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Hifiman HE1000SE Kopfhörer

Hifiman HE1000se

Der Edelmann, der alles kann

Hifiman HE1000se

Alu-Leichtmetallchassis, handpolierter Edelstahlrahmen, bequeme Lederpolster, feinste Holzintarsien – nein, der HE1000se ist keine englische Limousine, sondern ein Kopfhörer, wenn auch ein ebenso luxuriöser!

Hifiman HE1000SE Kopfhörer

In aller Kürze:
Der Hifiman HE1000se klingt hervorragend, ist äußerst elegant, trägt sich bequem. Kurzum: Besser wird es nicht!

Hifiman HE1000SE Kopfhörer


Die Firma Hifiman wurde 2007 von Dr. Fang Bian in New York gegründet, gefertigt wird im chinesischen Tianjin. Mittlerweile gehört sie zu den renommiertesten Herstellern von Kopfhörern und entsprechendem Zubehör. Die Bandbreite des Sortiments reicht vom soliden Einsteigerbereich bis in absolute High-End-Regionen. Jan Sieveking übernahm 2010 den Deutschlandvertrieb. Der zum Test zur Verfügung gestellte HE1000se ist die neueste Iteration der 1000er-Baureihe, die sich in der Hierarchie direkt unter dem Topmodell einordnet (und preislich deutlich günstiger ist). Neben einer Verbesserung der Klangperformance wurde auch eine Erhöhung des Wirkungsgrads um sechs Dezibel gegenüber dem Vorgänger HE1000V2 erreicht. Dadurch lässt er sich auch von weniger potenten Kopfhörerverstärkern und sogar von mobilen Geräten problemlos betreiben, so der Hersteller.

Da Kopfhörer wie keine anderen HiFi-Gerätschaften körperlichen Kontakt erfordern, halte ich die haptischen und ergonomischen Eigenschaften für genauso wichtig wie die akustische Performance. Was nutzt mir exzellenter Klang, wenn nach kurzer Zeit die Ohren ihr Unbehagen melden, der Kopf vor Hitze anschwillt und der gewichtige Kopfhörer zum Hörköpfer wird? Ich kann nicht leugnen, dass ich diesbezüglich leichte Bedenken hatte, als ich den HE1000se seiner hübschen Schatulle entriss. Obwohl das Gewicht im Vergleich zum Vorgängermodell um 40 Gramm reduziert wurde, gehört er nicht zu den leichten Exemplaren. Meine Sorgen waren jedoch unbegründet. Der Kopfhörer saß bequem auf meinem Schädel, sodass ich auch längere Musikabende genießen konnte. Die ergonomisch hervorragende Konstruktion schmiegt sich mit gleichmäßiger Druckverteilung perfekt und sanft an den Schädel.

Hifiman HE1000SE Kopfhörer
In dieser Klasse zählen wechselbare Kopfhörer-Strippen zum guten Ton. Die Detailaufnahme verdeutlicht auch die hohe Verarbeitungs- und Materialqualität des Premium-Ohrwärmers.

Die Muscheln umschließen mit ihrer großen Tropfenform die Ohren vollständig und ohne Kontakt mit der Auricula auris. Die an den Flanken mit Kunstleder und der Auflagefläche mit hautfreundlichem Textil bezogenen Polster liegen dank der sich nach vorne verjüngenden Passform angenehm auf. Ihre große Auflagefläche verteilt den notwendigen Druck, ich habe nicht das Gefühl, von einer Schraubzwinge gepackt zu werden (was ich durchaus schon bei anderen Kopfhörern erlebt habe). Bei Bedarf können die Polster einfach ersetzt werden. Die Chassis der Hörmuscheln bestehen aus einer filigranen Alu-Konstruktion, optisch aufgewertet durch eine Intarsie aus Makassar-Ebenholz. Über fili­grane Metallbügel sind diese kardanisch mit dem federnden, für den nötigen Halt sorgenden Edelstahlband verbunden. Der Kontakt zur Kopfoberseite erfolgt durch ein angenehm breites Kunstlederband, das großzügig perforiert ist, um einem eventuellen Hitzestau entgegenzuwirken. Über Metallschieber lässt sich der Hörer in feinen Abstufungen an die Kopfgröße anpassen. Die Positionen sind leichtgängig und ohne Hakelei zu justieren, um dann sicher gehalten zu werden. Die Verarbeitung insgesamt ist makellos. Alle Oberflächen der Materialien sind sorgfältig veredelt, der Edelstahlbügel ist nicht gestanzt, sondern sauber CNC-gefräst und von Hand poliert. Die Fittings des Bügels sind sorgfältig verschraubt. Die gelungene Rezeptur von hochwertigen Materialien, perfekt verarbeitet, und einem eleganten, aber immer der Funktion dienlichen Design gefällt mir gut. Obwohl der HE1000se zu den Größeren seiner Art gehört, wirkt er nicht klobig.

