Bittner Audio TonMeister 500 – Profi-Power für Gourmets
Bittner Audio: Wir fassen zusammen: sechsundzwanzig Röhren, zwomal zweihundertfünfzig Watt, Doppelmono-Aufbau, zwei Netzkabel, Schaltnetzteile, Tablet-PC, WiFi … Ja, dieser „Tonmeister“ vereint das alles unter einer ziemlich rasanten Hülle!
Als Filmregisseur würde ich den Kerl ohne langes Vorsprechen für eine Rolle besetzen. Vermutlich würde ich ihm sogar eine Rolle mit vielen Gesangsparts auf den Leib schneidern lassen. Warum? Weil der Bittner TonMeister 500 derart viele Talente in sich vereint, dass man nur staunen kann.
Einerseits ist dieser Koloss so groß wie das Gartenhäuschen Ihres Nachbarn und beherbergt gut zwei Dutzend Röhren. Das allein sorgt schon für Aufmerksamkeit. Andererseits bietet er auch in der Nahaufnahme genug Sensationen für Aug’ und Ohr. Klar, die Glaskolbenparade obendrauf und die großen Anzeigeinstrumente auf der Front sind obligatorische Hingucker. Aber haben Sie schon den hauteng anliegenden Carbonanzug bemerkt? Die doppelten Netzbuchsen? Die kleine Antenne? Den Assistenten, ein zartes Tablet? – Na gut. Dann können wir ja direkt Kontakt zu den Mitspielern aufnehmen. Die natürlich vom Feinsten sein sollten, denn das ist der Anspruch, den der TonMeister 500 nicht nur an sich selbst stellt.
Der Bursche mag auf den ersten Blick ein wenig dominant, vielleicht sogar herkulisch wirken. Doch im Alltag benimmt er sich keineswegs divenhaft, sondern handzahm, folgsam und somit absolut professionell. Was vor allem damit zu tun hat, dass Bittner Audio eine renommierte Pro-Audio-Firma ist, mit knapp 50 Beschäftigten, jeweils einem Hauptsitz in Franken und der Slowakei und seit Jahrzehnten erfolgreich im Profi-Geschäft. Sowohl Chefentwickler Jozef Viskupic als auch Manager Joachim Schwarz – beides ausgesprochene HiFi-Fans – hatten schon seit längerem damit geliebäugelt, die High-End-Audioszene mit einem neuartigen Amp zu beglücken, der ganz unterschiedliche Ansprüche bedienen kann. Und der vor keiner Aufgabe zurückschreckt.
Ist aber der erhöhte Platzbedarf des Heißsporns – der dank stattlicher Abwärme natürlich auch rundherum Luft zum Durchatmen braucht – geklärt, gefällt er sich in der Rolle des Musterknaben. Das einzige, was er sich an persönlichem Luxus erlaubt, ist ein wenig Zeit nach dem Einschalten. Vor dem ersten Ton des Tages genehmigt er sich gute drei Minuten fürs Warm-up. Dazu reicht es übrigens nicht, die beiden großen Kippschalter auf der Rückseite zu betätigen. Diese aktivieren nur die Standby-Schaltung des TonMeisters sowie – ungewöhnlich für eine HiFi-Endstufe, weniger ungewöhnlich für eine Profi-Beschallungskomponente – ein WLAN-Modul. Ein kleiner Hinweis darauf ist die kleine schwarze Antenne, ein etwas größerer das serienmäßig mitgelieferte Tablet. Nach der Einbindung des Verstärkers in (s)ein Netzwerk per vorinstallierter App kann der Besitzer seinen Amp, der eigentlich zwei Amps ist, bequem steuern und kontrollieren.
