In Bochum findet man seit einiger Zeit einen neuen Hersteller feinster Elektrostaten, die Firma Mitec Middeldorf GmbH & Co. KG, Gesellschaft für Systementwicklung. Bereits auf einige Messen konnten die Kreationen des GF und Entwicklers, Thomas Middeldorf, das Fachpublikum mehr als nur überzeugen. Im FIDELITY Magazin Ausgabe 4/2013 stellen wir zwei der Kreationen aus dem Ruhrgebiet vor. Als Ergänzung dazu hier nun ein Interview mit Herrn Middeldorf, das Claus Volke bei einem Besuch in der Fertigung und bei dem musikbegeisterten Entwickler zuhause führte.
Unsere Fotos machen deutlich, dass hier offenbar wirklich echte Profis am Werk sind, deren Ziel die absolut beste musikalische Wiedergabe ohne Rücksicht auf Material und Kosten ist. Getreu dem Motto der Firma: „Wenn möglich, dann perfekt!
FIDELITY: Sehr geehrter Herr Middeldorf. Sie sind erfolgreicher Geschäftsmann, aber in einer ganz anderen Branche. Warum baut jemand wie Sie nun gerade Lautsprecher?
Thomas Middeldorf: Ich mache das seit 40 Jahren, weil ich gerne Musik höre und auf gute Musikwiedergabe Wert lege.
FIDELITY: Aber warum Elektrostaten?
Thomas Middeldorf: Das Prinzip des Elektrostaten ist seit über 200 Jahren bekannt. Es nutzt als Kraftfeld ein elektrisches Wechselfeld und kein statisches Magnetfeld, wie alle anderen Lautsprecherkonzepte. Dadurch wird es möglich, das gesamte Membran homogen anzutreiben und Partialschwingungen zu vermeiden. Außerdem ist durch moderne Kunststofffolien und elektrisch leitfähige Beschichtungen ein sehr geringes Membrangewicht realisierbar, was zu extrem kurzen Anstiegszeiten führt. Dafür ist das menschliche Gehör extrem empfindlich, da zu Urzeiten zum Überleben die sofortige Erkennung von Feinden anhand der Geräusche, die diese verursachen, notwendig war. Kurze Anstiegszeiten bei Schallwellen rufen sofort extreme Aufmerksamkeit bei Menschen hervor. Diese biologische Eigenheit des menschlichen Gehörs nutzen wir aus. Musik zu hören mit unseren Sinus Elektrostaten ruft extreme Aufmerksamkeit hervor und ist ein besonderes Erlebnis.
FIDELITY: Sie sprechen von einer „Total in House Production“ und davon, dass Sie keine Kompromisse durch industrielles „Down Grade“ akzeptieren. Was ist damit gemeint?
Thomas Middeldorf: Wir nutzen die technischen Fertigungsmöglichkeiten unserer Industriebetriebe und akzeptieren keine technischen Kompromisse oder gar zweitklassige Lösungen.
FIDELITY: Ihre Lautsprecher sind extrem schnell und verschlucken kein noch so winziges Detail. Ist dieser Detailreichtum wirklich so wichtig für ein musikalisches Gesamtbild?
Thomas Middeldorf: Wie wir schon eingangs beschrieben haben, wird das Zuhören dadurch interessanter und führt regelrecht zu Neugier, mehr zu hören.
FIDELITY: Als Techik- und Entwicklungsprofi wissen Sie genau, dass die Qualität jedes einzelnen Teiles wichtig ist für das Gesamtergebnis, aber wie kam es dazu, dass Sie nahezu alles praktisch neu und selbst entwickelten?
Thomas Middeldorf: Vergleichbare Baugruppen kann man nirgends auf der Welt zukaufen, wie eine weltweite Studie gezeigt hat. Wir haben physikalische und elektrotechnische Ansprüche, die nur durch Neuentwicklung zu befriedigen waren.
FIDELITY: Wodurch grenzen sich Ihre Lautsprecher von anderen am Markt befindlichen ab?
