HiFi Linzbach in Bonn am Rhein
Im Herz Bonns liegt einer der attraktivsten HiFi-Läden der Republik. Wir haben HiFi Linzbach in einer außergewöhnlichen Themenwoche besucht.
Fotografie: Carsten Barnbeck
Muss man zu HiFi Linzbach eigentlich noch große Worte verlieren? Das Ladengeschäft am südlichen Rand der Bonner Innenstadt zählt zu den ersten und wahrscheinlich auch bekanntesten Adressen für gepflegte Hörkultur, HiFi und High End. So ein Status fällt freilich weder vom Himmel noch entwickelt er sich über Nacht. Ein guter Teil des Renommees gründet schlichtweg auf dem langjährigen Bestehen eines Geschäfts, das gerade munter dazu ansetzt, seine siebte Dekade zu vollenden: 1950 gründete Dieter Linzbach den Laden, in einer Zeit, in der man noch „Radio“ oder „Musiktruhe“ sagte, wenn man die Anlage meinte. Den Begriff „Laden“ sollte man für die Anfangszeit jedoch umsichtig verwenden: Zunächst betrieb er ein Wohnraumstudio, wenn man hier überhaupt von einem „Studio“ sprechen kann. Über Kontakte in die USA deckte sich Linzbach mit musikalischer Elektronik ein, die er direkt im heimischen Wohnzimmer verkaufte.
Als etliche Jahre später der eigentliche HiFi-Boom einsetzte – Historiker verorten das Jahr null der audiophilen Zeitrechnung irgendwo zwischen Mitte der sechziger und siebziger Jahre –, war aus den semihobbyistischen Anfängen längst ein kleines Geschäft im Herzen des damals noch hauptstädtischen Metropölchens entstanden. Und Linzbach pflegte bereits hervorragende Kontakte in die Branche. Die Website des Unternehmens weist zum Beispiel darauf hin, dass man bereits Verbindungen zu der heutigen Weltmarke B&W geknüpft hatte, als deren Firmengründer John Bowers seine Boxen noch eigenhändig schreinerte.
Ich rolle an diesem sonnigen Freitagnachmittag über die verblüffend leere Adenauerallee, schaue rechts, dann links und finde überraschend schnell einen Parkplatz in der Nähe von Hausnummer 124. Normalerweise hätte ich auch direkt am Geschäft anhalten können. Die großzügige, karminrot und weiß verklinkerte Stadtvilla wird von einem Grundstück umsäumt, dessen Mauer sich gleich mehreren Hofzufahrten öffnet. Heute sind die Parkplätze allerdings restlos belegt, und das aus gutem Grund – seit drei Tagen findet bei Linzbach die gut frequentierte einwöchige „World of McIntosh“ statt, eine Veranstaltung im Rahmen des 70er-Firmenjubiläums der amerikanischen HiFi-Schmiede.
Der deutsche McIntosh-Vertrieb Audio Components hätte sich keinen besseren Standort für die Show aussuchen können: Auf drei Etagen bietet das Geschäft fast ein Dutzend unterschiedlich großer Vorführräume, die bei meinem Besuch ausnahmslos mit McIntosh-Hardware bestückt sind. Doch allein das Ambiente lohnt einen Besuch bei HiFi Linzbach. In der weitläufigen, verwinkelten Villa, die ziemlich genau an der Grenze zwischen der Bonner Innenstadt und dem ehemaligen Regierungsviertel liegt, war bis in die frühen 2000er Jahre die südkoreanische Botschaft untergebracht. Viele Türbögen und Fenster im Erdgeschoss sind mit farbigem Glas verziert, das fantasievolle Muster, Blumen und andere Motive formt. Gleich im Eingangsbereich bleibt mein Blick an zwei großen Vitrinen hängen, die über und über gefüllt sind mit analogen Kameras aller Epochen, Marken und Preisklassen – die reinste Augenweide. „Ein Kunde hat uns seine Sammlung zur Verfügung gestellt“, wird mir Michael Salgert wenig später erklären. Er kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit, und ich habe auch meinen Termin wenige Tage zuvor mit ihm abgesprochen. „Eigentlich ist die ,World Of McIntosh‘ kein guter Zeitpunkt, wenn du ein wenig quatschen möchtest“, hatte er mich gewarnt. Absolut richtig, aber da ich ohnehin in der Gegend war, wollte ich die große Sause mit eigenen Augen sehen.
Zentrales Highlight der Veranstaltung ist die wuchtige Kette im größten Hörraum des Gebäudes, in der gleich drei Paare MC611er-Monos gemeinsam mit den Geräten der 1100er-Serie den riesigen, über zwei Meter hohen Lautsprecher XRT2.1K antreiben. Die Gravitation dieses HiFi-Systems ist so stark, dass sich bei meiner Ankunft nahezu alle Besucher in diesem Raum ballen, um sich von den Schallwellen eines lebensgroßen Orchesters massieren lassen. Ich geselle mich für einen Augenblich hinzu, versuche, beim Betreten des Saals nicht zu sehr mit den alten Dielen zu knarzen, und bin augenblicklich beeindruckt von der tonalen Balance, der überwältigenden Dynamik und der ausdrucksstarken Klangfülle dieser Anlage. Nachdem ich mit den Anwesenden einige Minuten gelauscht habe, entschließe ich, eine kleine Runde durch die übrigen Zimmer zu drehen.
