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Bang & Olufsen BeoPlay A9

Test: Bang & Olufsen BeoPlay A9

BeoPlay 9 – Wenn Musik uns besiegt. Eine Pupille des Argos wird zum neuzeitlichen Diskus.

Eine B&O-Anlage in der FIDELITY? – Ich kann Ihr Misstrauen förmlich spüren. Weil auch ich es hegte, sogar sehr. Und wenn wir einer Sache misstrauisch gegenüberstehen, sagen wir dazu gerne auch, dass wir etwas mit Argusaugen beobachten. Daher soll uns Argos – der allessehende Riese mit den hundert Augen, von denen stets nur 50 schliefen, während die anderen 50 wachten – als Einstieg in die Beschreibung dieses Klangobjektes dienen, ähnelt es doch einer riesigen Pupille …

Die auf den ersten Blick sehr dezent wirkende Scheibe hat einen Durchmesser von 70 Zentimeter und hört auf den Namen BeoPlay A9. Die Skulptur steht wahlweise auf drei Holzbeinen oder hängt in einer eigens für sie designten Wandhalterung. Ihre Stoffbespannung kann man, wie auch die Holzart der Beine, in verschiedenen Ausführungen ordern.
Doch welche Farbkombination es auch immer sein soll: Die knapp 14 Kilo schwere A9-Schüssel beinhaltet immer eine komplette Streaming-Anlage mit zwei ausgeklügelten, maßgeschneiderten Zwei-Wege-Lautsprechersystemen plus integriertem Subwoofer, das von insgesamt fünf „coolen“ Class-D-Verstärkern versorgt wird. Wie von B&O gewohnt, gehen fantastisches Design mit überragender Qualität Hand in Hand. Schnell die drei Beine eingeschraubt, den A9 mit dem Stromnetz verbunden und schon kann es losgehen.
Neben USB- und Ethernet-Anschluss kann man auch einen analogen Line-Eingang nutzen, alle befinden sich auf der Rückseite des Diskus’ etwas unterhalb der Kreismitte. Bedienelemente sucht man zunächst vergebens, dennoch ist das wichtigste – die Lautstärkeregelung – im oberen Rand der Scheibe integriert. Streicht man zwischen den gedachten Zeigerstellungen von ca. „10 bis 2 Uhr“ über den Rand der Scheibe, kann man damit die Lautstärke des Systems erhöhen, verringern oder auch stumm schalten. Unkompliziert ist auch die Nutzung des A9 als AirPlay-System. Nicht nur iPhone oder iPad können kabellos als Musikdatenbank genutzt werden, sondern auch Tablets oder Smartphones mit Android-Betriebssystem …
… und schon ist die klingende Scheibe im eigenen heimischen Netzwerk eingeloggt. Hier blitzt noch einmal kurz unser angelerntes Misstrauen auf: Was so gut aussieht, kann doch nicht klingen! Und was gut klingt, pfeift normalerweise auf Design. Doch Bang & Olufsen war immer schon anders und, nebenbei bemerkt, auch schon immer sehr viel besser, als viele Highender und Audiophile wahrhaben wollen.
Ok, reden wir Klartext: Dieser knapp 2000 Euro teure Klangkörper klingt natürlich nicht wie ein penibel aufgestelltes und installiertes High-End-System mit zwei oder gar mehr Lautsprechern. Aber, liebe Freunde, genau das will der A9 meines Erachtens nach auch gar nicht. Und wo wir gerade so schön offen miteinander plaudern: Wollen Sie tatsächlich in jedem Raum eine „echte Anlage“ stehen haben? Na sehen Sie! Was haben Sie denn außerhalb Ihres „Hörraums“ – nur echt mit „Geräte-Altar“ und klangoptimiertem Umfeld – so alles stehen? Übrig gebliebene ältere Komponenten, die doch dann keiner mehr kaufen wollte, als diese für den nächsten Testsieger ausmustert wurden? Die Kompaktanlage der Kinder, die längst ausgezogen sind und die von Ihnen angebotenen Mitnahme dankend ablehnten? Vielleicht sogar Ihre alte Kompaktanlage aus der ersten eigenen Studentenbude?
Nun, überall dort könnte das A9-System das Beste sein, was Sie fürs Geld – und noch darüber hinaus – bekommen können. In meinem Büro beispielsweise, in meinem Arbeitszimmer und im gemeinsamen Besprechungszimmer, entpuppt sich diese Scheibe als die mit Abstand beste Alternative, die ich jemals dort gehört habe. Zudem kann sie, wenn gewünscht, auch einfach schnell mal in einen anderen Raum gestellt werden. In puncto Design ist sie ohnehin unschlagbar.

