Keces Sphono Phonovorverstärker und Sphono Power – Four In One
Keces – Ein außergewöhnlich kontaktfreudiger Phonovorverstärker trifft ins Schwarze.
In aller Kürze
Ein veritabler Coup. Das junge Unternehmen Keces belässt es nicht beim tollen Sound und erschafft mit einer einzigartigen Kombination von Features einen beinahe konkurrenzlosen Phono-Pre. Preis um 2500 €.
Alle wollen bloß das eine. Jedenfalls wenn es um Phonovorverstärker geht. Rausch- und brummfrei sollen sie sein. Das ist kein banaler Wunsch, schließlich gilt Faktor 100, wenn die Signale aus einem winzigen MC-Generator auf Hochpegelverstärker-taugliches Level gebracht werden. Kein Wunder also, dass in dieser Gerätegattung überragende Messwerte richtig Aufmerksamkeit bringen. Der Keces Sphono, mal so als Beispiel, hat laut Hersteller einen Signal-Rausch-Abstand von 82 Dezibel (MC). Das ist beeindruckend gut, auf Augenhöhe mit Entzerrern zum fünffachen Preis. Da möchte man doch gleich eine feingesponnene Klassikplatte aus dem Regal holen und mit gespitzten Ohren ins Pianissimo lauschen.
Aber eigentlich hat der Größere der beiden Phonoentzerrer des taiwanesischen Herstellers noch ein ganz anderes Ass im Ärmel. Sogar einen echten Trumpf. Hier stehen, man möchte sich die Augen reiben, doch tatsächlich vier Eingänge zur Verfügung. Zwei für MC-, zwei für MM-Tonabnehmer. Ein Fest für jeden Betreiber von mehr als einem Plattenspieler bzw. Tonarm. Der Sphono erlaubt die separate Anpassung der Werte für Impedanz bzw. Kapazität für die je zwei Inputs eines Typs. Sind „leise“ Tonabnehmer am Start, lässt sich die Verstärkung für MM und MC getrennt um sechs Dezibel anheben. Versorgt wird der Sphono von einem sehr ernsthaften ausgelagerten Linearnetzteil, das in einem ebenso fein gefertigten Aluminiumgehäuse steckt wie der Entzerrer. Der Preis für das opulente Paket? 2500 Euro. Robuste Buchsen und je einen symmetrischen und unsymmetrischen Ausgang gibt es obendrauf.
Da hat sich jemand sehr genau umgehört, was sich die analoge Gemeinde wünscht. Dabei steckt hinter dem Sphono noch nicht mal eines der bekannten Analog-Häuser, sondern das vergleichsweise junge Unternehmen Keces (Aussprache: Keckes) aus Taiwan, das sich hierzulande insbesondere mit hochwertigen Gleichstrom-Netzteilen einen Namen gemacht hat. Andererseits: Ist ein Top-Netzteil nicht die beste Voraussetzung für eine wirklich audiophile Signalverarbeitung?
Der Sphono bekommt aus dem kräftigen Linearnetzteil – dicker Ringkerntrafo, reichlich Siebkapazität – ± 48 Volt zugeliefert. Um das in Relation zu setzen: Das bekannte PWX-Netzteil von Lehmannaudio, das den Klassiker unter den bezahlbaren Phonoentzerrern, den Black Cube, versorgt, liefert ± 15 Volt. Auch anderswo findet man diese Voltzahl, verbreitet sind auch 18 Volt. Das sind die bewährten Standardwerte, und dass sich auf dieser Basis einwandfrei dynamische und nebengeräuscharme Phonoentzerrer für gehobene Ansprüche bauen lassen, ist vielfach bewiesen. Warum also 48 Volt? Weil eine für 48 V dimensionierte Schaltung, die am Ausgang aber niemals mehr als, sagen wir, 1 V ausgeben muss, potenziell souveräner und verzerrungsärmer agiert als eine mit geringeren Reserven. Potenziell deswegen, weil es natürlich immer auf die Umsetzung ankommt. Ein Blick auf die große Platine des Sphono, die den Innenraum des Entzerrer-Parts recht vollständig ausfüllt, lässt keinen Zweifel daran, dass die Taiwanesen den Worten auch Taten folgen lassen. Mit Ausnahme zweier OpAmps ist der Aufbau rein diskret, und allein der Anblick der zwei komplementären Pärchen bipolarer Toshiba-Transistoren je Stereokanal, die für eine kleine Endstufe gut wären und hier auf kleinen Kühlkörpern montiert sind, spricht Bände. Dieser Phono-Pre, der könnte, wenn man ihn denn ließe.
