Tatami oder: Japanische Ingenieurskunst in Form eines Alublocks namens Esoteric K-05XD
Der CD/SACD-Player K-05XD macht auf mich nicht im Geringsten einen „esoterischen“ Eindruck. Der solide, mit der Präzision japanischer Schwertschmiedekunst verarbeitete und mit Hightech-Bauteilen gefüllte Aluminiumklotz zeugt von den eher nüchternen Fähigkeiten eines riesigen Entwicklungsteams.
In aller Kürze:
Der Esoteric K-05XD ist eine perfekt konstruierte Musikmaschine. Er musiziert dermaßen richtig, dass sich die Beurteilung einzelner Kriterien schlichtweg erübrigt. Ein Gesamtkunstwerk!
Die Komponenten von Esoteric – oder eher „Boliden“ – üben seit langem eine große Faszination auf mich aus. Ihre vor Souveränität strotzende Erscheinung in Kombination mit dem kompromisslos technologischen Ansatz treffen genau meinen High-End-Nerv. Gerade die mit beispiellosem Aufwand konstruierten SACD-Laufwerke begeistern mich. Leider blieb es bis jetzt eine Sehnsucht, die nun endlich erhört wurde: Enfin la voilà!
Der Esoteric K-05XD steht auf meinem Rack und ich komme nicht umhin, zufrieden zu grinsen. Die haptische Anmutung überbietet meine Vorstellung und schraubt die Erwartung an die Klangperformance höher. Esoterics unverwechselbare Formensprache zeichnet sich durch ihre geschmeidige Solidität aus. Dem quaderförmigen Gehäuse wird durch großzügige vertikale Abrundungen, die organisch in horizontale Fasen übergeleitet werden, jegliches Klobige genommen. Vielleicht interpretiere ich zu viel, aber man könnte Parallelen zur traditionellen japanischen Architektur ziehen. Die Häuser mit rechtwinkeliger Tatami-Geometrie wirken durch ihre geschwungenen Dachkonstruktionen weniger streng. Falls das für Sie ein Rätsel sein sollte: Tatami sind Matten aus Reisstroh, die in Japan als Fußboden in traditionell gestalteten Zimmern verwendet werden. Sie dienen allerdings auch als Flächenmaß und Grundlage für Architektur: in der Region Tokio mit den Maßen 88 mal 176 Zentimeter.
Die unterschiedlich geschliffenen Alu-Oberflächen, die das Gehäuse je nach Lichteinfall immer wieder anders erscheinen lassen und den skulpturalen Charakter unterstützen, sind das optische i-Tüpfelchen. Dieses Designkonzept wird in Esoterics Top-Line „Grandioso“ auf die Spitze getrieben. Doch mir gefallen die etwas schlichteren Formen der 05er-Serie ebenso gut.
In die massive Frontplatte ist das dimmbare/abschaltbare Display eingelassen, das auch die CD-Lade aufnimmt. Seitlich daneben liegen die Tasten zur Laufwerkssteuerung und Menü-Einstellung. Die runden Metallknöpfe sind in kreisförmige Vertiefungen versenkt und mit grauen Symbolen bzw. Text versehen. Der Esoteric-Schriftzug ist oberhalb eingraviert. Insgesamt eine dezente, aber edle Angelegenheit, die die monolithische Formgebung des Players nicht konterkariert.
Auf der Rückseite sind übersichtlich die umfassenden analogen und digitalen Ein- und Ausgänge angeordnet. Über den üblichen Standard hinaus geht die Option, eine externe Master-Clock anzuschließen, ebenso der Erdungsanschluss. Letzterer soll, mit dem Verstärker verbunden, in manchen Fällen für eine Klangverbesserung sorgen, so der Hersteller.
