Verzerrungsarmut und Belastbarkeit der neuen Ayon sind beeindruckend‚ und über das Bi-Wiring-Terminal freut sich auch die Messtechnik.
Das Messlabor
Alle Messungen werden mit dem PC-basierten Messsystem „Monkey Forest“ mit einer Auflösung von 1 Hz oder kleiner bei einer Abtastrate von 96 kHz durchgeführt. Als Messmikrofon wird eine B&K-Kondensatorkapsel des Typs 4939 mit ¼” Durchmesser eingesetzt, dazu ein Impedanzwandler des Typs 2670. Zusammen mit einer Kompensationsdatei erlaubt diese Kombination präzise Messungen bis 40 kHz. Die Signale des Messmikrofons werden mit einem B&K-Messverstärker des Typs 2610 verstärkt, bevor sie von einem hoch präzisen 24 bit/96 kHz-Messfrontend für die Messsoftware zugänglich gemacht werden. Auf der Ausgangsseite stehen zwei kleine 20-Watt-Messverstärker für die Standardmessung zur Verfügung. Wenn es einmal ernst wird und Bedarf nach viel Leistung besteht, kommen eine Crown Reference I oder eine Crown I-T12000 HD zum Einsatz. Der Messraum ist als reflexionsarmer Halbraum mit einem absolut schallharten Granitboden aufgebaut und ermöglicht Freifeldbedingungen ab ca. 100 Hz aufwärts. Das Messmikrofon wird immer auf dem Boden platziert, sodass es für das Mikrofon keine sichtbaren Reflexionen von der Bodenfläche gibt. Messungen für den Frequenzbereich unterhalb von 100 Hz werden als Nahfeldmessungen direkt vor den Quellen durchgeführt und später in der Software mit der Fernfeldmessung automatisch kombiniert. Die Messentfernung sollte einer typischen Hördistanz entsprechen und kann maximal acht Meter betragen. Kleine Lautsprecher werden meist in zwei, größere in vier oder acht Meter Entfernung gemessen.Elektrische Impedanz
Die Ayon Black Hawk ist als klassisches 3-Wege- System mit passiver Weiche aufgebaut. Wer ein mögliches Übersprechen zwischen den Filterzweigen der Weiche verhindern möchte, kann auf Bi-Wiring- Betrieb umstellen und so den Tieftonzweig und den Mittelhochtonzweig mit getrennten Kabeln zur Endstufe führen, die dann, einen hinreichenden Dämpfungsfaktor einmal vorausgesetzt, vagabundierenden Strömen zwischen den Filterzweigen den Garaus macht. Für das Messlabor bietet das Bi-Wiring-Terminal zudem noch den Vorteil, dass die Wege einzeln vermessen werden können, was einen besseren messtechnischen Einblick in die Box bedeutet. Abbildung 1 und 2 zeigen dazu zunächst die Verläufe der elektrischen Impedanz in Betrag und Phase. Sehr gut ist hier zu erkennen, wie für den Tieftonweg (rot) mit Tiefpassfilter im Signalweg der Betrag der Impedanz zu den hohen Frequenzen hin ansteigt und sich die Phase schnell dem Wert von + 90° nähert. Letzteres bedeutet eine rein induktive Last, die durch die Serienspule im Tiefpassfilter bei hohen Frequenzen entsteht. Komplementär dazu verhält sich der Mittelhochtonzweig (blau) mit einem Hochpassfilter, wo eine Serienkapazität die Impedanz zu den tiefen Frequenzen hin ansteigen lässt, um dann auf einen Phasenwinkel von – 90° hinauszulaufen. Beides zusammen ergibt den Verlauf der Box als Ganzes (grüne Kurven), wo sich ein Impedanzminimum von 5,3 ? bei 93 Hz erkennen lässt sowie eine Abstimmung des Bassreflexgehäuses auf 35 Hz.
