Dynavector Karat DV-17DX – Hochkarätiges Goldstück
1979, also vor 40 Jahren, erschien das erste Dynavector Karat. Grund genug, sich mit diesem runderneuerten Klassiker zu beschäftigen.
Dr. Noburo Tominari, der 2002 verstorbene Gründer von Dynavector, war ein echter HiFi-Pionier. Zu seinen Innovationen gehört die Verwendung ultradünner Drähte in High-Output-MCs, die Idee, die schwachen Signale von Moving-Coil(MC)-Tonabnehmern mittels einer Stromverstärkung aufzupäppeln, sowie der bisher einzige in Serie gebaute biaxiale Tonarm. Der DV-507 Mk II gehört nicht nur meiner Meinung nach seit Jahren zu den besten Tonarmen, die man für Geld und gute Worte kaufen kann. In Zusammenarbeit mit dem japanischen Diamantspezialisten Namiki entstand auch die Idee, einen ultrakurzen Nadelträger aus Diamant zu verwenden. In der Urversion des Karats, dem DV-100D, war er zwar noch 25 Millimeter lang, aber im Laufe der Zeit verkürzte sich die Länge auf 17 Millimeter und das Karat hörte fortan auf die Bezeichnung DV-17D.
Immer wieder verbessert
Das ist keineswegs die einzige Veränderung, die das Karat erfahren hat. Immer wieder flossen im Laufe der Jahre größere und kleinere Modifikationen in die Serie ein, die alle aufzuzählen hier den Rahmen sprengen würde. Geblieben sind die für Dynavector typischen Spezialitäten wie „Softened Magnetism“ und „Flux Damping“. Unter Ersterem versteht man anscheinend die bewusste Verwendung von Samarium-Kobalt-Magneten, die im Vergleich zu den heute weit verbreiteten Neodym-Magneten deutlich schwächer sind. „Flux Damping“ hingegen wird mithilfe einer um den vorderen Polschuh gewickelten Kupferspule erreicht: Sie soll die Gegen-EMK („elektromotorische Kraft“) reduzieren, die durch das Magnetfeld der bewegten Spule entsteht. Die schwachen Magneten machen allerdings mehr Windungen auf den Spulen erforderlich, will man auf eine praktikable Ausgangsspannung (0,3 V) kommen. Das erklärt auch die relativ große Systemimpedanz von 32 Ohm. Treu geblieben ist man ebenfalls dem Micro-Ridge-Schliff, der am Ende des diamantenen Nadelträgers eingesetzt wird.
Die wohl bedeutendste Neuerung beim aktuellen DV-17DX dürfte das Metallgehäuse sein. Es erhöht nicht nur das Gewicht auf 11 Gramm, auch wird die Befestigung am Tonarm durch die in das Gehäuse hineingeschnittenen Gewinde deutlich kraftschlüssiger als mit dem ehemaligen Kunststoffgehäuse.
Technisch tipptopp
Die Abtast- und Resonanztests zeigen, dass Dynavector seine Hausaufgaben akribisch erledigt hat. Mit der empfohlenen Auflagekraft von 20 Millinewton und einem entsprechend eingestellten Antiskating-Wert erreicht das Karat sowohl im Technics EPA-120 als auch im SME Series V für MCs sehr gute 70 µm beim Abtasttest. Die Tonarm-System-Resonanzen haben ihre Maxima bei 10 Hz lateral und 12 Hz vertikal. Das bedeutet zweierlei: Erstens ist das DV-17DX idealerweise in mittelschweren bis schweren Tonarmen (10 g bis 20 g effektive Masse) aufgehoben. Zweitens bedient sich Dynavector offenbar eines Tricks, den teilweise auch andere Hersteller anwenden: Die Nadelnachgiebigkeit wird in beiden Bewegungsrichtungen unterschiedlich stark ausgelegt, um die maximalen Amplituden der beiden Resonanzen auf verschiedene Frequenzbereiche zu legen. Das kommt letztendlich der Abtastsicherheit zugute.
Bei der Wahl der Mitspieler erweist sich das Dynavector als völlig unproblematisch. Es ist nämlich keineswegs selbstverständlich, dass ein Tonabnehmer sowohl im Technics- als auch im SME-Tonarm gleichermaßen zufriedenstellende klangliche Ergebnisse liefert. Wenig überraschend ist natürlich, dass der Series V dem Karat zum Beispiel zu einem deutlich definierteren Bass und räumlichen Eindruck verhilft. Aber auch mit der Kombination im Technics könnte ich problemlos leben. Möglicherweise ist das Karat geradezu ein Geheimtipp, um den japanischen Direkttriebler klanglich entscheidend nach vorne zu bringen. Die Spielfreude des Dynavectors kommt jedenfalls in beiden Tonarmen voll zur Geltung.