Hifiman HE1000SE Kopfhörer
Gegenüber dem Vorgänger konnte HIFIMAN den Wirkungsgrad des 1000ers um stattliche sechs Dezibel anheben. Akustisch bedeutet das eine Verdopplung! Das erleichtert die Suche nach einem passenden Kopfhörerverstärker beträchtlich.

Bevor ich zum musikalischen Teil komme, möchte ich noch die inneren Werte des Edelhörers erläutern. Hifiman verwendet in seinen Over-Ear-Hörern magnetostatische Schallwandler. Hierbei schwingt eine extrem dünne Folienmembran mit direkt aufgebrachten Leiterbahnen mittig zwischen Permanentmagneten. Die als „Nanometer Thickness Diaphragm“ bezeichnete Membran gehört zu den Kerntechnologien des Herstellers. Der Vorteil gegenüber konventionellen dynamischen Treibern besteht in der leichteren und größeren Mem­bran, die zudem über ihre gesamte Fläche angetrieben wird. Das verhilft ihr zu einer Auslenkung ohne nennenswerte Partialschwingungen und bestem Beschleunigungsvermögen, sprich geringen Verzerrungen und hoher Impulstreue. Der Nachteil eines potenziell geringeren Wirkungsgrads wird durch den Einsatz von starken Magneten ausgeglichen. Die im Topmodell Susvara eingesetzten Technologien finden in wesentlichen Teilen nun auch beim HE1000se Verwendung. Die Membran wird von den gleichen Neodym-Magneten („Stealth Magnets“) angetrieben. Durch ihren halbrunden Querschnitt erzeugen sie geringere Beugungseffekte und sollen mit den abgestimmten Abdeckgittern („Windowshade“) für ein offenes, klares Klangbild sorgen. Der Kunstlederbezug der Ohrpolster ist auf der Innenseite perforiert. Sieveking bestätigte meine Vermutung, dass auf diese Weise Resonanzen im Hohlraum zwischen Ohr und Membran bedämpft werden. Das gleiche Prinzip zeigt seine Wirksamkeit bei der Konstruktion von Akustikdecken.

Hifiman HE1000SE Kopfhörer
Geliefert wird der HE1000se stilecht im Leder-Case. Gut zu erkennen ist die extrem breite Kopfauflage, die das durchaus nicht geringe Gewicht des Hörers auf eine breite Fläche verteilt. So kann man den HIFIMAN lange problemfrei „ertragen“.

Angeschlossen wird der Kopfhörer durch jeweils unten in der Hörmuschel eingelassene 3,5-Millimeter-Klinkenbuchsen. Dass auf diese Weise unterschiedliche Kabel benutzt werden können, finde ich praxisgerecht. Zwei drei Meter lange Kabel mit 4-Pol-XLR-Stecker und 6,5-Millimeter-Klinke sowie ein 1,5 Meter langes mit 3,5-Millimeter-Klinkenstecker gehören zum Lieferumfang. Das sollte in den meisten Fällen ausreichen. Außer beim Autor. Dessen Lieblings-Fauteuil befindet sich in größerem Abstand zum Kopfhörerverstärker. Freundlicherweise ergänzte Sieveking das Testpaket um ein fünf Meter langes Cardas Clear Beyond Headphone mit 4-Pol-XLR-Stecker. Verwendet habe ich die XLR-Kabel an meinem Kopfhörerverstärker, die 6,5-Millimeter-Klinke an einem Vintage-Receiver und die 3,5-Millimeter-Klinke direkt am Smartphone. Für die nachfolgende Klangbeschreibung kam natürlich nur der Kopfhörerverstärker zum Einsatz, obwohl auch die einfacheren Varianten respektable Ergebnisse lieferten. Sein volles Potenzial offenbart der HE1000se nach einem Betrieb von ca. 150 Stunden, so ist es in der Bedienungsanleitung zu lesen. Aus diesem Grund schickte mir Sieveking einen bereits eingespielten Hörer. Dennoch hatte ich in den ersten Stunden den Eindruck, dass noch etwas fehlte. Die Performance bot schon eine ausgewogene Abstimmung und gute Detailwiedergabe, es lief nur noch nicht richtig rund, irgendwie tönte es noch ein wenig unbeteiligt. Das besserte sich nach ein paar Betriebsstunden radikal. Was ich nun vernahm, war von einer begeisternden Selbstverständlichkeit und Homogenität. Die schon angesprochene Detailwiedergabe legte zu – ohne gesteigerte Ausprägung der hohen Frequenzbereiche. Das gesamte Spektrum wurde mit prononcierten Konturen und feinsten Dynamikabstufungen wiedergegeben. Besonders deutlich wurde das bei der Aufnahme der Violinistin Rachel Podger und ihrem Ensemble Brecon Baroque, J.S. Bachs Double & Triple Concertos. Der Klang dieser barocken Instrumentalkonzerte wird auf mittelprächtigen Kopfhörern gerne zu einem obertonlastigen Geflirre. Der HE1000se ist jedoch in der Lage, das gesamte Tongefüge substanziell wiederzugeben. Das filigrane Spiel der Violinen und des Cembalos erhielt durch den genau umrissenen Tieftonbereich ein solides Fundament. Realistische Klangfarben und ausgeprägte Plastizität machten den Genuss komplett. Händel und Telemann folgten, sodass ich Stunden in Alter Musik schwelgte, einfach wunderbar.

