FIDELITY zu Gast bei … Mr. Mark Levinson – Venedig sehen und hören
Die Einladung zu Mr. Mark Levinson klingt ein bisschen nach Kurzurlaub, ein bisschen nach High-End-Fortbildung. Also reisen wir kurzerhand zu Mr. Mark Levinson, Mastermind of „Daniel Hertz“, nach Italien.
High Noon in Venedig, das Wassertaxi wartet schon. Mr. Mark Levinson wird uns persönlich in die Philosophie seiner Firma Daniel Hertz einweihen und deren Produkte im Showroom vorführen. Das Unternehmen hat zwar seinen Sitz in Genf (und auch dort einen Showroom), doch was heißt das schon in den heutigen international vernetzten Zeiten. Der Chef residiert ja auch schon lange nicht mehr in den USA, sondern im geliebten „good old Europe“, in einem freundlichen Appartement mitten in Venedig. Björn Gabriel, der persönliche Adjutant von Mr. Levinson, wohnt praktischerweise gleich nebenan.
Shake-hands im Appartement, „please call me Mark.“ Der Mann ist eine lebende Legende, ein High-End-Visionär, und das spürt man auch jetzt, kurz vor seinem Siebzigsten, in jedem Satz sehr deutlich. Mark Levinson verfolgt eine Mission, die seit seiner fulminanten Premiere „High End Audio“ genannt wird und untrennbar mit seinem Namen verknüpft ist. Vor dem Hintergrund seiner Pionierleistungen (Gründung und Aufbau der Marken Mark Levinson, Cello, Red Rose Music und jetzt Daniel Hertz) erklärt Mark uns ausführlich, wie die anspruchsvolle Audiowelt heute funktioniert. Dass die Idee hinter Daniel Hertz auf einem geschlossenen, von Musik und sauberem Engineering geprägten Gesamtbild basiert. Dass wir daher auch nicht einfach „Produkte“ beschreiben sollten, sondern „Ideen“. Dass nur aus der konsequenten, kontrollierten Umsetzung – von der Aufnahme bis zur Wiedergabe – die besten, weil auch musikalisch befriedigende HiFi-Systeme entstehen können. Und dass die Produkte von Daniel Hertz daher absolut führend sind, stammen sie doch vom „einzigen Hersteller weltweit“, der in der Lage ist, der HiFi- und Musik-Welt mit neuen, ungewöhnlichen Ideen einen neuen, besseren Weg aufzuzeigen. Insbesondere die Software Master Class hebt Levinson als revolutionär hervor, weil sie in der Lage ist, selbst aus nicht-optimalem Musikprogramm den allerbesten Klang („wie vom Mastertape “) zu generieren. Gar keine Frage: Mark Levinson ist und bleibt ein Visionär.
Den großen Worten des großen High-End-Mannes sollen morgen große Klänge folgen. Ein Wassertaxi bringt uns im glitzernden Dunkel der venezianischen Nacht hinüber auf die kleine Garteninsel Certosa, wo allein noch „unser“ kleines Hotel erleuchtet ist. Über Jahrhunderte wurde die Insel als Klosterstandort und Mönchsgarten, aber auch als Munitionslager und von Segelmachern genutzt. Seit ein paar Jahrzehnten wird sie behutsam renaturiert und bietet heute eine weitläufige, artenreiche Gartenanlage, ideal zum Schlendern und Entspannen. Neben dem kleinen Hotel verteilen sich hier ein paar Ruinenmauern und kleinere Betriebsgebäude abseits der Kieswege, ein kleiner Hafen durchzieht die kleine Insel in der Mitte. Und mittendrin in dieser Oase der Ruhe steht ein unauffälliges ehemaliges Gartenwirtschaftshäuschen. Von außen ist durch nichts zu erkennen, dass innen ein audiophiles Erlebnis der Extraklasse auf uns wartet. Der Hauptraum ist nicht riesig, aber auch nicht klein, hier und da quillt ein wenig Technik und Prototypenbau ums Eck, vorne links steht ein Cellokasten hinter einer Reihe hochglanzschwarzer Lautsprecher, gegenüber eine Kaffeemaschine, in der Raummitte zwei Sofas hintereinander. Gemütlich ist’s hier.
Und es klingt gut, wirklich gut. Nach dem ersten Einstieg mit der „Baby Daniel Reference System“ getauften Kombination aus Verstärker M9 und Kompaktboxen M10 – immer angesteuert von Apple-Laptop und besagter Master-Class-Software – hören wir uns in aller Ruhe durch die derzeitige Modellpalette, lassen uns von den noch moderat großen Standlautsprechern M8 und M2 beeindrucken, die von der edlen Vor-/Endstufen-Kombination M5L/M6L angesteuert werden. Es klingt schon ungeheuer souverän, geradezu professionell unerschütterlich. Ein angenehmer Touch von Edel-P.A. erfreut die FIDELITY-Fraktion. Ja, das macht wirklich an!
Zwischen jeder Neuverkabelung, die in aller Ruhe durchgeführt wird, gibt’s frischen Kaffee, frische Luft und weitere Erläuterungen vom Chef. Auch haben wir mittlerweile die segensreiche, bemerkenswert „entstressende“ Wirkung von Master Class kennengelernt. Ein subtiles Instrument zur Klangverbesserung, das muss man wirklich sagen!
Als Krönung eines langen und hochinteressanten Tages erleben wir abschließend das Spitzenmodell M1. Ein Lautsprecher wie eine auf Hochglanz polierte Burg, breit und hoch und gute 150 Kilo schwer, mit verchromten Details und einer sehr ernsthaften Bestückung, wie man sie auch von klassischen Beschallungssystemen kennt. Und nicht nur mit Klavierlack, sondern auch mit einem unsichtbaren sechsstelligen Preisschild gesegnet, das man mit den ersten Takten schon wieder vergessen hat. Denn selbstverständlich ist Mark bestens vorbereitet und schickt zum Einstieg einen feurigen, Percussion-lastigen Track über das große System. Die grandios eingefangene Dynamik mehrerer großer, virtuos bedienter Trommeln treibt die Dreiwege-Konstruktion zu lässiger, unter die Haut gehender Gewaltanwendung. Die M1 spielt quasi mit einer leicht angehobenen Augenbraue das audiophile Unschuldslamm, während sie mit echten Live-Pegeln die Grundkonstruktion des ehemaligen Gerätehäuschens auf eine harte Probe stellt. Hin und wieder schweben sogar ein paar zarte Stuckstückchen durch das Sonnenlicht sanft zu Boden. Ich hab’s genau gesehen und vermute, dass unser privates Livekonzert auf der ganzen Insel zu vernehmen ist. Die wahrlich erhebende Performance des ganz großen Systems, die quer durch alle Stilrichtungen nichts an Faszination verliert, lässt uns nach weiteren zwei Stunden bester Dinge die Heimreise antreten. Klare Erkenntnis unter Fachleuten: Mark, der Visionär, die High-End-Legende, kann’s immer noch!
Später auf dem Heimweg stellen wir verblüfft fest, dass wir in diesen anderthalb Tagen von Venedig selbst rein gar nichts gesehen haben. Wir werden also wiederkommen – müssen. Denn Certosa, das audiophile Zentrum Venedigs, ist eine Reise wert.