HiFi Pawlak, Essen
Seit über vierzig Jahren ist Pawlak die erste Adresse für HiFi in Essen – und eine sympathische obendrein.
Fotografie: Carsten Barnbeck
„Was für ein Mistwetter“, meckere ich meinen sichtlich angestrengten Scheibenwischern entgegen, während ich am 21. Dezember über die letzten Meter der A52 schwimme. Gegen elf Uhr bin ich mit Eva Kujath von HiFi Pawlak verabredet und werde trotz des Weltuntergangs wohl pünktlich eintreffen. Obwohl der Vormittag bereits fortgeschritten ist, scheint es, als stünde die Sonne noch unter dem Horizont. Am kürzesten Tag des Jahres zieht das Wetter wirklich sämtliche Register.
Ließ sich am Besuchstag die gute Laune vom tristen Wetter nicht verderben: Eva Kujath (oben) stieg 2007 ins Geschäft ihres Vaters ein. Seither leiten beide die Firma Hand in Hand. Unten: Analogspezialist Bastian Salzmann beim Reanimieren eines Goldmund-Drehers.
Doch kaum dass ich den traditionsreichen Laden in der Essener Innenstadt betreten habe, sind Tristesse und Zweifel ob der etwas ungünstigen Terminwahl verflogen. Drinnen herrscht jener Anflug entspannter Gelassenheit, dem man sich so kurz vor Weihnachten kaum entziehen kann. Inhaber Werner Pawlak, der den Laden vor 41 Jahren gründete, ist hinter dem Tresen damit beschäftigt, irgendetwas zu sortieren, und begrüßt mich freundlich. 2007 übergab er die Geschäftsleitung an seine Tochter. Seither führen sie das Geschäft Hand in Hand. Kurz darauf erscheint auch Eva, die meine Ankunft aus ihrem Büro mitbekommen hat. „Kaffee?“, fragt sie nach der Begrüßung. „Gerne doch“, erwidere ich und bereue es, als mir bewusst wird, dass sie dafür über die Straße ins nächste Café huschen muss. Die hauseigene Maschine hatte just am Vortag ihren Dienst quittiert.
Breit gefächertes Sortiment
Ich nutze die Pause für einen kurzen Rundgang. Das Essener Stammgeschäft streckt sich wie ein Schlauch durchs gesamte Gebäude. Im Eingangsbereich entdecke ich Sonoros All-in-one-Anlage Meisterstück, verschiedene Kompaktanlagen sowie die Einsteigerdreher von Pro-Ject. Natürlich gibt’s auch eine ganze Wand voller Kabel und Zubehör. Geht man die vier Stufen zu den eigentlichen Verkaufsräumen hinunter, folgen Regale mit unzähligen Komponenten von Herstellern wie Yamaha, T+A oder Technics sowie eine schier endlose Galerie kompakter Lautsprecher, die wie eine Perlenkette aufgereiht wurden. B&W, Elac, KEF … es ist praktisch alles dabei, was Rang und Namen hat. Auch eine große Kopfhörertheke entdecke ich, auf der mir sofort die hölzernen Ohrmuscheln einiger Grado-Modelle ins Auge springen.
Wagt man sich noch einen Türbogen weiter, gelangt man schließlich in die beiden Hörräume, in denen mehrere Transrotor-Dreher vorführbereit sind. Als Elektronik stehen ihnen Geräte von Burmester, AVM und McIntosh zur Seite. Im hinteren der beiden Zimmer stolpere ich verzückt über eine kleine Nagra-Anlage und die markanten Bärennasen einiger ATC-Aktivlautsprecher.
Doch da ist meine Erkundungstour auch schon beendet. Eva Kujath ist zurück, sichtlich durchnässt. Dafür hat sie aber Kaffee fürs ganze Team mitgebracht, was plötzlich für rege Betriebsamkeit sorgt. In einer Sitzecke neben der Kopfhörertheke lassen wir uns nieder. Meine erste Frage traue ich mich kaum zu stellen: „Heute ist hier aber nicht viel los, oder?“ „Nein“, entgegnet Eva gutgelaunt. „Die Leute haben so kurz vor Weihnachten bestimmt anderes im Kopf.“ Aber das falle kaum ins Gewicht. Mit der Laufkundschaft sei es in der Innenstadt so eine Sache. „Natürlich sind Besucher immer gern gesehen, hier im Stammgeschäft haben wir allerdings viel häufiger Terminbesuche“, erklärt sie mir. Die Kunden äußern ihre Vorstellungen, nennen etwaige Vergleichsgeräte und schauen dann kurzfristig vorbei. Grundsätzlich seien ja alle Komponenten im Laden jederzeit vorführbereit, aber so könne man sie auch richtig aufstellen und warmspielen. „Auf Wunsch fahren wir mit den Geräten und Lautsprechern auch zum Kunden“, ergänzt sie. Nirgends kann man ein neues Gerät besser beurteilen als in der eigenen Kette. Im Zweiggeschäft im Süden der Stadt sehe das übrigens etwas anders aus. Dort gebe es mehr Parkplätze, die Rüttenscheider Straße sei belebter und das Publikum deutlich jünger. Während sich das Stammgeschäft in der Innenstadt auf klassisches HiFi und High End fokussiert, gibt es dort viel mehr mobile Bluetooth-Boxen und In-Ear-Hörer. Diese Trennung habe sich im Lauf der Jahre ganz von selbst ergeben.
Service und Beratung gehören fest dazu
Das bringt uns auf die allmähliche Veränderung der Branche. „Analog und Digital halten sich bei uns die Waage“, erfahre ich. „Vor allem Service, Beratung und Planung haben zuletzt aber deutlich zugenommen.“ Das Team von Pawlak besteht mittlerweile aus zwölf Spezialisten, die sich nicht nur mit Stereosystemen auskennen, sondern ganze Heimkinos maßschneidern, Tipps zum Umgang mit dem neuen Streamer geben können und Multiroom-Konzepte entwerfen. Natürlich können sie auch betagten HiFi-Schätzen auf die Sprünge helfen. Das erlebe ich direkt mit: Während wir uns unterhalten, sitzt Analogspezialist Bastian Salzmann wenige Meter entfernt und justiert, begleitet von einem gelegentlichen „Mannomann!“, den Tonarm eines alten Goldmund-Plattenspielers. „Ein Kunde hat den abgegeben“, erklärt er knapp. „Das Gerät ist ziemlich verbaut und modifiziert, aber es handelt sich um ein Erbstück mit emotionalem Wert.“ Und tatsächlich, nach einigen Minuten und etwas Improvisation hebt und senkt sich der Arm wieder ganz im Sinne des Erfinders.
Abschließend sprechen wir noch über die Zukunft. Was in nächster Zeit geplant sei, möchte ich wissen. „Wir haben einige Ideen, den Stammladen umzugestalten, und in meinem Kopf nimmt das alles schon Gestalt an“, antwortet Eva erstaunlich schnell und fügt verschmitzt hinzu: „Details verrate ich aber noch nicht.“ Macht nichts, wir kommen gerne nochmal vorbei. Dann aber hoffentlich bei besserem Wetter.
HiFi Spezialist Werner Pawlak
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