Gold Note Mediterraneo X
Gold Notes Mediterraneo X erhält stante pede die Auszeichnung „Schönster seiner Art“. Man darf sich jedoch auf keinen Fall täuschen lassen: Technik und Klangqualität sind hier nicht auf dem Altar des Designs zum Opfer gefallen, sondern ganz im Gegenteil!
In aller Kürze:
Der Gold Note Mediterraneo X spielt fantastisch und passt in jedes Wohnambiente. Einfach Platte auflegen, zurücklehnen und sich wohlfühlen. Was will man mehr?
Unmittelbar nachdem das Laufwerk auf meinem Rack Platz genommen hatte, wurde mir klar, dass es all den Erwartungen gerecht wird, die ich an ein High-End-Produkt italienischer Provenienz stelle. Ausgewogene Proportionen, edle Materialien, perfekt verarbeitet, die klassische Rezeptur. Es ist erstaunlich, dass Gold Note mit relativ wenig (wenn auch hoch qualifiziertem) Personal innerhalb von 10 Jahren zu Italiens größtem High-End-Vollsortimenter werden konnte. Dafür gibt es zwei Erklärungen. Zum einen ist Firmengründer und CEO Maurizio Alterni schon seit 25 Jahren als OEM-Hersteller für weltweit renommierte Firmen tätig und kann auf eine enorme Erfahrung zurückgreifen. Zum andern liegt es an dem perfekt organisierten Produktionsablauf, der ständig optimiert wird. Chefredakteur Carsten Barnbeck durfte sich während eines Firmenbesuchs erst kürzlich ein Bild davon machen … und war schwer beeindruckt.
Udo Besser, der seit kurzem den Vertrieb für Gold Note in Deutschland und Österreich übernommen hat, teilte mir im Telefonat mit, dass sämtliche Produkte von Gold Note in Montespertoli, einem Städtchen unweit von Florenz, gebaut werden. Sogar die Tonabnehmer entstünden hier. Anlässlich des 10-jährigen Firmenjubiläums hatte Maurizio Aterini die Idee, den ohnehin schon ausgezeichneten Mediterraneo auf ein neues Level zu heben. Auf meine Frage, wieso das „Jubiläumsmodell“ erst zwei Jahre später in den Handel kam, erklärte mir Besser, dass die Entwicklungsphase mehr Zeit als geplant in Anspruch genommen habe. Allein die Auswahl der Alubeschichtung sei unvorstellbar arbeitsintensiv gewesen. Sie hat einen nicht unerheblichen Einfluss auf das Klangverhalten und wurde mit zahlreichen Prototypen „erhört“.
Die augenscheinlichste Veränderung zum Ur-Modell des Mediterraneo ist die aus einem massiven Alublock gefräste Topplatte des dreilagigen Chassis. Das matte Schwarz der aufwendig aufgebrachten Beschichtung gefällt mir optisch, aber auch aufgrund der praxistauglichen Eigenschaften: keine Fingerabdrücke, weniger empfindlich gegen Kratzer.
Die darunterliegende Schicht besteht aus einer drei Millimeter starken Edelstahlplatte. Die polierten Kanten bilden einen schönen Übergang zur Basis aus italienischem Walnussholz. Um das Holz unempfindlich gegen Klimawechsel und absolut formstabil zu halten, wird es lange gelagert und mit verschiedenen Verfahren ausführlich bearbeitet. Die drei Lagen aus unterschiedlichen Materialien bilden einen waschechten Constrained-Layer-Aufbau, eine probate Konstruktionsweise zur Resonanzdämpfung. Besonders der untere Teil des Chassis aus massivem Walnussholz ist mit seiner elegant geschwungenen Silhouette ein Eyecatcher. Diese Formgebung ist keineswegs unter rein optischen Aspekten entstanden, sie folgt vielmehr technischen bzw. akustischen Anforderungen. An den Stellen der höchsten mechanischen Beanspruchung, im Bereich der Aluspikes, des Motors und der Tonarmaufnahme hat die Hartholzplatte die größte Materialstärke. Die Übergänge sind bogenförmig ausgefräst, Vorbild hierzu waren klassische Konstruktionen italienischer Meister wie Michelangelo Buonarroti und Galileo Galilei, so der Hersteller. Diese Geometrie verhindert ausgeprägte Resonanzen des Chassis, ohne an Steifigkeit und Stabilität einzubüßen. Drei massive Aluspikes gewährleisten einen kippelfreien Stand. Sie lassen sich in der Höhe verstellen, um den Dreher exakt zu nivellieren. Zum Schutz empfindlicher Standflächen liegen Messinguntersetzer bei.
