Maoz Vinyl & Kaffee
Kaffee und Schallplatten zu kombinieren ist ebenso überraschend wie passend. Wenn man Maoz Vinyl & Kaffee betritt, merkt man allerdings schnell, dass dieser Laden mehr zu bieten hat, als auf dem Etikett steht.
In der Welt der gewöhnlichen 9-to-5-Jobs war Maoz Barda nie wirklich zu Hause – nicht, dass es ihm dort schlecht gegangen wäre: In seiner Heimat Israel war der Elektronikingenieur in der Halbleitertechnik tätig, zu seinen Arbeitgebern zählten Intel und Motorola. Auch nachdem er aufgrund eines Arbeitgeberwechsels seiner Frau vor zehn Jahren nach Deutschland gezogen war, setzte sich seine Karriere mehr oder minder nahtlos fort. Doch bereits in Israel begann sich zu zeigen, dass ein anspruchsvoller aber letztlich eindimensionaler Job Maoz nicht wirklich ausfüllen konnte. Neben seiner Hauptbeschäftigung versuchte er sich hier an der Fotografie, nahm sogar von Bekannten Aufträge als Eventfotograf auf Hochzeiten an, da begeisterte er sich für die Restaurierung von Vintage-Möbeln, dort bastelte er mit Leidenschaft an klassischem HiFi-Equipment herum.
In Deutschland hielt er es in seiner angestammten Branche dementsprechend kaum mehr als zwei Jahre lang aus, ehe er beschloss, den Sprung ins kalte Wasser zu wagen und nicht eine, sondern gleich mehrere seiner im Laufe der Jahre erworbenen Fertigkeiten zu einem Geschäftsmodell zu verdichten. So entstand Ende 2014 das „Maoz Vinyl & Kaffee“, ein kleiner Laden in der wohlangesehenen Münchner Maxvorstadt, in dem man sich wie in vielen anderen Plattenläden auch gemütlich durch die bunt gemischte Schallplattensammlung wühlen kann. Anders als in anderen Plattenläden bietet es sich hier allerdings an, sich im Eingangsraum erstmal einen Espresso zu gönnen und die Einrichtung zu bestaunen.
Zunächst wähnt man sich in der Tat eher in einem Café denn in einem Plattengeschäft: Beim Betreten grüßt uns Barista Häppy von der Theke und bietet uns gleich ein Tässchen an, das wir beim Gespräch mit Maoz verköstigen, während wir Fotodrucke bewundern, die alle Wände zieren. Maoz’ eigene Werke reihen sich hier nahtlos neben zugekauften Bildern ein, die Motive unter anderem aus dem Portfolio von Robert Lebeck zeigen. Auch einige der Vintage-Möbel, auf denen das Equipment stilvoll angerichtet ist, hat Maoz selbst restauriert, während er andere auf dem freien Markt ergattert hat.
Direkt neben dem Eingang finden sich einige Boxen mit Schallplatten, doch lange können diese unsere Aufmerksamkeit nicht beanspruchen – die wendet sich nämlich flugs dem strategisch in allen Ecken und Enden platzierten Sound-Equipment zu. Stehen in typischeren Plattenläden klar als reine Testwerkzeuge vorgesehene Plattenspieler herum, bevölkern hier etliche Dreher, Verstärker und Lautsprecher audiophil orientierter Marken den Raum: Ein Rega P3 sorgt über ein Paar Blumenhofer-Lautsprecher für die Hintergrundbeschallung, in einer gemütlich hergerichteten Raumecke ist ein System mit einem MoFi-Dreher und einem Paar KLH Model Three spielbereit aufgebaut. Wer sich genauer umsieht, findet zudem etliche Komponenten von Pro-Ject, DALI, Grado und zahlreichen weiteren Herstellern.
Der Zweck der Übung ist es dabei keineswegs, seinen Kunden das schwarze Gold in Bestform zu präsentieren – tatsächlich kann man sich hier sein komplettes HiFi-System zusammenkaufen, Plattensammlung inklusive. Auch wenn es keinen dedizierten Hörraum gibt, ist das Konzept verblüffend rund: Mit einer Auswahl Vinyl unter dem Arm setzt man sich mit einem Kaffee hin, hört die Platten auf der Anlage seiner Wahl in einer absolut lebensnahen Umgebung durch und entscheidet, was man gerne behalten möchte. Wie uns Maoz erklärt, kam der Verkauf von HiFi-Komponenten zunächst eher organisch als Nebengeschäft dazu, entwickelte sich aber immer mehr zu einem zentralen Standbein. „Wenn ihr in einem Jahr nochmal vorbeikommt, kann es gut sein, dass HiFi das Hauptgeschäft sein wird und ich hier Platten nur nebenher verkaufe“, prophezeit er.
Ein paar Stufen führen hinauf zur eigentlichen Geschäftsfläche, auf der sich dann doch alles um Schallplatten dreht: Von Jazz und Klassik über Electronica bis hin zu Weltmusik ist hier alles vertreten. Die Auswahl ist platzbedingt nicht gigantisch, aber locker groß genug, um nach einem gründlichen Wühldurchgang um eine Handvoll Perlen reicher zu sein. Der Grund für die allmähliche Umorientierung in Richtung HiFi ist wie so oft das Internet: Nicht nur muss Maoz mit Händlern konkurrieren, die geringere Fixkosten haben, auch das Käuferverhalten hat sich gewandelt. In einer Zeit, in der man mit zwei Mausklicks an alle gewünschten Informationen kommen kann, denken viele gar nicht ans Stöbern, sondern wissen vor dem Betreten des Ladens bereits genau, was sie wollen – und die Wahrscheinlichkeit, dass ein konventioneller Plattenladen exakt die gewünschte Platte gerade nicht vorrätig hat, ist naturgemäß relativ hoch.
Häppy ist zuversichtlich, dass mit der allmählichen Normalisierung nach dem Ausnahmezustand mit dem großen bösen „C“ auch die Schmökermentalität wiederkommen wird – schließlich gibt es kaum eine bessere Art, Neues zu entdecken, das man gar nicht auf dem Schirm hatte. Maoz Vinyl & Kaffee scheint jedenfalls gut gerüstet, um sich nach Bedarf in jede der beiden Richtungen zu entwickeln. Zunächst einmal gilt es jedoch, die Leute wieder daran zu gewöhnen, mehr aus dem Haus zu gehen. Und Maoz hat da auch schon einen Plan: Er will hier wieder, so wie vor der Pandemie, etwa einmal im Quartal ein Livekonzert veranstalten. Jawohl: Alle drei Monate oder so machte er sich die Mühe, den vorderen Ladenbereich komplett leerzuräumen und eine Band einzuladen. Aus gegebenem Anlass hat er dabei nur die Bitte, sich bei der Größe des Drumkits zurückzuhalten – dann ist wohl Platz für 30 bis 40 Gäste. Allerspätestens wenn das nächste Konzert steigt, sollte Maoz Vinyl & Kaffee also definitiv einen Besuch wert sein.
Öffnungszeiten
Montag: 9 – 15 Uhr
Dienstag: geschlossen
Mittwoch: geschlossen
Donnerstag: 15 – 19 Uhr
Freitag: 12 – 18 Uhr
Samstag: 9 – 15 Uhr
Kontakt
Maoz Vinyl & Kaffee
Hiltenspergerstraße 15
80798 München
Telefon +49 89 95441613