FIDELITY Wissen: Brumm
Eine Quelle, ein DAC, ein Verstärker – und irgendwo dazwischen: Brumm. Je komplexer ein Setup, desto größer die Gefahr, dass der Netzstrom munter mitsingt. Doch wie kommt das? Und wichtiger: Wie kann ich dem begegnen? Stefan Rauch und Axel Grüning vom Münchner HiFi-Händler „Rauch und Schall“ teilen mit uns ihren reichen Fundus an Praxiserfahrung.
Das Ärgerliche am Brummen ist, dass die Quelle oft nicht leicht auszumachen ist, denn es kann unterschiedliche Ursachen haben und auch an unterschiedlichen Stellen im System entstehen. Zunächst gilt es also, erst einmal die Fehlerquelle zu finden – was sich recht einfach gestaltet, wenn das Brummen nicht aus dem Lautsprecher, sondern direkt aus dem Netzteil des Verstärkers kommt. Ist das der Fall, dann haben wir es – wenn nicht gerade das Verstärkernetzteil defekt ist – mit einem sogenannten DC-Offset zu tun: Durch ungleichmäßige Netzbelastung kann der Wechselstrom einen Gleichstromanteil führen, der die Nulllinie zwischen den beiden Halbwellen nach oben oder unten verschiebt. Dieses Ungleichgewicht fährt den Trafokern im Verstärker allmählich in die Sättigung, woraufhin dieser schlicht mechanisch zu schwingen beginnt und so im Prinzip selbst zum Schallwandler wider Willen wird.
Die Brummschleife
Kommt das Brummen dagegen aus den Lautsprechern, kann eine sogenannte Brummschleife vorliegen, die durch Mehrfacherdung entsteht. Die Steckdosen in einem Haus haben ihre Erdungskontakte häufig an unterschiedlichen Stellen und damit unterschiedliche Bezugspotenziale. Beziehen die Komponenten eines Setups ihren Strom aus verschiedenen Quellen, kann also innerhalb des „Strom-Netzwerks“ eine Potenzialdifferenz vorliegen. Im Ergebnis fließt dann ein Ausgleichsstrom, der sich als tieffrequenter Sinuston ins Signal schleicht. Alle Komponenten eines HiFi- oder Home-Entertainment-Systems sollten deshalb per Netzverteiler nur über eine einzige Steckdose mit Strom versorgt werden – wobei die Netzleiste gerade bei leistungsfähigen Setups unbedingt auf 16 Ampere ausgelegt sein sollte. Das gilt im Übrigen auch und gerade für Subwoofer, schließlich spielt sich Brumm auf der Netzfrequenz von 50 Hertz ab – genau da, wo der Woofer sich am wohlsten fühlt.
Niemals den Schutzkontakt unterbrechen!
Clevere Zeitgenossen könnten auf die Idee kommen, einfach die Schutzkontakte abzukleben oder zu trennen – wo keine Erdung ist, kann logischerweise auch kein Erdungsbrummen entstehen. Bitte gar nicht erst in diese Richtung denken, liebe Audiophile! Auf die offensichtlichen versicherungstechnischen Probleme, die man sich so einhandeln kann, will ich an dieser Stelle gar nicht näher eingehen; wichtiger ist, dass bei einem Gerätdefekt ohne Erdung unter Umständen die Netzspannung am Gehäuse anliegen kann, wodurch die bloße Berührung der Komponente lebensgefährlich würde – kein Klanggewinn dieser Welt ist ein solches Risiko wert.
Alles hängt nun also an derselben Dose und das Brummen ist immer noch da? Dann empfiehlt es sich, nacheinander alle Komponenten einzeln aus der Kette zu nehmen, um zu sehen, ob das Störgeräusch verschwindet. Lässt sich so eine einzelne Komponente als Störenfried ausmachen, kann man von einem Defekt im Netzteil ausgehen. Auch wenn das im 21. Jahrhundert eigentlich kein Thema sein sollte, kann es auch vorkommen, dass ein bei einem minderwertigen oder besonders „puristisch designten“ Verstärker die Verbindung zwischen der Schaltungsmasse und dem Schutzleiter nicht über eine RC-Kombination oder ein Paar antiparalleler Dioden realisiert ist – in dem Fall kann dann im Gerät selbst eine Doppelerdung und somit auch eine Brummschleife entstehen.
