JBL 4305P
So klein, so smart und schon so blau – eine Spurensuche. Und warum diese Farbe im Fall der JBL 4305P kein falsches Zitat ist.
In aller Kürze:
Auspacken, anschließen, fertig. Es ist fast zu schön, um wahr zu sein: Die kleinen JBL 4305P spielen sich nicht nur klanglich, sondern auch durch ihre Pflegeleichtigkeit weit nach vorn.
JBLs klassische wie riesige Monitore sind mit ihren geriffelten Papiermembranen, Waveguides und – natürlich – blauen Fronten in der Studio- und HiFi-Welt nichts weniger als Ikonen. Damit hat der Hersteller etwas geschafft, wonach sich andere Manufakturen alle Finger lecken. Meine Neugierde war entsprechend groß, als mir ein kleiner neuer Home-Studio-Monitor zum Test angeboten wurde. Die Rubrizierung der kompakten Aktiven ist zwar ein Begriffskonglomarat, das sich in sich beißt, mein Wissen um den Profihintergrund des Herstellers ließ allerdings Gutes hoffen.
Nun stehen sie hier, die erschreckend kleinen JBL 4305P, und sehen mich mit ihren kleinen Hochtonhörnchen herausfordernd an. Sie stehen für eine neue Spezies, die es vor kurzer Zeit noch gar nicht gab und die sich so schlecht in die althergebrachten HiFi-Schubladen stecken lässt: Ein kleiner Lautsprecher mit zumindest teilweise professionellem Anspruch und entsprechenden optischen Anleihen, zugleich wohnzimmertauglich, als Aktivmonitor dem highfidelen Spieltrieb trotzend und dank internem D/A-Wandler und Netzwerkkompatibilität mit wirklich allen erdenkbaren Quellen ansteuerbar. Bei dem noch halbwegs freundlichen Preis fragt man sich dann doch, ob das alles gutgehen kann.
Bei genauerer Betrachtung halten die kleinen 4305P tatsächlich, was ihre blaue Front verspricht. Ein einzölliger Druckkammertreiber lauert hinter dem klassisch geformten Hornmund, der zwangsläufig etwas kleinere Tiefmitteltöner besteht natürlich aus Papier, und die eingeprägten Ringe zur Versteifung dürfen natürlich auf nicht fehlen. So weit, so gut. Im Innern der Box tummelt sich in hoher Packungsdichte alles an aktueller Technologie, was der Harman-Konzern zu bieten hat, und sorgt gleich zu Beginn der Durchsicht für große Freude: Oft handelt es sich bei solchen Aktivlautsprechern in Wahrheit um passive Konstruktionen, bei denen ein interner Monoverstärker eine passive Weiche ansteuert. Sieht von außen aktiv aus, ist es aber nicht. Hier hingegen kümmern sich zwei eigens konfigurierte Class-D-Verstärker um die beiden Chassis und werden von einem DSP als Weiche beschickt. Die Trennfrequenz von guten 1700 Hertz lässt neugierig werden, wie gut die kleine JBL denn mit Stimmen umzugehen vermag.
Rückseitig unterscheiden sich die beiden Monitore deutlich, gibt es doch einen Hauptlautsprecher und einen Sklaven, der mittels eines CAT-Kabels verbunden wird. Per Funk geht es auch, allerdings sinken dann die Datenraten, und so haben wir uns entschieden, bei den Kabeln zu bleiben. Denn die JBL soll sich ja bestmöglich präsentieren können.
Wenden wir uns der Hauptbox zu, erfahren wir, was man bei JBL meint, wenn einem gesagt wird, dass dieser Lautsprecher „in sehr viele Umgebungen integrierbar“ sei. Es geht schlicht alles. Ganz konventionell können wir die 4305P analog beschicken, XLR und Klinke sind möglich. Wenn man es ganz böse treiben möchte, kann man sogar das Handy per Miniklinke anleinen, was wir allerdings nicht mehr ausprobiert haben. Es gibt Grenzen. Weiter geht es mit einem digitalen (optischen) Toslink-Eingang, über den beispielsweise ein CD-Laufwerk Anschluss findet. Daneben gibt es noch eine USB-Buchse, die Computern Zugang gewährt. Natürlich gibt es auch einen Ethernet-Zugang, WLAN und Bluetooth sind aber auch möglich. Am Ende sind wir allerdings noch nicht, denn die kleinen JBLs können auch über einen entsprechenden Ausgang Subwoofer beschicken. Man kann weiterhin den Bass mittels eines kleinen Schalters absenken, falls die Box doch einmal in einem Regal residieren sollte, und zu guter Letzt schalten, ob die Masterbox denn nun links oder rechts stehen soll. Im Karton findet sich übrigens wirklich alles, was man benötigt, um diese Lautsprecher in Betrieb zu nehmen. Alle nötigen Kabel und eine Fernbedienung sind an Bord.
Erste Hörversuche habe ich ganz konventionell über XLR-Kabel gewagt, mein Crane-Song-Vorverstärker bildete dafür das Herz der Anlage, Signale kamen vom Mark Levinson No. 390S und einem Transrotor Apollon.
