Streaming-Vorstufe/DAC Linn Klimax DSM/3 – Streamer mit besonderen Vorzügen
Das erste Mal bewusst gehört habe ich den Linn Klimax DSM/3 in seiner aktuellen Ausführung auf der diesjährigen HIGH END in München. Einen Streamer als digitales Pendant zum LP12 anzupreisen hielt ich schon für ziemlich vollmundig. Allerdings werfen die Schotten ihr komplettes digitales Können in die Waagschale. Das gilt vor allem für den komplett diskret aufgebauten und von Grund auf selbst entwickelten Wandlerbaustein Organik DAC. Was kann der eigenständige Ansatz?
In aller Kürze
Der aus dem Vollen gefräste Linn Klimax DSM geht äußerst genau mit dem zugelieferten Audiomaterial um. Der durchdachte und komplett eigenständig entwickelte Wandler Organik DAC überzeugt mit herausragendem Timing – technisch wie musikalisch.
Der Klimax DSM/3 ist nichts weniger als eine Streaming-Vorstufe mit Digital-Analog-Wandler und einer auf einem digitalen Equalizer beruhenden Raumkorrektur. Während die Netzwerk- und Vorstufen-Funktionalität recht leicht zu verstehen sind, benötigt die Raumkorrektur ein kleines Zusatzprogramm auf dem Computer, das die individuellen Raumdaten in den DSM überträgt. Aber keine Sorge, das übernimmt normalerweise der Linn-Fachhändler bei der Ersteinrichtung. Zunächst schließe ich den Linn mit den beiliegenden hochwertigen Silberkabeln unsymmetrisch an die Anlage an und höre noch ohne „Space Optimisation“, wie Linn seine Raumkorrektur nennt. Den Weg ins Internet bahne ich dem Schotten über ein Netzwerkkabel, er kann aber auch mit WLAN arbeiten.
Zur Steuerung habe ich mir Linns App Kazoo auf Handy und Rechner geladen. Hier kann ich meine Zugangsdaten für Qobuz hinterlegen oder direkt auf mein Musik-NAS zugreifen. Rechts an der Gehäuseunterseite findet sich der harte Netzschalter. Einmal umgelegt, meldet sich der mit einem LED-Ring unterlegte transparente Drehregler auf der Oberseite des Geräts. Der prägt unübersehbar das Gesicht des völlig umgestalteten Gehäuses und zählt nach Herstellerangaben zu den aufwendigsten und detailliertesten Einzelteilen, die sich die Schotten bisher einfallen ließen. Mit der befremdlichen Idee, dass die Klimax-Serie ihr gewohnt kompaktes Aussehen verliert, konnten wir uns erstaunlich schnell anfreunden: Das neue Layout bietet Platz für ein riesiges Frontdisplay mit extrem scharfer Textdarstellung, und die insgesamt gewachsenen Dimensionen verleihen dem Streamer eine optische Autorität, die einem Gerät dieser Preisklasse hervorragend steht. Zudem kann sich der Klimax DSM/3 einer Verarbeitungsqualität rühmen, die ihresgleichen sucht.
Die ersten Klänge rufe ich nun via Kazoo von Qobuz ab. Philipp van Endert ist einer der vielseitigsten Jazzgitarristen aus Deutschland. Sein weicher Ton wirkt begleitend ebenso überzeugend wie solistisch. Ein gutes Beispiel dafür ist das Kompilations-Album Ballads & Chills. Hier kombiniert er die Lässigkeit eines George Benson mit dem Ton von Wes Montgomery. Der Linn Klimax DSM reicht zunächst einmal alles durch und macht keinen eigenen Sound. Was er aber macht, ist eine souveräne Öffnung des Klangraums. Die Instrumente stehen plastisch greifbar zwischen den Lautsprechern und auch in den leisen Passagen bleibt der hohe Grad an Details erhalten. Bei niedrigen Lautstärken lasse ich den Linn ohne Space Optimisation laufen, ab mittleren Pegeln schalte ich die digitale Raumentzerrung per Konfig-App hinzu und habe so keinerlei Last mit aufdringlichen Raummoden.
In „Mouse“ dialogisiert van Enderts Gitarre nun mit (dem inzwischen verstorbenen) Kenny Wheeler am Flügelhorn. Der Besen streicht über die Snare, der Kontrabass füllt die tiefen Frequenzbereiche, bleibt aber akzentuiert im Anschlag. Wheeler eröffnet zunächst Unisono mit van Endert, entwickelt dann aber eigene Linien, die transparent und dynamisch aufgenommen wurden. Dabei schafft der Klimax den Drahtseilakt zwischen Brillanz und Schärfe bei der Wiedergabe des Flügelhorns. Das ist im wahrsten Sinne geschmackvoll, wenngleich durchaus subtil.