Das „richtige“ Einschalten – per Tablet oder winzigen Tastern auf der Rückseite – aktiviert den Softstart-Countdown, der in besagten drei Minuten programmgemäß sämtliche entscheidenden Bauteile und Schaltungen checkt und stabilisiert. Sodann werden die einzelnen Kanäle mit einem zarten „Klick“ freigegeben. Jetzt noch kurz die Mute-Buttons geklickt, und es kann losgehen. Via Tablet sind übrigens auch die momentanen Befindlichkeiten des TonMeisters einsehbar (siehe Technik-Kasten), der 500er kann sogar mit seinen blauen Augen blinken, denn auch die Anzeige-Instrumente sind einzeln schaltbar.
Das für eine Stereo-Endstufe erstaunlich komplexe Einschaltprozedere kann man gut finden, muss man aber nicht. Es ist auf jeden Fall recht unterhaltsam, gleichwohl wäre mir ein simpler Old-School-Knopf auf der Front zum Ein- und Ausschalten auch ganz recht gewesen. Oder zwei davon, aus Doppelmono-Gründen. Immerhin vermittelt die dreiminütige Infoshow den eigentlichen Kern der Sache schon vorab: Hier frisst Ihnen ein bärenstarker, superaufwendig gefertigter und garantiert durch nichts zu erschütternder Endverstärker praktisch aus der Hand.
Die beiden Monoblöcke, die sich ein äußerst verwindungssteifes Aluminiumchassis teilen, sind von einer rasanten Hülle umgeben, die für Gesprächsstoff sorgt. Rennsportliche Gewichtsersparnis war aber keineswegs der Beweggrund für den Einsatz von Carbon. Es gibt auch keine tieferen klanglichen Gründe. Vielmehr hat man den in der Verarbeitung anspruchsvollen Hightech-Werkstoff gewählt, so Joachim Schwarz, „weil Bittner Audio das kann“. Etliche High-End-Fans werden den Amp allein schon deswegen ins Herz schließen und beim Kauf auch gleich ein passendes Furutech-Netzkabelset inklusive Steckern mit Carbon-Applikation ordern. Diese Kabel harmonieren übrigens ganz vorzüglich mit dem TonMeister 500, und nicht nur optisch. Die serienmäßig beigelegten Standard-Netzstrippen dienen laut Jozef Viskupic „wirklich nur zur Funktionskontrolle“, man wolle die High-End-Klientel nicht bevormunden.
Das Schöne daran: Ob beispielsweise ein Netzkabel klanglich vorteilhaft ist, zeigt der Bittner klar und deutlich, jede Veränderung bei Kabelage und Zuspielern kommentiert dieser Klangdetektiv unmissverständlich. Das darf man bei seinem stattlichen Preis und dem selbst gesetzten Anspruch wohl auch erwarten. Was mich allerdings wirklich verblüfft, ist die Fähigkeit, seine Röhren-Gene glatt zu verleugnen: Der TonMeister hält auch in klassischen „Sand-Disziplinen“ mit den allerbesten Transistor-Konstruktionen bravourös mit, zudem sind de facto keinerlei Störgeräusche feststellbar. Dazu stellt er Leistung und dynamische Attacke ohne Wenn und Aber bereit – vielleicht doch mit einer Spur röhrenhafter Geschmeidigkeit? Im Blindtest wäre ich mir keineswegs sicher, bei diesem knackigen, kontrollierten Klang auf eine Röhrenendstufe zu tippen. Genau das ist vom Entwickler so gewollt, Jozef Viskupic spricht im Zusammenhang mit der Gläsergarnitur gar von einem „Teil der Show“. Hoppla, das wird bei romantisch veranlagten Röhrenschwelgern – Neigungsgruppe Belcanto & Euphonie – nicht sonderlich punkten. Bei Verfechtern eines neutralen Klangideals hingegen wird die Maxime der Profis – das klare Bekenntnis zum „Nichtklang“ – offene Türen eintreten.
