Dynaudio Focus 50
Dynaudio beweist mit der Focus 50, dass es 2022 lediglich eines einzelnen Boxenpaares bedarf, um einen Highender in allen Belangen glücklich zu machen.
In aller Kürze:
Dynaudios Focus 50 beweist eindrucksvoll, dass problemloses Streaming mit Minimalaufwand und hoher Usability auch im High-End-Bereich möglich ist.
Gebe ich mich beim Party-Smalltalk als Autor eines Audio-Magazins zu erkennen, werden mir in der Regel die immer gleichen zwei Fragen gestellt: Einmal geht es darum, ob man ähnlich einfach wie in Küche oder Garten mit der Bluetooth-Boombox nicht auch im Wohnzimmer anspruchsvoll Musik hören könne. Zum anderen geht es um die Frage, ob digitales Musikhören nicht einfacher und weniger komplex gehe als mit dem Konglomerat aus Streamer, DAC und Verstärker.
Beide Fragen sind in meinen Augen berechtigt und werden im Sinne der Kundenfreundlichkeit von vielen Herstellern unzureichend beantwortet. Lieber feilt man an audiophilen Details und vergisst, dass viele Musikfreunde unkompliziert und dennoch qualitativ hochwertig Igor Levit, Björk oder von mir aus auch Helene Fischer hören wollen. Man könnte meinen, dass sich anspruchsvolle Ansätze und kabelloses Plug’n’Play ausschlössen. Umso mehr triggerte mich auf der Münchner HIGH END die Vorführung der Dynaudio Focus 50, standen da auf der Vorführfläche doch lediglich zwei Standboxen, die noch nicht einmal Lautsprecherkabel benötigten und bei der Vorführung einen mehr als anständigen Höreindruck bei mir hinterließen.
Etwas despektierlich könnte man die Dynaudio Focus 50 auch als Kompaktanlage bezeichnen: Lautsprecher, Vollverstärker sowie digitale Musikwiedergabe, und bei Bedarf lassen sich auch noch eine analoge Quelle und diverse AV-Medien anschließen. Als ob Vaters Musiktruhe aus den 1970ern jetzt in die Lautsprecher ausgelagert und Plattenspieler und Kassettenlaufwerk durch digitale Files ersetzt wurden. Führt man sich das vor Augen, relativiert sich schnell auch der Anschaffungspreis von rund 10 000 Euro. Summieren Sie mal eben die Einzelposten für einen anständigen Vollverstärker, einen Streamer mit DAC, ein Pärchen Standlautsprecher sowie die dazugehörigen Kabel, dann landen Sie schnell in ähnlichen Gefilden.
Wirft man einen Blick in das Innenleben der Focus 50, so findet man bewährte selektierte Technik. Hier wird nicht das Rad neu erfunden, sondern bereits Wohlgelittenes zu einem neuen Konzept fusioniert. Schauen wir uns zunächst die technische Habenseite der Lautsprecher an, bevor wir uns der eingesetzten Elektronik zuwenden.
Bei der Focus 50 greift man auf Treibermaterial zurück, das überwiegend auch in den Serien Contour und Confidence zum Einsatz kommt. So etwa der Gewebehochtöner Cerotar mit der hauseigenen Hexis-Innenkuppel, die den Luftstrom optimieren und unerwünschte Resonanzen minimieren soll. Der Hochtöner überreicht den Frequenzgang dann an einen dedizierten Mitteltöner, den es innerhalb der Focus-Reihe tatsächlich nur bei diesem Modell gibt. Es handelt sich um eine 15 Zentimeter durchmessende Einheit mit einem starken Neodym-Magneten, einem Schwingspulenträger aus Glasfaser sowie – typisch für Dynaudio – einer Schwingspule aus Aluminium. Im Bassbereich werkeln zwei Esotec+-Tieftöner mit 18 Zentimeter Durchmesser. Also alles in allem ein klassisches Dreiwege-System, das ohne Experimente, aber mit speziell abgestimmten Materialien seinen Dienst verrichtet.