Seine musikalischen Fähigkeiten bietet der Linn Klimax DSM auch externen Quellen an – digital und auch analog. Letztere werden intern über den A/D-Wandler AK 5572 mit 32 Bit und 768 Kilohertz gesampelt und dann in einem FPGA auf 24 Bit und 192 Kilohertz für die Weiterverarbeitung umgerechnet. Danach werden die Signale an den Organik DAC durchgereicht. Analog stehen zwei Paar Cinchbuchsen sowie ein symmetrisches XLR-Pärchen zur Verfügung. Digital werden Signale optisch via Toslink oder elektrisch via S/PDIF über zwei BNC-Buchsen angenommen, von denen eine wahlweise auch als Ausgang geschaltet werden kann. Der Klimax DSM hat allerdings keinen Digitaleingang in Form einer Standard-Cinchbuchse! Über die USB-B-Buchse kann der Streamer digitale Daten aus einem Rechner entgegennehmen, die dann bis zu 32 Bit und 384 Kilohertz Auflösung haben dürfen. Das gilt auch über das Netzwerk. Ausgangsseitig steht die Musik symmetrisch oder unsymmetrisch für analoge Geräte zur Verfügung – der Cinch-Ausgang lässt sich wahlweise auch über einen zuschaltbaren Trafo isolieren! Der schaltbare Digitalausgang liegt ausschließlich als BNC vor.
Ich möchte den Linn Klimax versuchsweise als Vorverstärker für meine analogen Quellen nutzen und verbinde den Ausgang meines Luxman-Phonovorverstärkers mit dem Analogeingang des DSM. Tash Sultana hat mit ihrem aktuellen MTV Unplugged-Album klanglich und musikalisch einen neuen Meilenstein in der langjährigen Konzertreihe gesetzt. Die Australierin lässt ihre Telecaster über leicht angejazzten Beats und Grooves flirren und manchmal auch im Stil eines David Gilmour singen! Die Modulationseffekte lassen die Saitenklänge durch den Raum schweben, spannende Keyboards und das tiefgehende Bassfundament der Aufnahme laden die Hörer auf eine Entdeckungsreise ein.
Was ändert sich an der Darbietung, wenn ich den Linn als analoge Vorstufe nutze? Die Höreindrücke sind ähnlich denen der rein digitale Wiedergabe. Der Raum zwischen den Lautsprechern wird tief ausgeleuchtet und die einzelnen Instrumente bekommen genügend Platz. Die Wiedergabe bleibt tonal dabei so, wie ich es von der direkten Verdrahtung zu meinem Verstärker kenne. Der Klimax präsentiert mehr Details, fügt aber nichts künstlich hinzu, im Gegenteil: Im Bassbereich ist er über den Analogeingang etwas zurückhaltender als dieselbe Kette im Direktanschluss an den Verstärker.
Jetzt hebe ich den Pegel ein wenig an und aktiviere die Raumkorrektur. Die Stimme von Tash Sultana wird noch ein Stück weit klarer und der Bassbereich ist erwartungsgemäß aufgeräumter als ohne den Raum-EQ, was man vor allem bei steigendem Lautstärkepegel merkt. Ich kann ihn getrost als Vorstufe für eine Endstufe, Aktivboxen oder das hauseigene System „Exakt“ empfehlen. Mit seinem Hauch mehr an Druck liegt die herausragende klangliche Stärke des Klimax in der rein digitalen Musikverarbeitung – deshalb schalte ich zurück zum hochauflösenden Stream.
Das London Philharmonic Orchestra spielt unter der Leitung von Vernon Handley The Lark Ascending von Ralph Vaughan Williams. Die dem Flug der Lärche nachempfundene Melodieführung des Werks wird über den Klimax DSM zum Dynamikerlebnis. Einmal mehr formt er aus der Musik eine fließende Darbietung mit höchster Auflösung bei geringstmöglicher klanglicher Einflussnahme auf das Original. Das Orchester klingt einfach nach Orchester – nicht mehr und nicht weniger. Eigentlich unspektakulär – unterm Strich aber eine enorme Leistung, was die Treue zum Original angeht. Da machen einige Mitbewerber das Ereignis größer, als es ist, oder prägen jeder Platte einen eigenen, immer ähnlichen Grundklang auf. Der Linn lässt sich zu so etwas nicht hinreißen, sondern gibt die jeweilige Aufnahme in ihrer tatsächlichen Qualität an die angeschlossene Kette durch. Diese subtile und doch so außerordentlich schwierig zu meisternde Aufgabe kann der Schotte aus meiner Sicht vor allem dank des Organik DAC bewerkstelligen.
Der ist das absolute Alleinstellungsmerkmal der jüngsten DSM-Klimax-Generation und die Abkehr von bekannten Wandlerchips – seien sie auch noch so hochwertig. Ziel war es, den diskret aufgebauten Wandler besser zu machen als alle Drittanbieter-Chips auf dem Markt. Hauptaugenmerk lag dabei auf dem Takt sowie auf der Auslegung der Platine. Durch ihre acht Lagen kann der Strom – für die einzelnen Bereiche separat aufbereitet – möglichst störungsfrei den Bauteilen zugeführt werden. Der Zeittakt wird absolut gleichzeitig an je eine diskrete Wandlereinheit pro Kanal geschickt. Die entsprechenden Leiterbahnen sind dafür auf den Bruchteil eines Millimeters gleich lang! Um absolute Kontrolle über die kompromisslosen Präzisionsvorgaben zu haben, fertigt Linn den Chip direkt im schottischen Stammwerk. Sieht man sich die Organik-Einheit genau an, besteht sie aus einem von Linn selbst programmierten Prozessor (FPGA) und einer diskreten D/A-Wandlerstufe. Ziel war es, eine möglichst niedrige Verzerrung sowie geringstmögliches Rauschen zu erreichen.
