Dynavector 20X2A
Kaum eine Tonabnehmerserie findet so viel Zuspruch wie die 20er-Baureihe von Dynavector. Das liegt keineswegs nur am moderaten Preis dieser Systemfamilie – auch klanglich konnte sie Musikliebhaber auf der ganzen Welt überzeugen. Jetzt hat sie mit dem DV-20X2A ein weiteres Mitglied erhalten.
In aller Kürze:
Dynavector 20X2A: Waren die Mitglieder von Dynavectors 20er-Baureihe schon immer eine bezahlbare Universallösung für nahezu jeden Musikliebhaber, setzt die A-Version des DV-20X2 mit gesteigerter Auflösung und Spielfreude noch einen obendrauf.
Als mir von der Redaktion das neue Dynavector 20X2A angekündigt wurde, habe ich mich aufrichtig gefreut. Das lag einerseits daran, dass ich in letzter Zeit sehr kostspielige Produkte in Augenschein nehmen durfte, deren Preise mein persönliches Budget allerdings bei weitem überstiegen. Da tut es einfach gut, eine auch für mich bezahlbare Komponente zu beschreiben. Andererseits habe ich ein besonderes Verhältnis zu Dynavectors „Zwanzigern“. Das selige DV-20X – noch mit nach unten geschlossenem Gehäuse und ohne Gewinde für die Montage – war in der Low-Output-Version mein erstes eigenes, damals noch mühsam zusammengespartes Moving-Coil(MC)-System. Ich kann gar nicht mehr sagen, wie viele Stunden entspannenden wie anregenden Musikgenuss ich diesem Tonabnehmer verdanke.

So ist zu erklären, warum ich das neue DV-20X2A kaum dreißig Minuten nach Empfang bereits in Betrieb genommen habe. Chi Ayados To You, eine meiner Schallplatten aus dem „Giftschrank“, stand auch bereits griffbereit neben meinen Plattenspielern. Das ist wahrlich keine leichte Kost. Zum einen muss man die raue Stimme der japanischen Sängerin und Pianistin mögen, zum anderen ist ihre hoch ausgesteuerte Sopranstimme eine Herausforderung für jeden Tonabnehmer. Was soll ich sagen: Frisch aus der Box spielte dieses System derart mitreißend, genau, nuanciert und dynamisch, wie ich es eigentlich nur von Tonabnehmern aus deutlich höheren Preisklassen nach erfolgtem Einspielen kenne. Dieser Eindruck war so erstaunlich, dass ich im wahrsten Sinne des Wortes meinen Ohren nicht trauen wollte. Zu groß war der Verdacht, dass meine Begeisterung mit mir durchgegangen war. Da beruhigte es mich ungemein, dass Dr. Christian Feickert, der zusammen mit Herbert Schleicher von SWS-audio den Dynavector-Vertrieb in Deutschland organisiert, mir genau denselben Eindruck schilderte.
Doch bevor meine Begeisterung völlig mit mir durchgeht, das Wichtigste zuerst: Dynavectors DV-20X2A ist nicht der Nachfolger des weiterhin erhältlichen DV-20X2. Es stellt vielmehr eine Ergänzung im Portfolio des in Tokio ansässigen Herstellers dar, der ausschließlich Tonabnehmer nach dem Prinzip der bewegten Spule anbietet. In der hauseigenen Hierarchie macht es sich zwischen dem DV-20X2 und dem DV-XX2 MkII gemütlich. Da auch von Letzterem neuerdings eine A-Version erhältlich ist, stellt sich zwanglos die Frage, was es denn mit diesem „A“ im Namen auf sich hat.

