Chord Electronics Ultima Pre 2 und Ultima 6 Stereo – Das Grübeln hat ein Ende
Chord Electronics zeigen mit der Verstärkerkombination aus Ultima Pre 2 und Ultima 6, dass es sich lohnt, einfach nur die Musik sprechen zu lassen.
In aller Kürze
Hier gibt es kein Grübeln mehr über die Richtigkeit der musikalischen Wiedergabe. Chords aktuelle Verstärkerkombination lässt ausschließlich die Musik sprechen. Und das ist auch gut so.
Es muss gute 20 Jahre her sein, dass ich erstmals mit Verstärkern in Kontakt kam, die sich in die Kategorie High End einstufen ließen. Bei diversen Berliner Händlern hatte ich mir Geräte ausgeliehen, um meine damalige HGP Fuga adäquat zu befeuern. Besonderen Eindruck hinterließ dabei eine Kombination von Chord Electronics. Zum einem war da der extrem transparente und schnelle Sound (der meinen damaligen Hörgewohnheiten allerdings weniger entsprach) und zum anderen dieses leicht spleenige Design. Wie eine Mischung aus Steampunk und Abhörstudio kam mir besonders die Vorstufe vor – leicht gedrungen war sie und mit lustig knubbeligen Drehknöpfen versehen. Das konnte man mögen, musste man aber nicht. Nachdem dann aber ein Röhrenverstärker bei mir einzog, verblasste die Erinnerung, bis vor knapp 5 Jahren der transportable DAC Hugo zwecks einer FIDELITY-Besprechung in meinen Händen landete. Und sofort war da wieder dieser äußerst transparente und luzide Sound, der meinen mittlerweile leicht veränderten Hörvorlieben plötzlich sehr entgegenkam. Vor dieser persönlichen Historie war ich umso gespannter auf die Verstärker der aktuellen Generation.
Von der Flugzeugtechnik zur Verstärkerentwicklung
Hinsichtlich des Designs ist es Chord gelungen, das seit 20 Jahren existierende Grundkonzept mit hohem Wiedererkennungswert beizubehalten, es aber einer zeitgemäßen Revision zu unterwerfen. Das leicht gedrungene Outfit hat sich deutlich gestreckt und wirkt nun proportional stimmiger, die Steampunk-Attitüde ist dezenter geworden. Besonders geglückt ist in meinen Augen aber die Verarbeitung. Von der aus dem Vollen gefrästen Fernbedienung über die Anschlussterminals bis hin zum Volumenregler – überall herrscht eine überzeugende Haptik, die einen grundsätzlichen Nörgler wie mich schnell verstummen lässt.
Davon angefixt korrespondierte ich mehrfach mit den Entwicklern in Kent, die sich angenehm offen und informativ in Sachen Entwicklungspolitk und -strategie zeigten und mir den spezifischen Ansatz von Chord Electronics darlegten. In den 1980er Jahren arbeitete Firmengründer John Franks als Elektronikingenieur bei Marconi Avionics, die Elektronik für Flugzeuge herstellten. Franks Fachgebiet waren Ultrahochfrequenz-Stromversorgungen, und sein fundiertes Wissen in diesem Bereich brachte den audiophilen Ingenieur dazu, die Versorgungsschienen eines Verstärkers mithilfe eines starken magnetischen Flusses in einem speziellen Hochfrequenztransformator miteinander zu verbinden. Dieses „dynamic coupling“ beseitigte erfolgreich kurzfristige Verzerrungen. Franks erkannte, dass diese spezifische Technik für Verstärker, die üblicherweise mit gewöhnlichen Niederfrequenz-Netzteilen ausgestattet waren, von großem Nutzen sein würde. Zudem verwendete er speziell abgeschirmte Schaltnetzteile, die in der Lage waren, die Kondensatoren schneller wieder aufzuladen, als es Ringkerntransformatoren möglich wäre. Diese Herangehensweise an das technische Design ist in modifizierter und weiterentwickelter Weise auch in der aktuellen Produktionsreihe zu finden.
