Dave Rusan von Rusan Guitarworks: Der Erbauer von Princes Cloud Guitars, Teil zwei
Dave Rusan ist der Inhaber von Rusan Guitarworks in Bloomington, Minnesota. Er hat die legendäre “Cloud”-Gitarre für Prince gebaut, betreibt ein reges Geschäft mit Gitarrenreparaturen und hat viele Geschichten zu erzählen. Ein Audiophiler ist er auch. Zu seinen Kunden gehören die Rolling Stones, Sheryl Crow, Brian Setzer, Dire Straits, Genesis, Iron Maiden und viele andere. Teil zwei des Interviews.
Hier geht’s zum ersten Teil des Interviews
Eine Kooperation zwischen FIDELITY und dem Copper Magazine
Der Originalartikel erschien im Copper Magazine, Ausgabe 185.
Hier geht es zur Website von Rusan Guitarworks.
Frank Doris: Hast du zuhause ein High-End-System? Bist du ein Audiophiler?
Dave Rusan: Oh ja, das bin ich. Hast du schonmal was von PS Audio gehört?
(Lacht hysterisch) Ich denke, das habe ich! [Ganz ehrlich: Ich hatte bis zu dem Moment keine Ahnung, dass Dave PS Audio-Equipment besitzt]
(Lacht) Ich habe ein Riesensystem. Ich habe um die 60 000 Dollar in mein System gesteckt, was in der Welt des High-End für manche wohl nur das Budget für die Kabel ist, aber es ist trotzdem eine ganze Menge mehr, als die meisten jemals für eine Stereoanlage ausgeben würden.
Ich habe zwei PS Audio BHK 300 Endstufen, einen BHK Signature Vorverstärker und ein Paar von den PowerPlants. Meine Lautsprecher sind ein Paar Magnepan 20.7. Und ich habe ein Paar REL G1 Mark II Subwoofer.
Das muss ein sehr nett klingendes System sein. Jetzt werden die Leute glauben, ich mache das Interview hier, weil du PS Audio-Komponenten hast!
Ich habe eine Menge recherchiert [um eine Kaufentscheidung zu fällen]. Ich habe ein Paar kostbare Gitarren verkauft, um mir die Komponenten anzuschaffen.
Ich dachte mir, ich hole mir nicht nur gutes Zeug. Ich wollte versuchen, mir Sachen zu holen, die im Ruf stehen, ein besonders gutes Preis-Leistungs-Verhältnis zu bieten, wie die Magnepans. Die gelten gewissermaßen als Schnäppchen verglichen mit einigen anderen Sachen. Sie sind ein fantastisches [Lautsprecher-]System. Die werfen mich jedes Mal aufs Neue um. Sie lassen die Wände verschwinden.
Ich habe deren Lautsprecher schon immer gemocht und ich bin ein echt großer Fan von deren Bändchenhochtönern.
Ja, die Bändchen – die Art, wie sie Flöten wiedergeben, oder das Kratzen des Bogens auf einer Violinensaite … ich habe die Subwoofer richtig tief angebunden, sodass sie ziemlich nahtlos anschließen. Nichts, was ich gekauft habe, habe ich jemals so genossen wie dieses Stereosystem.
Viele Audiophile schienen ihr ganzes Leben damit zuzubringen, die am Ziel anzukommen, oder wieder und wieder immer nur die gleichen fünf Stücke zu hören, oder endlos zu tweaken und aufzurüsten oder dies oder das. Das lasse ich mir selbst manchmal zu Schulden kommen und beurteile die Hardware oder Änderungen in der Klangsignatur, statt mich einfach zurückzulehnen und die Musik zu genießen.
Ich schätze mal, wenn mir einer so sündteure Wilson Audio-Lautsprecher hier reinkarren würde, würde ich denken: „Heilige Sche**e, sieh mal einer an, was mir alles entgangen ist!“ [Aber auf der anderen Seite], ich habe auch ein System, das vielleicht 1000 Dollar wert ist, mit einem kleinen Receiver und ELAC-Regallautsprechern, und das kann in Ordnung sein. Es macht auch schon Spaß, aber du kriegst halt nicht alle Details mit. Ich will kein Snob sein, aber…
Es ist eine Schande, dass die meisten Leute buchstäblich noch nie ein richtig, richtig gutes HiFi-System gehört haben.
Ich würde sagen, was wirklich den Unterschied macht, ist die Art, wie Details [in der Musik] zum Vorschein kommen und nicht so sehr die Tonalität oder die „Größe“. Mein großes System weckt viel stärkere Emotionen in mir, verstehst du?
Oh ja – genau darum geht’s.
Die Sache ist, es hängt alles zusammen. Ich glaube, die meisten werden nicht so sehr zu Audiophilen, weil sie Soundfreaks sind, sondern, weil sie ihre Lieblingsmusik gut klingend hören wollen. Das ist auf jeden Fall der Grund, warum ich eingestiegen bin. Als ich das erste Mal das High-End-System des Vaters eines Freundes gehört habe, hat mich das umgeblasen.
