In FIDELITY 3/2013 wird ein Beitrag von Claus Volke zum Thema Energia RC Netzverteiler von HMS erscheinen. Da allein schon die technischen Grundlagen einfach zu umfangreich sind und unser Autor ohnehin lieber über seine musikalischen Erfahrungen mit den Geräten schreibt als über Technik, können Sie hier nun die Antworten auf die wichtigsten Fragen in einem Interview mit Herrn Hans M. Strassner von HMS lesen.
FIDELITY: Herr Strassner, warum ist der Strom eigentlich so wichtig? Wenn alle Hersteller ihre Geräte vernünftig entwickeln und bauen würden, dürfte dies doch kein Problem darstellen, oder?
Hans M. Strassner: In mehr als 100 Jahren nach dem „Stromkrieg“ zwischen Edison und Tesla haben wir uns alle daran gewöhnt, dass sinusförmiger Wechselstrom aus unseren Wandsteckdosen kommt. Damals ging es im Wesentlichen darum, Licht in die Haushalte zu bringen und zwar möglichst verlustfrei. Mit der damaligen Technik war dies nur mit dem transformierbaren Wechselstrom möglich. Gleichstrom war nicht transformierbar und hätte auf niedrigem Spannungsniveau viel zu hohe Leitungsverluste ergeben.
Die Gewöhnung an 230V / 50Hz-Wechselstrom macht uns auch vergessen, dass jedes elektronische Gerät vom Handy bis zum TV-Gerät und PC Gleichstrom für seinen Betrieb benötigt. So auch unsere HiFi-Komponenten. Die meist in die Geräte integrierten Netzteile haben die Aufgabe, Wechsel- in Gleichspannung umzuformen. Die allseits bekannte und zigtausendfach so ausgeführte Schaltungstechnik, bestehend aus Transformator, Gleichrichter und Ladekondensator, ist eine der Ursachen für die mit heutigen, hoch auflösenden HiFi-Anlagen hörbaren klanglich negativen Einflüsse. Eine andere Ursache ist der allgegenwärtige und in stetiger Zunahme begriffene Elektrosmog mit seiner auf die Netzleitungen in der Wand konzentrierten Ausbreitung. Einige Hersteller haben die Problematik erkannt und bieten verbesserte, unempfindlichere Lösungen an. Viele andere allerdings noch nicht – oder scheuen sie nur den deutlich größeren Aufwand?
FIDELITY: Warum favorisieren Sie eine Ein-Geräte-Lösung wie bei Ihren Netzleisten und warum nicht getrennte, also völlig separate Filter und ggf. Trenntrafos für jedes einzelne Gerät?
Hans M. Strassner: In der Ein-Geräte-Lösung können wichtige Funktionen wie Überspannungsschutz, Entfernung der Gleichspannungsanteile (Trafobrummen), Softstart und zentrale Ein/Ausschaltung (keine Standby-Verluste der Komponenten mehr) für alle anzuschließenden Geräte in einfacher Ausführung erledigt werden. Lediglich die Filterung ist für jeden Steckplatz getrennt auszuführen. Eine für jedes Gerät getrennte Lösung ist ungleich aufwändiger, ganz zu schweigen von den Kosten der Vielzahl an mechanischen Gehäusen, die wohl auch für den Anwender eher abschreckend sind.
FIDELITY: Was ist das besondere an den HMS Energia RC Leisten?
Hans M. Strassner: Die Energia RC Leisten bieten die eben genannten Funktionen in hochwertiger Ausführung in einem Gehäuse für bis zu sechs Steckplätze. Ein weiterer Aux-Steckplatz ist zur Verwendung einer weiteren gefilterten Energia-Filterleiste oder auch für Fremdfabrikate vorgesehen. Hiermit kann die Anzahl verfügbarer Steckplätze nahezu beliebig erweitert werden. Auch diese Steckplätze sind dann überspannungsgeschützt, von Gleichspannungsanteilen befreit und werden zentral, auf Wunsch optional auch mit Fernbedienung, per Softstart Ein/Aus-geschaltet. Die klangrelevantesten Komponenten sollte man jedoch aus den speziell gefilterten Schuko- und IEC-Steckplätzen der Energia RC Leiste versorgen.
FIDELITY: Wie viel von Ihrer Referenz, der HMS Definitiva, steckt in jeder Energia RC?
Hans M. Strassner: Die gerade eben erwähnten, für jeden Steckplatz einzeln vorhandenen Filter sind aus unserer Referenz Energia Definitiva übernommen. Diese haben sich als ausgesprochen effektiv gegen netzseitig eingespeiste Störungen und zugleich, aufgrund ihrer hohen Rückflussdämpfung, effektiv gegen Störungen der Geräte untereinander erwiesen. Wenngleich auch eine Reihe von Features der großen Schwester fehlt, das klangliche Erbgut haben die kleineren Energia RC’ s mitbekommen. Das war auch Sinn der Übung.
FIDELITY: Wie wichtig sind die einzelnen Zuleitungen von der HMS RC 4/3 zu den Geräten und die Zuleitung zur Leiste selbst?