Das Entzerren des Musiksignals geht in einer Mischung aus aktiven und passiven Filtern vonstatten. Die Hochtonabsenkung erfolgt dabei in einem passiven R/C-Netzwerk, die Bassanhebung geschieht aktiv. Der Hersteller verspricht sich davon einen besonders guten Geräuschspannungsabstand und eine saubere Entzerrungskurve.
Im Entzerrer-Part findet sich eine weitere Besonderheit des Sphono. Per Schalter an der Front lässt sich zwischen zwei Kennlinien umschalten – RIAA und IEC. Wie, Sie kennen keine Platte, die gemäß IEC geschnitten ist? Richtig, es gibt auch keine. Hier haben wir es nämlich mit keiner Schneid-, sondern einer Abspielkennlinie zu tun. Sie wurde in den 1980er Jahren festgelegt und fügt der RIAA-Entzerrung eine Bassabsenkung unterhalb von 20 Hertz zu – also im Grunde ein Subsonic-Filter. Schön. Nun hat der Sphono aber auch einen dezidierten Subsonic-Filter an Bord. Was das soll? So richtig zufriedenstellend beantwortet Keces-Chef Ronald Liao die Frage nicht. Anscheinend haben beide Rumpelfilter ihre eigene Klangsignatur. Der Firmenchef empfiehlt durchaus auch die gleichzeitige Aktivierung von Subsonic und IEC. Ich bin gespannt.
Das mit dem überragenden Signal-Rausch-Abstand ist nicht gelogen. Mein Lyra Kleos ist mit 0,5 Millivolt Ausgangsspannung kein besonders leises MC – dass also mit einem Hörpegel deutlich über Zimmerlautstärke und abgehobenem Tonarm keinerlei Rauschen zu hören ist, entspricht der Erwartung. Es rauscht aber auch nicht, wenn ich den Volume-Drehknopf meiner Silvercore linestage two ein paar elektronische Klicks weiter aufdrehe. Das ist nun tatsächlich beeindruckend.
Auch klanglich punktet der Keces Sphono mit Sauberkeit. In den ersten Tagen war mir das fast zu poliert, es fehlte das analoge Feuer, der Groove. Zur Rhythmusmaschine mutierte das taiwanesische Gespann auch nach mehreren Wochen nicht, aber der Sound wurde von Tag zu Tag offener, freier, fließender und ließ am Ende nichts vermissen.
Stichwort: Rumpelfilter. Wo, meinen Sie, machen sich Subsonic-Filter und IEC-Kurve bemerkbar? Genau: nicht im Bass. Sondern in der musikalischen Darbietung im Allgemeinen und dem Hochton im Speziellen. Was uns nun nicht im mindesten wundert, wissen wir doch um den Zusammenhang zwischen Entlastung einer Verstärkerschaltung und damit des Netzteils von energiehungrigen niederfrequenten Modulationen und freier, verzerrungsarmer Hochtonwiedergabe. Mit aktiviertem Subsonic klingt der Keces überraschend enger, regulierter – ich würde, jedenfalls in meiner Anlagenkonfiguration, auf den Einsatz verzichten. Anders sieht es beim Umschalten von RIAA auf IEC aus. Das Klangbild scheint nun besser verständlich, als wären die Musiker in einen Aufnahmeraum mit trockenerer Akustik umgezogen. Im Hochton sind einige zuvor unbemerkte Grate wegpoliert worden, was einen subtilen Verlust von Glanz bewirkt, manchen Aufnahmen aber auch guttun kann. Ich finde das eine spannende Option und würde damit im Alltag immer wieder mal experimentieren. Definitiv ein Zugewinn.
