Dr. Feickert Analogue Blackbird – Analoges Meisterwerk
Der Plattenteller so hoch wie eine veritable Öltonne, die Zarge aus Beton, bei dem die Stahlarmierung gegen molekular verdichtetes Titan ersetzt wurde, der Antriebsmotor aus dem Autobau und der Tonarm ein höchst komplexes Einpunkt-Design aus seltenen Amazonas-Hölzern: Wer solches bei einem Plattenspieler voraussetzt, ist bei Dr. Feickert Analogue an der falschen Adresse …
Wer hingegen nach Analogspaß im noch bezahlbaren Rahmen sucht, wer ein Laufwerk haben möchte, das die digitale Konkurrenz „nass macht“, der ist bei den grundsoliden Maschinen, die Dr. Christian Feickert auf die stabilen, höhenverstellbaren Aluminiumfüße (auf Wunsch auch mit Spikes) stellt, bestens aufgehoben. Feickert-Fan bin ich seit dem Test des Volare, dessen Glanz in meinem Gedächtnis auch ein gutes Jahr nach unseren gemeinsamen Stunden nicht verblasst ist. Mein damals für mich gezogenes Fazit: Wenn ein Plattenspieler vernünftig konstruiert wird, dann kommt er ohne Blingbling, ohne fragwürdig-schrullige Detaillösungen und ohne jene Manierismen aus, mit denen sich manche Firma in der anhaltenden Analog-Renaissance von ihren Mitbewerbern abzuheben versucht.
Epigonentum ist Dr. Feickerts Sache sowieso nicht: „Wenn potenzielle Kunden mich fragen, mit welchen anderen Plattenspielern unsere Modelle vergleichbar sind, dann mache ich ihnen klar, dass ich mich nicht an den anderen orientiere, sondern eigenständige Entwicklungen bevorzuge“, erklärt Feickert. Wenn man wisse, wie ein Masselaufwerk zu bauen ist, dann habe man es nicht nötig, zur Konkurrenz zu schielen.
Stattdessen realisiert Feickert in seiner Manufaktur – alle Modelle entstehen in Handarbeit – fertigungstechnische Präzision im Hundertstelmillimeter-Bereich. Und verzichtet dafür auf manches, was andere als bahnbrechenden Fortschritt feiern, beispielsweise die Verwendung von Magneten im Tellerlager. Bei Dr.-Feickert-Plattenlaufwerken ist die Tellerachse, die auch noch das Lageröl nach oben fördert, auf der oberen Lauffläche glanzpoliert und steht fest in der Zarge, die Lagerbuchse wurde im ausgewuchteten Teller eingepresst und dreht sich auf der Achse mit minimalen Toleranzen. Beim Blackbird, kaum abgespecktes Schwestermodell des Feickert-Flaggschiffs Firebird, sorgen zwei gegenüberliegend angeordnete Antriebsmotoren dafür, dass Zugkräfte auf das Tellerlager sowie Taumelbewegungen des Tellers so gut wie völlig eliminiert werden.
Bei seinem Masselaufwerk Blackbird setzt Dr. Christian Feickert auf eine stabile, schon ohne Teller knapp 17 Kilo wiegende Zarge, in der sich auch die komplette Steuer-Elektronik des Antriebs verbirgt – Feickert-Kreationen sehen stets aus wie „richtige“ Plattenspieler, offene Konstruktionen sind nicht Chris Feickerts Ding. Dafür beherrscht der Blackbird sogar die für Schellack-Scheiben benötigten 78 Umdrehungen pro Minute (sogar bis 100+ U/min für antike Pathé-Schnitte), die ebenso wie die gängigeren Werte 33 und 45 U/min bequem per Druckschalter anwählbar sind. Sogar eine Drehzahl-Feinjustage per Druckknopf-Bedienung ist vorhanden – als DJ-Werkzeug mag man sich den Dr. Feickert Analogue Blackbird mit seinen gebürsteten Alu-Oberflächen und dem hochglanzlackierten Holzfurnier dennoch nicht so recht vorstellen.