Der mit sieben Kilogramm recht schwere Plattenteller besteht aus einem Verbund von Aluminium und extra schwerem Polyoxymethylen, jegliches „Klingeln“ wird hierdurch unterdrückt. Die zweiteilige Carbonstahl-Spindel dreht sich auf einer Keramikkugel in einem Bronzegehäuse. Angetrieben wird der Teller von einem 12-Volt-Synchronmotor japanischer Herstellung, der mit Elastomer- und Resinelementen vom Chassis entkoppelt ist. Ein relativ großes Pulley sorgt mit einem geschliffenen EPDM (Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk)-Rundriemen für die Kraftübertragung. Besonderes Augenmerk wurde auf die Entwicklung der Motorsteuerung gelegt. Sie sollte im Chassis integriert sein, ohne Kompromisse in der Performance zu erlauben. Die Möglichkeit, das Drehmoment während des Spielbetriebs in fünf Stufen anzupassen, ist meines Wissens einzigartig. Auf die klanglichen Auswirkungen werde ich später kommen. Diese, wie auch alle anderen Funktionen, werden über einen 44 mal 58 Millimeter großen Touchscreen gesteuert. Die Inbetriebnahme, Start/Stop, die Drehzahl inkl. Feineinstellung sowie ein Betriebsstundenzähler für bis zu drei Tonabnehmer lassen sich darüber bedienen. Ich bin kein großer Freund von Touchscreens, muss aber gestehen, dass die Implementierung hier außerordentlich gut gelungen ist. Die Bedienung geht intuitiv vonstatten. Der schwarze Hintergrund kontrastiert angenehm mit der hellen Anzeige, das sehr gut lesbare Display ist dimmbar oder auch vollständig auszublenden. Die Positionierung der Einheit wurde gut überlegt: links vorne auf der Oberseite des Chassis, in sicherer Distanz zum empfindlichen Tonabnehmer und nur von oben sichtbar.
Der Mediterraneo X ist mit dem Tonarm-Topmodell des Herstellers ausgestattet, dem Gold Note B-7 Ceramic. Der kardanisch gelagerte, 9,5 Zoll lange Arm wartet mit allerlei Delikatessen auf. Er fällt in die Kategorie mittelschwer und ist nach Baerwald-Geometrie konstruiert. Das Tonarmrohr ist aus Titan gefertigt, einem leichten, aber dennoch sehr steifen Material. Es ist in sechs Abschnitte mit variierenden Durchmessern unterteilt. Auf diese Weise werden Resonanzen weitgehend vermieden. Gelagert ist der B-7 Ceramic durch vier hochpräzise, einzeln versiegelte Keramikkugellager, die der deutsche Hersteller GRW speziell für Gold Note fertigt. Die Alu-Headshell lässt sich verdrehen, um eine Azimut-Korrektur vorzunehmen. Die Höhe des Arms ist ebenfalls justierbar. Hierzu müssen die Madenschrauben in der Schafthalterung gelockert werden. Die Liftmechanik funktioniert geschmeidig und präzise. Sie setzt sich qualitativ deutlich von den üblichen Verdächtigen ab. Die Auflagekraft wird durch Verschieben des Edelstahlgewichts eingestellt. Für den Fall, dass dieses nicht ausreicht, liegt ein Zusatzgewicht bei. Die Antiskating-Kraft wird klassisch über ein Fadengewicht erzeugt. Bei genauer Betrachtung wird sichtbar, wie viel Sorgfalt auch auf diese scheinbar simple Vorrichtung verwendet wurde. Die Schlaufe, mit der der Nylonfaden in den Hebel eingehängt wird, ist nicht einfach verknotet, sondern mit einer winzigen Manschette verpresst. Das Gewicht besteht aus Ballastkügelchen, über die ein schickes Edelstahlhäubchen gestülpt wird. Das ist vielleicht klanglich nicht relevant, aber die Konsequenz, mit der auch kleinste Details ausgeführt wurden, offenbart wunderbar die Produktphilosophie. Kleiner Tipp: Schauen Sie sich den Dreher mal von unten an!
