Kurze Wege, gute Preise?
Gold Note aus der Umgebung von Florenz wird gemeinhin als junges Unternehmen wahrgenommen. Dabei gehört der Hersteller (die meiste Zeit davon hinter den Kulissen) zu den alten Hasen im Geschäft.
Stellen Sie sich die Situation vor: Auf einer highfidelen Pressereise wird nicht ein einziger Musiktitel gespielt, wir sehen keinen Hörraum und auch die technischen Finessen der Geräte spielen eine untergeordnete Rolle. Trotzdem werden später alle Gäste als einigermaßen angefixte Fanboys das Gebäude verlassen. Was verrät uns das? Zunächst einmal, dass Gold Note ziemlich viel ziemlich richtig macht, wenn schon eine Besichtigung der Werkshallen genügt, um sich in die italienischen Maschinen zu verlieben …
Umgebungsvariablen
Toskana, Geburtsstätte der Renaissance. Wir befinden uns kaum 15 Kilometer südwestlich von Florenz in einer von sanften Hügeln gesäumten Landschaft. Pinien, Frühlingssonne und italienische Leckereien, wohin das Auge auch blickt. Für deutsche Redakteure ist es in so einer Umgebung nicht einfach, sich auf die Arbeit zu fokussieren. Maurizio Aterini fällt das merklich leichter. Für ihn ist die Traumlandschaft Alltag. Er sitzt in seinem Büro und arbeitet unermüdlich an seinem Computer, lässt sich nicht sonderlich von der kleinen Journalistenschaar stören, die draußen in Begleitung seines Produktmanagers Tommaso Dolfi eine Führung durchs Gebäude macht.
Bereits mit Acht ein Tüftler
Später wird uns der CEO von Gold Note erzählen, dass er bereits als kleiner Junge begeistert war von Bandmaschinen und Kassettendecks. Bereits mit acht Jahren habe er angefangen, Geräte zu reparieren. Später studierte er Ingenieurwesen und entwickelte bald eigene Komponenten. Ab den frühen Neunzigern betätigte er sich schließlich als OEM-Hersteller (Original Equipment Manufacturer), einer jener gesichtslosen Produzenten, die Baugruppen oder ganze Gerätschaften für Auftraggeber fertigen.
Finanzkrise unerwünscht
In dieser Funktion habe sein Unternehmen floriert und für namhafte europäische Branchenriesen sowie einen „nordamerikanischen Marktführer“ gefertigt. Namen – die Verträge haben bis heute Gültigkeit – darf er uns freilich nicht verraten. Seine Abnehmer wollten den Nimbus ihrer Eigenentwicklungen wahren. Ende der 2000er traf die Finanzkrise allerdings auch die liebliche Toskana. Im Lauf weniger Monate verlor Aterini einen Großteil seiner Abnehmer. Nach dem ersten Schrecken entschloss er sich für die Flucht nach vorn und gründete sein eigenes Label Gold Note.
Alte Hasen
Die kurze Skizze zum Werdegang des Geschäftsführers beantwortet eine Frage, die ich mir schon seit geraumer Zeit gestellt habe: Wie kann von jetzt auf gleich ein Produzent auftauchen, dessen Produkte dermaßen ausgefeilt sind und selbst bei penibler Untersuchung keine Kinderkrankheiten zeigen? Die bei Firmengründung (2011) fast 25-jährige Erfahrung des Gold Note-Teams in allen Aspekten von Entwicklung und Fertigung steckte in den Komponenten, wurde in der Öffentlichkeitsarbeit aber nicht an die große Glocke gehängt.
Gold Note Pragmatismus
Auch ansonsten geben sich die Herrschaften als gestandene Pragmatiker. Wie in Aterinis Ausführungen schon angedeutet legen die Italiener vor allem Wert auf saubere Schaltungen, einen soliden Aufbau ihrer Spannungsversorgungen sowie auf ein schnörkelloses, gerade dadurch aber ansehnliches Design ihrer Komponenten. Die Technik steht im Vordergrund, herausragender Klang ist ganz einfach die logische Konsequenz. Aber bitte nicht missverstehen: Natürlich gibt es mehrere Hörräume im Firmengebäude. Die sind bei unserem Besuch allerdings belegt.
Preiskampf durch Organisation
Vor allem ein Problem trieb Maurizio Aterini in den Anfangsjahren von Gold Note um: Wie kann man hochkarätige Geräte mit Top-Verarbeitung stemmen, ohne die Preise ausufern zu lassen? Die Lösung fand sich in einem erfahrenen Optimierer, der normalerweise Abläufe für die Automobilindustrie organisiert. Dessen Vorschläge waren kein Feinschliff, sondern veranlassten den CEO, sein Unternehmen von Grund auf neu zu strukturieren und sie führten sogar dazu, dass das Firmengebäude im ländlichen Montespertoli umgebaut wurde. Für möglichst reibungslose Abläufe wanderten Büros und Marketing in einen eigenen Gebäudeflügel und waren der Fertigung so „nicht mehr im Weg“. Die Floskel „unnötige Laufwege vermeiden“ wird uns bei der Führung häufiger begegnen.
