Messenachlese 14/20: Cambridge Audio
Cambridge – 50 Jahre Great British Sound
Als die britische Invasion 1968 die Herrschaft über die Rockmusik an sich riss, geschah das mit einer perfiden Doppelstrategie. Die Stones, Beatles, Kinks und Who trugen den Sound der Insel in die weite Weltöffentlichkeit, bis in die Vereinigten Staaten und sogar bis in den deutschen Beat-Club, während das frisch gegründete HiFi-Unternehmen Cambridge Audio daran arbeitete, die Jugend der Welt bis in ihren privatesten Rückzugsort – das Jugendzimmer oder die Studentenbude – zu unterwandern. Dass dieser, scherzhaft könnte man sagen, kulturimperialistische Blitzkrieg so ungemein erfolgreich verlief, war einerseits natürlich den genialen Songs zu verdanken, andererseits aber auch einem unscheinbaren, kleinen und nicht sehr kräftigen Vollverstärker namens P40, dem ersten Produkt von Cambridge Audio. Folgerichtig steht dieser P40 auch am Anfang der anlässlich des Jubiläums ausgestellten Ahnengalerie am Messestand. Konstruiert wurde er von einem gewissen Gordon Edge, einem Mitbegründer des Unternehmens, mit dessen Namen sich hier und jetzt, 50 Jahre später ein Kreis schließt.
Das Spalier aus wunderschönen Vintage-Geräten führt den geneigten Besucher nämlich direkt zu den drei Komponenten der neuen Edge-Serie, den nach eigener Aussage besten Geräten, die Cambridge Audio bisher gebaut hat. Sie sollen in reinster Form repräsentieren, was die Ingenieure in Cambridge unter „Great British Sound“ verstehen: Nichts hinzufügen, nichts wegnehmen.
Als Solitär und moderner Vollverstärker mit USB-Eingang und Bluetooth präsentiert sich der Edge A. Wie in der Edge-Serie üblich, verfügt er über einen entgegengesetzt symmetrischen Ringkerntrafo und eine makellose Front aus stranggepresstem Aluminium. Seine über eine speziell geregelte Vorspannung geschickt entzerrte AB-Schaltung liefert ausreichend Leistung (100 bzw. 200 Watt) und einen weiten nutzbaren Frequenzbereich, der sich klanglich wiederum typisch britisch in knappem Bass mit Punch, vornehmen Mitten und hochauflösenden Höhen widerspiegelt.
Prädestiniert sie miteinander zu verknüpfen, sind dagegen die Netzwerk-Vorstufe Edge NQ und die kräftige Stereoendstufe Edge W, die in der kleinen Vorführkabine an B&W-Lautsprechern zu Hochform aufliefen. Die Edge NQ akzeptiert Signale von allen derzeit gängigen digitalen oder analogen Quellen, hat Internetradio und Streaming-Dienste integriert und klingt dabei so rein und unverfälscht wie die puristischsten Vertreter ihrer Klasse – die perfekte Vorstufe für moderne Musikliebhaber. Kongenial ergänzt durch die aus nur 14 ausgesuchten Bauteilen im Signalweg bestehende Stereoendstufe Edge W, konnte man angesichts brachialer dynamischer Reserven durchaus Angst um die als nicht eben zimperlich geltende B&W 803 D3 bekommen. Ihre Membrane wurden im räumlich sehr begrenzten Hörcontainer rabiat und ohne Gnade durchmassiert, bis die Gummisicken der Tieftöner auf Anschlag gedehnt waren. Dass es trotzdem noch ein Vergnügen war, dürfte genau mit den eingangs erwähnten 50 Jahren Erfahrung zu tun haben. Wenn Pegel, Dynamik, Attacke und emotionale Ansprache so harmonisch Hand in Hand gehen, kann es sich nur um den Great British Sound in Vollendung handeln.