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Und dann war da noch - Graceland, Wedel

GRACELAND, WEDEL

Elvis has left the Building

In letzter Zeit ist mir recht oft Elvis begegnet. Jeden Morgen am Kühlschrank, das ist aber nicht ungewöhnlich.

Eine der Töchter hat dort vor einigen Jahren ein ausgedrucktes PDF dieser Kolumne aus FIDELITY Nr. 44 angepinnt. Überschrift: „Elvis has not left the building“, mit einer liebevollen Illustration daneben, die den Protagonisten der damaligen kleinen Letzte-Seite-Erzählung mit schwarzer Haartolle und eher versteckten grauen Koteletten zeigt. Dazu aber gleich im zweiten Absatz mehr. Zunächst möchte ich von meiner Irritierung berichten, als ich jetzt eine Pressemitteilung las, deren Überschrift „Elvis meets Elvis“ lautet. Das Wachsfigurenkabinett Madame Tussauds in Berlin verkündet, dass man dem „King“ ein neues Styling verpasst habe. Dazu zählen der extra „in präziser Handarbeit“ maßgeschneiderte weiße Las-Vegas-Anzug (bisher trug Wachs-Elvis eine Uniform der US Army), eine „in hunderten Stunden“ vollzogene Echthaartransplantation sowie neue, im „individuellen 3D-Druck“ hergestellte Augen.

Enthüllt wurde der falsche Echthaar-Elvis von: Elvis. Auch einem falschen, dem Darsteller Grahame Patrick, der in Berlin diesen Sommer in ELVIS – Das Musical als Mr. Presley auftrat. Wie da jetzt bei der Präsentation zwei Elvisse (dazu muss die deutsche Rechtschreibung noch eine überzeugende Lösung finden: die Mehrzahl von Elvis) nebeneinander in die Kameras lachten, beide im weißen Jumpsuit, einer mit blauen 3D-Augen, der andere mit authentischem Las-Vegas-Doppelkinn wie das Original. Doch wer ist das Original? Gab’s jemals ein Original? Hat Elvis gelebt? Lebt er, wie überraschend viele Menschen glauben, noch? Oder ist er, wie im Film Men in Black überzeugend dargelegt, nach Hause zum Heimatplaneten geflogen? Hat er es verdient, auf ewig in Wachs gegossen zu grinsen, während sich überall auf der Welt Männer (und auch Frauen) mittleren Alters in weiße Anzüge pressen? Wie gesagt, ich bin irritiert.

Und ich bin traurig. Der Elvis, über den ich in Ausgabe Nr. 44 schrieb, ist tot. Er lag eines Morgens in seinem Stall, ganz klein, zusammengedreht wie ein Croissant. Konnte sich nicht mehr aufrappeln. Schnuffelte noch an der Hand, die man ihm reichte. Knabberte an seiner letzten Möhre. Es war Sonntag. Elvis wurde zart in ein Körbchen gebettet. Wir fuhren zur tierärztlichen Notfallpraxis am anderen Ende der Stadt. Elvis bekam die erlösende Spritze. Er ist 17 Jahre alt geworden, was für ein Löwenkopfkaninchen ein wirklich stolzes Alter ist. Elvis war vor fünf Jahren zu uns gekommen, dritte Hand, als Teil eines Deals: Ich sag nichts gegen das Tier, die Familie nichts gegen meine neue HiFi-Anlage im Wohnzimmer. In diesen fünf Jahren aber bin ich zum Elvis-Fan geworden. Wir waren die einzigen Männer im Haushalt, wir hielten zusammen. Ich sammelte ihm Löwenzahn und Klee, er ködelte mir auf den Schoß. Wir fuhren dann raus zur Schwiegermutter, die in der Kleinstadt Wedel einen winzigen Garten unterhält. Hier begruben wir ihn. Elvis has left the building.

PS: Unnützes Wissen, Teil 32: Aus gegebenem Anlass wiederhole ich folgende Information: Den Ausspruch „Elvis has left the building“ prägte der amerikanische Fernsehmoderator Horace Lee Logan. Als sich das Publikum der legendären Sendung Louisiana Hayride nach einem Auftritt des Jungstars Elvis Presley am 15. Dezember 1956 gar nicht mehr beruhigen ließ, rief Logan: „Please, young people… Elvis has left the building. He has gotten in his car and driven away.“ Der Spruch wurde zum geflügelten Wort, um das definitive Ende einer Begebenheit zu unterstreichen.

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