Das Lager als Teil der Produktion
Den Ausgangspunkt der Gold Note-Produktion bildet ein langgestrecktes Lager, das gemeinsam mit dem Versand beinahe die gesamte untere Etage des Gebäudekomplexes einnimmt. Zwei Mitarbeiter sind hier unermüdlich damit beschäftigt, selbst konstruierte Rollregale mit Bauteilen und Komponenten, Gehäuserohkörpern und weiteren Zutaten zu bestücken. Natürlich behalten sie dabei den Warenbestand im Blick und bestellen zur Neige gehende Bestände sofort nach, damit der Vorgang auch morgen und übermorgen ohne unnötige Pausen klappt.
Jeder nur ein Regal …
„Jedes der Regale ist für einen Mitarbeiter bestimmt“, erklärt Produktmanager Tommaso Dolfi, der uns durchs Gebäude führt. Er oder Sie wird es am kommenden Morgen an seinem Arbeitsplatz finden. In den mobilen Mini-Lagern sind sämtliche Bauteile für die Fertigung einer bestimmten Gold Note-Komponente vorbereitet.
Abends wird auf einer Tafel im Fertigungsbereich minutiös notiert, was geschafft wurde und wo es eventuell geklemmt hat – wo trotz der ausgeklügelten Organisation zum Beispiel das erneute Vorsortieren von Schrauben erforderlich war. „Damit wollen wir keinen Druck aufbauen“, hakt Dolfi sofort nach. Die Umstrukturierung sei noch im vollen Gange und es gebe an allen Ecken und Enden verstecktes Potenzial. Gerade wird ein Teil des Lagers umstrukturiert. Teile der Verpackungen waren hier nach Volumen angeordnet. Alles Große und Schwere lagerte weiter unten in den Regalen. Die Praxis habe allerdings schnell gezeigt, dass gerade diese Kartonagen selten benötigt werden. Und um solche Fehler zu finden sei ein reges Feedback der ausführenden Mitarbeiter unabdingbar.
Die Gold Note Formel wirkt!
Dieser Feinschliff bis ins kleinste Detail habe dazu geführt, dass der Output an Geräten bei identischer Belegschaft stattlich angestiegen sei. Und eben das wirkt sich dann wieder auf die Komponentenpreise aus: Der wuchtige Streaming-Vollverstärker IS-1000 beispielsweise wird für knapp 4500 € gehandelt. Für einen Boliden der 18 Kg-Klasse mit exzellentem DAC und gut 250 Watt pro Kanal (4 Ohm) ist das nach heutigen Maßstäben eine regelrechte Kampfansage.
Bei unserem Besuch sind etwa sechs Mitarbeiter damit beschäftigt, alle möglichen Geräte zusammenzusetzen. Ich entdecke den kompakten Streaming-Vollverstärker IS-10 sowie seinen gerade in höchsten Tönen gelobten Bruder IS-1000. An einem anderen Arbeitsplatz entsteht der schlanke Dreher T-5. Alles geschieht auf übersichtlichen Werktischen, die mit jeweils eigenen Messstationen und ausgestattet sind – und mit einem weiteren Regal, in dem die fertig montierten Geräte eingebrannt werden. Auch das gehört zur Effizienz-Optimierung: Sollte ein Problem auftreten, kann der zuständige Mitarbeiter die defekte Einheit wieder auf den Tisch stellen und der Sache mit Messprogrammen und allem erforderlichen Werkzeug auf den Grund gehen. Ist der Fehler behoben kann das Burn-In weitergehen.
Service inklusive
Weiter hinten in der Montagehalle entdecken wir den einzigen Arbeitsplatz, an dem Improvisationstalent gefordert ist: Im Service-Bereich werden Maschinen aus den Anfangstagen der Marke repariert. Dafür lässt sich natürlich kein Bauteilebedarf vorausplanen. Die kompakte, auf einer penibel kalibrierten Standart-Soundkarte basierende Messstation ist aber auch hier vorhanden – und so ist der Fehler der großen Endstufe, die gerade auf den Doktor wartet, sicher bald analysiert und behoben.
Cool verpackt
Diese Direktheit wurde auch in die Packstationen übernommen. Kurze Laufwege, vorbereitete Materialien und vor allem deutlich besser angepasste Kartonagen hätten den Ausschuss und Transportschäden in den letzten Jahren praktisch terminiert. Udo Besser vom deutschen Vertrieb demonstrierte uns, wie der Plattenspieler Mediterraneo in seine Kiste wandert: Für jedes Teil des zerlegten Drehers gibt es in den Verpackungseinlegern passende Lücken. Bleibt am Ende eine Lücke frei, fehlt ein Teil – oder umgekehrt. Im Vergleich dazu wirken die meisten mir bekannten Dreher-Kartonagen wie Puzzle für fortgeschrittene.
Und wohin geht’s mit Gold Note?
Bei unserem Abschließenden Gespräch habe ich Gelegenheit, Maurizio Aterini nach den kommenden Herausforderungen zu fragen. Wo sieht er sein Unternehmen in fünf oder zehn Jahren? Genau das sei neben dem Ziel der Preisattraktivität ein weiterer Anlass für die Umstrukturierung der Firma gewesen. In aller Kürze: Er weiß es nicht! Aber wenn Gold Note so effizient und flexibel funktioniert, wie es momentan der Fall sei, dann wird man schnell auf neue Anforderunge reagieren können. Wie meine Großmutter schon zu sagen pflegte: Ordnung ist das halbe Leben! Und manchmal eben auch noch etwas mehr …
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