Musikalisch überzeugend
Diese Spielfreude kann man beispielsweise im vollen Umfang erfahren, wenn man sich Rafael Frühbeck de Burgos’ Orchestertranskription von Isaac Albeniz’ Suite Española mit dem New Philharmonia Orchestra (Decca SXL 6355) anhört. Verwöhnt einen das Dynavector schon beim Einleitungssatz „Castilla“ mit einer ungewöhnlich umfangreichen Palette an Klangfarben, so kommt eine beinahe erschreckende Dynamik im infernalischen „Asturias“ hinzu, die ich so nur von einigen recht exotischen Systemen wie den Deccas, einigen Ikedas oder Allnic Audios kenne. Die wirken aber mitunter etwas unbeherrscht und schießen deshalb manchmal übers Ziel hinaus, was man vom Karat nicht behaupten kann. Stets behält es die volle Übersicht und Kontrolle über das musikalische Geschehen. Dass das Orchester dabei auch in einer sehr realistischen Raumanmutung präsentiert wird, die keine Dimensionen vernachlässigt, sei nur am Rande erwähnt.
Doch die Spielfreude und Räumlichkeit ist keineswegs das einzige Talent des runderneuerten Klassikers. Auch der Micro-Ridge-Schliff überzeugt auf ganzer Linie. Er wirkt nie lästig, erträgt auch ältere Schallplatten, die vielleicht schon den einen oder anderen Kratzer erlitten haben, und erfreut stets mit einer sehr nebengeräuscharmen Wiedergabe. Der beinahe wie mit dem Lineal gezogene Frequenzgang, auf den Dynavector mit Stolz hinweist, lässt schon erahnen, dass sich dieser Tonabnehmer weitgehend jeglicher tonalen Einmischung enthält. Folgerichtig ist er als musikalischer Tausendsassa einzuordnen, der kein Musikgenre bevorzugt oder vernachlässigt.
Daher kann man Dynavector zum 40-Jährigen ihres Klassikers DV-17DX nur gratulieren. Ich bin mir sicher, dass sich nicht nur die treue Fangemeinde über die überarbeitete Version freuen wird – die technischen sowie musikalischen Fähigkeiten des Karats werden zweifelsfrei auch den Dynavector-Neueinsteiger vollauf überzeugen. Auf die nächsten 40 Jahre!
Wir meinen
Dynavector Karat DV-17DX
Einzigartiges MC-System mit ultrakurzem Nadelträger aus Diamant. Der Klang des Klassikers überzeugt Dank des neuen Metallgehäuses mit gesteigerter Präzision, ohne die musikalischen Talente seiner Vorgänger zu opfern. Sehr empfehlenswert!
Info
Tonabnehmer Dynavector Karat DV-17DX
Funktionsprinzip: Moving-Coil(MC)-System mit geringer Ausgangsspannung
Besonderheiten: 17 mm kurzer Nadelträger aus Diamant
Nadelschliff: Micro-Ridge
Empfohlene Auflagekraft: 18 bis 20 mN
Gewicht: 11 g
Nadelnachgiebigkeit: 15 µm/mN
Empfohlene effektive Tonarmmasse: 10 g bis 20 g (mittel bis schwer)
Ausgangsspannung (bei 5 cm/s, 1 kHz): 0,3 V
Systemimpedanz: 32 Ω (hochohmig)
Empfohlene Anschlussimpedanz: > 100 Ω
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: ca. 1700 € (im Austausch: 1400 €)
Kontakt
SWS-audio GmbH
Stegenbachstraße 25B
79232 March
Telefon +49 7665 9413706
E-Mail: sws_mail@t-online.de
Mitspieler
Plattenspieler: Bergmann Magne, Technics SL-120 MK2, Technics SL-1200 MK2
Tonarme: Bergmann Magne, SME Series V, Technics EPA-120
Headshells: Audio Technica MG-10, Audio Technica MS-8, Technics
Tonabnehmer: Audio Technica AT-20SLa, Audio Technica AT-OC9/III, Goldring G-2200, Ortofon Concorde 30, Ortofon Quintet Black
Phonovorverstärker: Musical Fidelity MX-VYNL
Vorverstärker: Bryston BPS-25 MC
Kopfhörer: Sony MDR-1 RNC
Aktivlautsprecher: Neumann KH 310 A