Zu Gast bei … Raum & Ton, Fulda
Ich kam, sah und vergaß für einige Stunden alles um mich herum – so könnte ich den Besuch bei „Raum & Ton“ in Fulda auf eine Zeile eindampfen, mit der grundsätzlich alles gesagt wäre …
Thorsten Fennel vertritt die naheliegende Idee, dass Produkte, die sich an eine Kundschaft mit höchsten Ansprüchen richten, eine ebenso exklusive Präsentation verdienen. Ambiente und Qualität der Ketten bilden für ihn eine unauflösbare Einheit – auch wenn man dafür die eine oder andere Hürde nehmen muss. Wie Sie vielleicht wissen, ist der umtriebige Geschäftsmann an mehreren Baustellen tätig: Neben seiner – jüngst auch niedergelassenen – Tätigkeit als Händler leitet er den Vertrieb „The Orange Audio“ und ist in dieser Funktion Importeur der Lautsprecher von Albedo. Schon seit vielen Jahren, so erklärt er mir, habe er den Wunsch gehegt, einen eigenen Laden zu eröffnen. Einen, der als Statement gelten kann, der die Exklusivität seines Portfolios reflektiert und den Fähigkeiten der vorgeführten Systeme optisch wie akustisch gerecht wird. Doch wie so oft blieb diese Idee zunächst nur ein vager Gedanke, der Fennel immer wieder durch den Kopf geisterte. Dringlichkeit habe das Vorhaben dann erst mit der Übernahme des Albedo-Vertriebs bekommen. Der Vertriebsleiter wünschte sich einen Flagship-Store, in dem er alle Modelle der italienischen Manufaktur vorführen kann – außerhalb Italiens ist Raum und Ton damit einzigartig.
Und da sitze ich nun. Vor mir die mannshohe Atesia, die mich mit ihren sieben Accuton-Treibern anblickt. Lederbezogene Stahlplatten an den Flanken, durch lange Bolzen verbunden und verzurrt, beruhigen die voluminösen Gehäuse und geben den Kolossen einen einzigartigen Charme. Zwischen den Boxen steht eine Kette, die einen weiteren Schwerpunkt von Raum und Ton bildet: Als Frontend spielt während meines Besuchs Linns Klimax DSM/3 (Vorverstärker, Streamer und DAC) sowie ein tatkräftiges Duett von Klimax-Monos. Wie mir Thorsten Fennel später erklärt, verbindet ihn eine alte Leidenschaft mit den Produkten der Schotten. Er habe die Elektronik und Lautsprecher bereits als verlässliche Lösungen geschätzt, als er noch ausschließlich Systemplanungen und -Installationen bei Kunden durchgeführt hat, und wollte die Zusammenarbeit mit der neuen Verkaufsfläche ausweiten.
Kurz darauf schweben die ersten Klänge einer langsamen Ballade durch den Raum. Eine Gitarre ertönt leicht links der Bühnenmitte und breitet sich mit schier endloser Hallfahne über den Raum aus, vereinzelte Synthesizer und Percussions erklingen mal hier, mal dort. So schwebt der Song einige Zeit vor sich hin, ehe die Basstreiber und Transmission-Lines der Atesia einen knochentrockenen und im wahren Sinn des Wortes markerschütternden Impuls in den Hörraum pusten, der sich anfühlt wie die unvermutete Umarmung einer Diesellok. Der Showeffekt lässt mich aufschrecken und wirkt wahrscheinlich umso beeindruckender, da ich aufgrund der geringen Abhördistanz nie und nimmer mit einer derart präzisen, autoritären und zugleich ultratiefen Abbildung gerechnet hätte.
Das Geheimnis der fokussierten Wiedergabe muss ich nicht lange suchen. Thorsten Fennel stattete den zentralen Hörraum seiner neuen Geschäftsfläche mit außergewöhnlichen raumakustischen Finessen aus, die nicht nur hervorragende Arbeit leisten, sondern auch noch verboten gut aussehen. Nahezu unsichtbar hängte er die dunkle Decke mit Absorbern ab. Alle Wände sind mit verschiedenen – und teils farbig bedruckten – Stoffen verkleidet, die weitere Akustikmodule verbergen. Die gesamte Wandfläche hinter den Lautsprechern wird zudem von einer sinusförmig geschwungenen Holzwand eingenommen. Sie besteht bei genauerem Hinsehen aus kleinen Stabelementen, die ebenfalls leicht gewellt sind und so einen dreidimensionalen Diffusor bilden. Zu beiden Seiten des quietschblauen Sofas erheben sich schließlich je sieben lange Glasstelen, die oben wie unten mit Drehgelenken verankert wurden. Ich hatte die grünen Flächen zunächst für reine Zierelemente gehalten. Thorsten Fennel erklärt mir, dass ihm diese Diffusoren größte Kopfschmerzen bereitet hatten und die Eröffnung seines Geschäfts um Monate verzögerten. Die Spezialanfertigungen, wie das gesamte Raumakustik-Konzept selbst ersonnen, waren schlichtweg nicht lieferbar. Da die Glasplatten drehbar sind, kann die Diffusion individuell für jeden Lautsprecher abgestimmt werden. Das sei am Anfang eine zeitraubende Arbeit. Sind die optimalen Ausrichtungen der 14 Elemente aber erst einmal bekannt und notiert, lassen sie sich im Handumdrehen reproduzieren.