Von außen betrachtet hat sich gegenüber dem DV-20X2 nicht viel geändert. Offensichtlich wird das gleiche, nach unten hin offene Gehäuse aus einer Aluminiumlegierung verwendet. Während die Standardvariante in einem gediegenen Mattschwarz daherkommt, kleidet sich das DV-20X2A in elegantem Bleigrau. Der generelle Aufbau ist bei beiden identisch und folgt dem klassischen Konstruktionsprinzip für MCs. Oben im Generator befindet sich ein Magnet aus einer Neodym-Bor-Legierung, dessen Magnetfeld über ein front- und ein rückseitiges Joch samt Polstück möglichst verlustfrei an die Spule geführt wird. Genau diese drei Bauteile haben sich die Japaner vorgenommen und einer Behandlung unterzogen, die im Englischen „Annealing“ genannt wird und die das „A“ im Modellnamen erklären könnte. Im Deutschen ist dieses Verfahren als „Glühen“ in der Werkstoffkunde seit Langem bekannt. Dabei werden Werkstücke behutsam über den Glühpunkt erwärmt, dort eine bestimmte Zeit gehalten und langsam wieder abgekühlt. Die Atome ordnen sich in dem jeweiligen Werkstück nun so an, dass vorher vorhandene Fehlstellen im Kristallgitter gewissermaßen „repariert“ werden. Dem Vernehmen nach soll diese Maßnahme dazu beitragen, das Magnetfeld gleichmäßiger an die Spulen heranzuführen. Dieser energie- und zeitaufwendige Prozess hat natürlich seinen Preis und erklärt die höheren Anschaffungskosten für die A-Version des DV-20X2. Mit der Einführung dieser Neuerung im Tonabnehmerbau bleibt Dynavector seiner Hausphilosophie treu, die schon immer darauf abzielte, störende Einflüsse aus dem Magnetkreis so weit wie möglich auszuschließen. Deshalb sind die von Dynavector patentierten Errungenschaften wie „Softened Magnetism“ und „Flux Damper“, die ebenfalls auf eine Homogenisierung des Magnetflusses abzielen, beim DV-20X2A natürlich ebenfalls mit an Bord.

Geblieben ist die Möglichkeit, zwischen einer Low-Output- oder einer High-Output-Version (Ausgangsspannung 0,3 mV oder 2,8 mV) wählen zu können. Beiden gemein ist der auffallend kurze und konisch geformte Nadelträger aus gehärtetem Aluminium, an dessen Spitze sich ein Diamant mit Micro-Ridge-Schliff befindet. Die mir zur Verfügung gestellte Low-Output-Version gehört mit sechs Ohm Innenwiderstand zu den niederohmigen MCs und sollte mit Eingangswiderständen auf Seite des Phonovorverstärkers mit mehr als 30 Ohm abgeschlossen werden. Das Gewicht des DV-20X2A stellt mit 9,2 Gramm für keinen mir bekannten Tonarm eine Herausforderung dar. Die Nadelnachgiebigkeit von 12 µm/mN deutet auf eine optimale effektive Masse zwischen 10 bis 20 Gramm (mittelschwer bis schwer) hin. Damit wird ein weiteres Geheimnis des Erfolgs der 20er-Baureihe von Dynavector offenbar: Das DV-20X2A kann man in jedem gängigen Tonarm und an jedem rauscharmen Phonoeingang problemlos betreiben. Dank der Gewinde des mit genügend geraden Kanten versehenen Gehäuses und der eindeutig markierten Kontaktstifte für den Anschluss an den Tonarm ist auch die Montage keine besondere Herausforderung. Der „scharfe“ Micro-Ridge-Schliff verlangt aber durchaus nach etwas Sorgfalt bei der Justage.
