Ayon Audio – Hochleistungstrioden und kantenlose Lautsprecher
Beim Versuch, seine Träume zu verwirklichen, gelangt man früher oder später zu der Erkenntnis, dass die Verhältnisse oftmals anders sind, als man sie sich vorgestellt hat. Will man keine Kompromisse mehr eingehen, bleibt nur der Versuch, selbst die Kontrolle zu übernehmen. Einer solchen Entscheidung verdankte sich auch die Entstehung von Ayon Audio.
Als Gerhard Hirt und Stefan Fekete 1998 beschlossen, gemeinsam HiFi-Lautsprecher zu bauen, war dies für beide nur die logische Konsequenz aus einem Zusammentreffen gleicher Interessen und einander ergänzender Fähigkeiten. Hirt produzierte bereits seit vier Jahren zusammen mit einem italienischen Geschäftspartner unter dem Markennamen Vaic Audio Röhrenverstärker, in denen er Röhren des tschechischen Herstellers Alesa Vaic verbaute. Schon in seiner Schulzeit hatte der Steiermärker Radios und Röhrenverstärker zusammengebaut und sich 1990 im Alter von 26 Jahren mit dem HiFi-Vertrieb Living Sound selbstständig gemacht. Sein schneller geschäftlicher Erfolg führte ihm aber nur umso deutlicher vor Augen, dass das Verkaufen fremder Produkte ihn auf Dauer nicht befriedigen konnte: Um uneingeschränkt hinter einer Sache zu stehen und sich mit Leidenschaft für sie einsetzen zu können, musste er sie selbst in die Hand nehmen. Fekete arbeitete seinerzeit noch als Maschinenbauingenieur und Strömungstechniker in der Industrie, konstruierte daneben in seiner Freizeit aber schon seit Jahren professionelle Studiomonitore. Da seine neuen, zusammen mit Hirt auf den Markt gebrachten Produkte sich schnell großen Zuspruchs erfreuten, konnte er sich bereits zwei Jahre später ganz dem Lautsprecherbau widmen.
1999 wurde Vaic Audio in Ayon Audio umbenannt, nachdem die Namensähnlichkeit mit dem Röhrenhersteller, mit dem die Zusammenarbeit bereits im Jahr zuvor eingestellt worden war, insbesondere bei Kunden aus Übersee für Verwirrung gesorgt hatte. Nach Aussage von Hirt verbindet sich mit dem Ausdruck Ayon keine tiefere Bedeutung: Er habe schlicht nach einem eingängigen Markennamen englischen Ursprungs gesucht, der möglichst weit vorn im Alphabet stehen sollte. Tatsächlich findet sich das Wort „Ayon“ in keinem Lexikon; mit ein wenig Fantasie kann man es als Zusammensetzung aus den Wörtern „ay“ und „on“ interpretieren und etwa mit „Ja, ein!“ übersetzen. Im Jahr der Umbenennung wurde auch die Verstärkerproduktion von Italien nach Österreich verlegt, da der italienische Hersteller laut Gerhard Hirt mit den gestiegenen Ansprüchen an die Qualität der Produkte nicht mehr mithalten konnte. Um auch bei den Röhren die Kontrolle über die Produktqualität zu übernehmen und nicht länger von einem externen Produzenten abhängig zu sein, übernahm Hirt im Jahr 2000 einen Teil der ehemaligen Alesa-Vaic-Fabrik und begann eigene Leistungstrioden für die Ayon-Audio-Verstärker fertigen zu lassen. Als Produktionsleiter engagierte er Anton Schönfeld, den ehemals für die Röhrenproduktion zuständigen Chefingenieur des einstigen tschechoslowakischen Elektronikproduzentenverbunds TESLA. Ergänzend zur Ayon-Lautsprecherlinie riefen Hirt und Fekete 2001 die Premium-Marke Lumen White ins Leben.