Während Thorsten Fennel die Details seiner Raumgestaltung erläutert, blicken mir ein Paar Albedo Acclara über die Schulter, die sich der Geschäftsführer mit einer tiefblauen Sonderlackierung anfertigen ließ. Links erspähe ich einen weiteren, deutlich kleineren Hörraum, der so durch die Glasstelen abgetrennt ist, dass die Diffusoren auch dort eingesetzt werden können. Neben den kleineren Albedo-Modellen Amira, Apicta und Axcentia wartet dort eine Auswahl von Luxman-Komponenten auf ihren Einsatz. Zu meiner Rechten – ebenfalls nur durch die Glaspaneele und ein schräg verbautes Regal abgetrennt – liegt die dritte Hörzone. Neben Lautsprechern von Boenicke entdecke ich dort eine MBL-Anlage, verbunden mit Charios Aviator Cielo – der logischen italienischen Ergänzung unterhalb des Albedo-Sortiments.
Nachdem wir eine unbestimmte Zeit etlichen Titeln gelauscht haben, begleitet mich Thorsten Fennel zurück in den Hauptbereich seines Geschäfts. Wir passieren einen kurzen Flur mit Röhrenverstärkern von New Audio Frontier und Synthesis, Odeon-Lautsprechern sowie einem ganzen Regal voller Zubehör von Ansuz. Der Hauptraum ist durch die Glasfronten zur Heinrichstraße und einige Raumtrenner in verschiedene Bereiche gegliedert: Gleich links vom Eingang liegt der vierte und letzte Hörbereich. Bei meinem Besuch ist hier eine weitere MBL-Kette spielbereit, die mit den hauseigenen 111F-Radiatoren kombiniert ist. Zwei dezent platzierte Series-3-Lautsprecher von Linn vertreten das „junge Hören“ – im Prinzip handelt es sich um vollaktive Komplettanlagen mit Streaming, Bluetooth und allem Weiteren. Geht man weiter in den Laden hinein, gelangt man in einen großen Besprechungsbereich mit einem langen Tisch, Stühlen und einem weiteren farbenfrohen Sofa-Ensemble von Bretz. Hier warten einige Lautsprechermodelle von B&W auf ihren baldigen Einsatz. Außerdem gibt es eine Espressomaschine, der wir unsere Aufmerksamkeit zuwenden.
Der Konferenztisch, an dem wir nun sitzen, dürfte eine zentrale Rolle in Thorsten Fennels Geschäftsidee spielen. Wie Ihnen sicher schon aufgefallen ist, plante er seinen Laden Raum und Ton nicht als Handelsniederlassung für Zubehör-Liebhaber oder für die Jagd nach einem günstigen Lautsprecher-Schnäppchen. Fennel konzentriert sich auf Konzepte und Planungen, kann Kunden für jeden seiner Lautsprecher passende Verstärkerempfehlungen geben und demonstrieren oder das vollständige Portfolio von der Anlieferung bis zur – bisweilen auch unsichtbaren – Installation abdecken. Dazu passt, dass Raum und Ton keine regulären Öffnungszeiten hat. Man verabredet sich zum individuellen Hörtermin. Und sollten die Kunden im Verlauf ihrer terminierten Session Geschmack an den intelligenten Raumklang-Konzepten finden, kann man natürlich auch darüber bei einem Kaffee plaudern. Da ist es nur konsequent, dass Thomas Fennel den Laden als Kooperation mit seinem Partner Stefan Ullmann verwirklichte. Der vertritt die bereits erwähnten farbenfrohen Bretz-Sitzlandschaften. Bis hin zum konfigurierbaren Huhn (glauben Sie es einfach) sind die Möbel im Laden somit Teil des Portfolios.
Im Verlauf unseres Gesprächs erlebte ich eine weitere Überraschung: Thorsten Fennel erzählte mir, dass er mit Spannung auf eine Lieferung „Teddys“ von AudioGE wartet. Genau diesen (mir vorher völlig unbekannten) Lautsprecher habe ich auf der Warschauer Audio Video Show als echtes Highlight entdeckt und im Kopf behalten. Er habe den litauischen Hersteller vor einiger Zeit kennengelernt und war so begeistert von der spielfreudigen Zweiwege-Standbox, dass er weitere Varianten und Ausführungen anregte, die er nun als exklusive Raum-und-Ton-Customs erhält – statt der Teddy wird es in Fulda daher eine ganze Modellfamilie geben. Nachdem wir das geklärt hatten, ging es wieder – Sie ahnen es schon – in den Hörraum, wo ich mich abermals vergessen durfte …
Öffnungszeiten
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