Der Esoteric K-05XD folgt der 05er-SACD-Ahnenreihe, ist jedoch eine komplette Neuentwicklung, die die Grandioso-Serie in einigen Baugruppen beerbt hat. Ein Blick auf das Innere des Players bestätigt, dass auch hier nichts zufällig angeordnet wurde. Alles ist klar und perfekt aufgebaut, und es zeigt sich eine technische Ästhetik, die die Produktphilosophie deutlich macht. Das speziell für den K-05XD entwickelte VRDS-ATLAS 05 ist ein feinmechanisches Wunder von einem Laufwerk. Die massive, aufwendig gefertigte Hybridkonstruktion aus Aluminium und Polycarbonat soll für einen ungestörten Abtastvorgang sorgen. Beim Start senkt sich eine Aluscheibe auf die Disc und verhilft ihr zu absolut ruhigem Lauf. Das ermöglicht dem Laser auch, die wesentlich schneller rotierende SACD fehlerfrei abzutasten. Diese massive Einheit ist auf einer fünf Millimeter starken Stahlplatte montiert, die mittig auf der ebenfalls aus Stahl bestehenden Bodenplatte verankert ist.
Beidseitig sind die separaten Netzteile mit den großzügig dimensionierten Ringkerntrafos fürs Analoge und Digitale untergebracht. Ein dritter EI-Trafo ist ausschließlich für die Steuerungseinheit zuständig. Das nenne ich eine konsequente Auseinandersetzung mit dem Thema Stromversorgung!
Um das Volumen des gut gefüllten Gehäuses effektiv zu nutzen, wurde ein zweilagiger Aufbau gewählt. Der diskret aufgebaute, durch seine Zugänge auch von außen zugängliche DAC und der Master-Clock-Generator sind Derivate aus der Grandioso-Serie. Sie sind hauptverantwortlich für die gegenüber dem Vormodell K-05Xs gesteigerte Klangperformance, wie mir die Website des Herstellers erklärt, der ich mangels Vergleichsgerät vertrauen muss.
Ein weiteres Beispiel für die Kompromisslosigkeit der Entwicklung ist die akustische Feinabstimmung des Gehäuses. Das ohnehin dank seines mehrlagigen Aufbaus resonanzhemmende Gehäuse wird durch unterschiedlich starre Verbindungen optimiert. Jasper Bol, Business Manager von Esoteric, erklärte mir im Gespräch, dass durch Versuchsreihen das jeweils perfekte Anzugsdrehmoment der Verschraubungen „erhört“ wurde. Von außen erkennbar wird der Mix aus starren und „soften“ Verbindungen durch die schwimmend gelagerte Deckplatte (hier ist nicht vergessen worden, die Schrauben festzuziehen) und die sich erst durch das Eigengewicht des Players stabilisierende patentgeschützte Spikekonstruktion.
Bevor ich die entscheidende Frage beantworte, ob der enorme technische (und nicht zuletzt auch finanzielle) Aufwand durch eine entsprechende Klangperformance gerechtfertigt ist, möchte ich den Aspekt der „Gebrauchstauglichkeit“ beleuchten. Gehen wir das mal ganz „behördlich“ an: Die Gebrauchstauglichkeit bezeichnet nach DIN EN ISO 9241-11 das Ausmaß, in dem ein Produkt durch bestimmte Benutzer in einem bestimmten Nutzungskontext genutzt werden kann, um bestimmte Ziele effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen. Bei so manchem Entwickler steht sie offensichtlich nicht auf der Agenda, was ich äußerst ärgerlich finde. Umso mehr war ich von der diesbezüglichen Qualität des Esoteric-Players begeistert.
Vom „Unboxing“ des K-05XD über die Installation bis zur ersten Inbetriebnahme gestaltete sich das Handling unkompliziert und intuitiv. Die Transportsicherungen konnte ich mit wenigen Handgriffen entfernen, die rückseitigen Anschlussbuchsen haben genügend Abstand zueinander und ließen sich mühelos bestücken. Die CD-Lade fährt ohne geringstes Verkanten gleichmäßig auf und zu.
Der Einlesevorgang dauert etwa sieben Sekunden, für eine SACD erfreulich schnell. Im Betrieb ist das Laufwerk absolut ruhig. Auch die im Wesentlichen aus Aluminium gefertigte Fernbedienung, die ich im ersten Moment aufgrund ihrer beidseitig angebrachten Tastenfelder etwas skeptisch betrachtete, erwies sich nach kurzer Eingewöhnung als sehr brauchbar. Erstaunlich war auch die Fehlerkorrektur des Laufwerks. Silberscheiben, die ich schon in die Abteilung „nicht mehr spielbar“ überstellt hatte, weil kleine Kratzer den Einlesevorgang vereitelten oder häufige Aussetzer nervten, spielte der K-05XD mühelos. Hier wird die konsequente Entwicklung des Players auch unter Berücksichtigung vermeintlich peripherer Eigenschaften erkennbar.