In der audiophilen Praxis scheint es dem TonMeister ganz egal zu sein, welche Lautsprecher an seinen massiven Schraubklemmen – mit Abgriffen für 16-, 8- und 4-Ohm-Lasten – hängen. Er hat seine Lautsprecher-Untergebenen ebenso mühelos wie unauffällig im Griff. Der Doppelmono-Kraftprotz dirigiert mit enormer Kontrolle und Beweglichkeit; auch in den bei Röhrenverstärkern häufig kritischen Basslagen. Diese Form der Autorität ist auch für starke Exemplare keineswegs selbstverständlich. Wenn man aber weiß, dass Bittner Audio (nicht nur) zur klanglichen Feinabstimmung vor allem die durchaus kapriziöse Dynaudio Consequence sowie ein Pärchen Bowers & Wilkins 800 Nautilus einsetzt, dann erklärt sich die tolle Kontrolle praktisch von selbst. Ein Röhrenamp, der solche Schallwandler-Kaliber mühelos versorgt, muss sich grundsätzlich vor nichts fürchten.
Ob man nun die Einschätzung vieler E-Gitarristen und E-Bassisten teilt, die Leistungsangabe von Röhren- im Vergleich zu Transistor-Amps schlicht zu vervielfachen („Ein Röhrenwatt entspricht drei Transistorwatt!“, ist häufig zu hören, vereinzelt wird gar mit Faktor acht (!) gerechnet), sei einmal dahingestellt. Während meiner gesamten Testzeit überfahre ich die Leistungsgrenze des 500ers nur ein einziges Mal – mit vollem Vorsatz, einem abgründigen Dub-Track und der festen Erwartung, demnächst vom Nachbarn zur Rede gestellt zu werden. Grundsätzlich finde ich es ja sehr beruhigend, für praktisch jeden noch so anspruchsvollen Schallwandler gerüstet zu sein. Auch wenn das wahre Leben der fidelen Musikwiedergabe – zumindest bei mir – zum größten Teil in Pegelregionen stattfindet, in denen sich die VU-Meter auf der Front nur zart bewegen, wenn überhaupt. Übrigens wäre hier eine empfindlichere oder umschaltbare Charakteristik durchaus willkommen; wenn schon Zeiger, dann auch Action, finde ich. Auf dem Tablet-PC ist aufgrund der Peak-Charakteristik der Balkenanzeige prinzipbedingt sehr viel mehr los. Doch das lenkt zugegebenermaßen auch manchmal vom eigentlichen Zweck des Amps ab. Ich will schließlich Musik hören und nicht ständig auf einen Bildschirm starren. (Oder versehentlich mit dickem Daumen den einen oder anderen Kanal ausschalten. Soll ja alles schon mal vorgekommen sein …)
Also flugs wieder das Tablet weggelegt und einfach nur Musik gehört. Doch ganz so einfach ist das nun auch wieder nicht. Denn der TonMeister beherrscht das Fach „Klangtreue“ derart namensgerecht, dass er mich ohne Aufhebens, aber doch nachdrücklich in das jeweilige Szenario hineingeleitet. Diese dreidimensionale und unmittelbar umhüllende Illusion von Livehaftigkeit ist immer wieder ein faszinierender, typischer High-End-Prozess, den nur wirklich „große“ Audio-Produkte in entsprechendem Umfeld beherrschen bzw. gemeinsam erzeugen können. Und der grandiose, nicht nur auf dem HiFi-Rack große TonMeister 500 von Bittner Audio gehört definitiv dazu! Die Hauptrolle des durchtrainierten, tonsicheren Actionhelden mit Hirn und Herz ist hiermit vergeben.
Die erstklassig bestückte Röhrenendstufe wird pro Monoblock von einem Hochleistungs-Schaltnetzteil mit mehr als 4000 Watt Leistung unterstützt. Diese Schaltnetzteile enthalten besondere Filterstufen, die verhindern, dass auch nicht der geringste Störpegel auf die hochempfindlichen Gitter der Röhren gerät. Ein Großteil der Leistung wird allein schon für die Heizung der Endröhren gebraucht: Hier fließen bei 6,3 Volt bereits satte 40 Ampere. Am Gerät selbst geben zwei analoge VU-Meter Auskunft über die Aussteuerung. Diese beträgt in der Spitze bis zu 250 Watt je Kanal, wobei der Klirrfaktor unter 0,5 % bleibt – für einen Röhrenverstärker ein traumhafter Wert. Dies alles, so der Entwickler, verdankt der TonMeister 500 der schon erwähnten Zero-Tolerance-Tube-Technology. Darüber hinaus aber wollte sich der Entwickler partout nicht in die Schaltungskarten, vor allem nicht auf ein paar Techniktricks schauen lassen. (Dabei ist das Innenleben des Amps überaus sehenswert und alles andere als ein Grund für Geheimnistuerei.)
