Igor Levit: Bach, Beethoven, Rzewski – Variationen für Klavier
Dieser Pianist mag es umfangreich und sperrig. Nachdem Igor Levit sein CD-Debüt mal eben mit Beethovens späten Klaviersonaten gegeben hat und darauf die Bach-Partiten folgen ließ, werden bei der dritten Veröffentlichung die Gigantonomie des Projekts und die pianistischen Schwierigkeiten ins schier Unermessliche getrieben. Bachs Goldberg-Variationen, Beethovens Diabelli-Variationen und als Krönung Rzewkis The People United Will Never Be Defeated, das leider im normalen Konzertbetrieb vollkommen vernachlässigte pianistische Hauptwerk des US-Amerikaners.
Man kann es Levit gar nicht hoch genug anrechnen, dass er seinen zunehmenden Bekanntheitsgrad dazu nutzt, den vorherrschenden Kaffekränzchen-Compilations der großen Klassiklabels eine lange Nase zu zeigen und stattdessen nicht nur sich, sondern vor allem auch den Hörern eine Kunst der Anstrengung zuzumuten. Auch gestattet sich Levit keineswegs einen Personalstil, sondern erschließt sich jedes Werk mit einem ganz eigenen Zugang. Vernimmt man bei Bachs Variationenzyklus einen eher distanzierten und stets emotional austarierten Zugang, so wird es bei Beethoven geradezu sportiv, mit äußerstem Risiko werden da die Ecken und Kanten der Variationen herausgestellt, die den harmlosen Walzer Diabellis ins musikalisch Groteske stürzen lassen. Diese sehr unterschiedlichen Interpretationswege gelangen dann bei Rzewski zur Synthese, die den komplexen Gedankenkosmos der Variationen geradezu körperlich zugänglich machen. Auch wenn es verwegen erscheint – diesen Variationenmarathon sollte man sich am Stück geben, eine Wagneroper erscheint langweilig dagegen.