Zielgruppe ist hier klar der Musikfreund, der den Blackbird als primäre Quelle nutzt, ihm und seiner 53 Zentimeter breiten Zarge einen Ehrenplatz auf einer stabilen, sauber „im Wasser“ stehenden Unterlage gönnt – und der keine gesteigerte Lust hat, beim Wechsel von normaler LP etwa auf einen der immer beliebter werdenden 45er-Umschnitte den Antriebsriemen umzulegen oder sonstige mechanische Anpassungsarbeiten vorzunehmen.
Maximal flexibel sind Blackbird-Besitzer auch in der Wahl des Tonarms. Denn ein sehr großzügig dimensionierter Ausschnitt für die verschiebbare Tonarmbasis – praktisch alle Anschlussvarianten sind dafür lieferbar – gestattet sogar den Einbau eines Zwölfzöllers. Für Analog-Novizen: Länge läuft, das ausladende Teil hat Vorteile beim Spurfehlwinkel, der schlichtweg kleiner als bei kürzeren Drehtonarmen ausfällt, was den Klang im Idealfall vor allem am Anfang und Schluss einer Schallplatte in der Theorie deutlich verzerrungsärmer macht.
Beim Dr. Feickert Analogue Blackbird funktioniert das auch in der Praxis. Das Testmodell war mit einem nagelneuen AMG-12J2-Tonarm mit Feickert-Lasergravur bestückt. Ein OEM-Teil der feinen Art, das im Verein mit der stupenden Laufruhe des Blackbird seine Stärken voll ausspielen kann.
Die sind klangliche Stabilität und Tiefenabtastfähigkeit einerseits, andererseits ein Detailreichtum, wie man ihn auch bei Spitzenlaufwerken eher seltener findet.
Anders gesagt: Der Dr. Feickert Analogue Blackbird liefert mit diesem Tonarm nicht nur das, was man von einem sauber konzipierten Masselaufwerk erwartet – Souveränität in den Tiefen, unverrückbare Abbildung und musikalischen Fluss –, sondern setzt ein riesengroßes Sahnehäubchen in Sachen Auflösung obendrauf. Im Testpaket war ein Te Kaitora Rua von Dynavector, das auch noch die letzten Fitzelchen Klanginformation aus den Rillen extrahierte. Was dieser Ausnahme-MC-Tonabnehmer nicht bewerkstelligen könnte, wenn die restlichen mechanischen Parameter nicht stimmen würden.
Zur Abrundung bekam das FIDELITY-Testmodell des Blackbird auch noch eine aus Versuchen mit einem Akku-Netzteil hervorgegangene Stromversorgung. „Wir übertrugen die Erkenntnisse aus der Entwicklung der Akku-Stromversorgung auf ein linear geregeltes Netzteil. Alle klanglichen Vorzüge der Akku-Variante kommen auch hier zum Tragen, bei nur einem Drittel des Preises“, erklärt Feickert. Das schlicht „Linear“ getaufte Netzteil fördert noch einmal Räumlichkeit und „Aufgeräumtheit“ des Klangbildes.
In der Zeit, in der ich diesen Plattenspieler der besonderen Art genießen durfte, drehten sich gängige Hörtest-Scheiben ebenso wie außergewöhnlicher Stoff auf dem Teller mit seinen hübschen eingelassenen Messinggewichten. Die Musik zu dem komplexen Science-Fiction-Epos Cloud Atlas, die zum Teil von Filmregisseur Tom Tykwer selbst geschrieben wurde, hat Sony auch auf einem Doppelalbum mit 180-Gramm-Scheiben veröffentlicht. Großorchestrale Klanglandschaften mit leisem Musica-Nova-Anspruch, ansprechend produziert und durchaus dazu geeignet, die vom Blackbird mit feinem Strich gemalten Bilder nicht nur auf ihre Farben, ihre Textur, ihren inneren Zusammenhang hin zu prüfen, sondern auch die Raumabbildung mit wechselnden Ensemblegrößen zu hinterfragen, denn hier gibt es nicht nur majestätisch ausufernde Orchesterstücke, sondern auch kammermusikalische Preziosen wie jenes Streichsextett, dessen Entstehung im Cloud Atlas zentrale Bedeutung für die (sich über mehrere Jahrhunderte erstreckende) Filmhandlung hat. Dr. Feickerts großer schwarzer Vogel schwingt sich so mühelos wie lässig über das zum Teil sehr dichte Sinfonikgetümmel, schwebt als alles verbindender Geist über den bisweilen sehr aufgewühlten Wassern und befriedet das Disparate, ohne seine Eigenheiten einzuebnen.
