Led Zeppelin – Houses Of The Holy
Als Led Zeppelin Houses of the Holy veröffentlichte, brachte das Cover die Band in den Verdacht pädophiler Neigungen. Jimmy Page, stolzer Vater einer kleinen Tochter, reagierte empört. Kinder seien „Wohnorte des Heiligen“, stellte er klar – daher der Albumtitel.
Eine Band am Gipfelpunkt des Erreichbaren – das waren Led Zeppelin 1972. Sie toppten damals die Verkaufszahlen, sie diktierten den Veranstaltern die Konditionen. Auch leisteten sie sich bewaffnete Leibwächter, eigene Drogendealer, fürstliche Landhäuser und einen Privatjet. Mit den Worten des Journalisten Gavin Edwards: „Sie hatten das größte Publikum, die lautesten Songs, die meisten Groupies und die größten Mähnen auf dem Kopf.“ Kurzum: Alles war groovy. Diese Entspanntheit schlug sich auch im neuen Album nieder. Der harte, verzerrte Bluesrock-Sound wich helleren, optimistischen Klängen. „Houses Of The Holy“ ist ein eklektisches, vielseitiges, Hippie-fröhliches Album. Es verwendet freizügig Anregungen aus Reggae („D’yer Mak’er“), Soul-Funk („The Crunge“), Swing oder Doo-Wop. Diese Band hatte es nicht mehr nötig, irgendwelche Erwartungen zu bedienen. Viele Kritiker waren von so viel Vielfalt allerdings verwirrt.
Einer der Hippie-typischen Einflüsse, die auf dem Album zu spüren sind, war Indien. Nach Auftritten in Australien und Neuseeland legte die Band 1972 auf dem Heimweg einen Zwischenhalt in Bombay (Mumbai) ein – für ein Projekt mit dem Bombay Symphony Orchestra. Jimmy Page hatte sich schon als Teenager für indische Musik interessiert und war auch mit den Yardbirds in Indien gewesen. Nicht zufällig war auf dem ersten Led-Zeppelin-Album ein Tablaspieler zu hören (Viram Jasani). Mancher Sound auf Houses Of The Holy ist von der indischen Musik inspiriert, vor allem in „The Song Remains The Same“ und „Dancing Days“. Auch einige der Gitarrentunings, der Improvisationen und der Mellotron-Einsätze zeigen orientalische Färbungen.
Die Veröffentlichung des neuen Albums verzögerte sich bis März 1973. Schuld daran war die Gestaltung des Plattencovers, das durch eine Science-Fiction-Erzählung von Arthur C. Clarke (Childhood’s End) angeregt war. Die Fotosession in Nordirland mit zwei nackten Kindermodels erbrachte keine brauchbaren Ergebnisse – das Wetter war einfach zu schlecht. Die Bilder mussten daher montiert und nachkoloriert werden – sie bekamen dadurch eine „jenseitige“, visionäre Qualität, die die Musiker begeisterte. Allerdings brachte das Cover die Band damals in den Verdacht pädophiler Neigungen. Jimmy Page, stolzer Vater einer kleinen Tochter, die er vergötterte, reagierte empört. Kinder seien „Wohnorte des Heiligen“, stellte er klar – daher der Albumtitel Houses Of The Holy.
Aufnahme: Dezember 1971 bis August 1972
Veröffentlichung: März 1973
Label: Atlantic
Produktion: Jimmy Page
Titel
1. The Song Remains The Same 5:32
2. The Rain Song 7:39
3. Over The Hills And Far Away 4:50
4. The Crunge 3:17
5. Dancing Days 3:43
6. D’yer Mak’er 4:23
7. No Quarter 7:00
8. The Ocean 4:31
Musiker
Robert Plant – Gesang
Jimmy Page – Gitarren
John Paul Jones – Bass, Keyboards
John Bonham – Schlagzeug
- Jimmy Page und John Paul Jones hatten eigene Studios zu Hause und kamen daher mit ausgearbeiteten Arrangements zur Aufnahme. „Nichts landete jemals im Aufnahmestudio, das nicht in Jimmy Pages Kopf zigmal durchgearbeitet war“ (Eddie Kramer, Toningenieur).
- Zu „The Rain Song“ war eine instrumentale Einleitung geplant. Doch dann schrieb Robert Plant für diese „Ouvertüre“ einen Gesangstext – und sie wurde ein eigener Track: „The Song Remains The Same“.
- John Paul Jones setzt auf dem Album die feinsinnigen Pointen. Vor allem in den beiden Balladen („The Rain Song“, „No Quarter“) glänzt er als Arrangeur und vielseitiger Keyboarder – an Klavier, E-Piano, Mellotron, Synthesizer, Orgel usw.
- „The Crunge“ und „D’yer Mak’er“ (sprich: „Jamaica“) entstanden aus Rhythmusideen von John Bonham. Einige Journalisten hielten diese Stücke für bloße Parodien auf James Brown beziehungsweise Bob Marley. Einer schrieb: „Einige der Tracks sind einfach nur ein schlechter Witz.“
- Die Hippie-Hymne des Albums ist „Dancing Days“ – mit subtilem Swingfeeling und indisch inspirierter Melodie. „Es war ein schöner, sonniger Tag, und Jimmy und Robert und ein paar andere hielten sich an den Armen und tanzten dazu auf dem Rasen [vor dem Studio].“
- Ausgerechnet der Titelsong „Houses Of The Holy“ schaffte es nicht aufs Album. Zusammen mit „The Rover“ und „Black Country Woman“, die ebenfalls 1972 entstanden, wurde der Song auf der Doppel-LP Physical Graffiti (1975) nachgereicht. Ein weiterer „Outtake“ („Walter’s Walk“) erschien erst auf der Reste-Compilation Coda (1982).
- Das aufwendigste Stück des Albums ist „No Quarter“ mit seinen originellen Keyboardpassagen. Die Band hatte schon drei Jahre lang an diesem Song herumgewerkelt. Er wurde ein Renner in den Konzerten und fast so beliebt wie „Stairway To Heaven“. Der Songtext entführt uns in die Welt der Wikinger.
- Als „Rausschmeißer“ des Albums dient „The Ocean“ – ein Song, dessen harter Sound noch einmal an die frühen Led Zeppelin erinnert. Seine Highlights: der A-cappella-Part, der Rhythmuswechsel zum Shuffle und natürlich das Gitarrenriff in 4/4 plus 7/8.
- Bis 1999 wurde das Album allein in den USA über 10 Millionen Mal verkauft.
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