Micro Seiki RX-1500 – Marathonläufer
Wir schreiben das Jahr 1982. Zeitgleich zur „digitalen Revolution“ und der Markteinführung der CD bringt der japanische Hersteller Micro Seiki eines seiner letzten großen Laufwerke auf den Markt: den RX-1500.
Schon bald sollte sich zeigen, dass sich der Micro Seiki RX-1500 als kleiner Bruder des ehemaligen Topmodells RX-5000 zum meistverkauften Laufwerk der RX-Serie mausern sollte. Zwar kostete in den 1980ern bereits die Standardausführung nicht gerade günstige 1800 DM – doch das Laufwerk ist offenbar derart konsequent auf Langzeitstabilität und Dauerbelastung ausgelegt, dass mein Mitte der 1990er gebraucht erworbener RX-1500 mich nun schon seit über 20 Jahren erfreut.
Separat erhältliches Zubehör zur Erweiterung des nackten Laufwerks bietet Micro Seiki in den 1980ern reichlich an. Als beliebt erweist sich vor allem die Option, den geregelten Gleichstrommotor (RY-1500A oder RY-1500D) im recht schweren Motorstand RS-1500 aufzustellen. Die separate Aufstellung bringt neben der mechanischen Entkopplung des Antriebs vom Laufwerk und der Reduktion von Einstreuungen auf den/die Tonabnehmer noch weitere Vorteile: So können am eigentlichen Chassis nun bis zu vier Tonarmbasen montiert werden, und der 40 Millimeter dicke, aber nur 2,8 Kilogramm schwere Plattenteller aus Aluminium-Spritzguss lässt sich mit dem String K-5 betreiben.
Der japanische Hersteller empfiehlt diese Antriebsart, da bei ihr – anders als bei Betrieb mit Gummiriemen – keine Längsschwingungen auftreten, die den Gleichlauf des Laufwerks nachteilig beeinflussen können. Tatsächlich wirkt das Klangbild mit dem nicht elastischen String deutlich klarer und direkter als mit Gummiriemen. Ein K-5-String besteht übrigens aus 134 einzelnen Aramid-Fasern und ist heute im Original nur sehr schwer zu bekommen. Aber nicht nur wegen der String-Knappheit lohnen sich eigene Experimente mit unterschiedlichen Nähgarnen oder auch dem von mir favorisierten Vorlaufband.
Eine Tellerauflage aus Gummi lässt sich gegen die Kupfermatte CU-180 austauschen, die Micro Seiki im Laufe der Jahre merkwürdigerweise in „Gun Metal Turntable Mat“ umtaufte. Diese rund 1,8 Kilo schwere Kupferscheibe erhöht nicht nur die Laufruhe und das Trägheitsmoment des Tellers, sie verbessert auch die klangliche Performance des aufliegenden Tonträgers. Und sie ist, Sie ahnen es, extrem selten zu finden.
Im patentierten Tellerlager des 1500ers spiegelt sich das gesamte Know-how seiner großen Vorgänger wider. Ein spezielles Öldämpfungssystem soll maximale Laufruhe gewährleisten, über dessen Konstruktion schweigt sich Micro Seiki allerdings aus. Immerhin ist bekannt, dass die Tellerspindel axial auf einer Kugel läuft und die horizontalen Kräfte von einem Bronzelager aufgenommen werden. Zudem wird das Tellerlager mit synthetischem Öl dauerhaft geschmiert, was de facto Wartungsfreiheit bedeutet. Das massive Lager ruht mittig in einem Aluminiumchassis, das an allen vier Ecken Füße aus akustisch totem Spezialkunststoff besitzt und definiert gefedert ist. Die Höhe der Füße lässt sich über zentrisch angeordnete Schrauben problemlos einstellen. Ein korrekt justiertes Laufwerk reagiert deshalb ziemlich unempfindlich auf Trittschall.
Etliche RX-1500 sind mit den besten und modernsten Tonarmen bestückt. Für die Montage sind Tonarmbasen der AX-Serie nötig, die über eine Spannschraube an das Chassis angeflanscht werden. Während Tonarmbasen nach SME-Standard oder mit Linn/Rega-Bohrung noch relativ leicht im Original zu finden sind, wird die Suche nach Modellen mit exotischen Montagebohrungen zunehmend schwierig. Aber mit etwas Geduld finden sich auch Nachbauten aus Aluminium, Messing oder Bronze, mit denen praktisch jeder Tonarm auf dem RX-1500 betrieben werden kann. Ich selbst habe derzeit übrigens drei Exemplare montiert: einen Wheaton Triplanar Mk IV (bestückt mit einem Benz Micro Glider SL), einen Mørch DP-6 (mit Benz H2O) und einen Micro Seiki CF-1 (mit Denon DL-103).
Originalteile von Micro Seiki werden mittlerweile auf dem Markt quasi in Gold aufgewogen, komplette Laufwerke erzielen entsprechende Preise. Für meinen Micro Seiki RX-1500/RY-1500D, der bis 1990 in dieser Form gebaut wurde, werden derzeit zwischen 3000 und 5000 Euro aufgerufen – und auch bezahlt. Dafür ist es aber auch ein technisches Meisterwerk, das selbst nach ein paar Jahrzehnten noch mit aktuellen Top-Laufwerken mithalten kann. Findet zumindest sein stolzer Besitzer.