Ensemblehaus Freiburg
Wenn die richtigen Ideen von den richtigen Menschen im richtigen Umfeld zur richtigen Zeit gedacht werden, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass etwas Besonderes passiert.
In Freiburg machten sich vor 15 Jahren freie Ensembles unter der Federführung des Freiburger Barockorchesters auf, um endlich auch für diese hochqualifizierte Szene, die mit einem Bruchteil der Budgets staatlicher Klangkörper oft mindestens ebenbürtige Leistungen erbringt, endlich Arbeitsbedingungen zu schaffen, wie sie für jedes städtische Orchester selbstverständlich sind.
Eine Schenkung machte den Anfang, und anstatt sie im laufenden Geschäftsjahr versickern zu lassen, wurde dieser Betrag zum Symbol für den Aufbruch in eine neue Zeit. Weitere Sponsoren wurden gefunden, Stadt und Land stiegen mit ein, und schon bald konnte die zu diesem Zwecke gegründete Stiftung zur Tat schreiten und das Projekt ausschreiben. Wenn alle an einem Strang ziehen, können sich Dinge verblüffend schnell entwickeln, und so fanden die ersten Proben des Barockorchesters und des modernen Partners Ensemble Recherche bereits im Jahre 2012 statt. Neben diversen Probenräume unterschiedlicher Größen gab es nun endlich auch Garderoben, Lagerräume und ausreichend Bürofläche für beide Ensembles.
Der Dank für dieses außergewöhnliche Engagement ist unübersehbar: sowohl auf der Website beider Ensembles als auch im Foyer, wo in dezenter weißer Schrift die Namen aller Unterstützer eine Sichtbetonwand zieren. Nicht so auffällig wie die goldenen Namen im Eingangsbereich der Metropolitain Opera in New York, allerdings mindestens genauso stark als Geste.
Auch der Ort ist gut gewählt: Von hier aus ist man schnell im Grünen, allerdings auch innerhalb weniger Minuten in der Stadt, und gegenseitige künstlerische Befruchtung bleibt nicht aus, wenn eine der großen Musikhochschulen des Landes gerade einmal eine Straßenbreite entfernt liegt.
Herzstück des Hauses ist ohne Frage der große Saal, der dem Freiburger Barockorchester als Probensaal dient. Hier finden auch Kammerkonzerte und CD-Produktionen statt, weshalb dieser Saal nun auch für uns interessant ist. Obwohl er fast würfelförmig ist, was erst einmal akustisch zumindest diskutabel erscheint, klingt es in diesem Raum verblüffend gut und durchhörbar. Auch mitten im Orchester kann man fast alle Kollegen mühelos hören und sich mit ihnen verbinden, eine Qualität, die so nicht viele Säle mitbringen und die ein unter solchen Bedingungen probendes Ensemble über die Zeit durchaus besser werden lässt.
Säle wachsen akustisch im Laufe der Jahre, wenn immer mehr an ihnen gefeilt wird, und so präsentiert sich dieser Raum mittlerweile in einer Qualität, die regelmäßige CD-Produktionen zulässt. Dank diverser Diffusoren und Absorber ist der Raum auch verblüffend gnädig, was dynamische Ausbrüche des Orchesters angeht. Diesbezügliche Befürchtungen angesichts der vielen glatten Betonwände erweisen sich nach den ersten Tönen als unbegründet.
Fast wichtiger als der gute Klang ist allerdings die Wirkung, die von so einem Haus ausgeht. Das Ensemblehaus Freiburg zeigt, dass sich die freie Szene aus ihrer Opferhaltung begeben kann, und – vorausgesetzt, es stimmen ein paar äußere Umstände – mit Mut und Ideen Türen aufzustoßen, die man bisher für verschlossen hielt.
Musiktipps – Aufnahmen mit raumtypischem Klang:
Ludwig van Beethoven, Klavierkonzerte, Kristian Bezuidenhout, Freiburger Barockorchester unter Pablo Heras-Casado (harmonia mundi)
Johann Sebastian Bach, Brandenburgische Konzerte, Freiburger Barockorchester (harmonia mundi)