Sankt Gumbertus, Ansbach
Schon wieder eine Kirche? Ja, unbedingt. Denn ein guter Teil unserer Musikkultur wurde im Auftrag der Kirche und für Kirchenakustik komponiert. Das Phänomen des Konzertsaales kam erst deutlich später.
Selbst wenn man die Sakralwerke vieler Komponisten ignorierte, würde allein schon das Kantatenwerk Bachs eine Artikelreihe über Konzertkirchen rechtfertigen. Daher auch in der letzten Ausgabe das bauliche Zentrum der Bach’schen Kirchenmusik, die Thomaskirche. Nun also Sankt Gumbertus in Ansbach, eine mittlerweile evangelisch-lutherische Gemeindekirche. Das war nicht immer so, im achten Jahrhundert gründete hier der fränkische Edelfreie Gumbertus ein Benediktinerkloster, das sich bis zu seinem Anschluss an die Reformation im Jahre 1528 einen Namen von einiger Bedeutung machen konnte. Neben vielen Konzerten, die über das Jahr hier stattfinden, bietet die wundervolle Kirche mit ihrer herrlichen Akustik in jedem Sommer vielen Veranstaltungen der Ansbacher Bachwoche eine Heimat.
Für einen Musiker ist dies ein ungewöhnlich angenehmer Konzertort – wenn man bedenkt, dass es sich nicht um einen Konzertsaal handelt. Das weitläufige Gemeindehaus mit dem romantischen Innenhof liegt gleich gegenüber, hier warten in der Regel Garderoben und Catering auf uns. In der Schwanenritterkapelle hinter dem Hauptaltar kann man sich auch noch auf das Konzert vorbereiten, einspielen, zur Ruhe kommen.
Für eine Kirch kurz, für einen Konzertsaal lang …
Das eigentliche Konzertpodium ist ein ausgefuchstes Holzkonstrukt, das sich nahtlos an die geschwungenen Treppen und Säulen anpasst. Es gibt keine Fugen und Wackeleien, diese Bühne wurde schlicht erstklassig eingepasst. Und sie hilft mit ihrem ganzen Holz und den Hohlräumen dem Klang ordentlich auf die Beine. Zusammen mit der ohnehin schon guten Akustik, die für eine normale Kirche ein wenig kurz, für einen Konzertsaal zu lange hallt, verhilft dieses Podium vor allem tieferen Instrumenten zu reichlichem Fundament, ohne allerdings die fraglichen Frequenzen zu verschmieren. Alles bleibt exemplarisch durchhörbar. Selbst komplexe Chorfugen bereiten dem geneigten Zuhörer keine Probleme – oder besser: keine, die er nicht auch woanders hätte.
Faszinierend ist hier der schon erwähnte Hall, der sich nicht nur auf sehr helle oder dunkle Klänge beschränkt – ein übliches Problem in Kirchen –, sondern gerade in den Mitten ziemlich aktiv arbeitet, nach oben und unten hingegen etwas matter wird. Heraus kommt ein kompakter, weit aufgefächerter Klang mit gutem Fundament und feinen Höhen, die allerdings nicht ewig stehen bleiben – zum Glück, denn die sich überlagernden Obertöne würden jeden Sopran zerklingeln.
Fast noch verblüffender ist es, dass man auf der Bühne jede zum sauberen Musizieren benötigte Information bekommt. Man hört sich selbst sehr gut, auch die Kollegen, dazu bekommt man ein gutes Feedback aus dem Saal. Was will man mehr?!
Sollten Sie sich einmal in diese Gegend verirren, lohnt sich ein Besuch – auch außerhalb der Konzertzeiten. Die wunderbar ausgebaute Kirche ist immer einen Blick wert. Und ein oder besser beide Ohren sowieso.
Musiktipps – Aufnahmen mit typischem Raumklang:
Regelmäßige Übertragungen aus der Bachwoche Ansbach durch den Bayerischen Rundfunk