Bildergalerie
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Auch vor großen Orchestern und heftiger Dynamik schreckt der Hifiman nicht zurück. Im Gegenteil, ich zuckte vor Schreck zusammen, als „Der Höllentanz des Königs Kaschtschej“ mich mit furioser Wucht erwischte (Igor Strawinsky, Feuervogel-Suite 1919, Radio-Symphonie-Orchester Berlin unter Lorin Maazel). Obwohl dieser impulsartige, in maximaler Lautstärke gespielte Orchestereinsatz eine Herausforderung für jeden Schallwandler darstellt, wurden die einzelnen Instrumente klar und natürlich wiedergegeben. Wobei ich „natürlich“ nicht im Sinn von ohrenschmeichlerischem Wohlklang interpretiert wissen möchte. Die schneidenden Bläsersätze wurden mit ihrer eigenen Aggressivität fulminant in meine Gehörgänge geschmettert.

Viel Vergnügen bereiteten mir auch Natacha Atlas & Nitin Sawhney mit „Hope“. Den ebenso melancholischen wie hoffnungsvollen Gesang und die perkussiv gespielte, mit viel Hall abgemischte Gitarre setzte der HE1000se intensiv in Szene. Die in tiefe Register abtauchende Basslinie demonstrierte, dass er auch üble Synthiebässe wuchtig, aber sauber umrissen an das Trommelfell leitet, ohne subtilere Klänge zu überdecken. Der im Hintergrund durchgängig glucksenden Tabla konnte ich mühelos folgen. Dass der Magnetostat auch vor „handfesterem“ Material nicht zurückschreckt, bewies er eindrucksvoll mit Joe Bonamassas A New Day Yesterday Live. Der träge Shuffle von Schlagzeug und Bass drückte massiv und schwer, Bonamassa sägte gnadenlos auf seiner E-Gitarre. Die hitzige Atmosphäre des Konzerts wurde authentisch in meinen Schädel transferiert … wo sie auch hingehört.

Hifiman HE1000SE Kopfhörer

Der Hifiman HE1000se meistert jede audiophile Herausforderung souverän. Hinsichtlich seiner Mitspieler ist der Hörer unkompliziert. Um seine Qualitäten in Gänze genießen zu können, sollte man ihm trotzdem einen hochwertigen Kopfhörerverstärker gönnen. Die mitgelieferten Kabel sind von hervorragender Qualität, sowohl klanglich als auch mechanisch. Das Preis-Leistungs-Verhältnis halte ich für ausgesprochen gut; besonders für Freunde der feinen Zwischentöne gebe ich daher eine dicke Empfehlung.

Hifiman HE1000SE Kopfhörer

Info

Kopfhörer HIFIMAN SE1000se

Konzept: offenes Kopfhörerdesign mit austauschbaren Kabeln
Membran: magnetostatischer Treiber (Nanometer Thickness Diaphragm)
Impedanz (±3 Ω): 35 Ω | Kennschalldruck: 96 dB
Frequenzbereich: 8 Hz bis 65 kHz
Lieferumfang: 3 Kopfhörerkabel (1,5 m mit 3,5-mm-Stereoklinke auf zwei 3,5-mm-Stereoklinken, 3 m mit 4-Pin-XLR-Stecker auf zwei 3,5-mm-Stereoklinken, 3 m mit 6,35-mm Stereoklinke auf zwei 3,5-mm-Stereoklinken), Ohrpolster (am Kopfhörer angebracht)
Gewicht: 440 g
Preis: um 2400 €

Kontakt

Sieveking Sound

Plantage 20
28215 Bremen
Telefon +49 421 6848930
kontakt@sieveking-sound.de

www.sieveking-sound.de

Mitspieler

CD-Player: Electrocompaniet EMC 1 MKV
Kopfhörerverstärker/DAC: Pioneer U5
Zubehör: Cardas Clear Beyond Head XLR, IsoTek Aquarius Syncro und Optimum, AudioQuest Yukon NRG Z3, Audio Physic VCF V Magnetic plus

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.