Zum Ausgleich kann der HiFi-Genießer den einzelnen Röhren „per Ferndiagnose“ auf die Katode schauen: Ein serienmäßig mitgelieferter Tablet-PC verbindet sich auf Wunsch mit dem Verstärker und zeigt auf seinem Bildschirm beispielsweise die Ausgangsleistung in Watt oder Dezibel, die Spannungsversorgung pro Kanal und im „Test“-Modus sogar die Vorspannung (Bias-Werte) der einzelnen Endstufenröhren an. Per Tablet lässt sich jeder Kanal einzeln ein-, aus- und auch stummschalten (Mute-Funktion), sogar die Beleuchtung der Anzeige-Instrumente auf der Front sind getrennt schalt- und dimmbar. Optional eingeblendete, selbstredend kanalgetrennte Betriebsstundenzähler runden die außergewöhnliche Ausstattung des Bittner-Boliden ab.
PS: Bittner Audio wird seinem TonMeister 500 schon recht bald eine passende Hochpegel-Vorstufe mit externem Netzteil zur Seite stellen. Im konkreteren Planungsstadium der Serie befinden sich zudem „echte“ Mono-Blöcke in Tower-Gehäusen (mit der doppelten Leistung des 500ers!) sowie ein passender Phono-Vorverstärker. Erich Engel.
Bittner Audio TonMeister 500
Röhren-Endverstärker
Leistung (16/8/4 Ω): 2 x 250 W
Eingänge: 1 x symmetrisch (XLR), optional auch zusätzlich unsymmetrisch (Cinch)
Ausgänge: 1 Paar Lautsprecher (Schraubklemmen)
Röhrenbestückung: 20 x KT120, 2 x 6550, 2 x 6N30, 2 x 6N1P
Besonderheiten: konsequenter Doppelmono-Aufbau, Softstart, Tablet-PC mit Bittner-App und WLAN-Modul inklusive, abnehmbare Röhrenabdeckgitter mit temperaturgesteuerten Lüftern
Ausführung: Front, Seiten und Verkleidungen Carbon, Chassis und Rückwand Aluminium
Maße (B/H/T): 48,3/30/65 cm
Gewicht: 65 kg
Garantiezeit: 3 Jahre
Preis: 49 000 €
Bittner Audio International GmbH
Forststraße 21a
95488 Eckersdorf
Tel.: 0040 921 50703680
Mitspieler
Digitalquellen: AcousticPlan Vadi, Audio Note CDT 37DAC 3 Signature, C.E.C. TL 0 3.0/DA3N, T+A PDP 3000 HV
Plattenspieler: Clearaudio Innovation/TT-II/DaVinci, EnVogue Astra/Nottingham Analogue Anna 12“/EMT JSD 75S
Phonoentzerrer: Clearaudio Absolute Phono, Synthesis Roma 79DC
Vorverstärker: Bryston BHA-1, Einstein The Preamp, Nagra Jazz, Valvet Soulshine
Lautsprecher: Bowers & Wilkins 803 D3, KEF LS50, Live Act Audio LAS 312, Stereofone Dura
Kabel: Audio Note, AudioQuest, Furutech, HMS, Vovox
Stromversorgung: IsoTek Aquarius EVO3, T+A Power Bar 2+3
Zubehör: LignoLab Die Bank und TT100, Quadraspire X-Reference, Solidsteel HS, diverse Produkte von Steinmusic und Subbase Audio