Lindemann Musicbook Source – Das Buch der Bücher
Die neue Generation der preisgekrönten Musicbook-Serie von Lindemann Audio ist da. Das Musicbook Source will als Buch der Bücher für Audiophile künftig die Bestsellerlisten anführen.
Fotografie: Harald Wittig
„Einszweidrei im Sauseschritt läuft die Zeit, wir laufen mit“, wusste schon Wilhelm Busch. Für die High-End-Manufaktur Lindemann Audio könnte das Sprüchlein Motto und Motivator für eigene Entwicklungen sein. Denn das neue Musicbook Source, unser Testgerät, trägt einem aktuellen Megatrend, dem audiophilen Streaming, Rechnung. Darüber hinaus ist das schicke Klangbuch besonders anschlussfreudig, verfügt über drei analoge Eingänge – darunter sogar einen Phono-MM-Eingang – sowie zwei digitale Anschlüsse. Klare Sache: Das Musicbook, das für rund 3300 Euro zu haben ist, will der Chef im heimischen Audio-Netzwerk und Mittelpunkt der HiFi-Anlage sein. Das Zeug dazu hat es.
Vielseitiger Vielkönner von Lindemann
Mit der Ankunft des Source präsentiert sich die Serie deutlich verschlankt. Dank seiner Universalität – das Gerät im handlichen Brockhaus-Format ist immerhin als Netzwerk- und Allesspieler konzipiert – ersetzt sämtliche bisherigen Musikbücher. Ihm zur Seite gestellt sind die Class-D-Endstufen Power 500 und Power 1000. Vorgängermodelle lassen sich entweder via Hardware-Upgrade – beispielsweise der Streamer Musicbook 25 DSD – oder mit dem Zusatzgerät Limetree Bridge auf Streaming-4.0-Stand bringen.
Dass Streaming im Hause Lindemann sehr ernst genommen wird, bestätigt uns Chefdenker Norbert Lindemann: „Wer mich kennt, weiß, dass ich stets für Neues offen bin. Ich bin überzeugt, dass wir schon bald Musik nur noch aus dem Internet haben werden. Datenträger wie LPs oder CDs sind für die junge Generation nur noch ein Retro-Gimmick, die meiste Zeit wird gestreamt. Obschon ich selbst ein großer Fan der Schallplatte bin und dem auch mit dem neuen Musicbook Source Rechnung trage, höre ich, dass HiRes-Streaming inzwischen wirklich sehr, sehr gut geworden ist. Dem tragen wir folgerichtig Rechnung mit unseren Geräten.“ So ist es es nur konsequent, dass unser Leseexemplar über einen Netzwerkspieler verfügt, der ab Werk Musik von den Streamingdiensten TIDAL, Qobuz, Deezer, HighResAudio und Spotify Connect sowie von Musikservern (NAS) und anderen Speichermedien empfängt und unkompliziert in Studio-Master-Qualität abspielt.
Selbstverständlich ist das Musicbook auch „Roon ready“ und dank des rückseitigen „Connect“-Druckknopfes in Sekundenschnelle mit dem heimischen Router via Funknetzwerk verbunden. Wer die Kabelverbindung bevorzugt, findet ein LAN-Kabel im Lieferumfang und darf sich über Konnektivität aufs Fingerschnippen freuen. Was aber machen die Ewiggestrigen, die immer noch ihre wohlgehüteten CDs abspielen wollen? Die lässt Norbert Lindemann nicht alleine im Plastewald stehen: Die Silberlinge lassen sich über ein externes USB-CD-Rom-Laufwerk abspielen und dank DSD-Resampling-Option – dazu später mehr – in überlegener Klangqualität genießen.
Womit wir beim Thema wären. Norbert Lindemann bezeichnet den neuentwickelten D/A-Wandler als „zentralen Baustandteil“ seiner Schöpfung: Zum Einsatz kommt der allenthalben in den allerhöchsten Tönen gelobte Wandlerchip AK 4493 von Asahi Kasai Microdevices (kurz AKM), ein zweikanaliger 32-Bit-DAC mit der sogenannten „Velvet-Sound“-Technologie, die geringe Verzerrung und einen großen dynamischen Bereich ermöglicht. Der DAC integriert einen geschalteten Kondensatorfilter-OSR-Doppler, wodurch er in der Lage ist, einen großen Signalbereich zu unterstützen und einen niedrigen bandexternen Rauschpegel zu erzielen. Dies alles schafft er bei geringer Leistungsaufnahme. Der digitale Eingang unterstützt PCM-Daten mit bis zu 768 kHz und Direct-Stream-Digital(DSD)-Daten mit 22,4 MHz (auch bekannt als DSD 512) und sei damit laut AKM bestens vorbereitet für die Wiedergabe hochauflösender Audiodateien.
