Echo Diastasis Vorverstärker 79 und EndverstärkerA 79
Digital detox – Kein Streaming, kein Bluetooth, keine App – Echo Diastasis konzentriert sich auf die Kernaufgabe eines Verstärkers: Strom in Musik zu verwandeln.
Fotografie: Ingo Schulz
Kein. Internet. Zwei Worte, die aneinandergereiht den Super-GAU des modernen Menschen umschreiben. Denn eine Welt, in der das Smartphone stille schweiget, die Fingerabdrücke auf dem Tablet allmählich Staub binden und der WLAN-Router ohne Abnehmer im Hintergrund vor sich hin funkt, ist nicht mehr vorstellbar. Und so wurde in der jüngeren Vergangenheit kaum eine Klangkomponente die Treppen hochgeschleppt, in die man nicht beim Aufbau eine Wireless-Antenne hätte hineinschrauben müssen und die nicht als Allererstes das Bedürfnis hatte, Bekanntschaft mit umgebenden Bluetooth-Komponenten zu schließen. Die Ära der digitalen eierlegenden Wollmilchsauen hat längst begonnen. Doch dann kam das!
Das ist zunächst einmal die Firma Echo Diastasis. Sie befindet sich in einem in Sachen Audiophilie bislang wenig kartografierten Gebiet, dem Ort Larisa in Thessalien auf dem griechischen Festland, rund 400 Kilometer von Athen entfernt. Das noch sehr junge Unternehmen machte hierzulande unlängst mit einem Phonovorverstärker auf sich aufmerksam. Darüber hinaus ist das Produktportfolio bislang noch überschaubar: Neben einem Vollverstärker finden sich dort lediglich unsere beiden Testgeräte, der Vorverstärker PRE 79 und die Endstufe A 79.
Man verzeihe dem Rezensenten seinen Altphilologenhumor – der erste Eindruck, der sich beim Öffnen der beiden Kartonagen ergibt: spartanisch. Nicht nur, dass keine Antenne zum kabellosen Datenempfang zu entdecken ist, die Komponenten weisen auch sonst nur das Allernötigste auf. Auf der Front des A 79 gibt es eine Kontrollleuchte, die über den Betrieb informiert, und, an der Unterseite versteckt, einen harten Netzschalter. Am rückseitigen Panel finden sich ein vergoldeter Stereo-Input, Anschlussmöglichkeiten für ein Paar Schallwandler sowie eine dreipolige Buchse fürs Netzkabel – fertig. Gut, von einem Endverstärker erwartet auch niemand allzu üppige Konnektivität.
Der PRE 79 zeigt die unbedingte Reduktion auf das Wesentliche noch deutlicher. Vorne rechts fällt ein großer Drehregler für die Pegelstellung ins Auge, links zeigen fünf grüne Leuchtdioden den gewählten Zuspieler an, der über einen „Select“-Taster ausgewählt wird. Auch bei dieser Komponente ist der Netzschalter unterm Gerät angebracht. Auf der Rückseite dann fünf analoge Cinch-Eingänge und zwei Vorverstärker-Ausgänge sowie – na klar – die Netzbuchse. Beigelegt ist zudem die Fernbedienung eines OEM-Herstellers, die ihren Dienst anstandslos verrichtet, aber über keinerlei erwähnenswerte Ausstattungsfeatures verfügt. Das war’s dann auch schon.
Das Design der Komponenten fällt insgesamt zweckmäßig und unaufgeregt aus. Groß sind sie, sogar der Vorverstärker erreicht mit 44 Zentimetern Breite Gardemaß. Der ansonsten schmucklose Auftritt lässt eine Hinwendung zu klangwichtigen Ausstattungsmerkmalen erwarten – und ist im Vergleich zu Geräteparks, die am liebsten über Touchscreens und Handhelds bedient werden, ausgesprochen wohltuend.