Die dazu nötige Geduld macht sich bezahlt. Nicht nur, dass – wie eingangs erwähnt – in der Wiedergabe kritische Frauenstimmen extrem sauber dargestellt werden, auch die Raumabbildung profitiert beim DV-20X2A von einer sorgfältigen Justage. Das kommt besonders auch Liebhabern klassischer Musik entgegen. Insbesondere dann, wenn man sinfonische Schlachtrösser von Anton Bruckner in voller Pracht genießen möchte. Dazu eine Anekdote: Mein Nachbar kam während des Testzeitraums vorbei, um meine Bruckner-Sammlung zu inspizieren. Er selbst ist ein großer Verehrer des österreichischen Komponisten und lässt eigentlich nur die Interpretationen von Günter Wand gelten. Immerhin konnte er die bei mir vorhandene Einspielung der Siebten Sinfonie von Otto Klemperer mit dem Philharmonia Orchestra (EMI) akzeptieren. Er guckte zwar zuerst skeptisch, als ich eine LP auflegte, aber der bekennende SACD-Fan war dann positiv überrascht, dass Klassik durchaus über das vermeintlich veraltete Nadeltonverfahren so gut klingen konnte. Daran hatte das DV-20X2A einen großen Anteil. Die Raumdarstellung des Orchesters gelang großzügig und detailliert, sodass man jederzeit die einzelnen Instrumentengruppen lokalisieren und ihren Melodielinien ohne Anstrengung folgen konnte. Auch kam die für Dynavector typische Stärke voll zur Geltung: eine lebhafte Spielweise, die aber nie ins Nervöse abgleitet. Auch die Unterscheidung der Klangfarben verschiedener miteinander verwandter Instrumente gelang dem DV-20X2A mühelos. Die Wiedergabe war insgesamt vollkommen der Musik verpflichtet und erwies sich als so mitreißend, dass mein Nachbar und ich noch bis spät in die Nacht weitere Sinfonien von Bruckner auf LP anhörten, über die verschiedenen Unterschiede der Interpretationen diskutierten und darüber die Zeit vergaßen.
Ich könnte die Liste der musikalischen Erlebnisse beliebig verlängern. Aber der Chefredakteur scharrt bereits mit den Hufen und fordert hartnäckig meinen Bericht ein. Deshalb muss ich leider diesen wunderbaren Tonabnehmer wieder einpacken und zur Redaktion schicken. Ich habe keinerlei Zweifel, dass das Dynavector 20X2A wie einst sein Urahn nicht nur bei mir für viele Stunden großartigen Musikgenuss sorgen wird. Daher hat sich die neue „A-Klasse“ eine dicke Empfehlung mehr als verdient.
Info
Tonabnehmer Dynavector 20X2A
Konzept: Moving-Coil(MC)-Tonabnehmer
Besonderheiten: Magnetkreis mit geglühtem Polstück, Vorder- und Hinterjoch, Flux Damper, Softened Magnetism, Low- und High-Output-Versionen erhältlich
Nadelträger: gehärtetes Aluminium
Nadelschliff: Micro Ridge
Nadelnachgiebigkeit: 12 µm/mN (10 Hz)
Empfohlene Auflagekraft: 18–22 mN
Empfohlene effektive Tonarmmasse: mittel bis schwer (10–20 g)
Ausgangsspannung: Low Output 0,3 mV, High Output 2,8 mV (1 kHz, 5 cm/s)
Innenimpedanz: Low Output 5 Ω, High Output 150 Ω
Empfohlene Abschlussimpedanzen: Low Output > 30 Ω, High Output > 1000 Ω
Gewicht: 9,2 g
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 1200 € (im Austausch 1030 €)
Kontakt
SWS-audio
Telefon +49 7665 9413706
Mitspieler
Plattenspieler: Technics SL-1200 MK2
Laufwerk: Linn Sondek LP12 (Majik)
Tonarme: Linn Ittok LV II/2, SME 3009-R
Headshells: Audio-Technica AT-LH15/OCC, Audio-Technica MS-8, Ortofon LH-6000, Technics
Tonabnehmer: Denon DL-103, Linn Adikt, Ortofon Concorde R, Ortofon Jubilee
Phonovorverstärker: Lehmannaudio Decade
Netzwerktuner: Onkyo NS-6170
Vollverstärker: Naim NAIT 2
Vorverstärker: Bryston BPS-25MC
Endverstärker: Linn LK100
Kopfhörer: Sony MDR-1 RNC
Passivlautsprecher: Naim Credo
Aktivlautsprecher: Neumann KH 310 A
Kabel: Sommer Cable