GoldenEar Triton Three+
Wir Audiophilen wollen natürlich nur das Beste – auch für unsere Freunde. Doch können wir ihnen wirklich Lautsprecher empfehlen, nach deren Kauf sie 90 Prozent ihrer Musiksammlung frustriert in die Tonne treten werden? Natürlich nicht! Doch keine Sorge: Die GoldenEar Triton Three+ zeigt, dass es auch anders geht.
In aller Kürze:
Die GoldenEar Triton Three+ ist ein wohnraumfreundlicher, praxistauglicher und vor allem unkomplizierter Lautsprecher, der klanglich mit seiner Gutmütigkeit ebenso besticht wie mit seiner Durchlässigkeit.
Auf dem Papier ist der Weg zum HiFi-Glück recht simpel: Zunächst braucht man ein Wohnzimmer, dessen Höhe, Breite und Länge sich zueinander exakt im Goldenen Schnitt verhalten. Anschließend kaufe man sich Lautsprecher, die genau ein Drittel der Raumlänge von der Stirnwand entfernt aufzustellen sind, und so weiter und so fort …
Sie merken schon, ich konfrontiere Sie hier mit einer Wahrheit, der Sie mit Sicherheit nicht zum ersten Mal begegnen. Guter Klang scheint irgendwie immer mit einer bewohnbaren Lebensumgebung im Konflikt zu stehen. Die Tatsache, dass der Raum die größte und wichtigste Komponente ist, lässt sich ebenso wenig wegdiskutieren wie die Erkenntnis, dass das Wohnzimmer nicht ohne Grund Wohnzimmer heißt. Natürlich hat uns der technologische Fortschritt zahlreiche clevere Lösungen wie DSP-basierte Raumkorrekturen zur Verfügung gestellt, die teils verblüffend gut funktionieren. Ich werde an dieser Stelle aber doch die Behauptung wagen, dass dieser Ansatz vielen qualitätsbewussten Verbrauchern immer noch zu kompliziert ist. Was, wenn man sich für sein sauer verdientes Geld einfach nur ein Paar Boxen holen möchte, die man im Raum aufstellt und die dann einfach schön klingen, ohne dass man sich vorher eine App runterladen, mit einem Messmikro den Raum abschreiten und sich anschließend durch eine Reihe von Menüs wühlen muss, bevor die Lautsprecher am Ende das tun, was sie sollen?
GoldenEar hat es sich zur Aufgabe gemacht, genau solche Lautsprecher zu entwickeln. Das soll jetzt nicht heißen, dass wir es hier mit glorifiziertem Mid-Fi zu tun haben – ganz im Gegenteil: Wenn man sich so anhört, was die Entwickler über die Triton-Serie zu sagen haben, muss man zum Schluss kommen, dass die Devise so ähnlich lauten muss wie: „Echtes HiFi, aber bodenständig und realitätsnah.“
Mit beiden Beinen auf dem Boden
Die Realitätsnähe beginnt schon bei der Klangphilosophie von GoldenEar: Offen erkennen die Macher an, dass jede Komponente fehlerbehaftet ist: Jeder Treiber, jede Spule, jeder Kondensator bringt seine eigene Stimme in das Endergebnis ein. Der kundige Entwickler weiß diese Unzulänglichkeiten so zu kombinieren, dass sie sich teils gegenseitig aufheben, teils unauffällig über das gesamte Spektrum verteilen, sodass sie in Summe zu einem vernachlässigbaren Grundrauschen werden, das der musikalischen Information nicht im Wege steht – Noise-Shaping auf Bauteilebene, wenn man so möchte. Natürlich fällt dieser Balanceakt wesentlich einfacher und verspricht bessere Ergebnisse, je besser und „fehlerfreier“ das verbaute Material von vornherein ist. Und hier kann GoldenEar mit einigen Pfunden wuchern: Der Hersteller mag erst seit 2010 existieren, hat aber Zugriff auf weitreichende Forschungs- und Entwicklungskapazitäten samt einem eigenen schalltoten Raum. Damit lassen sich nicht nur proprietäre Treiber entwickeln und in ihren Parametern exakt auf ihre vorgesehene Rolle abstimmen, sondern man hat auch deutlich mächtigere Möglichkeiten bei der Messung der Performance des gesamten Lautsprechers an der Hand. Der Zähmung besagter unvermeidlicher Restungenauigkeiten liegt also ein mehr als solides technologisches Fundament zugrunde. Freilich lässt man es sich aber dennoch nicht nehmen, alle neuen Modelle in ausgiebigen Hörsessions feinzutunen, um sicherzugehen, dass sie am Ende nicht nur akkurat, sondern auch wirklich musikalisch sind.
