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Lehmannaudio Phonolith

Lehmannaudio Phonolith

Tradition und Kompetenz

Lehmannaudio Phonolith

Lehmannaudio beweist mit dem (Phono-)Vorverstärker Phonolith, dass die Fokussierung auf das Wesentliche audiophilen Mehrwert garantiert.

Lehmannaudio Phonolith

In aller Kürze:
Weniger ist mehr. Lehmann­audio zeigt mit dem Phonolith, wie man intelligent zwei Geräte kombiniert und dabei einen deutlichen Mehrwert an Bedienungsfreundlichkeit und klanglicher Finesse gewinnt.

Lehmannaudio Phonolith


Beginnen wir diesen Artikel doch ausnahmsweise mal mit einem kleinen Quiz: Was haben die berühmten Bauer Tonstudios, die Tonabnehmerfertigung bei Ortofon und die Techno-Legende Sven Väth gemeinsam? Ihr Redaktionsjoker hilft Ihnen gern bei der Beantwortung: Alle drei verwenden Geräte von Lehmannaudio. Womit wir gleich zum Firmengründer Norbert Lehmann kommen, dessen Namen in der Analogszene fast jeder kennen dürfte, obwohl kein einziges Laufwerk und kein einziger Tonabnehmer aus seinem Haus stammt. Der Kölner Entwickler, der sich seit bald 30 Jahren gleichermaßen in der professionellen Studio- wie in der High-End-Szene tummelt, steht vielmehr für all die unabdingbaren Helferlein, die den analogen Genuss erst so richtig möglich machen: Phonoverstärker, Kopfhörerverstärker, all das, was man gemeinhin unter dem Begriff „Vorstufe“ fassen könnte. So auch das neueste Produkt Norbert Lehmanns, der Lehmannaudio Phonolith – nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen vulkanischen Gestein.

Lehmannaudio Phonolith
Wo andere mit riesigen Boliden klotzen, gibt sich der Lehmannaudio Phonolith schön unauffällig und platzsparend. Gleichwohl ist das Netzteil in sein eigenes Gehäuse ausgelagert, um die empfindlichen Schaltkreise der Haupteinheit nicht zu stören. Line-in und Pre-out qualifizieren den Phonoentzerrer und Kopfhörerverstärker zugleich als den vielleicht kleinsten Vorverstärker der Welt.

Der Phonolith ist eine Neuentwicklung und irgendwie doch nicht. Er besteht aus einer Kombination der hauseigenen Modelle, der Phonostufe Decade und dem (Kopfhörer-)Vorverstärker Linear II. Unter technischen Aspekten eine sinnvolle Zusammenlegung, spart man so doch einige Bauteilgruppen, verringert die Signalwege und verzichtet auf zusätzliche Kabelanschlüsse – und dadurch auf Übergangsstellen. Dennoch ist bei der Entwicklung des Kombinationsverstärkers alles andere als ein Sparkurs angesagt gewesen. Das beginnt zunächst beim Netzteil PWX II LZ, das nicht dem Decade, sondern dem höherpreisigen Decade Jubilee entstammt, zwei Geräte speist und in wesentlichen Punkten modifiziert wurde. So kann es gegenüber dem Decade-Netzteil mit einer doppelten Siebkapazität punkten, während die Brummfreiheit durch eine höhere Mu-Metall-Schirmung verbessert wurde. Sowohl im Netzteil als auch in der Vorstufensektion finden Mundorf-Elkos Verwendung, und zur händischen Regulierung der Lautstärke wird das butterweich laufende Big Blue, das legendäre blaue Alps-Potentiometer, verwendet. Das alles findet sich jeweils auf einer mustergültig sauber aufgebauten und stringent geordneten Platine wieder. Oder um es metaphorisch auszudrücken: kein Gramm zu viel, kein Gramm zu wenig. Die verwendeten Eingangsstufen orientieren sich an professioneller Studiotechnik wie Mikrofonvorverstärkern. Interessant ist gegenüber dem bisherigen Decade die Neuausrichtung der Abschlusswiderstände für MC-Systeme beim Phonolith. Die Wahl der Abschlussimpedanz wird durch einen zusätzlichen Widerstand von 390 Ohm neben den Standardwerten von 7 Kiloohm, 1 Kiloohm und 100 Ohm noch vielseitiger. Insbesondere Besitzer von Hanna- oder Excalibur-MCs werden dies zu schätzen wissen. Und im Fall der Fälle genügt ein Anruf bei Lehmannaudio – die benötigte Wunschimpedanz erhält man ohne Zuzahlung custom-made. Das nenne ich einen After-Sales-Service!