Dieser firlefanzlose Ansatz spiegelt sich auch im Schaltungsdesign wider. Diesbezüglich verfolgt Echo Diastasis bei allen Geräten ein identisches Konzept. So verfügt der PRE 79 wie der A 79 über einen konsequenten Doppelmono-Aufbau. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die beiden Kanäle sich nicht gegenseitig beeinflussen – das kommt der Kanaltrennung und somit einer neutral abgebildeten Räumlichkeit zugute. Zwei E-Kern-Trafos, einander entgegengesetzt montiert, um elektromagnetischen Streuverlusten, wie sie in der Natur der Sache liegen, zu begegnen, gewähren korrekte Spannungsversorgung. Der Vorverstärker bietet eine innovative, digitale Lautstärkeregelung ohne Schleif-Poti im Signalweg. Insgesamt hat man sich die Einfachheit von Röhrenschaltungen zum Vorbild genommen und verzichtet sogar auf Über-alles-Gegenkopplung.
Wenn es um Klangzauber geht, gibt es bekanntlich viel Voodoo. In der Bedienungsanleitung des A 79 wird dringend empfohlen, beim Einstecken des Netzsteckers doch bitte auf die korrekte Phasenlage zu achten. In Gedenken Cai Brockmanns sei hier rasch eine immerhin sachdienliche Anekdote zum Besten gegeben: Als nämlich dieser einmal ein Testgerät vorbeibrachte – ich glaube, es war ein NAD-Verstärker – und anlässlich dessen meinen Hörraum besichtigte, wobei er sich wahrscheinlich in der ihm eigenen Freundlichkeit tadelnde Worte verkniff, dozierte er über verschenktes Klangpotenzial, wenn man den Netzstecker „falschherum“ einstecke. Dies mache durchaus einen Unterschied und es lohne sich, damit herumzuexperimentieren. Gesagt, getan. Bei dieser Operation ergab es sich nun, dass in dem völlig unaudiophilen Kabelgewirr des Setups eine Litze aus dem Anschluss glitt, was aber im ersten Augenblick niemand bemerkte – nur wirkte das sich ergebende, nun nicht mehr in Stereo ausgeführte Klangbild tatsächlich signifikant anders, enger, irgendwie eindimensional, und Brockmann sagte: „Siehste?“ Später, nach Entdeckung dieser, nun ja, testmäßigen Ungenauigkeit, ließ sich der große Unterschied nicht mehr ganz so eindrucksvoll reproduzieren. Aber seither stelle ich immer wieder fest, dass unterschiedliche Geräte unterschiedliche Charakteristiken haben und mehr oder weniger sensibel auf ihre Polung reagieren. Im Falle der Echo-Diastasis-Komponenten zeigt sich deutlich, dass der vollständige Klanggenuss erst dann freie Bahn hat, wenn der Anschluss an das Stromnetz mit richtiger Polung erfolgt ist. Möglicherweise aufgrund des relativ ungewöhnlichen Netzteils mit zwei E-Kern-Trafos.
Die Inbetriebnahme ist – wie könnte es anders sein – das reinste Kinderspiel. Auspacken, aufstellen, einschalten (und ganz kurz warten), zuhören. Das auf das Allerwesentliche beschränkte Design verführt irgendwie zu entsprechendem Klangmaterial. Angesichts dieser drastischen Reduktion kann eigentlich nur Wild Billy Childish mit seinen Buff Medways ein wirklich kongenialer Partner des Echo-Diastasis-Doppels sein. Auf dem Werk 1914 verübt der Turner-Preisträger ziemlich ungestümen Punkrock, der derart rumpelt und pumpelt, dass der Gedanke an eine qualitativ hochwertige Abhöre erst einmal fernliegend erscheint. Allerdings wird für den Ballersound ein gehöriger Aufwand getrieben, das exquisite Analog-Mastering ist legendär. Die Echo-Diastasis-Combo geht ausgesprochen kraftvoll zu Werke: Zupackende Bässe, sehr gute Sprachverständlichkeit trotz der leicht vernuschelten, gegen eine Klangwand anschreienden Vocals, strahlende Höhen. Im Zusammenspiel mit den Neat Momentum 4i, deren Stärken vornehmlich in einer feinziselierten Höhenwiedergabe liegen, empfiehlt es sich, die Schallwandler gerade auszurichten, sie also nicht einzuwinkeln. Ein klein wenig Vorsicht ist in diesem Setup auch bei der Bedienung des Lautstärkereglers anzuraten: Schon eine kleine Drehung lässt den Pegel sprunghaft steigen.