Bei der Triton Three+ konnten die Entwickler denn auch aus einem bestens ausgestatteten Zutatenfundus schöpfen. Wesentliches Erkennungsmerkmal aller GoldenEar-Lautsprecher ist der HVFR-Tweeter („High Velocity Folded Ribbon“), der mit seiner bestechenden Kombination aus Feinauflösung und Dynamik im Hochton auch hier zum Einsatz kommt. Den Anschluss zu den Mitten besorgt ein ebenso eigens entwickelter, flinker 4,5-Zoll-Mitteltonkonus mit einem speziell geformten Phaseplug und computeroptimierter Membrangeometrie. Im Bass schließlich werden die Vorteile eigener Treiberfertigung erst richtig sichtbar: Die unteren Register übernimmt ein auf die Schallwanddimensionen maßgeschneiderter, 5 x 9 Zoll messender Treiber, der von zwei seitlich angeordneten Passivmembranen unterstützt wird.
Alltagstauglich
Da GoldenEar mit der Triton-Serie Lautsprecher für echte Personen bauen will, die nicht in Katalogumgebungen leben, stehen Flexibilität und problemlose Bedienung ganz oben im Lastenheft – und diese Ziele lassen sich am besten mit einem teilaktiven System umsetzen: Der Tieftöner hat ein Class-D-Verstärkermodul im Rücken, das standardmäßig die Lautsprecherstrippen anzapft, um sich sein Signal zu holen. Alternativ gibt es jedoch auch einen LFE-Anschluss für all jene, die ihre Triton in einem Heimkino-Setup betreiben möchten. Der aktive Bass hat dabei gleich eine Reihe von Vorzügen. Zunächst einmal ist man damit wesentlich freier bei der Aufstellung: Will man die Raumabbildung optimieren, kann man sie nach guter HiFi-Sitte schön frei positionieren, die Lautsprecher haben reichlich Luft für die Projektion der Bühne, und dank 800 Watt pro Kanal im Bass muss man sich um Schub aus dem Keller heraus nie Sorgen machen. Da der Pegel des Bassmoduls stufenlos regelbar ist, können sich die schlanken Säulen aber ebenso gut unauffällig in Raumecken schmal machen, ohne dass der Tieftöner in übel gelauntes Grummeln verfällt.
Das Schöne ist, dass man sich dabei nicht einmal zwingend für entweder oder entscheiden muss – die Triton ist leicht genug, um ihr hier und da einfach mal mehr Auslauf zu geben. Schnell an den beiden Bassreglern gedreht, und die Klangbalance ist angepasst. Und nach einer kritischen Hörsession ist sie flugs wieder in eine platzsparende Position gerückt, von der aus sie sich um hochkarätige Hintergrundbeschallung kümmern kann. Das Stichwort Heimkino bringt uns zu einem vielleicht weniger offensichtlichen Vorteil: Da der Verstärker nur den Mittel- und Hochtöner antreiben muss, gibt sich die Triton Three+ angenehm anspruchslos: Selbst eher preisgünstige AV-Receiver, deren Stromversorgung ein halbes Dutzend Kanäle füttern muss, sollten hier keinerlei Probleme haben.
AN-Probe
Auch wenn wir einen solchen nicht zur Hand haben, bietet unser hauseigener Gerätepark mehr als geeigneten Ersatz: Passend zum unprätentiösen Gebaren der GoldenEar-Schallwandler schlummert in unserem Hörraum unauffällig eine Zero-Kette von Audio Note vor sich hin. Der Vollverstärker I Zero bietet sich mit seinen zarten acht Röhrenwatt pro Kanal bestens als Versuchskaninchen an – und stellt sich prompt als fantastischer Spielpartner heraus: Während der Bass mit einem Schub und einer Kontrolle in den Raum drückt, die über Röhrenverstärkung so kaum machbar wären, schleusen die Triton Three+ die ausnehmende Musikalität des britischen Zwergs ungefiltert durch. Bevor ich meine üblichen Referenzaufnahmen auspacke, gehe ich die Hörprobe aber zur Abwechslung mal ganz im Sinne der Lautsprecher realitätsnah an.