Auch bei der Verstärkerelektronik setzt Dynaudio auf Bewährtes, lässt man diese doch bei Pascal in Kopenhagen anfertigen. Eine Zusammenarbeit, die sich auch bei Dynaudios aktiver Pro-Reihe bezahlt gemacht hat. In jeder Focus 50 verrichten drei Class-D-Verstärker ihren Dienst: Eine 110-Watt-Einheit für den Hochtöner, ein 280-Watt-Verstärker für den Mitteltöner sowie ein 280-Watt-Verstärker für die beiden parallel betriebenen Bässe.
Fühlen wir doch den Focus 50 zunächst mit analoger Zuspielung auf den Zahn. Meinen Phono-Pre flugs mit dem Cinch-Eingang des Verstärkermoduls verbunden, und schon erklingt wohnraumfüllend Chick Coreas Three Quartets. Obwohl mein Hörraum immerhin auf knapp 30 Quadratmeter kommt und die Lautsprecher über einen Meter von der Wand abgerückt stehen, rollen mächtige (von Eddie Gómez gezupfte) Bässe über den Boden, und Michael Breckers Tenorsaxofon baut sich in Live-Qualität direkt vor meinem Sessel auf. Das ist mal eine Wiedergabe aus echtem Fleisch und Blut, da ist nichts Aseptisches in der Wiedergabe, das hochwertige Wiedergabesysteme in ihrer manierierten Perfektion mitunter mal ausstrahlen können. Dies heißt aber auch, dass Sie bei einem Hörraum unter 25 Quadratmeter und wandnaher Aufstellung doch besser zu einem der beiden kleineren Modelle der Focus-Reihe greifen sollten. Sowohl bei analog als auch digital zugespielter Musik fällt mir die Langhörtauglichkeit der Focus 50 ins Ohr. Weder werden übersteuerte Höhen bei einer Hörsession à la „Best of the 80ies“ zur Qual, noch stechen die brutalen Attacken bei Liegetis Bagatellen für Bläserquintett unangenehm scharf in den Gehörgang. Insgesamt lässt die Dynaudio-„Kompaktanlage“ eine gewisse Milde im Hochtonbereich walten.
Umso mehr darf man sich aber über satte, geradezu majestätische Bässe freuen. Da marschieren Celli und Kontrabässe im Kopfsatz von Mahlers Sechster Sinfonie in Denons audiophiler Referenzaufnahme mit Eliahu Inbal unaufhaltsam voran, sodass man vor Ehrfurcht geradezu im Sessel versinkt. Dies alles spielt sich auf einer ausgesprochen breiten, aber nicht unendlich tiefen Bühne ab. Der Vorteil dieser Bühnengeomertrie liegt darin, dass mit künstlichem Hall aufgeblähte Aufnahmen, wie etwa die meisten Kammermusikaufnahmen aus dem Hause ECM der letzten Jahre, sich nicht in einem unendlichen Sound-Nirwana wiederfinden. Die Focus 50 nehmen es einem übrigens auch nicht übel, wenn man mit ihnen ein wenig in Sachen Abstand und Einwinkelung spielt. Uns allen dürfte da das ein oder andere Mimöschen bekannt sein, das bei nicht exakter Positionierung jedes Einrasten des Klangbildes verweigert und hartnäckig auf einer Justierung mit Millimeterpapier besteht. Ausgesprochen angenehm ist dabei der doch recht breite Sweetspot, der auch ungeniertes Herumlümmeln im Sessel erlaubt und kommunikative Hörsessions zu zweit oder dritt auf dem Sofa gestattet.
In den letzten fünf Jahren hatte ich schon so einige Streamingsysteme bei mir zu Hause. Und auch mir als durchaus der digitalen Technik zugewandter Mensch wollte nicht immer auf Anhieb gelingen, das jeweilige System unkompliziert in Gang zu setzen. Mal klappte die Integrierung in das heimische Netzwerk nicht, mal reagierte die App erratisch bis gar nicht oder das komplette System stürzte häufiger ab als Windows 98. Womöglich mag es daran liegen, dass die Technik mittlerweile ausgereifter ist, womöglich hat man bei Dynaudio aber auch einfach nur die Hausaufgaben erledigt, denn schneller und sicherer habe ich bislang noch keine digitale Wiedergabeanlage eingerichtet. In Kurzform: Netzkabel anschließen, die Lautsprecher untereinander Kontakt knüpfen lassen, über die App in das vorhandene Netzwerk integrieren, Tidal aufrufen und Musik hören. Keine zehn Minuten hat die Installation gedauert, und lediglich zwei Netzkabel verweisen darauf, dass die Musik nicht wie von Zauberhand erklingt.