Thomas Middeldorf: Der Klang ist extrem klar und dynamisch. Man kann beim Musikhören nicht glauben, dass die Musik aus den Lautsprechern kommt. Es entsteht der Eindruck, die Töne kommen aus der Luft.
FIDELITY: Nennen sie uns doch bitte Details, was Sie beim Aufbau der Elektrostaten alles optimiert haben.
Thomas Middeldorf: Jede Baugruppe wurde in mehreren Schritten optimiert, d. h. Gehäuse, Systeme und Konvertertechnik. Dabei spielte die Auswahl der Vormaterialien und Lieferanten für Ausgangsstoffe eine große Rolle. Die Produktionstechniken und Sondermaschinen, die zur Herstellung notwendig wurden, wurden entwickelt, gebaut und prozessfähig gemacht. Die Lautsprecher-Abmessungen wurden in vielen Messreihen optimiert. Die Systeme selbst wurden durch Keramikeinsatz verstärkt. Diese Keramik wurde speziell entwickelt, um sie in einen Wärmebehandlungsvorgang mit den Kunststoffgittern zu verschweißen. Der zugehörige Spezialofen wurde entwickelt und die passenden Wärme-Behandlungsprogramme optimiert. Die Spannanlage für die Membrane sowie ein mehrstufiger Prozess zur Spannung der Membrane wurden entwickelt. Die Übertrager wurden dimensioniert und mit passenden Primär- und Sekundärspulen ausgerüstet. Dazu wurde eine spezielle Wickelmaschine gebaut, die zur Anpassung der Spulen notwendig ist. Dies ist nur eine grobe Übersicht. Parallel dazu wurde die Mitarbeiterschulung vorangetrieben. Der Zeitraum für die Entwicklung aller Baugruppen betrug vier Jahre, wobei die ersten Systeme nach circa sechs Monaten Musik wiedergaben. Weitere dreieinhalb Jahre wurden Optimierungen in allen Details vorangetrieben.
FIDELITY: Welchen Einfluss haben die von Ihnen verwendeten Keramikkomponenten und der Einsatz von Nanotechnologie?
Thomas Middeldorf: Keramik ist im Lautsprecherbau dort sinnvoll, wo es auf hohe Steifigkeit und hohes Gewicht ankommt. Deswegen wird Keramik in den Statoren eingesetzt. Nanotechnologie wird meist gleichgesetzt mit dünnsten Schichten auf Oberflächen. Bei unseren Membranen kommt eine sechs Nanometer dünne Aluminiumschicht zum Einsatz, die die elektrischen Ladungsträger, sprich Elektronen, aufnimmt.
FIDELITY: Ihre Lautsprecher besitzen einen massiven Holzrahmen aus meist durchgehend verleimtem Buchenholz. Warum?
Thomas Middeldorf: In vielen Aufschnittversuchen haben wir unterschiedlichste technische Hölzer aufgeschnitten, bearbeitet und bewertet. Die besten Ergebnisse hinsichtlich Maßhaltigkeit, Beständigkeit und Reproduzierbarkeit haben wir mit CNC-gefrästem Buchenleimholz erzielt.
FIDELITY: Sie verwenden sehr aufwendige Konverter mit außergewöhnlichen Bauteilen, die zudem in zwei separate Gehäuse untergebracht sind. Erzählen Sie uns doch bitte etwas zu diesem wichtigen Bestandteils Ihrer Systeme.
Thomas Middeldorf: Unsere elektrostatischen Lautsprecher bestehen aus den Gehäusen und den Elektrostatenpaneelen. Die zugehörige Übertragertechnik und Elektrotechnik ist aus Designgründen und aus technischen Gründen in den zwei Monokonvertern zusammengefasst. Sie beinhalten vollsymmetrische Übertrager mit Ringbandkernen und die Hochspannungstechnik. Die Aufgabe der Konverter besteht darin, das Musiksignal vom Endverstärker zu symmetrieren, hochzuspannen und den Frequenzgang des Lautsprechers zu linearisieren.