HiFi-Equipment und Musik taten es mir gleichermaßen an – ich liebte einfach beides. Als ich ein Junge war, hatten meine Mutter und mein Vater eine Zenith-Konsole mit einem Radio und einem Plattenspieler. Ich steckte gern meinen Kopf dahinter, wegen dem nussigen Geruch des Holzes und der Elektronik. Ja, so war das… Für meine Eltern war Musik für Hintergrundbeschallung da.
Eines Tages nahmen sie mich in einen großen Laden namens Schmitt Music mit – die hatten alles. Ich hörte ein KLH-System und kann mich noch erinnern, wie ich plötzlich Hochton aus einem Lautsprecher hörte (lacht). Da wurde mir klar, dass das High Fidelity ist. Danach habe ich mir die Large Advent Lautsprecher geholt. Ich habe sie mit elektrostatischen Hochtönern von JansZen aufgerüstet. Ich bin direkt zur Fabrik in Minneapolis marschiert. Ich holte mir immer die Kataloge von Allied Radio und Radio Shack, ging dann in die lokalen Läden und nervte die Verkäufer.
Kannst du dich an Julian Hirsch erinnern? [Er war einer der bekanntesten Audiotester der Zeit ab den 1960ern bis in die 1990er und schrieb für Stereo Review – Anm. Frank Doris]
Klar. Harry Pearson von The Absolute Sound ging Hirschs Methoden in Druckform an, weil der sich auf Messwerte verließ, statt Hörproben durchzuführen. Doch dann habe ich Hirsch auf einer von Harry’s Partys getroffen und gefragt: „Was machst du hier? Seid ihr beiden nicht Spinne Feind?“ „Oh nein, nein, nein“, meinte er, „wir sind gute Freunde!“. Hirsch war immer total nett zu mir.
Ich habe ein Paar Rockstars getroffen, die so sind. Einmal kann Greg Lake zu mir in den Laden. Ich hätte erwartet, dass er enorm wichtig, vielleicht auch etwas arrogant daherkommen würde. Aber dann war er einfach dieser große, alberne, fröhliche Typ. Einer, der dir im Pub eine Halbe ausgeben würde, weißt du? Er war überhaupt nicht so, wie ich gedacht hätte. Hast du je was von Shawn Phillips gehört? Der war so ein sensibler Poetentyp. Aber dann redete er wie Ted Nugent und erzählte gern dreckige Witze.
Jeff Becks Tod hat uns alle echt mitgenommen. Hast du ihn jemals getroffen?
Nein – ich habe ihn nur ein Paar Mal gesehen. Als ich in London war, habe ich ihn in seiner Anfangsband erlebt, den Yardbirds. Aber er war nie bei uns im Laden. Ich habe mir sagen lassen, dass er ein etwas schwieriger Charakter war, wenn man mit ihm Arbeitete (lacht).
Aber er wurde immer besser. Er entwickelte sich. Als er anfing, eine [Fender] Stratocaster zu benutzen, ging’s nur noch vorwärts.
Ich habe einen Freund, Takumi Suetsugu. He hatte zehn Jahre lang für Prince gearbeitet und mit Jeff Beck eine Show gemacht. Er erzählte, Beck könne sich jede beliebige Gitarre schnappen und sie duch jeden Verstärker spielen. Es klang nie genau gleich, aber man konnte ihn immer wiedererkennen, weißt du? Sein Spiel war so kontrolliert. Es gibt einen Song auf Jeff Becks Guitar Shop auf dem er eine Harmonische anschlägt und dann eine ganze Melodie nur mit der Whammy Bar spielt.
Was für Gitarristen magst du sonst so?
Nun, ich bin ein großer Fan von Gary Moore. Er sprang für Greg Lake ein als Lake eine Solokarriere verfolgte. Also spielte er das ganze King Crimson und Emerson Lake & Palmer-Zeug, da muss er sich den Hintern abgearbeitet haben, um das für die Tour draufzuhaben.
Er war ein netter Kerl, aber ziemlich launisch. Wenn er spielte, kam das raus. Im Laden spielte er echt laut – und das war nicht einfach nur laut; er hatte da eine Kantigkeit an sich. Es war fast schon irgendwie beängstigend, bei ihm zu sein, wenn er spielte.
Er war in Irland mal in einen Streit geraten und übel zusammengestochen wurden. Sein ganzes Gesicht war völlig zerschnitten – von Nahem sah er fürchterlich aus. Ich frage mich, ob das ihn irgendwie verändert hat. Vielleicht kam das beim Spielen alles raus.
Hast du jemals Steve Hackett getroffen (von Genesis, später Solo)? Er ist einer meiner Lieblinge.