So, das war es dann also: eine nette Klangalternative, aber doch kein ernsthaftes Gerät für die Wiedergabe von Musik? Ein technisches und gestalterisches Meisterstück von B&O – wohl nur etwas für Leute, denen Stahlrohrmöbel mit Kuhfellen so wichtig sind, dass sie gerne in Kauf nehmen, darauf einfach nicht bequem sitzen zu können? Keineswegs.
Doch was machen wir, die ernsthaften Audiophilen? Wir stellen uns einfach weiterhin die meist hässlichsten Kisten in den Wohnraum, deren scharfe und heiße Kanten Haustiere in die ewigen Jagdgründe befördern können. Die neben hohen Stromrechnungen auch noch eine Affenhitze im Sommer erzeugen, deren Bedienfreundlichkeit und Zukunftssicherheit der eines Toasters aus den goldenen 50er Jahren entspricht. Aber hey, der Klang! Ja, der Klang unserer High-End-Boliden lässt uns das alles doch gerne in Kauf nehmen …
Und nun das: Der BeoPlay A9 sieht fantastisch aus, ist hervorragend verarbeitet, zukunftssicher, sparsam und, ja, er klingt auch noch fantastisch. Musik wird mit diesem System schnell wieder zu Hauptsache, die Technik zur Nebensache. Ein Wisch auf dem Smartphone und die Lieblingsmusik aus den eigenen Datenbanken erklingt in einer wirklich überraschend guten Qualität. Kein Warmlaufen, kein langwieriges Anschalten mehrerer separater Geräte (und das bitte in der richtigen Reihenfolge!), dafür im Sommer auch mal eben auf die Terrasse mitnehmbar. Kein Problem.
Kurz vor dem Rückversand der schicken Scheibe hatte ich diese in unserem Wohnraum stehen, in dem sich auch der Essbereich befindet – und mittendrin die „große“ Anlage. Dann passiert folgendes. Es ist Montag morgen, kurz nach 6 Uhr. Etwa 30 Minuten habe ich für mich allein, bis der Rest der Familie auch wach wird. Diese halbe Stunde Ruhe gehört mir. Mir allein. Ruhe. Ein heißer Tee und das langsame Hochfahren des Tages. Sehr selten höre ich dann etwas Radio (übrigens über ein B&O Beosound 3), meistens lasse ich die morgendliche Ruhe nur von den Geräuschen aus dem Garten unterlegen, die durch die offene Terrassentür gemeinsam mit der frischen Luft zu mir dringen. Doch an diesem Tag ist es anders. Ein Wisch über das iPad und schon erklingt Carl Philipp Emanuel Bachs Magnificat, eingespielt vom RIAS Kammerchor unter Hans Christoph Rademann. Der Sommermorgen hat noch eine fühlbare Kühle, der erste Tee am Morgen hat die gewohnte Stärke – und nun diese ergreifende Musik. Ich kenne das Werk sehr gut und ich liebe es, dies über die nun dunkel und stumm hinter dem A9 stehenden, mehrfach teureren Anlage zu hören. Aber dieses schnelle, unkomplizierte Reinhören in dieser morgendlichen Stille ist etwas ganz Besonderes. Mit nur einer Handbewegung erfüllt diese tief berührende Musik in ganz leiser Lautstärke den Raum, dessen Stille einem nur frühmorgens so außergewöhnlich vorkommt, und erschafft einen wirklich bemerkenswerten Tagesbeginn, denn ich so schnell nicht wieder vergessen werde.
Nach rund 20 Minuten höre ich unseren Sohn die Treppen herunterkommen; ein weiterer Wisch und der Raum ist wieder so still wie sonst. Jeden Morgen erzähle ich ihm eine von mir spontan erfundene kleine Geschichte, bevor wir gemeinsam den Tag mit einem Frühstück beginnen und er in den Kindergarten geht. An diesem Morgen ist es eine stark vereinfachte Version einer der alten griechischen Mythen: die um den alles sehenden Riesen Argos, dem es nicht gelingt, seine Ohren vor der Musik zu verschließen und deshalb von dem von Zeus geschickten Hermes mit seinen Flötentönen eingeschläfert wird. Das nicht ganz so kindgerechte Ende der Geschichte verschweige ich, muss aber gleichwohl etwas lachen, denn Argos hatte schließlich seine Liebe zur Musik mit seinem Leben bezahlt.
Vielleicht sollten wir alle wieder öfter weniger Misstrauen hegen und einige neue Ideen und Produkte der Elektronik-Branche weniger stark mit Argusaugen betrachten. Der BeoPlay A9 jedenfalls kann uns mehr als nur das Auge, sondern auch das Ohr unmittelbar und weit öffnen, kann uns unkompliziert und schnell der Musik sehr nahe bringen. Denn das, was man nur sieht, schafft immer eine Distanz, während einen die Musik immer direkt und tief berührt.
In diesem Sinne ist der BeoPlay A9 schon jetzt ein wahrer Klassiker!

 

Bang & Olufsen BeoPlay A9
Wireless-Aktivlautsprecher

Bestückung: 1 x 20-cm-Tieftöner (Bassreflex)‚ 2 x 7‚5-cm-Mitteltöner‚ 2 x 19-mm-Hochtöner
Verstärkerleistung: 1 x 160 W für Tieftöner‚ 2 x 80 W für Mitteltöner‚ 2 x 80 W für Hochtöner
Connectivity: Ethernet‚ WiFi via Apple AirPlay‚ Spotify Connect‚ DLNA Wireless Streaming‚ Analog Line In (Cinch)
Ausführungen: Gehäuse Schwarz oder Weiß‚ Stoffbezug Weiß‚ optional in Silber‚ Rot‚ Grün‚ Braun‚ Blau oder Schwarz‚ Massivholz-Beine in Ahorn‚ Buche‚ Eiche oder Walnuss
Besonderheiten: Wandhalterung optional‚ Bassanpassung
Maße (ø/H/T): 71‚1/90‚8/41‚1 cm
Gewicht: ca. 15 kg
Garantiezeit: 2 Jahre (nach Registrierung 3 Jahre)

www. bang-olufsen.com/de

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.