Wenn man nicht gerade vollständig im Jazz- oder Klassikbereich verhaftet ist, kennt man ja leider das Problem: Musik ist entweder gut aufgenommen oder sie macht Spaß – selten beides zugleich. Ich werfe die Audio Note/GoldenEar-Kombi also gleich mal ins kalte Wasser: Die japanische Band Kinoco Hotel besteht aus vier Ladies, die grundsätzlich in Hoteluniformen auftreten und deutlich psychedelisch angehauchten Rock machen, der den Hörer gefühlt direkt auf das Set eines sich selbst nicht zu ernst nehmenden Geheimagententhrillers aus den 60er Jahren beamt. Macht irre Spaß, ist nur leider – Sie ahnen es – bei der Abhöre über hochgezüchtete High-End-Ketten mit nicht zu knappem Ohrenbluten verbunden. Bei „Atashi No Sniper“ (Marianne No Yuutsu) machen die Triton Three+ keinen Hehl aus den (teils bewusst gezüchteten) Unzulänglichkeiten der Aufnahme. Gleichzeitig passiert jedoch etwas sehr Erfrischendes: Die Halbaktiven nehmen das Ganze mit Humor und spielen derart munter mit, dass es eine wahre Freude ist.
Italian Connection
Wie ich mich so vom Retro-Groove treiben lasse, fällt mein Blick wie zufällig auf den Serblin & Son Frankie, der sichtlich in Wartehaltung neben dem I Zero auf dem Rack steht – also lasse ich ihn auch mal zum Zuge kommen. Das erste, was mir beim Hören direkt auffällt: Bei der Feinauflösung, die er bietet, blieb mir erstmal die Spucke weg. Die Triton Three+ haben – wohl auch dank des AMT-Hochtöners – keinerlei Schwierigkeiten, all die feinen Details, die der Frankie zutage fördert, glasklar an den Hörplatz zu transportieren. Dabei bauen sie eine eher breite und hohe als tiefe Bühne auf, die sich dank der ausgesprochen schmalen Schallwände vorbildlich von den Lautsprechern löst – keine Frage: So gutmütig sie auch sind, an audiophilen Qualitäten mangelt es ihnen in keiner Weise.
Das erkennt man schon allein an ihrer bemerkenswerten Durchlässigkeit: Nach dem Verstärkerwechsel fiel mir gleich als Erstes auf, wie deutlich der Unterschied im Klangcharakter der beiden Amps über die Triton Three+ hörbar wird – ein echtes Qualitätsmerkmal! Das bezieht sich im Übrigen keineswegs nur auf die Mitten und Höhen, auch im Bass kommt die „Stimme“ des Verstärkers klar zum Vorschein. Die Vorzüge des Subwoofer-Anschlusses über einen High-Level-Input, also dessen Speisung mit dem Signal aus den Lautsprecherkabeln, werden hier hervorragend hörbar: Die Endstufen der Basstreiber greifen dem Verstärker unter die Arme, ohne ihm dabei ins Handwerk zu pfuschen, das Klangbild ist stets wie aus einem Guss.
Es ist schon erstaunlich, was GoldenEar den Triton Three+ zu einem erschwinglichen Kurs alles mit auf den Weg gegeben hat: Sie haben keine zig Betriebsmodi und Funktionen, sondern lassen sich einfach völlig natürlich in einer Vielzahl verschiedener HiFi- und Heimkinoszenarien bestens einsetzen und machen bedingungslos Spaß, ohne jemals die Nase gen Himmel zu recken. Bei all der Gutmütigkeit vermitteln sie aber dennoch weit mehr als nur eine Ahnung audiophiler Qualitäten. Das ist ein Lautsprecher, den man als eingefleischter Audiophiler getrost einem guten Freund ans Herz legen kann.
Info
Lautsprecher GoldenEar Triton Three+
Konzept: teilaktiver 3-Wege-Lautsprecher mit Passivmembranen
Bestückung: 1 x HVFR(High Velocity Folded Ribbon)-Tweeter, 1 x 4,5″-Mitteltonkonus, 1 x 5/9″-Tieftöner, 2 x 6,75/8″-Passivmembran
Leistung Subwoofer: 800 W pro Kanal
Eingänge: Single-Wire-Lautsprecherterminal, LFE, Stromanschluss für Subwoofer
Nennimpedanz: 4 Ω
Wirkungsgrad: 90 dB
Frequenzgang: 21 Hz bis 35 kHz
Empfohlene Verstärkerleistung: 20 bis 400 W pro Kanal
Maße (B/H/T): 18/112/33 cm (Höhe auf Standfuß ohne Spikes), Standfuß 29/41 cm (B/T)
Gewicht: 20 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Paarpreis: um 3800 €
Kontakt
AudioQuest
Hoge Bergen 10
4704 RH Roosendaal
Niederlande
Telefon +31 165 541404
Mitspieler
CD-Player: Audio Note CD 3.1x
Streamer: Lumin P1
Vollverstärker: Audio Note I Zero, Serblin & Son Frankie, Trigon Exxceed
Lautsprecher: Audiovector QR7, DALI Epicon 6
Kabel: AudioQuest, HMS, Vovox
Rack: Finite Elemente