Brummen durch Einstreuungen
Brummen aufgrund von Einstreuungen gilt der klassischen Lehre nach als eine Seltenheit, ist in einer Welt voller Schaltnetzteile teils fragwürdiger Qualität jedoch immer häufiger anzutreffen. Besonders anfällig ist hier aufgrund der winzigen Signalstärke naturgemäß alles, was mit der Schallplattenwiedergabe zu tun hat. Man hat aber auch schon von Fällen gehört, in denen asymmetrische Kleinsignalkabel Störungen von Netzstrippen aufgesammelt haben. Derartige Probleme lassen sich zum Glück sehr einfach lösen: Dreher, Phonoentzerrer und das Phonokabel sollten möglichst weit weg von der Endstufe, aber auch von anderen Geräten wie etwa LED-Lampen aufgestellt werden. Ansonsten genügt schlicht vernünftiges Kabelmanagement: Netz- und Kleinsignalkabel sollten möglichst getrennt voneinander gehalten werden, und wenn sie einander auf die Pelle rücken müssen, sollten sie sich stets kreuzen und nicht parallel verlaufen. Gerade bei RCA-Verbindungen kann der Fehler auch im Kabel selbst liegen: Da dieser in den 1930er Jahren entwickelte Steckertyp nicht genormt ist, gibt es stets eine leichte Varianz in den genauen Abmessungen. Im Extremfall kann es vorkommen, dass der Mantelanschluss nicht oder nur schlecht Kontakt zur Buchse hält.
Mittels XLR-Verkabelung lässt sich das Problem von Störeinflüssen bei der Kleinsignalübertragung komplett umschiffen. Bei dieser dreipoligen, symmetrischen Verbindung werden nicht die Sinuswellen selbst, sondern die Differenz zwischen dem positiven und negativen Leiter übertragen. Da etwaige Störeinflüsse von beiden Leitern gleich aufgenommen werden, haben sie auf die Differenz keinen Einfluss – die nachfolgende Schaltung bekommt sie somit nie zu Gesicht, „Common Mode Rejection“ nennt das der Fachmann. Entscheidend ist hier, die gesamte Kette vollständig symmetrisch zu verkabeln – hat ein RCA-Kabel erst einmal eine Störung in eine Komponente gespeist, wird sie stromabwärts ab diesem Zeitpunkt als Teil des Signals „gelesen“ und von den einstreuungsresistenten XLR-Strippen brav weitergetragen.
Durch galvanische Trennung können Brumm und auch Rauschen ebenfalls beseitigt werden. Im digitalen Bereich lässt sich das beispielsweise durch optische Verbindungen erzielen, da diese nur das Signal, nicht aber Strom übertragen.
Eine ebenso häufige wie einfach zu beseitigende Störungsquelle sind Antennenanschlüsse. Gerade wenn diese nachträglich im Haus verlegt wurden, hängen sie in der Regel an ihrem eigenen Potenzial und verursachen dementsprechend Brumm. Mit einem Mantelstromfilter, der mittels Kondensatoren den niederfrequenten Netzstrom aus dem Signal filtert, lässt sich dem Problem einfach beikommen. Nicht immer sind Störeinflüsse aber so einfach auszumachen. Stefan Rauch kann von einigen Fällen berichten, in denen sich die Störung nicht zuverlässig reproduzieren ließ. In einem besonders hartnäckigen Fall stellte sich beispielsweise heraus, dass der Unruheherd ein Fahrstuhl war, der durch Rekuperation einen Teil seiner Betriebsenergie wieder in das Stromnetz einspeiste. Da sich das aber immer nur beim Herunterbremsen des Aufzugs bemerkbar machte, gestaltete sich die Fehlersuche entsprechend knifflig.
Allheilmittel Netzfilter?
Netzstromaufbereitung ist zu Recht ein immer größeres Thema im HiFi-Bereich – bevor man allerdings aufs Geratewohl drei- oder vierstellig investiert und auf Besserung hofft, ist es auf jeden Fall ratsam, zunächst einmal die offensichtlichen Fehlerquellen so weit wie möglich zu beseitigen. Von dieser Basis aus können Power Conditioner weitere Verbesserungen bewirken, und man kann sich dann auch sicher sein, dass man das Klangpotenzial seiner Anlage wirklich voll ausschöpft.
Und wo wir beim Thema Brumm und Stromaufbereitung sind, dürfen Grounding-Lösungen, wie sie etwa Shunyata Research oder Puritan Audio anbieten, natürlich nicht unerwähnt bleiben.
Interessanterweise lassen sich mit solchen Systemen tatsächlich selbst dann noch Verbesserungen erzielen, wenn in der Anlage kein hörbares Brummen auszumachen ist – fast immer versteckt sich die Netzfrequenz irgendwo im Rauschgrund und schmälert Auflösungsvermögen und Plastizität der Wiedergabe, ohne aktiv wahrnehmbar zu sein. Idealerweise sollten Erdungssysteme auch nur dann zum Einsatz kommen, wenn eine solche relative Brummfreiheit erreicht ist – als optionale letzte Meile auf dem Weg zum bestmöglichen Klang.
Wir bedanken uns bei Stefan Rauch und Axel Grüning von Rauch und Schall.