Nun ist es Zeit, die weiter oben gestellte Frage, ob das denn alles gut gehen könne, zu beantworten. Nach wenigen Sekunden fällt die Antwort sehr leicht: Ja – ohne Wenn und Aber! Elisabeth Schwarzkopf macht den Anfang mit den Vier letzten Liedern von Richard Strauss (Angel LP 36347). Schon zu Beginn des „Frühlings“ ist alles da, Schwarzkopf beginnt leise in einer tiefen, eher unangenehmen Lage „in dämmrigen Grüften“ und schwingt sich binnen weniger Takte auf zu kristallklaren Höhen, Baumwipfeln und Vogelgesang. Diese immensen Registerwechsel sauber darzustellen und gleichzeitig die Sängerin klar vor dem dunkel timbrierten Orchester (Radiosinfonieorchester Berlin unter George Szell) zu platzieren, ist ein Kunststück, bei dem auch größere und teurere Kollegen einknicken. Die kleinen JBLs begeistern hier mit einem weiten Raum, einer ziemlich guten Einteilung der Schallereignisse und vor allem einem minutiösen Nachzeichnen der Farbwechsel in Schwarzkopfs Stimme. In den Höhen werden glücklicherweise scharfe Töne vermieden, die bei dieser Aufnahme leicht das Vergnügen beeinträchtigen können. Also erst einmal ein Einstand nach Maß. So aus dem Stand nach nur minimaler Zuwendung bei der Aufstellung gelingt das nur wenigen.
Nun gebe ich mir doch etwas Mühe und platziere nach einigen Versuchen die beiden Lautsprecher einen guten Meter von der Rückwand entfernt und gerade nicht ganz auf den Hörer eingewinkelt. Ich denke mal, 30 Grad dürften es sein. Immer noch von der genannten Anlage über Vovox-Kabel versorgt, geht jetzt so richtig die Sonne auf. Das kompakt aufgebaute Orchester bei Rossinis Reise nach Reims (Claudio Abbado, Berliner Philharmoniker, Sony-CD) wird jetzt fast millimetergenau zwischen den Boxen abgebildet, man kann jeden kleinen Einwurf der Holzbläser, jeden kurzen Wirbel der Pauken exakt zuordnen. Dabei, und jetzt fällt mir ein Stein vom Herzen, zerbricht das Gesamtbild nicht zugunsten dieser Detailliebe. Ja, der Monitor ist explizit auch für private Habitate gedacht, daher gönnt er jedem Signal auch eine gewisse Verbindlichkeit, die alle einzelnen Pinselstriche zu einem schlüssigen Bild zusammenführt.
Jetzt noch ein Test aus der anderen Welt. Die Masterbox hängt per CAT-Kabel am Router, auf dem Handy ist Google Home installiert, um die Böxchen mittels Chromecast in die rein digitale Welt zu führen. Die Installation ist auch ohne Bedienungsanleitung über die zwei Knöpfe an der Front des Hauptlautsprechers und wenige Schritte in der App schnell erledigt, und schon nach wenigen Momenten kann ich Musik via Tidal oder Qobuz (klanglich die unbedingte Empfehlung, ein kleiner Gutschein dafür liegt bei) genießen. Ich kann es kaum glauben, wie schnell und einfach das ging.
Jetzt führt der Weg von Dead Can Dance über Schuberts Forelle zum letzten, posthum veröffentlichten Album von Prince. Auch hier wieder das gleiche Bild. Die JBLs gehen mit Detailliebe, vor allem aber satten Farben und einem scheinbar ungezwungenen Zugang zur Musik vor. Man kann viele Details hören, muss sich aber nicht darauf konzentrieren, was ich für eine extrem gelungene Abstimmung halte. Offenbar ist die Weiche bestens konfiguriert, sind die beiden Verstärker (125 Watt für den Bass und komplett rauschfreie 25 Watt für den Hochtöner) optimal an die Chassis angepasst. Also nichts zu meckern? Okay, es wäre schön gewesen, die ganz klassische Version in Nussbaum hier zu haben. Dann hätte nämlich auch der Bespannungsstoff in edlem Blau beglückt.
Auch wenn die JBL 4305P bei mir zuerst in einem größeren Raum spielten und auch da schon überzeugten, fühlen sie sich in kleineren Zimmern hörbar wohler. Möchte man sich auf das Streaming beschränken, reichen zwei gute Ständer, zwei Netzkabel und zwei CAT-Leitungen, damit eine komplette, hochkompetente Anlage steht. Und so sorgenfrei die JBLs schon nach dem Auspacken aufspielen – gönnen Sie ihnen ein wenig Zuwendung. Jeder zusätzliche Aufwand wird klanglich reich belohnt.
Info
Aktivlautsprecher JBL 4305P
Konzept: 2-Wege-Bassreflex-Aktivmonitor mit DAC und Streamingfunktion
Eingänge digital: Ethernet, 1 x USB B (asynchron), 1 x Toslink (optisch)
Eingänge analog: ¼-Zoll-Klinke/XLR Kombi, 3,5-mm-Stereoklinke
Verbindungen drahtlos: WLAN, Bluetooth
Ausgänge: 1 x Subwoofer, „DigiLink“
Bestückung: 130-mm-Tiefmitteltöner, Hochtöner mit 25-mm-Druckkkammer-Treiber
Ausführungen: Schwarz, Nussbaum
Maße (B/H/T): 21/24/22 cm
Gewicht: 7/6 kg (Master/Slave)
Garantiezeit: 5 Jahre
Preis: um 2200 €
Kontakt
Harman Deutschland GmbH
Parkring 3
85748 Garching bei München
Telefon +49 30 22957806
Mitspieler
Plattenspieler: Transrotor Apollon TMD mit SME 5, SME 3012 u. a.
CD-Player: Mark Levinson No. 390S
DAC: Merging Technologies
Vorverstärker: Crane Song Avocet
Endverstärker: Digitalendstufe auf ICE Power basierend, Accuphase P-4200
Vollverstärker: Lavardin IT
Lautsprecher: Spendor Classic 3/5, Wilson Audio Sasha DAW