Classidelity: Dvořák – 9. Sinfonie
Antonín Dvořáks bekannteste Sinfonie leidet in aller Regel unter einem interpretatorischen Missverständnis. Trägt sie doch den Untertitel Aus der Neuen Welt und klingt sie doch oft nur nach Böhmens Hain und Flur. Sicher, es gibt im langsamen Satz die berühmte pentatonische Winnetou-Melodie, aber ansonsten wird das bukolische und volkstümlich-europäische Element der Musik betont.
Da muss dann erst ein amerikanisches Orchester antreten, ganz klischeehaft auch noch aus Dallas stammend, um der Interpretationsgeschichte zu zeigen, was eine Harke ist. Selten hat man Dvořáks Neunte so hemmungslos affirmativ, so strahlend, optimistisch vorwärtsdrängend gehört.
Bereits im Kopfsatz knallen die Pauken mit extremer Fellspannung so kurz und prägnant, als schösse sich John Wayne den Weg frei. Im Scherzo breitet sich eine nervöse und bisweilen zappelige rhythmische Spannung aus, die sonst schnell mal glattgebügelt wird, und im Finale scheut man sich auch nicht vor kleinen Ritardandi, die das Pathos der Neuen Welt wunderbar zur Schau stellen. Auch wenn das Dallas Symphony Orchestra gemeinhin eher zu B-Klasse der amerikanischen Orchester gerechnet wird, so muss man als Europäer auch hier wieder einfach zur Kenntnis nehmen, dass die Ausbildungsqualität der amerikanischen Holz- und vor allem Blechbläser so exzellent ist, dass selbst die zweite Liga so manche europäische Topadresse an die Wand spielt. Es muss für den Dirigenten Jaap van Zweden ein riesiger Spaß gewesen sein, das Orchester auf diesem Parforceritt begleitet zu haben.