Das nicht, aber ich habe an seiner Shergold-Gitarre gearbeitet. Eine Shergold mit Doppelhals. Das war eine britische Gitarre mit Reglern, die aussahen, als wären die von einem Transistorradio aus den 1960ern.
Ich habe Arbeit für Mikey Craig gemacht, den Bassisten von Culture Club, der immer noch in der Band ist. Abgesehen von John Moss, dem Schlagzeuger, haben die immer noch alle Gründungsmitglieder.
Ich habe auch was für Randy Rhoads gemacht [Gitarrist für Ozzy Osbourne und Quiet Riot]. Ich habe ihn ein bisschen kennengelernt. Ich habe Arbeit für Mike Oldfield, Iron Maiden, Dire Straits und Peter Tosh gemacht … der kam mit einer Gitarre rein, die wie eine Knarre aussah.
Ich habe ein bisschen was für Dick Taylor gemacht … er war bei den Pretty Things. Er hatte mit Mick Jagger die Stones mit angefangen, sie dann aber wieder verlassen, um wieder zur Schule zu gehen. Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich mir dachte, Mann, das war echt das eine Mal, wo das keine gute Idee war!
Wir haben immer ziemlich viele Typen dagehabt, die in Panik bei uns reinkamen, weil sie gerade auf Tour waren; irgendwas war kaputt und musste vor dem nächsten Auftritt wieder in Ordnung sein. Aber in den 1970ern war die Instandsetzungsindustrie noch nicht wirklich gut ausgebaut. Es gab noch nicht viele riesige Musikläden und auch nicht viele gute Reparaturleute. Als ich dort anfing, hatte der Landen, bei dem ich gearbeitet habe, noch keine vernünftige Geigenbauerausstattung. Ich kann mich erinnern, wie der Bassist von Culture Club zu uns kam, nachdem er sich einen Graphithals gekauft hatte und ihn an seinem Fender-Bass anbringen lassen wollte – und der Laden hatte keine Tischbohrmaschine! Die haben versucht, den Hals mit einem Handbohrer zu installieren!
Kann man immer noch so richtig schönes Holz bekommen, so wie in den 50ern und 60ern?
Nein, das geht nicht mehr. Die haben damals altgewachsenes Holz benutzt. Das wuchs im Wald und es wuchs langsam. Weil es ein hartes Leben hatte. Es bekam nicht viel Sonne oder Nährstoffe ab. Dadurch lagen die Ringe nah beieinander und das gab festes Holz. Jetzt hat man das nicht mehr, deshalb sind neuere Gitarren viel anfälliger für Schäden durch Feuchtigkeitsmangel. Auf der anderen Seite gibt es jetzt aber auch einen Torrefizierungs(Holztrocknungs)-Prozess, der hilft. Er härtet die Zellstruktur und sorgt dafür, dass sich das Holz sehr ähnlich wie bei einer alten Gitarre verhält – stabiler und auch resonanter.
Was hältst du von Gitarren aus Kompositmaterialien?
Wie etwa die RainSong? Die klingen anders, wobei ich nicht weiß, ob sie schlechter sind. Vielleicht muss man andere Kriterien ansetzen, [wenn man ihren Klang beurteilt].
Noch ein anderer Punkt: Die billigen Gitarren aus den 1960ern und 1970ern waren grauenhaft. Heute sind günstige Gitarren in der Regel gut.
Heute kriegt man für 150 bis 200 Dollar einen Nachbau im Strat-Stil. Demgegenüber – letztes Jahr hatte ich eine alte Harmony Archtop-Gitarre zur Reparatur da und das ganze Ding war aus Birkenholz [eigentlich kein Holz, das man im Gitarrenbau verwendet]. Sogar das Griffbrett war aus Birke und hatte eine falsche Holzmaserung aufgemalt.
Ich hatte auf einer gemieteten Stella-Gitarre mit dem Spielen angefangen. Das war so fürchterlich. Ich weiß noch, wie ich einen F-Akkord greifen wollte, und das war unmöglich. Ich sah mit Gitarristen im Fernsehen an und fragte meine Mutter: „Wie kann es sein, dass die im Fernsehen alle lächeln können, während sie Gitarre spielen – tut denen das nicht weh?“ Die Leute schwadronieren gerne über das goldene Zeitalter der Vintage-Gitarren, aber viele der billigeren waren nicht sonderlich gut (oder auch schrecklich).
Auf der anderen Seite hatte ich [moderne] 200-Dollar-Gitarren hier drin, die für das Geld einfach unglaublich waren. Und die Dinge, die früher besser waren, werden immer wieder neu entdeckt. Manche Gitarrenbauer, etwa Pre-War Guitars Co., machen großartige Reproduktionen älterer Instrumente. Wir leben in einer wundervollen Zeit.
Rusan Guitarworks
8301 Wyoming Ave. S.
Bloomington, MN 55438
daverusan@gmail.com
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Unser herzlicher Dank geht an das Copper Magazine.