DALI Kore
Die exklusive DALI Kore ist auf großer Deutschlandtournee und wird nicht lang genug für einen umfassenden Test in der Redaktion bleiben. Wir wollten Ihnen unsere Eindrücke von der Superbox trotzdem nicht vorenthalten.
In aller Kürze:
DALIs Kore ist ein ausgewogener, detailversessener Superlautsprecher, der sich traut, die Ärmel hochzukrempeln und Spaß zu machen – nur der Pegelsteller setzt die Grenzen.
Wie viele Freunde würden Sie als bereitwillige Helfer vorladen, wenn Sie eine Lieferung Lautsprecher zu je 160 Kilogramm erwarten? Drei, fünf, acht? Wir möchten Ihnen die Geselligkeit nicht vermiesen: Laden Sie Leute ein, trinken Sie Wein, tauschen Sie Neuigkeiten aus und haben Sie Spaß! Zum Auspacken der wuchtigen DALI Kore werden Sie die Besucher allerdings nicht brauchen. Die dänischen Statements werden auf leichtgängigen Rollen geliefert, die Stirnseite der Verpackung ist als passgenaue Rampe ausgelegt, über die ich die Kolosse (wenn auch mit mulmigem Gefühl) ganz allein Richtung Hörraum kullerte – kaum eine Stunde nach ihrem Eintreffen standen die Skulpturen in Startposition und vermittelten uns einen ersten Klangeindruck.
Aber der Reihe nach … Über die dänische Manufaktur muss ich nicht viel erzählen. Sucht man nach einem roten Faden im Schaffen der HiFi-Spezialisten, wären das meiner Meinung nach ein Hang zum geradezu detailvernarrten Hochton sowie mitreißende Musikalität. Ich könnte in diesem Kontext zu einer Ausführung über Timing und Bedeutung phasenrichtiger Frequenzweichen ausholen, begnüge mich aber mit der Abkürzung: Sitzt bei DALI! Diese Rezeptur ist anmachend wie vielseitig, denn die Boxen der Skandinavier können alles: Im einen Moment sezieren sie eine Aufnahme geschmeidig und unvergleichlich samtig bis ins Detail, im nächsten laden sie zum Abrocken ein. Allerdings leiden die Dänen unter dem Fluch ihrer Beständigkeit. Die Produkte sind in der Regel derart ausgefeilt, dass sich lange Lebenszyklen aufzwingen. Eigentümer einer Epicon oder Rubicon freut’s, denn es dauert ewig, bis ihnen jemand erzählt, es gebe nun eine verbesserte Variante ihrer Lieblinge. Fürs Marketing ist das weniger schön, da es zunehmend stiller um die laufenden Produktreihen wird.
Hier kommt Kore ins Spiel. Sie ist eine Botschafterin, die neue Technologien wie den überirdisch feinsinnigen Neo-K-Hybrid-Tweeter einführt, Fertigungsstandards definiert und für maximale Aufmerksamkeit sorgen soll. Letzteres fällt der gewichtigen Dänin leicht. Selbst in unserem großen Hörraum (42 m2) wirkte sie titanisch. Statt der momentan angesagten Aufreihung vieler mittelgroßer Treiber setzten ihre Entwickler auf lediglich zwei 30-Zentimeter-Bässe voller Superlative: Die Magnetringe hinter den versteiften SMC-Membranen nehmen beinahe den gesamten Durchmesser der Treiber ein, die zugehörigen Spulenträger sind derart lang, dass sie zwei Zentrierringe erfordern. Solche Kraftpakete benötigen Raum. Mit über 50 Zentimeter Breite wirken die Boxen alles andere als dezent – und das sollen sie wohl auch nicht sein. Ihre bullige Erscheinung, das vorzügliche Furnier, ausladende 35-Kilo-Metallfüße mit fetten Spikes sowie goldene Intarsien um die völlig neu aufgebauten Mittel- und Hochtöner schreien geradezu: „Platz da, hier komme ich!“
Das Gehäuse der Superboxen ist derart massiv und steif, dass man es bei gehobenen Pegeln als „tot“ betrachten kann, was den unteren Oktaven herrliche Straffheit verleiht. Gestützt wird die monumentale Basswiedergabe durch zwei Reflexrohre, die mit deutlicher Krümmung tief ins Innere des 144-Liter-Volumens ragen und durch schalldämmende „Kühlrippen“ am Gehäuserücken völlig geräuschfrei ausströmen. Einen knappen halben Meter unterhalb dieser Ports liegt das deftigste Bi-Wiring-Terminal, das wir bisher gesehen haben: Die riesigen Vollmetall-Anschlüsse lassen sich so fest andrehen, dass man aufpassen muss, seine kostbaren Gabelschuhe nicht zu zerdrücken. Auch Bananenhülsen werden festgezurrt, bei Hohlbananen sollte man Vorsicht walten lassen. Neben den feinjustierbaren Spikes fiel uns auf, dass die Schallwand der Lautsprecher sanft gekrümmt ist, sodass alle fünf Treiber einen gemeinsamen Mittelpunkt anpeilen – ein Detail, das man auf Abbildungen der Kore leicht übersieht. Muss ich erwähnen, dass die Dänen von den Treibern über Weichenbauteile bis hin zu den aufwendig beruhigten Gehäusen praktisch alle Bauteile exklusiv für ihre neuen Flaggschiffe entwickelten und anfertigen lassen? Ich hoffe nicht …