Alles analog bei Chord
Der Endstufe wird ein mächtiges Netzkabel beigelegt, offenbar möchte man hier in Sachen Stromzuleitung auf Nummer sicher gehen. So lobe ich mir das, erspart es doch die Zeit, sich Gedanken um mögliche Alternativen zur Beipackstrippe zu machen. Und so vertraue ich auch bei der Vorstufe auf das mitgelieferte Kabel; was bei der Endstufe richtig ist, kann bei der Vorstufe nicht falsch sein. Die ersten vier Eingänge des Pre 2 sind rein symmetrisch ausgelegt, während die Eingänge fünf bis acht klassischen Cinchverbindungen vorbehalten sind. Da meine beiden digitalen Zuspieler aus dem Hause Naim für gewöhnlich mittels DIN-Kabel betrieben werden, fischte ich flugs meine altvertrauten Wireworld-Cinchstrippen aus dem Regal. Bei der Verbindung zwischen Vor- und Endverstärker bin ich zunächst ins Grübeln gekommen, welcher Verbindung ich hier den Vorzug geben sollte, habe mich dann aber für ein weiteres unsymmetrisches Paar Wireworld entschieden, um Kohärenz in Sachen Verkabelung walten zu lassen. Mika Dauphin vom deutschen Vertrieb empfiehlt übrigens für die Verbindung von Vor- und Endstufe ebenfalls die unsymmetrische Variante, während er für die Quellgeräte – sofern vorhanden – die symmetrische Verbindung bevorzugt. Übrigens handelt es sich bei der Pre 2 um eine rein analoge Vorstufe. Colin Pratt von Chord erläuterte mir dazu, dass sich ein in die Vorstufe implementierter DAC anders als ein Stand-alone-Gerät verhalte. So klinge ein mit dem Innenleben eines Hugo TT bestückter DAC-Einschub nicht zwingend so, wie es der Kunde von seinem heimischen Solo-Hugo kennt, weshalb man sich für ein rein analoges Gerät entschieden habe. Als ein selbstverständliches Entgegenkommen gegenüber Musikliebhabern, die im Zuge des Analog-Revivals Tapedeck oder Bandmaschinen auferstehen lassen, versteht Chord die beiden Tape-Anschlüsse der Vorstufe. Schließlich verfüge man aus alten Tagen in den Abbey Studios über das nötige Know-how, warum also nicht die Kunden mit diesem Feature erfreuen …
Music matters
Es fällt nicht leicht, die grundlegende Charakteristik der beiden Geräte zu bestimmen. Je länger ich Musik unterschiedlicher Genres hörte, desto selbstverständlicher und „normaler“ kam mir die Wiedergabe vor. Nie stellt sich bei ihnen die Frage nach richtig oder falsch, nach Sounding oder Nicht-Sounding. Die Musik ist einfach da! Womit eigentlich das größte Lob ausgesprochen ist, das man einem Verstärker zusprechen kann. Ein Lob, das umso mehr betont werden muss, zieht man den ein oder anderen Verstärker der gehobenen Preisklasse zum Vergleich heran. Immer ist da eine leichte Spur der Anstrengung zu vernehmen, immer schiebt und drückt da der Bassbereich leicht künstlich oder versteckt sich gegenteilig schüchtern im Mittenbereich, immer verengt sich das Klangbild ein wenig zur Mitte hin oder heuchelt eine künstlich weite Bühne vor, die aber mitnichten der Aufnahme entspricht. Nichts von alledem hier: Sofort hörten bei mir all die kleinteiligen Mäkeleien auf, die man sich im Laufe der Jahre angewöhnt hat. Jede Grübelei darüber, ob die Verstärkerwahl die richtige war, erstirbt nach den ersten Takten Musik. Lassen Sie mich das an zwei Beispielen verdeutlichen. Stockhausens nur knapp dreiminütiges Klavierstück IV ist ein Parforceritt durch sämtliche Register des Klaviers. Extreme Tonhöhen- und Dynamikunterschiede in schneller Abfolge können das Ohr schnell überfordern, wenn die technische Reproduktion an den klanglichen Extremen scheitert. Die ohnehin nicht leicht zu goutierenden Klavierstücke können dann schnell zur Quälerei werden. Nun aber wurde ich gerade süchtig nach der aktuellen Referenzaufnahme mit der Pianistin Sabine Liebner. Mächtig, aber nie künstlich aufgepumpt standen die Bassakkorde im Raum, und das in einer Lautstärke, die scheinbar kein Limit nach oben kannte. Hell und transparent erklang die oberste Oktave des Steinways, dabei aber nie nervend oder gar an der Grenze zum Schmerzhaften. Selbst Verstärker, die grundsätzlich dunkler und wärmer abgestimmt sind, tendieren bei diesen Hochtonpassagen zu einem eher zickigen Verhalten. Egal in welcher Lautstärke ich mit der Ultima 6 zu Werke ging, es war eher der Raum, der den Musikgenuss irgendwann limitierte, nie aber die Endstufe.