Lehmannaudio Phonolith
Gerade zierliche Geräte wie der Phonolith wollen sorgsam statisch beruhigt werden. Beide Gehäuse stehen deshalb ab Werk auf Lehmannaudios 3S-Absorberfüßen. Gut zu erkennen die diversen DIP-Switch-Bänke, die eine umfangreiche Parameteranpassung erlauben. Bemerkenswert ist, dass Kunden bei Lehmannaudio auch einen Abschlusswiderstand exakt nach Wunsch erhalten können.

Ich gebe zu, dass ich maximal verwirrt war, als ich den Phonolith in Betrieb genommen habe: Zwei leichte „Zigarrenkistchen“, die nur den Bruchteil einer Rackebene in Anspruch nehmen; dazu lediglich zwei Eingänge, einen für den Phonozweig und einen Hochpegeleingang, dazu einen Kopfhörerausgang und einen Lautstärkeregler. Die Philosophie von Lehmannaudio ist schon immer „reduce to the max“ gewesen: Ein unaufgeregtes funktionales Design ohne Showeffekte trifft auf ein seriös durchdachtes Innenleben; und dies alles, um den Fokus ohne Ablenkung auf die Musik zu richten. Bliebe noch die geringe Zahl an Eingängen zu klären. Obwohl Norbert Lehmann sich ganz der analogen Welt verschrieben hat, ist er doch realistisch genug, sich darauf einzustellen, dass der Zeitgeist nach Streaming ruft und damit auch möglichst wenig Geräte im Rack oder auf dem Sideboard sehen will. Was braucht es also mehr als eine Vorstufe mit einem Eingang für den Streamer und einen hochwertigen Phonoanschluss, deren Netzteil man mal eben auch unsichtbar unter dem Rack verschwinden lassen kann, dazu eine kleine feine Endstufe – etwa die Stamp aus eigenem Hause oder, wie in meinem Falle, die aktuelle Benchmark AHB 2 – oder ein Pärchen Aktivboxen?

Starten wir zunächst mit dem Kopfhörerverstärker. Um einen akkuraten Eindruck zu gewinnen, greife ich zu meinem neutralen Arbeitstier, dem Beyerdynamic DT 1770 Pro. Mit seinen 250 Ohm ist er nicht allzu schwer zu treiben, dankt aber eine saubere Verstärkungsleistung mit eindeutig größerem Klangbild und mehr Druck im Bassbereich. Hier kann der Phonolith seinen anpassbaren Leistungsoutput ins Spiel bringen. Bereits nach den ersten Takten von David Sylvians World Citizen kippe ich vorsichtig das Lehmann’sche „Zigarrenkistchen“ um 90 Grad und schiebe die Dipschalter des Mäuseklaviers auf +10 dB. Sofort fächert sich die akustische Gitarre weiter auf, gewinnt Sylvians sonorer Bariton an Körper und tritt leicht nach vorne. Insgesamt fördert der Phonolith ein eher kompaktes Spiel aus der Mitte heraus zutage. Geschlossene (Studio-)Kopfhörer wie der DT 1770 Pro sind nicht für weite, offene Bühnen bekannt, sondern fokussieren das Klanggeschehen mit Kompaktheit so, dass der Eindruck entsteht, man sitze zwischen den Musikern und nicht in 20 Meter Abstand von der Bühne entfernt, und der Phonolith unterstützt diese Klangauffassung noch zusätzlich. Norbert Lehmann betonte in unserem Gespräch, wie wichtig ihm die Rückmeldungen von Toningenieuren seien, die mithilfe seiner Kopfhörerverstärker einen ganzen Tag stressfrei im Studio arbeiten könnten, ohne dass dies auf Kosten der Durchhörbarkeit und der Detailgenauigkeit ginge. Ein Urteil, das ich am durchaus bissigen DT 1770 Pro bestätigen kann.