FIDELITY: Sie vertreten den Standpunkt, dass die beiden Konverter nah am Verstärker und nicht nah am Lautsprecher stehen sollen. Der größte Teil der Signalübertragung zu den Elektrostaten findet daher im Hochspannungsbereich satt. Warum?
Thomas Middeldorf: Elektrische Energie lässt sich grundsätzlich im Hochspannungsbereich verlustärmer transportieren, als im Niederspannungsbereich. Deswegen empfehlen wir die Aufstellung der Konverter nahe der Endstufe.
FIDELITY: Ein weiteres Augenmerk haben Sie von Beginn an auf ein gutmütiges Impendanzverhalten gelegt, gepaart mit einem möglichst hohen Wirkungsgrad, so dass die Lautsprecher auch mit vergleichsweise leistungsschwachen Verstärkern betrieben werden können. Was ist daran noch wichtig, wenn man sich ansieht, dass winzige Class-D-Verstärker mit hohen dreistelligen Ausgangsleistungen preiswert praktisch an jeder Ecke zu kaufen sind. Die Zeit der großen und meist teuren Edel-Endstufen zum Preis eines Kleinwagens ist doch Gott sei Dank vorbei?
Thomas Middeldorf: Nicht alle Musikliebhaber wollen auf die ihnen lieb gewordenen Verstärker verzichten, die sie bereits lange benutzen. Es kam daher bei der Entwicklung darauf an, ein Lautsprechersystem zu schaffen, welches mit jeder Art Verstärker zu betreiben ist. Dabei soll an dieser Stelle jedoch gesagt werden, dass nicht jeder Verstärker gleiche Ergebnisse bringt. Sinus Elektrostaten machen die Unterschiede bei Verstärkern in signifikanter Weise hörbar.
FIDELITY: Hätte sich dann nicht auch gleich eine aktive Version angeboten?
Thomas Middeldorf: Hierzu muss ich sagen, dass wir in der MiTec grundsätzlich nur Dinge produzieren wollen, die wir technisch und physikalisch beherrschen. Der Chassisbau, der Gehäusebau, die Keramik, die Übertragertechnik und der zugehörige Sondermaschinenbau sind im Rahmen der MiTec Industriebetriebe und Laboratorien umsetzbar. Spezialisten für Verstärkerbau sind wir nicht. Kooperationen mögen wir auch nicht. Deshalb: „Schuster, bleib bei deinem Leisten“.
FIDELITY: Was können Sie uns zu dem Design und den Ausführungsvarianten sagen? Gerade bei so nicht gerade kleinen und schlichten Systemen ist es nicht immer einfach, diese mal eben im Wohnzimmer optisch zu integrieren.
Thomas Middeldorf: Wir haben bei der Designentwicklung verschiedenste Baugrößen realisiert und untersucht. Wohnraumgerecht ist unser System 1x. Mein persönlicher Favorit ist das Eiche-Natur-Gehäuse mit feingeschliffener Oberfläche und Wachs-Versiegelung. Weiterhin bieten wir Klavierlack in allen RAL-Farben.
FIDELITY: Was dürfen wir in naher Zukunft von Ihnen noch erwarten? Wenn man Sie kennenlernt, weiß man sofort, dass Sie niemand sind, der sich auf den ersten Triumphen lange ausruht. Woran forschen Sie gerade?
Thomas Middeldorf: Wir arbeiten an einer neuen Version mit noch mehr Wirkungsgrad und Schnelligkeit. Dazu ist eine Patentanmeldung vorgesehen. Aus diesem Grunde können wir hier noch nicht ins Detail gehen, es wird auf jeden Fall revolutionär.
FIDELITY: Herr Middeldorf, wir danken Ihnen für das sehr freundliche Gespräch und die tolle Gastfreundschaft!
Thomas Middeldorf: Ich danke Ihnen!