom um. Aus den 44,1 kHz der CD werden 11,2 MHz, aus den 48 kHz, die beispielsweise DAT-Standard sind, werden 12,2 MHz. Laut Marantz braucht es kein gesondertes Oversampling-Filter mehr, der SA-10 unterstützt die Wiedergabe von FLAC-Dateien von 32 kHz bis 192 kHz bei Auflösungen bis 24 Bit, DSD64 und DSD128, ALAC (Apple Lossless), AIFF und MP3-Dateien. Die MMM-Konvertierungsstufe ersetzt einen üblichen DAC, zwei System-Taktgeber arbeiten zudem mit 32-Gleitkomma-Bits statt der gängigen 24 Bit im Ganzzahlverfahren.
Wir meinen
Marantz SA-10
Ultrafeiner SACD-Player und Multiformat-tauglicher DAC unter einem Dach, klanglich kaum zu schlagen.
Marantz PM-10
Kraftvolle und souveräne Schaltzentrale, idealer Spielpartner nicht nur für den SA-10.
SACD/CD-Player
Marantz SA-10
Ausgänge analog: unsymmetrisch (Cinch), symmetrisch (XLR)
Ausgänge digital: S/PDIF optisch und koaxial
Eingänge digital: optisch, koaxial, USB-B
Spielbare Formate: CD, CD-R/RW, SA-CD, WMA, MP3, AAC, FLAC etc.
Besonderheiten: DSD-Wandlung aller eingespeisten Digitalformate (MMM)
Maße (B/H/T): 44/13/42 cm
Gewicht: 19 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Preis: 7000 €
Vollverstärker
Marantz PM-10
Leistung (8/4 Ω): 2 x 200/400 W
Eingänge: 4 x Line in unsymmetrisch (Cinch), 2 x Line in symmetrisch (XLR), 1 x Phono MM/MC unsymmetrisch (Cinch)
Ausgänge: 2 Paar Lautsprecher (Drehklemmen), 1 x Pre out unsymmetrisch (Cinch)
Maße (B/H/T): 44/17/46 cm
Gewicht: 22 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Preis: 8000 €
Mitspieler
Plattenspieler: Audio Note TT-2, Clearaudio Innovation, SRA Seismograph, TechDAS Air Force III
Tonarme: Audio Note Tonearm 2, Clearaudio TT-2 und Universal, Einstein The Tonearm
Tonabnehmer: Audio Note IQ-3, Clearaudio DaVinci, Einstein The Pick-up, Etsuro Urushi
Phonoentzerrer: Audiospecials Phonolab, Clearaudio Absolute Phono, Einstein The Phonostage
Vorverstärker: Mark Levinson 38s
Endverstärker: Mark Levinson No. 27
Vollverstärker: Hegel H360
Lautsprecher: Bowers&Wilkins 702 S2, KEF LS50, R900 und Reference 3, MartinLogan Expression ESL13A, Wilson Audio Yvette, Infinity Kappa 7.2 Series 2