Bei der Konstruktion seiner Lautsprecher profitierte Stefan Fekete von den Erfahrungen, die er im Rahmen seiner Arbeit als Strömungsmechaniker beim Geländemotorradhersteller KTM gewonnen hatte. Nach anfänglichen Experimenten mit herkömmlichen rechteckigen Boxen gelangte er zu der Erkenntnis, dass es im Lautsprecher- ebenso wie im Motorenbau darum geht, die im System auftretenden Schwingungen unter Kontrolle zu bringen: Während es bei einem Zweitaktmotor darauf ankommt, die Form der Auspuffanlage an die Schwingungseigenschaften der ausströmenden Gase anzupassen, muss beim Lautsprecher dafür gesorgt werden, dass die Schallwellen in seinem Inneren sich nicht unkontrolliert am Gehäuse brechen und dadurch das Zeitverhalten der unterschiedlichen Frequenzen verfälscht wird. Um durch Ecken und Kanten hervorgerufene Resonanzen zu unterbinden, entwarf Fekete eine ovale Gehäuseform und konnte somit auch auf Dämmmaterialien verzichten, die bei konventionellen Lautsprecherboxen zur Verhinderung derartiger Kanteneffekte eingesetzt werden.
Bei den Chassis seiner Drei- und Vierwege-Lautsprecher, die sich durch hohen Wirkungsgrad auszeichnen, setzt er aufgrund ihrer für ihn unübertroffenen Transparenz und Effizienz auf Keramikmembranen. Für die Tieftöner entwickelte Fekete eine auf strömungstechnischen Prinzipien basierende Absorbertechnik namens „Air Flow Vent“, bei der eine luftdurchlässige gedämmte Wandung Längenresonanzen im rückseitigen Bassreflexrohr unterbindet. Da der ausgefeilte Innenaufbau zudem auch die Dämmung von Hohlräumen weitgehend obsolet macht, kann die Luftsäule im Reflextunnel relativ stark angeregt werden, was sich in einem besonders kräftigen Tiefbass bemerkbar macht. Neben seiner Arbeit für Ayon und seine Studiomonitorfirma Musik Link war Stefan Fekete ab 2005 Chefentwickler der neugegründeten HiFi-Lautsprechermanufaktur Consensus Audio Engineering, bis er 2010 einem Krebsleiden erlag.
Mittlerweile sind bei Ayon Audio und Lumen White eine Reihe von Experten mit der Entwicklung der unterschiedlichen Produktlinien betraut. 2002 wurde der erste Single-ended-Röhrenvollverstärker auf den Markt gebracht, drei Jahre später präsentierte Ayon Audio mit dem Spheris seinen ersten Vorverstärker, der über ein Regenerator-Röhrennetzteil verfügte. Im Jahr darauf folgte mit dem ersten CD-Player die Erweiterung des Portfolios auf eine digitale Produktlinie, zu der inzwischen neben CD-Spielern auch Digital-Analog-Wandler und Netzwerkspieler mit Ausgangsstufe und Gleichrichtung auf Röhrenbasis gehören. Abgesehen von Kopfhörer- und Phonovorverstärkern zählt zum Ayon-Audio-Sortiment außerdem eine Kabellinie. Bei den gegenwärtigen drei Ayon-Lautsprechermodellen handelt es sich um Vierwege-Konstrukte mit Superhochtöner. Die drei Lumen-White-Modelle sind geprägt von ihrem charakteristischen Woofer-Trio. Das 2015 in einer Anniversary-Version präsentierte Spitzenmodell White Light kann optional mit einer Diamantmembran für den Hochton ausgestattet werden. Darüber hinaus umfasst die Marke auch den Plattenspieler Mystere.