Die Innenverkabelung des B-7 Ceramic besteht aus besonders reinem Kupfer, auch das zum Lieferumfang gehörende Phonokabel macht haptisch und mechanisch einen hervorragenden Eindruck: massive, satt sitzende Stecker mit stabiler Metallhülse, vernünftigerweise flexibles Gewebegeflecht und ein verdrilltes, griffiges Massekabel. Dass es auch klanglich überzeugt, sollte sich später herausstellen. Noch ein Wort zum Lieferumfang. Der Käufer des Mediterraneo X bekommt ein Komplettpaket mit sämtlichem notwendigen Zubehör, das ist vorbildlich. Besonders gut hat mir die grau getönte Acrylhaube gefallen – solide Scharniere, perfektes Design, leicht abnehmbar: Auch hier wird der Qualitätsanspruch des Herstellers deutlich.
Und nun in medias res. Der Aufbau war in einer Viertelstunde erledigt – High End in der Plug-and-Play Version. Das Chassis stellte ich auf das Rack, ein Check mit der Wasserwaage zeigte ein perfektes Nivellement, prima! Die Keramikkugel platzierte ich mittig in den Lagerschaft. Die mit drei Tropfen des beigefügten Öls versehene Stahlspindel folgte obenauf. Mithilfe der Schrauböse, die ich in die Tellerachse drehte, ließ sich der schwere Teller mühelos auf die Spindel setzen. Nach erfolgter Montage ersetzte ich die Öse durch das ebenfalls mit Gewinde versehene Oberteil der Spindel. Der Rundriemen ließ sich dank des großzügig geformten Pulleys leicht auflegen. Auch die Tonabnehmermontage gestaltete sich vergleichsweise einfach. Falls der Dreher mit einem Gold-Note-System geordert wird, ist dieses vormontiert und perfekt justiert, teilte mir Besser mit. Dann brauchte ich nur noch das Gegengewicht aufzustecken und die Antiskating-Einheit zu installieren. Um zu vermeiden, dass das Gewicht zu weit nach hinten geschoben werden müsste (mein Tonabnehmer gehört zur etwas schwereren Sorte), ergänzte ich das Zusatzgewicht. Zur Einstellung ist eine Tonarmwaage notwendig, ich verwendete mein elektronisches Helferlein. Ich verbandelte die Kabelage, und los ging es.
Der erste Klangeindruck war schon vielversprechend, jedoch gönnte ich dem Laufwerk einige Stunden Dauerbetrieb, damit es sich von den Strapazen des Transports erholen konnte. Was lag näher, als den schönen Italiener nun mit Vivaldi zu verwöhnen?
Das Concerto für Oboe, Streicher und Continuo in a-Moll, in der Einspielung des italienischen Kammerorchesters I Musici, durchflutet meinen Hörraum. Weiträumig, sauber gestaffelt, opulente natürliche Klangfarben, substanziell im Tieftonbereich und fein ziselierte Höhenwiedergabe – diese Eigenschaften gingen mir durch den Kopf. Im Laufe der nächsten Wochen manifestierte sich der Eindruck, zumindest bei allen ordentlich produzierten Scheiben. Und was passierte bei erstklassigen Aufnahmen? Erstaunliches! Die im Halfspeed-Masteringverfahren produzierte 200-Gramm-Scheibe mit Werken von Ottorino Respighi (Belkis, Queen of Sheba-Suite & The Pines of Rome, Minnesota Orchestra unter Eiji Oue, Reference Mastercuts) war bestens geeignet, die Fähigkeiten des Mediterraneo X zu demonstrieren … Nachdem sich der Diamant in die Rille gesenkt hatte, befand ich mich in der Minneapolis Orchestra Hall. Das Volumen der über 2000 Personen fassenden Konzerthalle wurde spürbar. Das Orchester breitete sich weiträumig und mit enormer Tiefe vor mir aus, jeder Instrumentengruppe war ein eindeutiger Platz zugeordnet. Selbst zarteste Klangtupfer konnten sich im kontinuierlich anschwellenden Pegel durchsetzen. Auch als die mit heftiger Dynamik ausgestattete Aufnahme ihren Gipfel erreichte, blieb das Klangbild absolut stabil. Ich wurde vollkommen in die klangmalerischen Welten Respighis hineingezogen, geradezu aufgesaugt!
Frank Zappas Hot Rats, eines seiner frühen Meisterwerke aus dem Jahr 1969, liegt mir als formidables Bernie-Grundman-Remaster vor. Der Mediterraneo X förderte alle kompositorischen Feinheiten zutage. Manche Details fielen mir erst in diesen Hörsessions auf. Das Stück Little Umbrellas lebt von den etwas mysteriös wirkenden Melodien. Dem „X“ gelang es, die eng beieinander liegenden Klänge von Blasinstrumenten und Keyboards sauber zu differenzieren. Mit Leichtigkeit konnte ich jeder Melodielinie folgen – bei Zappas Kompositionen nicht selbstverständlich. Geerdet wird das Stück durch den virtuos gespielten Kontrabass, der knorrig und mit sattem Körper unverrückbar im Mittelpunkt der Bühne stand.