Norbert Lindemann dazu: „Diese Daten sind eigentlich nicht wichtig für den Klang und allenfalls als Werbeargument zu gebrauchen. Allerdings haben mich Klang und Verzerrungsarmut des Chips bei geringen Lautstärken restlos überzeugt. Die Japaner haben den Herstellungsprozess zugunsten des Wohlklangs optimiert, der AK 4493 wurde völlig neu bedrahtet. Im direkten Vergleich mit meiner Referenz, der Schallplatte, kommt der AK 4493 sehr nah ans analoge Ideal. Für mich das bisher beste Klangergebnis in über 25 Jahren Entwicklerarbeit.“ Neu im neuen Buch ist zudem, dass alle relevanten Baugruppen „vor Ort“, also dezentral mit „hervorragenden Spannungsreglern“ kontrolliert werden. So beträgt die Referenzspannung des Wandlers laut Hersteller weniger als 0,1 цV Störungen – wichtige Voraussetzungen für hohe Auflösungen, denn aus dieser Spannung generiert der Wandler das Ausgangssignal.
„Analoge“ Digitalsignale
Im Musicbook sind es gleich zwei AK 4493, die jeweils im Mono-Modus arbeiten. In Addition ergibt sich dann das Stereosignal, mithin ein audiophiler Mehraufwand, der sich in Wohlklang auszahlen soll. Um klanglich den Gipfel zu erreichen, bietet das neue Musicbook die Lindemann-Spezialität überhaupt, das sogenannte „DSD Re-Sampling“, das 1999 im CD 1 erstmals angewendet wurde. Die Idee hinter dieser Spezialtechnik: CD-Laufwerke, digitale Quellen oder auch Codecs haben zum Teil deutliche systembedingte Jitter-Probleme, was bei Wandlern ohne Re-Sampling zu einer erheblichen Klangverschlechterung führt. Die Lindemann’sche Lösung ist so eigen wie genial: Die digitalen Daten werden in einen First-in/First-out-Speicher eingelesen und mit neuem Takt ausgelesen. Als Taktreferenz dient dabei eine besonders präzise MEMS-Femto-Clock. Im Unterschied zum bekannten Upsampling arbeitet das Lindemann-System synchron – das Eingangssignal hat die gleiche Samplingrate wir das Ausgangssignal, ist jedoch jitterfrei. Deswegen sollten mit dem Musicbook alle Digitalquellen gleich gut klingen.
Das DSD Re-Sampling gestattet, den Wandlerchip als reines Interface mit Filter zu betreiben, der interne DSD oder der Delta-Sigma-Konverter wird nicht verwendet. Die Umwandlung in das 1-Bit-DSD-Signal erfolgt bereits im Sample-Rate-Converter, ab da liege, so wie uns erläutert wird, ein „analoges“ Digitalsignal vor, das lediglich gefiltert werden müsse. Da die DSP-Filterung bei der Wiedergabe entfällt, seien Impuls- und Hochtonwiedergabe klar überlegen. Da außerdem die analoge Filterung erst bei 100 kHz greift, komme es bei der Wiedergabe zu keinerlei Frequenz- und Phasenfehlern im Höhenbereich. Schließlich sei die Impulsantwort, da das DSD-Signal bei 12 Mbit/s läuft, gegenüber PCM weitaus besser.
Lindemann Musicbooc: Wertig, praktisch, bestens
Wir sind gespannt auf den Klang des Musicbooks – und bemerken wohlwollend, dass das Aluminiumgehäuse des Klangbuches aus dem Vollen gefräst ist und im Vergleich zu den schon sehr hochwertigen Vorgängern in puncto Wertigkeit noch eine Schippe draufsetzt. Doch bleiben wir beim Thema Klang und sehen uns die Anschlüsse des musikalischen Buches an: Wie bereits erwähnt, verfügt es über drei Paar analoge Line-Eingänge, dabei ist einer sogar als Phono-MM-Eingang konzipiert. Es soll sich laut Hersteller um eine besonders hochwertige, audiophile Analogsektion handeln – das Musicbook Source biete dem Anwender zum Top-Streaming auch einen exzellenten Vorverstärker sowie einen Kopfhörerverstärker, außerdem sei der Phono-Eingang für MM-Systeme oder High-Output-MCs laut Norbert Lindemann „wirklich gut“. Eine Überprüfung und einen unzulässigen Vergleich mit dem sehr highendigen Violectric PPA V600 schenken wir uns mangels Vorhandensein eines MM-Systems und konzentrieren uns ganz zeitgeistgemäß beim Musicbook aufs Digitale.
Dazu gehört auch die Lindemann-App, die es für iOS und Android gibt und die jedes Smartphone oder Tablet in eine komfortable Fernbedienung verwandelt. Bereits beim Test des Limetree Network hat uns die Lindemann-App gut gefallen, und die Wiederbegegnung mit der von Lindemann Audio maßgeblich mitentwickelten Anwendung sorgt für helle Freude. Denn: Alles ist so locker und unkompliziert, dabei praktisch selbsterklärend, dass wir uns eigentlich nur fragen: Warum liefern nicht alle Hersteller solche Applikationen? Beispielsweise sucht die App bei Antippen der Schaltfläche im Internet nach Radiostationen, die hochauflösend streamen. Wir machen es uns direkt mit der Jazzstation von Linn gemütlich und genießen eine feine LP vom Linn-Künstler und Jazzgitarren-Virtuosen Martin Taylor – Balsam für die Ohren im vorweihnachtlichen „Last Christmas“-Klingelingeling. Bei aller Zuneigung zur App ist es ebenso fein, dass das Musicbook auch ganz konventionell über das große Einstellrad (rechts), das auch als Druckgeber fungiert, bedienbar ist. Zumindest, wenn es eingehende Digitalsignale wandeln, CDs über das angeschlossene Teac-Laufwerk oder tatsächlich mal das Stereosignal des betagten Technics RS B70S an die Geithain-Aktivlautsprecher bringen soll.