Aber zurück zum Wesentlichen und der Beantwortung der oben angekündigten Frage, die ganz einfach lauten könnte: Ja, und wie!
Schon nach einem Tag Dauerbetrieb tönte der fabrikneue Spieler vielversprechend. Ein außergewöhnlich offenes, transluzides Klangbild füllte, scheinbar ohne jeden Bezug zu den Lautsprechern, meinen Hörraum. Nach wenigen Tagen gesellte sich eine süchtig machende Geschmeidigkeit hinzu, die hier auf keinen Fall mit einem Verschleifen der Detailwiedergabe übersetzt werden darf. Im Gegenteil, das Auflösungsvermögen ist sensationell. In Verbindung mit der keinen Grenzen unterworfenen, aber immer realistisch bleibenden Raumdarstellung werden die verschiedenen Schallquellen schlüssig in die Klangbühne eingebettet. Die Übertragung des gesamten Frequenzbereichs empfinde ich als absolut geradlinig. Die unteren Lagen werden ohne Anhebung des Grundtonbereichs bis in die tiefsten Abgründe schlackenlos durchgezogen. Im ersten Moment entsteht der Eindruck eines schlanken Tieftonbereichs, doch spätestens bei einer heftig und rhythmisch raffiniert gespielten Bassdrum wird man eines Besseren belehrt. Die Schläge kommen tonal differenziert, tief, hart und schnell.
Die Atmosphäre des Pariser Jazz-Clubs „New Morning“ ist auf der CD Manu Katché Live In Concert authentisch eingefangen. Über den K-05XD wiedergegeben, höre ich schon beim ersten, noch zaghaften Begrüßungsapplaus, dass es sich um einen recht kleinen Club handelt. Auch die Bühne, die den vier Musikern wenig Platz bietet, wird glaubwürdig dargestellt. Der Esoteric-Player schaffte es mühelos, innerhalb dieser räumlichen Begrenzung den Instrumenten ausreichend „Luft“ zu verschaffen und sie unerschütterlich fest zu positionieren. Wenn Tore Brunborg sein Saxofon seitlich bewegt oder die Distanz zum Mikrofon ändert, wird das deutlich hörbar. Im Titel „Drum Solo“ zeigt Manu Katché seine Virtuosität – finessenreich, präzise und feindynamisch subtil. Die Klangfarbe jeder Trommel kommt zum Ausdruck, die Toms donnern federnd durch meinen Hörraum. Katchés Spiel bekommt durch zwei winzige Becken einen hohen Wiedererkennungswert. „Ping, Peng, Däschhhh!“, so zerplatzen die Klangblasen vor mir, um abrupt abzuklingen und der extrem schnell und feinfühlig gespielten Bassdrum zu weichen. Obwohl sie nur verhalten kräftig getreten wird, klingt sie konturenreich und druckvoll. Lange stehende Akkorde der Hammondorgel bleiben immer klar abgesetzt hörbar, auch wenn die Musik sich furios aufschwingt.
Von diesen Eigenschaften profitiert auch die Stimmwiedergabe. Ein schönes Beispiel hierzu ist das 2015 erschienene Debüt des französischen Trios L.E.J. (Elijay), En attendant l’album…: Coverversionen bekannter Songs sowie Eigenkompositionen werden fast ausschließlich a cappella mit Cellobegleitung interpretiert. Das hört sich harmlos-nett an, genau das Gegenteil ist der Fall. Die drei jungen Damen grooven und fetzen, was das Zeug hält. Der spannend arrangierte Satzgesang und das von Juliette Saumagne zeitweise heftig malträtierte Cello hauten mich mit der explosiven Kraft eines Yokozuna von der Matte. Die sehr direkt aufgenommene Produktion wird vom K-05XD genauso unmittelbar in den Raum geschleudert. Encore, totalement ravi!
