Burson Conductor V2+ – Smooth Operator
Ist die beste Führungskraft jene, die man nicht bemerkt? Hilft die australische Leichtigkeit des Seins bei der Musik? Der Burson Conductor V2+ gibt Antworten.
Fotografie: Ingo Schulz
Wie beschreibt man etwas, das nicht da ist? Diese Frage habe ich mir bei der Beschäftigung mit dem Burson immer wieder gestellt, denn das weitgehende Fehlen von klanglichen Artefakten, um mal gleich mit der Tür ins Haus zu fallen, lässt sich in der Tat nur sehr schwer erklären. Resultat dieses „Mangels“ ist ein äußerst detailliertes und gleichzeitig „sanftes“ Klangbild, das nicht so recht in die üblichen HiFi-Schubladen passen will. Hat man sich doch im Laufe der Jahre daran gewöhnt, dass Auflösung eigentlich immer mit einer gewissen akustischen „Kantenschärfe“ verbunden ist.
Eine Fernbedienung gibt’s ebenfalls und die wird. Die Frontansicht zeigt die eigenwillige Nomenklatur des Herstellers. Neben den analogen Eingängen I und II gibt es „C“ (Koaxial), „T“ (Toslink) sowie ein „U“ für USB. Steckt man einen Kopfhörer in die Buchse, wird der DAC übrigens stummgeschaltet. Und jetzt noch eine Quizfrage: Entdecken Sie das Sieben-Segment-Display?
Der eigentliche Wandler-Chip ist für das Burson-Team klanglicher Dreh- und Angelpunkt in diesem Gerät, weshalb an dieser Stelle besonders viel experimentiert wurde. Letztlich musste der Burr-Brown-DAC des Vorgängers seinen Abschied einreichen und einem vergleichsweise richtig teuren Sabre32 von ESS weichen. Dieser Chipsatz glänzt mit einem fantastischen Auflösungsvermögen und durch die Bank erstklassigen Messwerten, ist aber anscheinend nicht zu leicht in vorhandene Schaltungen zu integrieren. Ich hörte schon einige Geräte mit diesem Baustein, die abseits aller Qualitäten bei schwierigen Frequenzen leicht glasig klangen. Burson weiß um diese Probleme und verwandte wohl einen Großteil der Entwicklungszeit auf genau diese nahtlose Einbindung. Wir werden hören.
Auch beim Kopfhörerausgang wurde aus dem Vollen geschöpft. Eine diskret aufgebaute Class-A-Schaltung, die von immerhin zwei eigenen Ringkerntrafos versorgt wird, schickt mehr als acht saubere und stramme Watt pro Kanal zur Buchse. Bleibt noch die Lautstärkeregelung, die sowohl beim Betrieb mit Kopfhörern als auch als reine Vorstufe (für mich) eine zentrale Rolle spielt. Mittlerweile wechselte Burson vom klassischen Potentiometer zu einem Chipsatz von Texas Instruments, dem PGA2310. Dieser kleine Vielfüßler soll neben einer besonders verzerrungsarmen Übertragung eine extreme Kanalgleichheit nahe der Messbarkeitsgrenze zur Verfügung stellen. Für eine saubere Raumdarstellung ist das von entscheidender Bedeutung. Dass die Anbindung an USB mittels des erstklassigen XMOS-6core-Moduls erfolgt, verwundert nicht mehr, sondern ist logische Konsequenz. All diese hochwertigen Innereien werfen in Kombination mit dem massiv gefertigten Gehäuse die Frage auf, wie das alles zu einem vergleichsweise günstigen Preis möglich sein soll − zumal in Melbourne und nicht in einem Niedriglohnland gefertigt wird.
Er sieht schlicht aus, hat es aber faustdick hinter den Ohren: Burson bezeichnet den Virtuoso 2+ als D/A-Wandler. Bereits der große Pegelsteller verrät, dass es sich auch um eine Vorstufe sowie um einen Kopfhörerverstärker handelt. Der Blick auf die Rückseite zeigt, dass man insgesamt fünf digitale und analoge Quellen in den kompakten Silberling einspeisen kann. Sie zählen nur vier Eingänge? Ganz links versteckt sich der USB-In. Die beiden Ausgänge liefern wahlweise festen (DAC-Out) und variablen Pegel (Pre-Out).
Ganz zu Beginn habe ich den Burson Conductor V2+ mit einem aktiven Lautsprecherset von Silberstatic kombiniert, das wir in der kommenden Ausgabe vorstellen werden. Davor ein Macbook mit Amarra, dazwischen ein paar feine Kabel von Vovox, und fertig ist die kleine und sehr feine Anlage. Die erste „Auffälligkeit“, die sich der Burson dabei im Vergleich zu einem durchaus namhaften CD-Player leistet, ist eine mit Worten schwer zu fassende Leichtigkeit in der Ansprache, eine beiläufige Natürlichkeit. Wahrscheinlich ist es die weitere Reduzierung von Artefakten, die jeden Ton selbstverständlicher und weniger nach „Anlage“ klingen lässt.
