Goldring Ethos – So geht’s!
Tonabnehmer zum Preis eines Kleinwagens? Nicht bei Goldring. Wobei ein System mit den Qualitäten des Ethos bei einigen der Konkurrenten sicher ein Vielfaches kosten würde.
So genau weiß ich nicht mehr, wann ich das letzte Mal ein Tonabnehmersystem besprochen habe. Einige Jahre werden ins Land gegangen sein. Was allerdings nicht bedeutet, dass ich das Interesse an diesem Thema verloren hätte. Mein Plattenspieler, ein wunderbarer Transrotor Apollon, dreht nach wie vor seine Runden, hält nach einigen Aufrüstungen mit einem neuen Teller und einer neuen Motorsteuerung die meiste Konkurrenz entspannt auf Abstand. Vielen Audiophilen wirkt er nicht geheimnisvoll genug, ist zu viel Maschinenbau. Was meiner Meinung nach jedoch erst einmal kein Fehler ist. Ich durchlebte auch etwas unruhige Zeiten mit ihm, als ich noch nicht so recht wusste, worauf der Apollon am liebsten steht. Einfach auf ein gutes Rack stellen und fertig − so dachte ich. Ignorierte allerdings die Tatsache, dass ein Plattspieler ohne jegliche Dämpfung tief in seinen Untergrund „hineinhört“, der Tisch also zum essenziellen Teil des Laufwerks wird. Okay, gelernt, verbessert, abgehakt.
Durch meinen Transrotor kam ich zum SME V, einem Tonarm, der mich in der Summe seiner Qualitäten immer noch und immer wieder begeistert. Kein Wunder also, dass ich mich schon immer auch für die Tonabnehmer von Goldring erwärmen konnte, jene unscheinbaren schwarzen Kunststoffkästchen, die in der Welt des High End immer zu brav, zu wenig schräg und zu billig waren. Gutes Handwerk eben, das seinen reellen Preis hat − aber auch nur den. Ihr Handwerk verstehen die Leute von Goldring zweifelsohne, schließlich basteln sie nicht erst seit gestern Systeme zusammen, sondern sind mit gutem Erfolg seit 1906 im Geschäft und konnten den Markt über die Zeit hinweg mit einigen Innovationen bereichern. Für Goldrings Qualität spricht auch, dass es kaum fleißigere OEM-Produzenten gibt, in der Szene verlässt man sich also gerne auf die Briten, die – wer hat’s gewusst – übrigens ihre Firma in Berlin gründeten und 1933 aus traurigen Gründen, die man sich leicht denken kann, nach Großbritannien umzogen.
All das trägt auch dazu bei, dass ich jetzt doch einmal wieder − zurück zur Einleitung − über einen Tonabnehmer schreibe. Ich habe meine Probleme damit, mich öffentlich über Systeme im hohen vier- oder gar fünfstelligen Bereich zu freuen. Denn es gibt meiner Meinung nach schlicht eine technische Grenze dafür, was in gerade einmal zwei Kubikzentimetern unterzubringen ist. Was ich zu Hause ganz privat veranstalte, ist wieder eine andere Sache, jedoch schaffe ich es nicht, unreflektiert jede Preisentwicklung zu feiern oder bestenfalls zu beschweigen.
Daher jetzt ein Goldring, denn traditionell sind das Systeme, die wenig falsch machen, lange halten, mit vielen Tonarmen klarkommen und nicht die Welt kosten.
Das Ethos wagt sich optisch etwas aus der Deckung, tarnt es sich doch nicht mit mattem Schwarz. Der Systemkörper besteht auch nicht wie bei den früheren Generationen aus der hauseigenen Mischung Pocan, sondern aus einer Aluminiumlegierung. Im Innern befinden sich gute Zutaten, für die sich auch weit teurere Konkurrenten nicht schämen müssten – im Gegenteil. So einen schön gewickelten, kreuzförmigen Spulenkörper sieht man auch nicht alle Tage, ebenso wenig wie die proper dimensionierten Neodym-Magnete. Die Line-Contact-Nadel sitzt auf einem Aluminiumträger, der im Bedarfsfall bei Goldring erneuert werden kann. Das Ethos ist mit seinen 0,5 mV Ausgangsspannung ein durchschnittlich „lautes“ System, das somit keinen Vorverstäker über- oder unterfordern sollte.
Frisch in den SME V eingebaut, wird es auf die empfohlenen 1,75 Gramm Auflagegewicht eingestellt und darf die erste Platte abtasten.