Lehmannaudio Phonolith
Dass Netzteil und Haupteinheit zusammen nur einen Bruchteil einer Rackebene in Anspruch nehmen, sollte einen nicht dazu verleiten zu glauben, man bekomme hier nichts für sein Geld: Die vorbildlich sauber aufgebauten Schaltungen sind durchweg mit hochwertigen Bauteilen bestückt, wie etwa Mundorf M-Cap-Kondensatoren oder dem Big-Blue-Potentiometer von Alps.

Zeit, den Phonolith mit der Benchmark AHB 2 zu verbinden, um zu sehen, wie sich die Vorstufe an einer großen HGP Ronda und an Lyngdorfs Cue-100 schlägt. Ich lasse zunächst David Sylvians World Citizen im CD-Player und bin bass erstaunt, wie unterschiedlich es dann doch zur Kopfhörererfahrung klingt. War dort die Fokussierung auf die Bühnenmitte der vorherrschende Klangeindruck, so verteilte sich nun das Klanggeschehen schlackenlos dreidimensional im Raum, und dies bei stattlicher Abbildungsgröße. Einen linearen Frequenzgang zu produzieren ist für einen erfahrenen Entwickler keine große Schwierigkeit; die Ingenieurskunst besteht nun darin, diesen Frequenzgang zum Leben zu erwecken, ihn mit Körper, Geist und Emotionen zu füllen. Wie dies dem Phonozweig des Phonoliths gelingt, ist wunderbar an Charles Lloyds Album Ocean aus der Serie „Trio of Trios“ zu hören. Lloyds geradezu mystisches und an Klangfarben reiches Tenorsaxofon schält sich zu Beginn der LP mit fassbarer Körperhaftigkeit aus dem Nichts hervor, deutlich sind die Anblasgeräusche im Raum zu vernehmen, und dennoch geschieht dies in weitgehender Neutralität. Tonal täuscht der Phonolith nichts vor, was sich jenseits des natürlichen Obertonspektrums bewegen würde. Die Farbenpracht des Tenorsaxofons erklingt ohne jeden Anflug von Verfärbung. Diese Natürlichkeit gilt ebenso für das Zusammenspiel der Instrumente: Obwohl klar voneinander abgetrennt und mit deutlich individuellem Raum versehen, stehen Tenorsaxofon, Piano und E-Gitarre dennoch nie für sich allein, immer wird hörbar, wie die Musiker miteinander kommunizieren und gemeinsam musikalisch agieren. Und noch etwas wird bei dieser Aufnahme ohrenfällig: Aufgrund des deutlich vernehmbaren Körpers der Instrumente fällt nie auf, dass Lloyds Trio tatsächlich ohne Bass spielt. Zwar sind Gerald Claytons tiefe Klavierakkorde immer wieder stützend präsent, dennoch fehlt rein formal das erdende Element eines Kontrabasses. Was live bei Musikern dieses Niveaus und dieser musikalischen Erfahrung kein Problem darstellt, kann bei der Reproduktion durchaus Tücken in sich bergen, wenn bei einer neutralen Abstimmung der Klang ins Anämische tendiert, die Impulswiedergabe schwächelt und die Abbildungsgröße nicht stimmt.