Aber genug gefaselt! Da wir nur wenig Zeit mit DALIs neuem Statement hatten, schlossen wir uns nach einer kurzen Warmlaufphase mit den Kolossen im Hörraum ein. Dabei zeigte sich schnell, dass die Kore den Charakter des Herstellers transportiert, aufgrund ihres riesigen Volumens und der schier grenzenlosen Belastbarkeit aber deutlich kompromissloser zur Sache geht als ihre kleinen Geschwister. Die Bühne gehörte Leonhard Cohens „You Want It Darker“. Schon das kurze Intro erzeugte eine Gänsehaut. Bei mittlerem Pegel umhüllte uns der begleitende Chor, wickelte uns vollständig in eine wohlige Klangwolke. Augenblicke später knarzten die ersten rabenschwarzen Töne des markanten Basslaufs zwischen den Lautsprechern. Obwohl wir zunächst dezent vorgingen, waren die abgrundtiefen Kelleroktaven körperlich fühlbar. Schließlich schob sich die Stimme des Musikpoeten vor die übrigen Klangelemente. Knochentrocken und mit unglaublicher Größe zeichnete die Kore Cohens Stimme in den Hörraum. Die Erfahrung ist derart direkt und unmittelbar, dass man sie eigentlich nur mit einem Kopfhörer vergleichen kann. Keine Frage: Die Kore verlangt nach Auslauf, Raum und Bühne – unser Hörraum, der uns knapp 3,5 Meter Hörabstand erlaubt, ist das untere Ende der Fahnenstange.
Die Lust war geweckt. Ich wechselte zu Liszts Ungarischer Rhapsodie Nr. 2 (Stokowski, Rhapsodies) und drehte den Pegel von Luxmans CL-1000 höher. Augenblicke später zauberte die Kore emotional dichte, sämige Streicherteppiche in Breite und Tiefe des Raums, die kurzen Fanfaren der Bläser pressten mich für Sekundenbruchteile ins Sofa. An Luxmans kraftvoller M-10X (2 x 300 Watt) vermittelt die Box in solchen Momenten eine Energie und Power, dass man die Fäuste ballen möchte. Nicht minder beeindruckend gelingt der Dänin kurz darauf der Übergang zum Hauptteil der Rhapsodie: Die Töne werden lang gehalten, Ruhe kehrt ein. Die DALI nutzte den Übergang, um uns zu demonstrieren, wie lebensnah, groß und nuanciert bei den Aufnahmen 1961 die Atmosphäre des Konzertsaals eingefangen wurde.
Ich legte noch eine Schippe drauf und spielte „Insomnia“ von Faithless bei einer Lautstärke, von der auch die Nachbarn etwas hatten. Nun offenbarte die Kore Qualitäten einer ausgewachsenen Spaßbox. Mit unglaublicher Wucht pressten ihre Basstreiber die Schläge von Rolands TR-808 in den Raum, blieben dabei zu jedem Zeitpunkt kontrolliert und stressfrei. Das exzellente Hochton-Duo verlor derweil nichts an Präsenz und lieferte genau das richtige Maß an Gegengewicht. Für mich fühlte es sich an, als hätte ich die Loudness-Taste am Vorverstärker gedrückt. Vom betörenden Spiel der übrigen Treiber ungerührt, zeichnete der Mitteltöner die schlaflose Stimme von Maxi Jazz in den Raum.
Nachdem wir das geklärt hatten, erkundete ich noch das entgegengesetzte Ende der Pegel-Skala, spielte Airs „Talisman“ (Moon Safari) so leise, dass ich gerade noch Details vernehmen konnte. Und auch das gelang den feingeistigen Riesen mit Leichtigkeit. Sauber und ohne Verlust von Volumen trennten die Lautsprecher das E-Piano vom dunklen E-Bass, wahrten die Plastizität der Aufnahme, während die Hallfahnen ins Endlose verhallten.
Keine Frage: Die DALI Kore leistet in nahezu jeder Disziplin exzellente Arbeit und wird ihrem Rang als Superbox mehr als gerecht. Schade, dass wir nicht mehr Zeit hatten. Andererseits: Mehr als ein paar Augenblicke benötigt man nicht, um zu erkennen, was für ein Statement man hier vor sich hat.
Info
Lautsprecher DALI Kore
Konzept: 3,5-Wege-Standlautsprecher mit Bassreflexgehäuse
Bestückung: 2 x 30-cm-Tieftöner (SMC), 1 x 18-cm-Mitteltöner (SMC), 1 x 35-mm-Tweeter (Seidenkalotte), 1 x Superhochton-Bändchen (10 x 55 mm)
Übergangsfrequenzen: 390/2100/12 000 Hz
Bandbreite (±3 dB): 26 Hz bis 34 kHz
Empfindlichkeit (2,83 V/1 m): 88 dB
Impedanz: 4 Ω
Maximalpegel: 118 dB
Empfohlene Verstärkerleistung: 50 W bis 1500 W
Gewicht: 165 kg
Maße (B/H/T): 50/171/67 cm
Garantiezeit: 5 Jahre
Paarpreis: um 80 000 €
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