Jetzt war mir nach einem Schwenk in Richtung Alter Musik und somit der SACD-Abteilung meiner Kollektion. Nach dem bisher Gehörten (ausschließlich CDs) konnte ich mir eine Verbesserung der Klangqualität kaum vorstellen. Wie ich mich täuschen sollte! Ob bei Telemanns Musique de table (Florilegium, Channel Classics CCS SA 19102) oder J.S. Bachs Violinkonzerten (Rachel Podger mit Brecon Baroque, Channel Classics CCS SA 34113) – immer bin ich von der natürlichen Reinheit der Klangfarben und der offenen, luftigen Plastizität der Wiedergabe fasziniert. Beim Wechsel auf den CD-Layer der Hybrid-SACDs geht ein kleiner, aber wahrnehmbarer Anteil dieser Qualitäten verloren.
Da ich als externe Zuspieler nur einfache Gerätschaften zur Verfügung hatte (was trotzdem zu erstaunlichen Klangqualitäten gereichte), kann ich nur mutmaßen, dass auch die Verwendung des K-05XD als DAC keinerlei Wünsche offenlässt. Über die Menüeinstellung lassen sich verschiedene Filter zuschalten, die subtile Veränderungen bewirken. Welche man wählt, ist Geschmackssache und hängt vom Setup ab. Mir gefiel der etwas lebendigere Klang ohne Filter am besten. MQA-codierte CDs standen mir derweil nicht zur Verfügung, was aufgrund der vagen Zukunft des Formats wohl zu verzeihen ist.
Der Esoteric K-05XD ist mit Abstand die beste digitale Quelle, die ich in meinem Hörraum genießen durfte. Er klingt einfach richtig, weder euphonisch noch analytisch, geschweige denn matt oder hell. Vielleicht neutral, aber dieser Ausdruck hat den faden Beigeschmack von „unbeteiligt“, womit ich seine geradezu mitreißende Performance bestimmt nicht beschreiben möchte. Nach der intensiven Beschäftigung mit dem Boliden erahne ich jedenfalls den Bezug zum Ursprung des Namens „esōterikós“, was bei den Griechen für „von innen her verstehbar“ steht. Gefüllt mit inneren Werten in Form von „top-notch“-Elektronik und feinster Mechanik versteht es der äußerlich schlichte Aluminiumklotz, die emotionalen Facetten der Musik in allen Nuancen darzustellen. Normalerweise tue ich mich schwer, in diesen Preiskategorien etwas als „preiswert“ oder gar „günstig“ zu bewerten. Durch den technologischen Aufwand und die korrespondierenden Klangqualitäten des Esoteric K-05XD gelingt es mir ausnahmsweise mühelos.
Info
SACD-Player Esoteric K-05XD
Konzept: CD/SACD-Spieler mit extern zugänglichem USB-Hochbit-DAC
Eingänge digital: 1 x koaxial (Cinch), 1 x optisch, USB
Ausgänge analog: 1 x XLR, 1 x RCA
Ausgänge digital: 1 x AES/EBU (XLR), 1 x koaxial (Cinch)
Abspielbare Medien: Super Audio CD, CD (inklusive CD-R und CD-RW)
Frequenzgang (−3 dB): 5 Hz bis 70 kHz
Signal-Rausch-Abstand: 110 dB
Verzerrungen (1 kHz): 0,0007 %
Digitale Signalverarbeitung: max. 32 bit/384 kHz, DSD bis 22,5 MHz
Clock-Eingang: BNC
Sonstiges: externer Steuereingang (RS-232), Trigger In 3,5-mm-Klinke
Leistungsaufnahme: 25 W; 0,3 W im Standby
Besonderheiten: eigens entwickeltes Laufwerk VRDS-ATLAS 05
Maße (B/H/T): 45/16/36 cm
Gewicht: 20,7 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 13 500 €
Kontakt
Aqipa GmbH
Möslbich 78
6250 Kundl
Österreich
Telefon +43 5332 72300-0
info@aqipa.com
Mitspieler
CD-Player: Electrocompaniet EMC 1 MK V
Verstärker: Electrocompaniet EC 4.8, Electrocompaniet EC AW250R
Lautsprecher: Audio Physic Spark auf Solidsteel SS-5, customized mit Audio Physic VCF II Magnetic plus
Stromversorgung, Kabel: IsoTek Aquarius/Syncro/Optimum, AudioQuest NRG-Z3, Yukon, Zavfino Gold Rush, Kimber 8TC, WBT