Gemacht für audiophile Leseratten
Oha, wir sind bereits mittendrin in der gehörmäßigen Erforschung des Musicbooks. Dann mal wieder „zurück auf Los!“ und ganz von vorne gestartet: Das Lindemann-Buch ist über LAN-Kabel mit dem heimischen Netzwerk verbunden und bekommt die Aufgabe, via App auf den Audiodata MusikServer MS II zuzugreifen. Der Genuss von Canción Andaluza, das Vermächtnis-Album des großen Paco de Lucía, über den Kopfhörerausgang des Musicbook Source soll den Anfang machen. Selbstverständlich arbeitet das Testgerät im DAC-Mode „DSD“ – und bringt damit die ganze Wärme dieses zarten und introvertierten Albums zu gehör, das der Flamenco-Großmeister kurz vor seinem Tode im eigenen Studio aufgenommen hatte. Zur Klangoptimierung waren damals die die D/A-Wandler seines Pro-Tools-Systems gegen weichere, „analoger“ tönende Bausteine ausgetauscht worden. Der sanfte Klang von Pacos Gitarre mischt sich mit innigem Gesang, während Oud, Mandola und Mandoline sowie eine Pepe-Romero-Gitarre mit Zederndecke für neue Klangfarben sorgen. Die arbeitet das Musicbook in allen Schattierungen heraus, frappant ist die Präzision bei der Darstellung von Transienten und eine wirklich bemerkenswerte Räumlichkeit. Mit dem Lindemann-Buch ist das Hören ein Hochgenuss – vergleichbar mit dem Versinken in ein gutes Buch. Der Kopfhörerverstärker kann tatsächlich mit dem Referenz-HPA Violectric V200 mithalten, ohne diesen letztlich zu erreichen. Über die Aktivlautsprecher gehört, hält der spaßige Hochgenuss an. Dann doch mal direkt Standards Vol. 1 vom Keith Jarrett Trio in 24 bit/192 kHz angewählt, und schon bei den ersten zarten Steinway-Tönen wissen die sensiblen Ohren, dass das Musicbook Source der Klangkunst voll zu Diensten ist und diese überragende Aufnahme in all ihrer Schönheit präsentiert. Klingt im direkten Vergleich die Original-LP besser? Ganz schwer zu sagen. Sagen wir’s wie König Salomon: Beide Mal klingt es wie reines Ohrengold, und bequemer ist das Genusshören mittels Server und Musicbook Source allemal – und deswegen ist es das Buch der Bücher für digitalaffine audiophile Leseratten.
Wir meinen
Das neue Musicbook ist Streamer und Allesspieler auf der Höhe der Zeit, ersetzt mehrere Geräte, hält rein gar nichts von digitaler Kälte und verströmt analogen Warmklang.
Info
Netzwerkplayer Lindemann Musicbook Source
Konzept: Netzwerkspieler/Streamer mit Vorverstärker
Digitale Schnittstellen: LAN, WLAN, USB für ein externes CD-ROM-Laufwerk, Bluetooth
Eingänge analog: 3 x unsymmetrisch (Cinch), davon 1 x Phono-MM
Eingänge digital: 1 x koaxial, 1 x optisch
Ausgänge analog: 2 x symmetrisch XLR, 2 x unsymmetrisch RCA; 1 x 3,5-mm-Stereo-Kopfhörer
Maximale Auflösung: PCM bis 768 kHz, DSD 512
Wandler-/Re-Sampler-Chips: 2 x AK 4493, 1 x AK 4137
Abspielbare Formate: alle gängigen Formate, DSD-kompatibel
Streamingdienste: TIDAL, Qobuz, Deezer, HighResAudio, Spotify sowie Internet-Radio und Podcast
Besonderheiten: DAC-Mode DSD, Unibody-Gehäuse, neuer HPA und analoger Vorverstärker, Roon ready
Lieferumfang: Netzteil, Anschlusskabel, Netzwerk-LAN-Kabel
Maße (B/H/T): 28/6/22 cm
Gewicht: 2,6 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 3300 €
Kontakt
Lindemann Audiotechnik GmbH
Am Anger 4
82237 Wörthsee
Telefon +49 8153 9533390
Mitspieler
USB-Interface und D/A-Wandler: Mutec MC-3+USB, Mytek Digital Stereo192-DSD DAC, Violectric V800
Kopfhörer: AKG K 702 Studio, Beyerdynamic Aventho Wireless
Kopfhörerverstärker: Violectric HPA V200
Musikserver: Audiodata MS II
Aktivlautsprecher: Geithain RL 906, Kii Audio
Kabel: Chord Company, Vovox, AudioQuest