Das Leichte, das so schwer zu machen ist
Um mich aber nicht dem Vorwurf aussetzen zu müssen, ich hätte meine Geräteeinschätzung nur an schwer zu verdauenden Extremklängen gewonnen, wanderte als nächstes das aktuelle Album der Kings of Convenience, seit ihrer Erstveröffentlichung 2001 einer meiner absoluten musikalischen Favoriten, auf meine Playlist. Was mich an den norwegischen Jungs so fasziniert? Es ist diese unglaubliche Leichtigkeit des Seins, das die Musik ausstrahlt, gepaart mit feinen, erst beim zweiten Hinhören vernehmbaren rhythmischen und melodischen Verästelungen. Eine nur mittelmäßige Reproduktion, die die Soundgespinste nicht trägt, die den Mittenbereich vernuschelt und die Akkorde nicht ausschwingen lässt, wird dafür sorgen, dass man die kurzen Songs des Duos vorschnell als belanglos und austauschbar wahrnimmt. Kommen aber nun unsere beiden Verstärker ins Spiel, so ist wunderbar zu vernehmen, wie sich Ultima 6 und Pre 2 gegenseitig ergänzen. Von unten stützt die Endstufe das Klanggeschehen so ab, dass die Instrumente lässig tänzelnd im Raum stehen, während die Vorstufe die Farbschattierungen der Stimme entsprechend der jeweiligen Emotionalität freilegt. Womit wir wieder einmal bestätigt sehen, dass nicht nur komplexe Musik von einer extrem hochwertigen Verstärkerleistung profitiert.
Chord: Die Entfaltung der Wahrheit
Hat man in Kent nun die Verstärkerkombination designt, die alle Audiofreunde wunschlos glücklich macht? Das hängt ganz von den jeweiligen Hörgewohnheiten ab. Wer einen leicht behäbigen und euphonischen Sound bevorzugt, wer ganzheitliche Tiefenentspannung sucht, der wird womöglich mit einem Triodenverstärker besser bedient sein. Wer aber an der musikalischen Entfaltung der Wahrheit interessiert ist, hohe Transparenz, rhythmische Präzision, feinste dynamische Abstufungen und klar definierte Räumlichkeit sucht, der kommt an dem Gespann aus Ultima 6 und Pre 2 nicht vorbei.
Info
Vorverstärker Chord Electronics Ultima Pre 2
Konzept: analoger Vorverstärker mit symmetrischer Signalführung
Eingänge: 4 x XLR (symmetrisch), 4 x Cinch (unsymmetrisch)
Ausgänge: je 1 x XLR und Cinch
Ausführungen: massives Aluminiumgehäuse in Nachtschwarz oder Silber eloxiert
Maße (B/H/T): 48/17/36 cm
Gewicht: 18 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 16 000 €
Endverstärker Chord Electronics Ultima 6 Stereo
Konzept: Stereo-Endverstärker
Leistung: 2 x 180 W an 8 Ω (gemessen bei 0,005 % Verzerrung)
Maße: 48/36/18 cm
Ausführungen: massives Aluminiumgehäuse in Nachtschwarz oder Silber eloxiert, schwarze Seitenteile optional
Gewicht: 22,4 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 8700 €
Kontakt
DREI H Vertriebs GmbH
Kedenburgstraße 44/Haus D
22041 Hamburg
Telefon +49 40 37507515