Wie wichtig es Gerhard Hirt ist, bei seinen Produkten nichts dem Zufall zu überlassen, zeigt die Sorgfalt bei der Herstellung: Die Gehäuse für die Lautsprecher werden in drei Arbeitsschritten in verschiedenen Schreinereien in der Steiermark aufwendig von Hand nach präzisen Vorgaben gefertigt und zusammengebaut. Um die Holzplatten aus Mehrschichtbirkenholz, das auch im Musikinstrumentenbau verwendet wird, in die gewünschte ovale Form zu bringen, müssen die Gehäusehalbschalen 15 Stunden bei einem Druck von 7000 Kilogramm pro Quadratzentimeter in einer Presse verharren. Perfektionistisch bis ins Detail erfolgt auch die Fertigung der Elektronikkomponenten: So verwendet man etwa für die Röhren besonders temperaturbeständiges, normalerweise im Laborbereich verwendetes Glas und Glühdrähte aus Gold. Die Kathoden werden mit einer Zirkoniumschicht überzogen, ein definierter Schweißnahtverlauf sorgt für eine sehr hohe Präzision bei der Fertigung der Hochleistungs-Trioden.
Gerhard Hirt ging es nach eigener Aussage stets um eine „Verbindung von State-of-the-Art-Entwicklungen mit der unwiderstehlichen alten Röhrentechnik“, um auf diese Weise einen „schnellen, offenen, transparenten, holografischen und flüssigen Sound mit berührenden Klangfarben“ zu schaffen, wie es ihn früher nicht gegeben habe, da es lange nicht möglich gewesen sei, mit Röhrentechnik den Bass wirklich zu kontrollieren. Nach seiner Erfahrung führen diese Klangeigenschaften insbesondere in Kombination mit gut produzierten Klassik-Aufnahmen, Jazz und „mystischer“ Rock- und Popmusik à la Dead Can Dance oder auch Ry Cooder auf seinem Soundtrack zum Wenders-Film Paris, Texas zu einer ausgeprägten dreidimensionalen Bühne. Im Übrigen seien Röhren allein aufgrund der einfacheren Schaltkreise und der geringeren Zahl der involvierten Komponenten Transistoren klanglich überlegen, da der kürzere Signalweg zu einem reineren Musiksignal führe. Zu den technischen Entwicklungen von Ayon Audio gehört auch der 2010 eingeführte „Auto-Fixed Bias“ (AFB), ein Schaltkreis, der für eine optimale Einstellung der Steuerspannung (Bias) zwischen Kathode und Steuergitter sorgen soll, ohne dass dies zu Beeinträchtigungen bei Klang oder Leistung führt, wie sie bei herkömmlichen Auto-Bias-Schaltungen vorkommen können.
Heute verfügt die aus den Firmen Living Sound, Ayon Audio und Lumen White bestehende Unternehmensgruppe von Gerhard Hirt über sieben Produktionsstätten in Österreich, Italien und Tschechien mit 25 Mitarbeitern. Die Produkte werden in über fünfzig Länder exportiert, neben der EU gehören die USA und Russland zu den wichtigsten Absatzmärkten. Daneben erfreuen sich die Röhrenelektronik und die Lautsprecher seit der Markteinführung der ersten Lumen White auch in asiatischen Ländern wie China, Taiwan und vor allem Japan großer Beliebtheit. Laut Hirt schätzt man dort insbesondere den kantenlosen und bedämpfungsfreien Bau der Lautsprechergehäuse sowie die Verwendung von Birkenholz anstelle des sonst üblichen MDF als Gehäusematerial. Während die Innenverkabelung der Lautsprecher von Shunyata aus den USA bezogen wird, stammen die Stecker von der Essener Firma WBT, die Frequenzweichen vom Kölner Unternehmen Mundorf und die Membranen von Thiel & Partner in Pulheim. Die Leiterplatten der Elektronik werden zum größten Teil in Österreich gefertigt, lediglich für die weniger hochpreisigen Einsteigermodelle kommen sie aus Taiwan, die Endmontage findet jedoch immer in der Steiermark statt.
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