Sehr schön lässt sich das mit der Großen Fuge op. 133 von Ludwig van Beethoven mit dem Takács Quartett hören. An dichter gesetzten Stellen in enger Lage, wenn es mitunter zu Stimmkreuzungen kommt, muss man bei vielen Geräten konzentriert zuhören, um nicht den Faden zu verlieren. Die Fehler der Wiedergabe überdecken die feinen klangfarblichen Informationen, die es auf der Bühne so leicht machen, zwei Geigen voneinander zu unterscheiden. Auf neunzehn von zwanzig Anlagen klingen die beiden Instrumente gleich – wobei das schon fast zu freundlich geschätzt ist. Mit dem Burson bleiben die individuellen Charaktere der beiden Instrumente und ihrer Spieler so weit erhalten, dass man den Stimmen folgen kann, ohne sich krampfhaft an der Sicherungsleine festhalten zu müssen, da sich die Klangfarben in einem ausreichenden Maß voneinander unterscheiden.
Zwei Ringkerne und eine Stromaufbereitung, auf die so mancher Vollverstärker neidisch wäre. Lohnt sich der Aufwand für ein Kleinstromgerät? Auf jeden Fall! Ohne mit leidigen Autovergleichen zu nerven: Selbst das winzigste Quellgerät profitiert von einem kräftigen Antrieb im Rücken, gewinnt Feindynamik und – wenn alles so gut abgestimmt wirde wie beim Burson – Lebendigkeit.
Der weitaus teurere CD-Player ebnet das Geschehen dagegen wieder ein, man muss aktiv folgen, die wiedergegebene Musik offenbart sich nicht mehr von selbst. Auch ein schnell zum Vergleich hinzugezogener weiterer DAC muss sich nach wenigen Takten geschlagen geben. Er zeichnet den Raum zwar weiter und tiefer, bleibt aber die entscheidenden Farbtöne schuldig.
An meiner „großen“ Anlage übernimmt nun der Burson die Wandlung anstelle der entsprechenden Sektion meines Mark Levinson ML390s. Bei Gustav Mahlers Neunter Sinfonie mit Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern (EMI) werden schon im ersten Satz die Unterschiede offenbar: Der Mark-Levinson-Wandler zeichnet einen Hauch breiter, der Burson kontert mit grandioser Raumtiefe. In Sachen Massivität des Fundaments lässt sich der betagte CD-Player auch in diesem Vergleich nichts vormachen. Außer dem sündteuren Player von Solution Audio konnte ihn bisher in diesem Punkt keine Konkurrenz schrecken.
Ab den Mitten aufwärts aber wendet sich das Blatt. Wieder punktet der Burson hier mit seiner Leichtigkeit, Natürlichkeit und einer Weichheit der obersten Lagen, die in keinem Moment mit Detailarmut einher geht. Im Gegenteil. Er bezieht diese Sanftheit offensichtlich aus einer weitaus feiner gerasterten Information, die folgerichtig keine aus Artefakten stammenden Härten zulässt. Eine meiner Lieblingsstellen, die ich schon für solche Vergleiche genutzt habe, ist das Paukensolo im ersten Satz der Sinfonie. Eine an sich simple Sache, ein Muster aus nur drei Tönen, nicht zu laut und nicht zu leise gespielt. Die Schwierigkeiten liegen in der räumlichen Abbildung der Instrumente, die mittig ganz hinten im Orchester stehen. Auf den meisten Anlagen klingen die Pauken entweder zu dicht dran oder weit entfernt, aber diffus. Der Mark Levinson geht hierbei den Kompromiss ein, mit dem ich bisher am besten leben konnte. Nicht zu dicht dran, allerdings immer noch mit völliger Kontrolle. Der Burson bietet den gleichen Griff bei den Transienten, rückt die Instrumente allerdings noch einmal einige Meter nach hinten. Respekt!
Bei den Klangfarben allerdings scheiden sich endgültig Spreu und Weizen. Diese Pauken werden mit Kalbsfellen bespannt, nicht mit dem leider an vielen Orten noch üblichen Plastikfell. Einem Naturfell ist es zu eigen, nicht an jeder Stelle exakt gleich dick zu sein, außerdem ist die Härte des Gewebes an allen Stellen unterschiedlich. Das hat eine ganze Reihe von harmonischen aber auch unharmonischen Obertönen zur Folge, die bei jedem Schlag über dem Grundton mitschwingen und den Klang anreichern. Dieses fast nicht zu beherrschende Obertongewirr über dem eigentlichen Ton sorgt für den sehr eignen, unglaublich lebendigen und mischungsfähigen Ton.