Natürlich erlaubt die App noch eine weit anspruchsvollere digitale Verwendung der Lautsprecher, angefangen von der Roon-Integration über Webradio bis hin zu einem ausgeklügelten Soundmanagement und Dirac-Raumkorrektur. Jan Kretschmer vom deutschen Vertrieb verwies darauf, dass alle Wandlungsprozesse innerhalb des Systems, etwa bei der Raumkorrektur oder auch der A/D-Wandlung der analogen Signale, verlustfrei und mit identischer Bit-Tiefe vollzogen werden. Auch wenn die generelle Abtastrate „nur“ bei 24/196 liegt und man das Schneller-weiter-höher-Spiel vieler DACs nicht mitmacht, hatte ich beim Streamen nie den Eindruck einer Beschränkung in Sachen Auflösung. Auch dass bei kabelfreiem Betrieb nur Files bis 24/96 zwischen den Lautsprechern ausgetauscht werden, schmälert bei mir nicht das audiophile Vergnügen; und wer auf Nummer sicher gehen will, verbindet die Boxen halt mit der beigelegten Digitalverbindung. Als katzenaffiner Haushalt hat mir zusätzlich gefallen, dass die Focus 50 sofort registrieren, ob man die Stoffabdeckung der Chassis verwendet, um dann den leichten Höhen- und Dynamikabfall selbstständig zu korrigieren. Mitunter sind es diese scheinbaren Nebensächlichkeiten, die das Herz eines Highenders höherschlagen lassen. Müsste ich nicht als Autor eines Audio-Magazins einen gewissen Fuhrpark an Geräten bereithalten, um unterschiedlichen Testsituationen gerecht zu werden, dann wäre der Minimalismus der Focus 50 definitiv ein Must-have für mich.
Technische Daten
Aktivsystem Dynaudio Focus 50
Prinzip: aktiver 3-Wege-Standautsprecher mit Streaming, A/D-Wandler und kabellosem Interconnect, Raumkorrektur sowie DSP-Anpassung für Frontabdeckungen
Eingänge: 2 × analog (Cinch), 2 x digital (koaxial/optisch)
Ausgänge: 1 × Cinch (für die Verbindung zwischen den Lautsprechern), Subwoofer-Out
Netzwerk: Wi-Fi, Ethernet, Bluetooth
Streaming: Chromecast, AirPlay 2, Wisa, Roon, Tidal Connect, Spotify Connect, QPlay, UPnP
Frequenzgang (±3 dB @ 85 dB): 20 Hz bis 22 kHz
Bestückung: 2 × 18-cm-MSP-Tieftöner, 16-cm-MSP-Mitteltöner, 28-mm-Gewebehochtöner
Verstärkerleistung: Bass 280 W, Mittelton 280 W, Hochton 110 W
Ausführungen: Black High Gloss, White High Gloss, Blonde Wood, Walnut Wood
Gewicht: 34 kg
Maße (B/H/T): 22/119/40 cm (inkl. Füße)
Garantiezeit: 3 Jahre
Paarpreis: um 10 000 €
Kontakt
Dynaudio Germany GmbH
Ohepark 2
21224 Rosengarten
Telefon +49 4108 41800
mail@dynaudio.de
Mitspieler
Vollverstärker: Cyrus Straight Line, Thöress F2A11
Endverstärker: Luxman M-03, Yamaha P2500S
Lautsprecher (passiv): Magnepan 1.5, KEF LS 50, Triangle Zerius
Aktivlautsprecher: KRK VXT 8
Kopfhörer: Focal Utopia, Beyerdynamic T5p
Kabel: Van den Hul, Vovox, Sommer
Zubehör: Oyaïde, Oehlbach, Creaktiv