Zeit, mit den Torque-Einstellungen zu spielen. Bei maximaler Einstellung wurde die Wiedergabe sehr direkt und druckvoll, bei geringem Torque kam der jazzige Flow des Stücks besser zur Geltung. Ich hatte den Eindruck, dass auch die räumliche Abbildung profitierte. Der Torque-Regler wurde zu meinem Dauerspielzeug. Die subtilen Änderungen des Klangbilds waren fast immer eindeutig, was besser gefiel, hing vom Musikmaterial ab.
Dass ein Plattenspieler in dieser Preisklasse hervorragend klingt, sollte man voraussetzen. Diese Anforderung erfüllt der Gold Note Mediterraneo X mit Bravour. Er schafft es sogar, manche nicht so tolle Aufnahme gut klingen zu lassen, ohne dass man ihm Schönfärberei vorwerfen könnte.
Was mich darüber hinaus fasziniert, ist das in jeglicher Hinsicht konsequente Entwicklungskonzept des Plattenspielers und dessen handwerkliche Umsetzung: perfekt durchdachtes, einfaches Handling und edle, erstklassige Materialien sowie eine elegante, der Funktion entsprechende Formgebung. Der Lieferumfang, der zusätzliche Investitionen überflüssig macht, rundet das Konzept ab. Die Möglichkeit, über das einstellbare Motordrehmoment die Klangeigenschaften an den persönlichen Geschmack anzupassen, ist die berühmte Kirsche auf der Sahne.
Info
Plattenspieler Gold Note Mediterraneo X
Konzept: Plug-and-Play-Plattenspieler
Plattenteller: extradichtes POM und Aluminium (45 mm, 7 kg)
Übertragung: präzise geschliffener Riemen aus EPDM
Antrieb: durchzugsstarker 12-V-Synchronmotor
Drehzahlen (±0,1 %): 331/3 und 45 U/min
Drehzahlumschaltung: elektronisch mit Feineinstellung
Rumpeln: −82 dB
Besonderheiten: Touchscreen-Anzeige
Netzspannung: 18 V DC-Ausgangsleistung (100–240 V/50–60 Hz)
Leistungsaufnahme: max. 27 W
Maße (B/H/T): 47/21/36 cm
Gewicht: 25 kg
Lieferumfang: Tonarm (vorinstalliert und kalibriert), Gegengewicht, Schutzhaube (mit Abstandhalter), Unterlegscheiben für Spikes, Phonokabel, Plattenklemme, Filzmatte, Tonarmwaage, Überhangschablone mit Stroboskopscheibe, Inbusschlüssel (2,5 mm/2,0 mm und 1,5 mm), Lageröl, Bedienungsanleitung
Ausführungen: Italienischer Nussbaum oder Blattgold mit mattschwarz lackiertem Aluminium-Obersockel, Teller und Metallteile aus schwarz eloxiertem Aluminium (auf Anfrage sind auch andere Lackierungen möglich)
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: Nussbaum um 12 000 €, Blattgold um 13 000 €
Kontakt
Besser Distribution
Holbeinstraße 8
12205 Berlin
Telefon +49 30 856065010
info@besserdistribution.com
Mitspieler
Laufwerk: TW Acustic Raven GT2
Tonarme: TW Acustic Raven 10.5“ und 9.5“
Tonabnehmer: Skyanalog Reference, Clearaudio Concerto V2, Excalibur Platinum
CD-Player: Electrocompaniet EMC 1 MKV
Verstärker: Electrocompaniet EC 4.8, Electrocompaniet EC AW250R, Lab 12 Melto2
Lautsprecher: Audio Physic Spark auf Solidsteel SS-5
Stromversorgung, Kabel: IsoTek Aquarius, Syncro und Optimum; AudioQuest Yukon und NRG-Z3; Zavfino Gold Rush, Kimber 8TC, WBT
Zubehör: bFly-audio Octopus und PolarX, Audio Physic VCF V Magnetic plus, Lehmannaudio Stage 1 Plattenmatte, TW Turntable Mat, Sonic Voice, Nessie Vinylmaster