Eigentlich ist der Burson Conductor V2+ ein Kopfhörerverstäker mit DAC und integrierter Vorstufe. Angesichts der Qualitäten des Wandlers habe ich diese ursprüngliche Bestimmung bisher schlicht übersehen. In den nun folgenden Wochen muss der Burson mit mehreren sehr unterschiedlichen Kopfhörern vom iPhone-Ohrstöpsel bis hin zum AKG K-712 Pro und AKG K-812 oder einem Beyerdynamic DT 880 mit 600 Ohm Innenwiderstand klarkommen. Dass das Team von Burson auch hier ganze Arbeit geleistet hat, erschließt sich nach den ersten Wechseln: Mit allen Hörern klingt es griffig und definiert, selbst der 600-Ohm-Beyerdynamic schmiert nicht wie an vielen anderen Verstärkern ab, wird weder matt noch distanziert.
Für das australische Konzept spricht, dass alle Kopfhörer die ihnen eigenen Klangeigenschaften auf den Punkt bringen können und nicht vereinheitlicht nach dem Verstärker klingen. Besonders auffällig ist das bei den beiden AKGs, deren für Kopfhörer verblüffend weite Räumlichkeit hier noch einmal in allen Dimensionen gewaltig wächst und hier noch meine bisher bevorzugte Kombination mit dem Lake-People-Kopfhörerverstärker toppt. Gerade gute Orchesteraufnahmen werden mit dem Burson so zu einem ganzheitlichen Erlebnis.
Danach durfte der Conductor noch ein Gastspiel im Mastering-Studio antreten. Zwischen dem Computer und einem an den Raum angepassten Lautsprechersystem ersetzte er den üblichen Monitor-Controller. Hier muss sich der Burson gegenüber der um ein Vielfaches teureren Studiolösung geschlagen geben, was angesichts der preislichen Differenz noch nicht einmal in Ansätzen eine Schande ist.
Schließlich habe ich den Burson Conductor noch als Wandler und Kopfhörerverstärker bei Aufnahmen benutzt. Diesen Check finde ich persönlich immer sehr hilfreich, weil man in der konzentrierten Aufnahmesituation nicht auf die Eigenheiten eines Geräts oder die eigene Wahrnehmung selbiger achten kann, sondern voll und ganz bei den Musikern und in der Partitur ist. Man verkopft die technischen Dinge also nicht, sondern befasst sich mit anderen Themen, bleibt aber bei der Arbeit abhängig von der sauberen Übertragung der Aufnahme, damit man schnell richtige Entscheidungen treffen kann. Ich habe den Burson bei einer Kammermusikaufnahme eingesetzt, direkt per Toslink-Kabel an den Merging-Wandler angeschlossen und einen Ausgang auf diesen Port gelegt. Zuerst bemerke ich das veränderte Setup nicht, was angesichts der Qualität der anderen Geräte schon mal ein großes Kompliment darstellt. Der Burson zeichnet allenfalls die obersten Höhen einen Hauch sanfter, ohne dabei Details vermissen zu lassen. Wenn aber ein Mikrofon so über einer Geige steht, dass der Ton mit einem Übermaß Schärfe eingefangen wird, stört es mit dem australischen DAC nicht so schnell. Zu Hause angesichts der vielen schlechten Produktionen durchaus von Vorteil, bei der Arbeit ein Umstand, auf den man sich einstellen muss.
Burson hat mit dem Conductor V2+ einen großartigen und für den Preis schlicht grandiosen Kopfhörerverstärker mit einem internen DAC und einer Vorstufe kombiniert. Das Gerät kann in allen Belangen überzeugen und wird die allermeisten Anlagen sehr deutlich aufwerten − ganz gleich, an welcher Position man ihn einsetzt.
Kopfhörerverstärker/DAC/Vorstufe Burson Coductor V2+
Lieferumfang: Fernbedienung, Netz-, USB- und Cinch-Kabel
Eingänge digital: Toslink, S/PDIF, USB
Eingänge anlaog: Cinch
Ausgänge analog: 1 x Cinch Festpegel (DAC direkt), 1 x Cinch geregelt, 1 x Klinke (Kopfhörer)
Abtastraten: PCM bis 384 kHz, 16 bis 32 bit, Native DSD 64/128/256; DSD over PCM: DoP64, DoP128, DoP256
Maße (B/H/T): 27/26/8 cm
Gewicht: 7 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: 1800 €
Mitspieler
Digital: Mark Levinson ML390s
Plattenspieler: Transrotor Apollon (modifiziert)
Tonarme: SME M2-9 und V
Tonabnehmer: Koetsu, Ortofon Venice, Transrotor Merlo Reference
Phonoverstärker: iFi Micro iPhono
Vorverstärker: Crane Song Avocet
Endverstärker: professionelle Endstufen
Vollverstärker: Lavardin IT
Lautsprecher: Sky Audio Verdade, Spendor S3/5SE
Raum: 31 qm, akustisch optimiert