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Klaus von Bismarck-Saal, Köln

Klaus-von-Bismarck-Saal Köln

Hörsäle der Welt

Klaus-von-Bismarck-Saal Köln

Der Profi-Musiker Stefan Gawlick ist weltweit unterwegs. Nicht nur in Konzertsälen, sondern auch in Tonstudios. Grund genug, den Blick dieser Serie der Saalvorstellungen etwas zu weiten und auch mal etwas Studioluft zu schnuppern.

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Und genau diesen Zauber hatte Deutschland nach dem Dritten Reich und dem Zweiten Weltkrieg dringend nötig. Wichtig war neben Wohnraum und Verpflegung natürlich die geistige Nahrung, und so floss einiges Geld in den Aufbau der Landessender, von denen der WDR einer der größten ist. In Ermangelung eines ausgedehnten Schallarchivs brauchte man auch schnell einen guten Sendesaal, um die zu sendende Musik jederzeit mit dem Rundfunkorchester pünktlich zu den Sendungen aufnehmen zu können. So verwundert es nicht, dass der neue Große Sendesaal, der später nach dem ersten WDR-Intendanten Klaus von Bismarck benannt wurde, schon im Oktober 1950 in Betrieb genommen wurde. Diese Einweihung sollte ein Zeichen setzen, einen Neuanfang dokumentieren und verzaubern: Kein Geringerer als Igor Strawinsky dirigierte die deutsche Erstaufführung seiner Symphonies d´instruments à vent.

Klaus von Bismarck-Saal, Köln

Diese innovative Richtung behielt der WDR über viele Jahre bei, unterhielt eine enge Zusammenarbeit mit wegweisenden Komponisten wie Karlheinz Stockhausen oder Hans Werner Henze, die sowohl im legendären Studio für Elektronische Musik als auch im Sendesaal mit dem Rundfunkorchester arbeiteten.

Wie viele Sendesäle verfügt der Bismarck-Saal über ungewöhnliche Platzverhältnisse: Einer großen Bühne für ein bis zu 150 Musiker umfassendes Orchester sitzen gerade einmal 650 Besucher gegenüber. Für den spielenden Musiker gibt das ein Gefühl der Intimität und Entspannung. Man hat nie das Gefühl, die große Weltaufmerksamkeit bedienen zu müssen (so fühlt es sich in Sälen wie der Berliner Philharmonie, dem Großen Saal des Wiener Musikvereins oder der Carnegie Hall durchaus an), sondern spielt fast für sich. Das regt zum Experimentieren mit Klängen und Dynamiken an, da die Risikobereitschaft steigt.

Während die Besucher sich über die zentrale Lage in der Nähe von Dom, Bahnhof und unzähligen Brauhäusern freuen, machen dem Instrumente anliefernden Musiker das lokale Verkehrschaos und die Parkplatzarmut in der Nähe weit weniger Freude.

Hat man es einmal geschafft, ist dieser unscheinbare Saal allerdings eine erste Adresse für Konzerte und Aufnahmen. Die neben der Bühne liegende Regie und mehrere umliegende kleinere Studioräume sorgen zusammen mit der erstklassigen Akustik für beste Arbeitsbedingungen.

Man hört mühelos sich und die Kollegen, kann sich dadurch leicht in den Klang integrieren, der Saal bietet dynamisch enorme Reserven und schwingt auch im leisesten Pianissimo. Dank mehrerer dicker Wände, die den Saal umgeben, können noch nicht einmal die mächtigen Glocken des nahen Kölner Doms eine filigrane Aufnahme stören.

Durch den eher warmen Grundklang, der vielen Sälen dieser Zeit zu eigen ist (Sendesaal Bremen), wird man als Tonmeister zwar bei einer akribischen Positionierung der Mikrofone mit einem noch schöneren Klang belohnt, allerdings schneidet es auch nicht gleich in den Ohren, wenn man mal ein wenig danebenlag.

Die WDR Nachtmusiken sind ein besonderer Tipp, wenn man den Klaus-von-Bismarck-Saal besuchen möchte. Man kann live sehr spezielle Programme genießen, im Anschluss zu Hause die Übertragung nachhören und hat so einen spannenden Vergleich zwischen dem Klang live und von der Aufnahme.

Musiktipps – Aufnahmen mit raumtypischem Klang:

  • WDR Sinfonieorchester Köln, Karl Böhm – Beethoven/Mozart/Dvořák/Brahms, The Cologne Broadcasts 1976/1978/1980, Weitblick 2015/WDR
  • WDR Sinfonieorchester Köln, Charles Munch – Fauré/Liszt/Debussy/Roussel, The Cologne Broadcasts 1966, Weitblick 2016/WDR

www-musik-in-koeln.de

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