Vor allem anderen steht die Authentizität, das Gefühl, einem echten musikalischen Ereignis statt einer Konserve zu lauschen. Wer der Faszination des Analogen nachspüren will, wer bis dato nicht verstehen konnte, warum kein kleiner Prozentsatz der Genusshörer hörenden Ohres die Schallplattenwiedergabe mit allen ihren bekannten Einschränkungen den digitalen Medien vorzieht – dem seien ein paar Hörstunden mit hochwertiger „Software“ auf dem Blackbird-Plattenteller empfohlen. Miles Davis und John Coltrane stehen dank akribischen Remasterings auf der MFSL-45er-Version des Kultalbums Kind of Blue so körperhaft, so klar definiert im Raum, dass die Illusion, bei den Aufnahmen anwesend zu sein, fast perfekt gelingt.
Schmeichelnd geht der Dr. Feickert Analogue Blackbird mit Sopranistinnen um, denen er unverfälscht ihren Höhenglanz, ihr Timbre und die feinen Ausdrucksnuancen ihres Gesangs gönnt.
Und wenn es dann doch einmal härterer Stoff sein soll – zum Beispiel mit der energiegeladenen Bluesrock-Röhre Cassie Taylor – dann verwandelt sich das noble Laufwerk in eine Partymaschine, bei deren Performance man unwillkürlich mitgroovt. Anhören, Spaß haben!
Wir meinen
Vor das Klangparadies haben die Analoggötter den Zusammenbau des Laufwerks (einfach) und die präzise Justage des Tonarms (anspruchsvoll, aber mit beiliegender Schablone zu bewältigen) gesetzt. Die Bedienung ist ein Traum, der Klang auch.
Info
Plattenspieler/Laufwerk Dr. Feickert Analogue Blackbird
Konzept: riemengetriebener Plattenspieler für zwei Tonarme mit zwei Motoren
Besonderheiten: Tonarm-Schnellwechselsystem, integrierte Justierschablone
Armboard rechts: 205–320 mm Achsenabstand (9–13″ Effektivlänge)
Armboard links (optional): 205–240 mm Achsenabstand (9–10″ Effektivlänge)
Optionale Ausstattung: diverse Furniere (um 300 €, Hochglanz-Furnier um 400 €), Netzteil Linear (um 700 €), Tonarm AMG 12J2 (Paketpreis um 4150 €), Vorstufe Vero (ab 5000 €)
Gewicht Chassis: 17,5 kg
Gewicht mit Teller und Tonarmbasis (ohne Tonarm): 22 kg
Maße (B/H/T): 53/15/42 cm
Garantiezeit: Chassis und Elektronik 2 Jahre, Tellerlager 5 Jahre
Preis: ab 5990 € (Ausführung Natur oder Schwarz eloxiert)
Kontakt
Dr. Christian Feickert
Stegenbachstraße 25b
79232 March-Buchheim
Telefon +49 7665 9413718
Mitspieler
CD-Player: Mark Levinson 390s
SACD-Player: Marantz SA14 V1, Sony SCD 333 ES, Pioneer D6, Denon CX2
Plattenspieler: Clearaudio Innovation Compact, Dr. Feickert Analogue Volare
Tonabnehmer: Clearaudio Da Vinci und Jubilee MC, Denon DL-103R, Dynavector Te Kaitora Rua
Vollverstärker: Marantz HD-AMP1, Mark Levinson 5805
Vorverstärker: Mark Levinson No. 38S, Trigon Snowwhite, Marantz SC-22
Endverstärker: Mark Levinson No. 27, Marantz MA-22, John Curl JC3, Trigon Dwarf II
Phonoverstärker: Musical Fidelity M-VNYL, Clearaudio Basic, Dr. Feickert Analogue Vero
Lautsprecher: Infinity Kappa 7.2 Series II, Kef LS50
Kabel u. a. von AudioQuest, Morrow Audio, in-akustik und Silnote Audio, diverse Spikes und Untersetzer von ViaBlue