Speisen wir etwas angemessenere Musik ein: Supertramp eignet sich dank der reichhaltigen Instrumentierung recht gut um zu prüfen, ob auch alles da ist. Der Titeltrack „Breakfast In America“ vom gleichnamigen Album zeigt die ordnende Kraft von Power- und Pre-Amp: Der Wechselbass der Tuba spaziert kraftvoll durch das reich verzierte Dickicht der Klarinette, die opulenten Background-Vocals werden klar in Einzelstimmen aufgelöst, das Klangbild wirkt rund und ausgewogen, die Stereobühne breit und tief. Tatsächlich meint man, die vertikale Bewegung der Orchesterbecken nach erfolgtem Schlag mit den Ohren nachvollziehen zu können. Die Finesse der Arrangements ist immer wieder erstaunlich – zu was gute Popmusik doch in der Lage ist!
Aber geben wir dem Duo von Echo Diastasis doch noch etwas Temperamentvolleres mit ordentlich Zunder und Drama. Bitte sehr: Tschaikowskys Vierte vom guten alten Karajan und seinen Berliner Philharmonikern. Beim feurigen Andante stellt die Verstärkerkombination das Blech glanzpoliert in den Raum, Hörner und Fagott verkünden in ihrer Fanfare die Endlichkeit allein Seins, dass es einem nur so ins Gebein fährt. Auch die leisen Passagen der Piccoloflöte und die sanften Streicherbegleitfiguren werden mit klarer Kontur gezeichnet, Dynamiksprünge erfolgen unmittelbar und eindrucksvoll. Und mögen die Pauken auch noch so rumoren – im ja nicht gerade kleinen Orchester finden die Echo Diastasis auch beim größten Krawall der großen Trommeln und dem ganzen Blech das zarte Stimmchen der vornehmen Triangel. Selbst auf die lange Strecke einer solchen gut anderthalbstündigen Sinfonie (okay, Karajan treibt ordentlich voran und holt durch halsbrecherische Geschwindigkeit so manche Minute raus) sind die Verstärker höchst angenehme Weggefährten – stets kraftvoll musizierend, aber doch zurückhaltend; nicht schönfärbend, aber doch mit Charakter.
Es macht Spaß, mit dem Duo von Echo Diastasis Musik zu hören. Sie machen in jeder musikalischen Situation eine hervorragende Figur, spielen sich nicht in den Vordergrund, treiben die Sache jedoch voran. Ins Schwitzen kommen sie dabei nie, auch wenn durch ihre Lüftungsgitter nach einiger Zeit wohlige Wärme dringt – gut so, dann weiß man schließlich, dass da im Doppel richtig gearbeitet wird! Der PRE 79 und der A 79 (die Nummern sind übrigens willkürlich ausgewählt, angeblich handelt es sich um die Lieblingszahlen des Chefs) erfüllen alle Ansprüche an Neutralität. Gleichzeitig hat man das gute Gefühl, dass man es mit etwas Besonderem zu tun hat, denn die Echo Diastasis stechen durch ihre klare Kante und den strengen Purismus klar heraus aus dem Mitbewerberfeld – und sind in der Flut all der hochgerüsteten Multifunktions-Schaltzentralen eine echte Wohltat. Vielleicht sind sie ein bisschen so wie die griechische Landschaft: kärglich und ganz schön heiß …
Vorverstärker Echo Diastasis PRE 79
Funktionsprinzip: Transistor-Vorverstärker
Eingänge: 5 x Line (Cinch)
Ausgänge: 2 x Pre-Out (Cinch)
Besonderheiten: Dualmono-Aufbau
Ausführung: silbern
Maße (B/H/T): 440/340/147 mm
Gewicht: 9 kg
Garantiezeit: 3 Jahre
Preis: 3250 €
Endverstärker Echo Diastasis A 79
Funktionsprinzip: Transistor-Endverstärker
Leistung (8/4 Ω): 2 x 100 W, 2 x 150 W
Eingänge: 1 x Line (Cinch)
Ausgänge: 1 Paar Polklemmen
Besonderheiten: Dualmono-Aufbau
Ausführung: silbern
Maße (B/H/T): 440/340/147 mm
Gewicht: 19 kg
Garantiezeit: 3 Jahre
Preis: 2990 €
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