Im FPGA wird das digitale Signal vor der eigentlichen Wandlung auf unfassbare 98 304 Megahertz hochskaliert, bevor es zur präzisen Lautstärkeregelung und zum eigentlichen Wandler geht. Ein spezieller Oszillator reduziert Jitter, und das Signal der extrem genauen Uhr (Femto Clock) wird separat auf exakt gleich langen Wegen zu jedem der 32 sogenannten Flipflops pro Kanal geführt. Diese in der Digitaltechnik schon lange genutzten 1-Bit-Speicher werden im DSM seriell durchlaufen und geben am Ende ein analoges Signal aus. Da diese Bausteine nur innerhalb des vorgegebenen Taktes für eine Zustandsänderung freigeschaltet werden, ist das Timing perfekt, denn die Schaltvorgänge aller Bausteine erfolgen absolut synchron. Zusätzlich kontrollieren die Schotten die Ausgangsspannung jedes einzelnen Flipflops. Das heißt, es gibt für jeden (!) einzelnen dieser Bausteine eine optimierte Stromversorgung. Unterm Strich ist im Organik DAC der akkurate Takt für das saubere Timing und die natürliche Klangwiedergabe verantwortlich, mehr noch als die Qualität der einzelnen, natürlich ebenfalls hochwertigen elektrischen Bauteile. Linn entwickelt inzwischen seit mehr als drei Jahrzehnten Clocks und Oszillatoren, und auf Grundlage dieses Know-hows haben die Ingenieure um Gilad Tiefenbrunn auch den Organik DAC entwickelt.
Zum Abschluss läuft die mich häufig an Talk Talk erinnernde amerikanische Indie-Rock-Band Shearwater mit ihrem neuen Album The Great Awakening. Das leicht nach hinten platzierte Schlagzeug regt den holzig klingenden Raum an und akzentuiert den Rhythmus hinter den geschmackvoll instrumentierten Songs. Sänger Jonathan Meiburg phrasiert seine zerbrechliche Performance in aller Ruhe in der Mitte des fein aufgedröselten Klangbildes. Einmal mehr ist das zunächst unspektakulär, aber im besten Sinne richtig und musikalisch. Man muss den neuen Klimax DSM verstehen, hat man sich jedoch einmal darauf eingelassen, überzeugt er mit seiner natürlichen und exakten Darbietung auf ganzer Linie.
Linn nennt seine parametrische Raumkorrektur „Space Optimisation“. Über die hauseigene Konfig-App können Sie – oder Ihr Händler – die quadratischen (!) Abmessungen Ihres Hörraums sowie die akustische Beschaffenheit von Wänden, Decken und Böden eingeben. Ebenso wird ihre Hörposition sowie die Position der Lautsprecher vermerkt. Aus diesen Parametern errechnet der Linn eine Raumkorrektur, die im Wesentlichen in der Unterdrückung der Raummoden liegt. Die einzelnen Werte können manuell noch angepasst werden. Die entsprechende Korrekturkurve wird im digitalen Equalizer hinterlegt und lässt sich beliebig ein- und ausschalten. Sie wird im aktiven Zustand auf alle Signale gelegt, die durch den Linn gehen.
Info
Streaming-Vorstufe/DAC Linn Klimax DSM/3
Konzept: Streaming-Vorstufe mit D/A-Wandler und digitaler Raumkorrektur
Eingänge digital: 2 x S/PDIF (BNC) und 1 x optisch, USB für externe Rechner, Netzwerkanschluss und WLAN für Streaming, Bluetooth, AirPlay
Eingänge analog: 2 x Cinch unsymmetrisch, 1 x XLR symmetrisch
Ausgänge digital: S/PDIF via BNC, Netzwerkanschluss für Linn Exakt
Ausgänge analog: 1 x XLR symmetrisch, 1 x Cinch unsymmetrisch
Formate: 44,1 kHz bis 192 kHz PCM über S/PDIF, über USB/Netzwerk PCM bis 384 kHz und DSD256 bei maximal 32 bit Wortbreite, DSD-Ausgabe nur über Analogausgang
Besonderheiten: Display (1600 x 480 TFT) mit Näherungssensor, transparenter Drehregler, Fernbedienung
Ausführung: Aluminium
Maße (B/H/T): 35/13/35 cm
Gewicht: 16,4 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Preis: um 35 700 €
Kontakt
Linn Products Limited
Glasgow Road, Waterfoot, Eaglesham, Glasgow G76 0EQ
Schottland