Hans M. Strassner: Sehr wichtig ist die Verlustarmut der Komponenten-Netzkabel, weniger wichtig, wenngleich auch nicht unwichtig, die Zuleitung zu Energia RC-Leiste. Das bedarf sicher einer Erklärung, weil ansonsten die hundertfach an uns gestellte Frage: „Wie kann es sein, dass die letzten 1,5 Meter eines Komponenten-Netzkabels den Klang meiner Anlage verbessern sollen, wenn doch x Meter einer Standard-Leitung in der Wand vorgeschaltet sind?“ unbeantwortet bleibt. Genau diese Frage beantworten wir in einem Sonderdruck mit dem Untertitel „Das Phänomen der letzen 1,5 Meter“. Dieser Text kann gedruckt oder als PDF bei uns abgerufen werden. Der Umfang der Erklärung würde den Rahmen dieses Interviews sicherlich sprengen.
FIDELITY: Und warum keine aktive Lösung?
Hans M. Strassner: Zu dieser kurzen Frage gibt es keine vergleichbar kurze Antwort, Sorry. Natürlich ist es das Einfachste, den technisch meist unbelasteten Käufer in der Idee „Ist der Sinus der Netzspannung sauber, ist der Klang sauber“ zu bestärken und von einer aktiven Neugenerierung der 230V / 50Hz-Netzspannung zu reden. Ein gekonntes Marketing-Argument, das deutlich an der tatsächlichen Ursache des Problems vorbei geht. Fakt ist, dass die typischen Netzteile, bestehend aus dem bereits erwähnten Ringkerntransformator, einem Vollweggleichrichter gefolgt von einem Ladekondensator, ein besonderes Problem erzeugen: Da der Gerätekonstrukteur zur Versorgung der Verstärkerelektronik eine möglichst konstante Gleichspannung benötigt, muß er den als Ladungsspeicher dienenden Ladekondensator möglichst groß wählen, damit in der Zeit, in der der Augenblickswert der sinusförmigen Spannung aus der Sekundärwicklung des Transformators kleiner ist als die Spannung am Ladekondensator, die Spannung durch die Stromentnahme der Elektronik so wenig wie möglich absinkt (Restwelligkeit).
Dies führt dazu, dass von den Zehn Millisekunden einer Sinushalbwelle nur typisch 0,5-1 Millisekunden an Zeit (und zwar immer kurz von Erreichen des Maximums des Sinus) zur Verfügung stehen. Der Gleichrichter trennt wie ein elektronischer Schalter in den übrigen neun bis 9,5 Millisekunden den Trafo und damit das Netz von der zu versorgenden Schaltung. Da die Verbindung zum Netz also nur für fünf bis zehn Prozent der Zeit besteht,wie wichtig kann dann die Sinusform der restlichen 90-95 Prozent der Spannung sein?
Da nur fünf bis zehn Prozent der Zeit zum Nachladen des Ladekondensators zu Verfügung stehen, muß der während 100 Prozent der Zeit entnommene Strom in dieser kurzen Zeitspanne nachgeladen werden. Die Folge ist ein zehn bis 20 mal größerer, nahezu rechteckiger, stark oberwellenhaltiger Ladestromimpuls. Die Stromstärken erreichen schon bei kleinen Verstärkern Größenordnungen von 20 Ampere und mehr. Ein Wert, den auch der Anlasser eines Fahrzeugs benötigt … Ein aktiver Sinusgenerator kann so niederimpedant nicht sein. Er wird unter der schlagartig einsetzenden Last einen Spannungseinbruch und damit Abweichungen vom Sinus produzieren. Da alle angeschlossene Geräte mit ihren zeitlich unterschiedlich einsetzenden Ladestromimpulsen am gleichen Generatorausgang hängen, wird es für die Regelschleife des Generators und dessen Sinusform sehr eng, bis hin zur Instabilität der Regelschleife. Hinzu kommt noch: Wer den gesamten Strombedarf seiner Anlage in dieser Weise geregelt sehen möchte, muß mit einem sehr deutlichen Aufschlag auf seine Stromrechnung rechnen (Wirkungsgrad).
FIDELITY: Woher stammen die Bauteile Ihrer HMS RC-Leisten und wie wichtig ist es für Sie, dass die RC-Leisten hier in Deutschland hergestellt werden?
Hanns M. Strassner: Dem Trend zu immer selbstbewussteren Schildergrößen „Made in PRC“ werden wir weiterhin „Made in Germany“ entgegensetzen. Alle relevanten Bauteile stammen von deutschen oder amerikanischen Firmen und ich hoffe, dass diese nicht allzu bald auch in Fernost fertigen lassen müssen.
FIDELITY: Kann man auch die Energia RC-Leisten mit der programmierbaren Fernbedienung der Definitiva nutzen?
Hans M. Strassner: Ja, die Energia RC-Fernbedienung ist mit der Timer-programmierbaren Fernbedienung der Energia Definitiva kompatibel. Auch ein Energia RC-Kunde kann von dem Komfort, seine Anlage schon von Heimkehr automatisch warm laufen zu lassen, Gebrauch machen und damit seiner Stromrechnung und der Umwelt einen zusätzlichen Gefallen tun.
FIDELITY: Vielen Dank Herr Strassner, für das sehr freundliche und informative Gespräch.