Der Sphono ist ein absolut hervorragender Phonovorverstärker. Er verfügt über einen klaren, obertonreichen Sound, eine hervorragende Raumdarstellung und makellose Souveränität auch bei komplexestem Material. Letzteres ist auch eine Paradedisziplin meines bauer audio Phono, der in derselben Preisklasse spielt, als ultrapuristischer reiner MC-Entzerrer ansonsten aber fast die Antithese zum Ausstattungswunder aus Taiwan darstellt. Hier nehmen sich beide nichts, und ich mache es ihnen nicht leicht mit David Bowies „Ricochet“ vom Album Let’s Dance. Das kommt von beiden Geräten präzise aufgedröselt, mit Schwung und Wumms, alle Lyrics problemlos zu verstehen.
Bei großem Orchester dagegen setzt sich der Keces durch. Nehmen wir wieder anspruchsvolle Kost: Die Ouvertüre zu Richard Wagners Meistersingern, 1979 mit den Wiener Philharmonikern unter Karl Böhm bei der Deutschen Grammophon eingespielt. Der Sphono öffnet den Raum der recht trockenen Aufnahme weiter als der Bauer, differenziert bei den massierten Streichern besser zwischen Auf- und Abstrich und holt tatsächlich aus dem dichtesten Fortissimo noch eine Harfe heraus, die zuvor kaum zu erkennen war.
Im Tiefton ist der Keces durchaus schlank, der Punkt geht an den enorm druckvollen bauer Phono. Aber der Taiwanese lässt auch nichts vermissen – seine Abstimmung dient ganz der Durchsichtigkeit. Das sorgt immer wieder für Erstaunen und neue Entdeckungen. Zum Beispiel bei Jazz-Aufnahmen mit dominantem Bassdrum- und Kontrabassanteil. Der schlanke und agile Sphono bringt ein ums andere Mal etwa das Becken- und Besenspiel des Drummers oder die Oberschwingungen eines Klaviers so frisch zum Strahlen, dass man sich wundert, wer denn heimlich das Vinyl geputzt hat. Und immer wieder beeindrucken tief ausgeleuchtete Räume, die sich glaubwürdig in alle drei Dimensionen aufspannen.
Zum Schluss ein Tipp: Haben Sie einen MC-Übertrager? Wenn ja, dann schließen Sie Ihr Moving-Coil-System mal darüber an einen der MM-Eingänge des Sphono an. Was gute Übertrager können, können nur gute Übertrager, und wenn die MM-Stufe mitspielt (und das tut sie im Falle des Sphono ohne Wenn und Aber), dann geht da endgültig die Sonne auf.
Der Keces Sphono gehört klanglich klar in die absolute Spitzenklasse. Wirklich spannend wird er aber durch die hervorragende Ausstattung. Mit seinen vier Eingängen dürfte er zahlreichen vinylzentrierten Audiophilen wie ein Geschenk des Himmels vorkommen. Hervorragende Arbeit, Mr. Liao!
Info
MM/MC-Phonovorverstärker Keces Sphono
Konzept: Phonovorverstärker mit externem Netzteil Sphono Power
Eingänge: 2 x Phono-MC (Cinch), 2 x Phono-MM (Cinch)
Ausgänge: 1 x Line unsymmetrisch (Cinch) 1 x Line symmetrisch (XLR)
Besonderheiten: Impedanz (MC) und Kapazität (MM) per DIP-Schalter wählbar (56 Ω bis 47 kΩ, 47 bis 470 pF), Verstärkung schaltbar (40 dB/46 dB für MM, 60 dB/66 dB für MC), Wahl zwischen RIAA- und IEC-Entzerrung, Subsonic-Filter
Ausführung: Aluminium schwarz gebürstet
Maße (B/H/T): 30/7/22 cm (Entzerrer und Netzteil)
Gewicht: Entzerrer 3,5 kg, Netzteil 5 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 2500 €
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