Erwartungsgemäß stolpere ich in jedem Raum über McIntosh-Elektronik, die meist mit Lautsprechern von Magico oder Paradigm zu Anlagen komplettiert wurde. Sogar die große Jubiläums-Kombi aus der Röhren-Endstufe MC2512 und dem neuen Vorverstärker C70 erspähe ich. Über 50 Geräte sollen es sein. Lediglich im Heimkino auf der ersten Etage kann ich Komponenten anderer Hersteller entdecken. In dem fast rabenschwarzen Raum treibt eine Rotel-Kette ein voluminöses 5.1-Boxenset von B&W an.
An dieser Stelle sollte ich dringend einhaken und betonen, dass HiFi Linzbach normalerweise kein McIntosh-Flagshipstore ist. Diesen Eindruck hätte man an jenem Freitag im späten März zwangsläufig gewinnen müssen. Die amerikanische Marke ist natürlich fester Bestandteil im Portfolio der Bonner. Zur regulären Verkaufszeit findet man in der mondänen Villa allerdings auch Marken wie T+A, Brinkmann, Transrotor, Stax und viele weitere. Saftige 54 Hersteller listet die Homepage auf, ein farbenfrohes Sortiment aus bekannten Marken und einigen Exoten. Sieht man genauer hin, lassen sich viele dieser Komponenten in den Verbindungsräumen des Erdgeschosses und in der ersten Etage finden, die das Treppenhaus mit den Hörzimmern verbinden. Wie in den meisten Vorführzimmern hängen auch in diesen Räumen abstrakte Gemälde, die berühmte Künstler darstellen. Neben Prince, Freddy Mercury und Alice Cooper entdecke ich hier Dreher von Pro-Ject und Kompaktanlagen von Technics, die sich über ihren freien Tag freuen. Im großen Aufenthaltsbereich der ersten Etage begegne ich schließlich den drei heutigen Geschäftsführern: Benno Salgert, seinem bereits erwähntem Sohn Michael und Christian Breil, der an einem Computer in der Vinylecke des Raums Recherchen nachgeht.
Durch die laufende Vorführung im Geschoss unter uns, die mit ihrem gelegentlichen, selbst hier oben deutlich spürbaren Grollen die Aufmerksamkeit der Besucher bindet, finden wir dann doch die Zeit, uns an der Kaffeetheke niederzulassen und ein paar Gedanken auszutauschen. Mit welchen Tricks und Kniffen ein Geschäft dieser Größe heute noch funktionieren kann, interessiert mich. „Tatsächlich haben wir nach wie vor ordentlich Laufkundschaft“, erklärt mir Salgert senior. Die außergewöhnliche Umgebung zieht nicht nur Kunden aus Bonn an, sondern auch aus Köln und aus Koblenz, und sie zeigt auch Wirkung weit über den lokalen Ballungsraum hinaus. Die Besucher bekommen hier natürlich allerdings einiges geboten – in jedem der elf Vorführräume ist eine Anlage vorführbereit. Damit deckt HiFi Linzbach eine außergewöhnlich weit gefächerte Produktpalette von Einsteigersystemen bis zu sündhaften exklusiven High-End-Ketten ab – und diese Mischung scheint gut anzukommen.
Weiteren Anteil an der Bekanntheit des Ladens hat jene Großveranstaltung, die in den kommenden Monaten ihr zehnjähriges Jubiläum feiert: 2009, nur wenige Jahre nach dem Umzug aus einem Hinterhof im Bonner Ortsteil Poppelsdorf in die heutigen Räumlichkeiten, begann das Linzbach-Team, seine „Westdeutschen HiFi-Tage“ zu veranstalten. Die Show ist längst eine Institution geworden und konnte sich als Marke im highfidelen Jahresplan bestens etablieren. Dieses Jahr wird sie am 28. und 29. September stattfinden. Ob das nicht ein unglaublicher Stress ist, will ich wissen. „Nicht mehr. Am Anfang war das natürlich eine Herausforderung, aber mittlerweile sind wir routiniert“, antwortet mir Michael Salgert.
Während ich ein letztes Mal meine Kaffeetasse ansetze, verstummt die Musik unter uns. Die Besucher beginnen nach und nach auch die anderen Ausstellungsräume zu füllen und nehmen die anwesenden Produktspezialisten mit ihren Fragen in Beschlag. Ich beobachte das Treiben noch eine Weile und beschließe dann, die kulinarische Seite Bonns zu erkunden. Im September sehen wir uns wieder.
Info
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag von 11 bis 19 Uhr, Samstag von 11 bis 15 Uhr, Montag Ruhetag
Kontakt
Hifi-Linzbach OHG
Adenauerallee 124
53113 Bonn
Telefon +49 228 222051