Bildergalerie
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Spricht man mit Norbert Lehmann über dessen Geräte, so entwickelt sich das Gespräch häufig von einem Austausch über technische Details hin zu einem beinahe philosophischen Diskurs über die Musikrezeption im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit. Im aktuellen Fall war es die Nachfrage nach der nicht vorhandenen Fernbedienung der Vorstufe. Selbst wenn die Fernbedienbarkeit mit weniger Zusatzkosten verbunden wäre, so will Lehmann doch keine Fernbedienung in seinem Gerät haben. „Alles, was wir in der Hand halten, lenkt uns ab“, so seine Philosophie. Das permanente Nachregeln der Lautstärke auf ein vermeintliches Optimum hin sei de facto ein Trugschluss. Eine LP sei eben keine Playlist, die mit dem Problem nicht angepasster Ausgangsniveaus der einzelnen Tracks aufwartet, sondern ein ganzheitlicher und fokussierter Hörakt, der mit dem einmaligen Einpegeln der Lautstärke beginnt und mit dem Durchhören der Plattenseite endet. Wie bei der Ausrichtung auf die Langhörtauglichkeit seiner Geräte verfolgt Norbert Lehmann auch hier das Ziel eines konzentrierten Musikhörens ohne Ablenkung. In den letzten Wochen geisterte ein Alan Parsons zugeschriebenes Bonmot durch die High-End-Gruppen der sozialen Netzwerke: „Audiophile benutzen ihre Geräte nicht, um ihre Musik zu hören. Audiophile benutzen ihre Musik, um ihre Geräte zu hören.“ In seiner Fokussierung auf eine Form der Musikwiedergabe, bei der die Betonung auf dem Wort „Musik“ liegt, zeigt Norbert Lehmann, dass es auch anders gehen kann. Der Phonolith ist, wie eigentlich alle Geräte von Lehmannaudio, ein Ausrufezeichen in Sachen Understatement. Unscheinbar, ja fast unsichtbar in der äußeren Erscheinung, preislich moderat gestaltet, in Sachen technischer Perfektion und vor allem im Hinblick auf die daraus resultierende Klanggüte ein perfektes Produkt ausschließlich im Dienst der Musik. So soll es sein!

Lehmannaudio Phonolith

Info

Vorverstärker Lehmannaudio Phonolith

Konzept: integrierte Vorstufe mit Phonovorverstärker MM/MC und Kopfhörerverstärker
Phonovorverstärker: Eingangsimpedanz (Phono) 7 kΩ, 1 kΩ, 390 Ω, 100 Ω (inkl. Zwischenstellungen per DIP-Schalter wählbar); Steckplatz für Wahlimpedanz
Verstärkung (Phono): 36 dB, 46 dB, 56 dB, 66 dB
Bassfilter (Phono): 7 Hz, 32 Hz, 50 Hz, 78 Hz (per DIP-Schalter wählbar)
Kanaltrennung (Phono): > 70 dB
Eingangsimpedanz (Aux): 47 kΩ
Maximalverstärkung (Aux): 0 dB, 10 dB, 20 dB (per DIP-Schalter wählbar)
Maximale Ausgangsspannung: 9 V
Ausgangsimpedanz Pre Out: 50 Ω
Ausgangsleistung (Kopfhörer): 400 mW/60 Ω und 200 mW/300 Ω
Ausgangsimpedanz (Kopfhörer): 5 Ω
Eingänge: 1 x Phono (Cinch) +Erdung, 1 x Hochpegel (Cinch)
Ausgänge: 1 x Pre-Out (Cinch), 1 x Kopfhörer (6,3 mm Klinke)
Leistungsaufnahme: 13 W
Maße (B/H/T): je 11/5/28 cm (Phonolith/Netzteil)
Gewicht komplett inkl. Verbindungskabel: 2,8 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 2800 €

Kontakt

Lehmannaudio

Waltherstraße 49–51
51069 Köln
Telefon +49 221 29493320
info@lehmannaudio.com

www.lehmannaudio.de

Mitspieler

Laufwerke: Thorens TD 126 MK III, Technics SL-1210 MK2
Tonarm: Koshin GST 801
Tonabnehmer: Sumiko Blackbird, Ortofon Concord Century
Phonovorverstärker: Innovative Audio Ultimate 2b, Thel Phono M
CD-Player: Naim CD 5i
Streamer: Naim CD5XS
Vollverstärker: Naim SuperNait
Lautsprecher: Gamut Phi 7, Lyngdorf Cue-100
Kopfhörer: Beyerdynamic DT 1770 Pro
Zubehör: Wireworld, Sommer, Creaktiv

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