Eine meiner seit jeher liebsten LPs macht den Anfang: Elisabeth Schwarzkopf singt die „Vier letzten Lieder“ von Richard Strauss (George Szell, Radio-Symphonie-Orchester Berlin, Angel 36347). Die ersten Töne kommen mit wunderbarer Vehemenz, das Ethos trennt klangfarblich tiefe Holzbläser von Celli und Bässen mit beeindruckender Leichtigkeit, viele Systeme scheren hier über einen Kamm. Wenn Frau Schwarzkopf ihre ersten Töne singt, gibt sich das Goldring ebenfalls keine Blöße, auch die schwerer abzutastenden höheren Töne werden nicht eng und klingen noch wunderbar luftig. Besonders gut gelingen dem britischen Abtaster schnelle Farb- oder Registerwechsel im Orchester. Die Unterschiede zwischen einem intimen Piano und einem plötzlichen Ausbruch scheinen subjektiv größer zu sein als bei vielen anderen Tonabnehmern. Dafür habe ich den Raum schon ein wenig tiefer gehört, auf den Geigen eine Spur mehr Schimmern …
Als Kontrastprogramm schreitet jetzt Prince zur Tat, sein sehr spezielles Album Parade stellt völlig andere Anforderungen. Und wieder liefert das Goldring ab. Knackige Bässe, mal druckvoll, mal schwarz, wilde, am Mischpult konstruierte Phasendrehungen, Cuts, pumpende Kompressoren. Das Ethos stellt wieder alles dar, ohne sich selbst dabei in Szene zu setzen. Es reiht sich damit in die Riege seiner Ahnen ein, spielt allerdings jederzeit feiner, weiter, detaillierter. Aber wiederum, ganz Goldring, nur im Dienste der Sache, nicht als L’art pour l’art, Eitelkeit ist ihm fremd.
Eine böse Überraschung für MC-Systeme sind oft Operneinspielungen, da hier extrem komplexe Mischungen aller Frequenzen, donnernde Pauken und wilde Sopranistinnen alles bieten, was einen Tonabnehmer aus der Fassung geraten lässt. Deshalb spielt jetzt Arabella von Richard Strauss (Sir Georg Solti, Wiener Philharmoniker, London OSA 1404). Gerade Strauss’ ausufernde Partituren stellen viele Setups vor kaum lösbare Probleme. Typisch für diesen Komponisten gibt es keine Ouvertüre oder ein ähnliches Vorspiel, der Hörer wird direkt in die Szene geworfen. Nach einigem Geplänkel einer Wahrsagerin und der Frau Gräfin kommt Arabella auf die Bühne. Unüberhörbar Lisa della Casa. Gab es je wieder eine Sängerin, die elegante und kapriziöse Rollen so wenig „spielen“ musste? Die bei soubrettenhafter Leichtigkeit doch eine feine Stimme mit Substanz hatte? Die wirklich alle drei Frauenrollen im Rosenkavalier geben konnte? Abschalten wird unmöglich, die Sopranistin nimmt gefangen, zieht in ihren Bann. Dann der Ball im zweiten Akt. Sie jetzt noch sehen zu können wäre ein Traum. Dass so viel von ihrer Kunst in meinem Raum ankommt, ist sicher das Verdienst des Ethos. Ja, ich habe schon Systeme gehört, bei denen etwas mehr Honig über die Stimmen floss, die die Mittelstimmen des Orchesters vielleicht noch etwas feiner aufdröselten. Dann aber oft zu einem anderen Preis und eigentlich immer mit deutlichen Einbußen an anderer Stelle.
Somit passt das Goldring perfekt zum SME V. Es gibt immer mal wieder Teilbereiche, in denen Konkurrenten etwas besser können. Das Gesamtpaket hingegen ist so rund und geschlossen, wie ich es nur selten erlebt habe. Dies ist ein System, das ich ohne Zögern meinem besten Freund empfehlen würde.
Wir meinen
Übertreibungen und Divenhaftigkeit sind dem Ethos fremd: Goldring zeigt hier, was für diesen Preis möglich ist.
Info
Tonabnehmer Goldring Ethos
Konzept: Moving-Coil(MC)-Tonabnehmer mit Aluminium-Systemkörper
Abtastnadel: Diamant mit „Vital“-Line-Contact-Schliff auf Aluminium-Nadelträger
Nadelnachgiebigkeit: 15 µm/mN
Empfohlener Abschlusswiderstand: 10 Ω
Ausgangsspannung (bei 5 cm/s, 1 kHz): 0,5 mV
Gewicht: 7,7 g
Garantiezeit: 1 Jahr
Preis: um 1100 €
Kontakt
IDC Klaassen International Distribution & Consulting oHG
Am Brambusch 22
44536 Lünen
Telefon +49 231 9860 285