Frequenz- und Phasengang
Bei der Frequenzgangmessung bietet das Bi-Wiring ebenfalls die Möglichkeit, die Messungen für Tieftöner und Mittelhochtoneinheit separat vorzunehmen. Die Messung erfolgt in diesem Fall inklusive der zugehörigen Filter, die immer im Signalweg liegen. Wie sich an den Einzelkurven und der daraus resultierenden Summenkurve in Abbildung 3 erkennen lässt, spielen beide Wege gut zusammen und addieren sich zu einem weitgehend gleichmäßigen Gesamtverlauf mit einer leichten Mittensenke bei 1 – 2 kHz. Die mittlere Sensitivity zwischen 100 Hz und 10 kHz liegt bei beachtlichen 90,2 dB, sodass die Black Hawk auch mit kleineren Endstufen gut zurechtkommen sollte. Die Eckfrequenzen mit 6 dB Pegelabfall gegenüber diesem Wert liegen bei 41 Hz und bei 27,6 kHz, was für eine Box dieser Größe standesgemäß ist. Der Air-Motion-Transformer verabschiedet sich oberhalb von 30 kHz mit einem gleichmäßigen Abfall, ohne durch Resonanzen oder sonstige Artefakte aufzufallen. Der zugehörige Phasengang aus Abbildung 4 ist wenig spektakulär und spiegelt weitgehend den minimalphasigen Anteil der 3-Wege-Kombination wider. Am unteren Ende des Übertragungsbereiches gibt es 360° Phasendrehung, bedingt durch das Hochpassverhalten 4. Ordnung des Bassreflexgehäuses. Im weiteren Verlauf dreht sich die Phase um weitere 360° durch Übergänge zwischen den Wegen mit Filtern 2. Ordnung. Im Datenblatt wird die Weiche mit „Crossover magnetic field interaction control“ (CMFiG) beschrieben. Eine weitere Erklärung bleibt man jedoch leider schuldig. Schaut man sich die mit äußerst edlen Bauteilen bestückte passive Weiche an, dann fällt auf, dass drei der vier Luftspulen liegend und eine senkrecht stehend montiert ist. Es könnte also damit gemeint sein, dass versucht wird, die Spulen so anzuordnen, dass sich ihre Felder gegenseitig möglichst wenig beeinflussen. In der Sprungantwort von Abbildung 5 spiegelt sich der Phasenverlauf aus Abbildung 4 wider. Ein Zeitversatz zwischen den Wegen ist daraus nicht abzuleiten. Der Verlauf der Sprungantwort entspricht weitgehend dem, was durch ein Hochpassfilter 4. Ordnung entsprechend dem Bassreflexgehäuse und den beiden X-Over-Filtern 2.Ordnung entsteht. Im Spektrogramm von Abbildung 6 zeigt sich das Ausschwingverhalten der Black Hawk. Unterhalb von 1 kHz – und hier vor allem unterhalb von 500 Hz, im Arbeitsbereich des Tieftöners – ist die eine oder andere kleine Resonanz zu erkennen. Vermutlich gehen diese Resonanzen auf Gehäusemoden zurück. Für den Tieftöner ist dies so zu erklären, dass relativ wenig Dämmmaterial verwendet wurde. Der Entwickler befindet sich ja immer im Zwiespalt zwischen einer hinreichenden Bedämpfung der Gehäusemoden und einer damit einhergehenden Überdämpfung für den Bassreflexresonator des Tieftöners. Vermutlich hat man hier durch entsprechende Hörproben einen gangbaren Kompromiss ausgelotet. Das räumliche Abstrahlverhalten der Black Hawk wird durch die jeweilige Strahlerfläche der drei Wege und deren Trennung bestimmt. Spezielle Schallführungen im Sinne von Waveguides o. Ä. gibt es hier nicht. In der horizontalen Ebene schnüren sich die Isobaren (Abbildung 7) langsam und kontinuierlich von 180° unterhalb von 1 kHz bis auf 40° bei 20 kHz ein. Sprungstellen gibt es trotz der sehr unterschiedlichen Ausdehnungen der drei Quellen in den Isobaren nicht, da die Frequenzweichenfilter mit einer eher geringen Steilheit einen fließenden Übergang ermöglichen. Für die vertikalen Isobaren (Abbildung 8) sind die Auswirkungen deutlich ausgeprägter. In den weit gefassten Übergangsbereichen bei 400 Hz und bei 4 kHz arbeiten entweder Tief- und Mitteltöner oder Mittel- und Hochtöner zusammen, wodurch ein ausgedehnter Strahler mit einem entsprechend engen Richtverhalten entsteht. Zwischen den beiden Engstellen bei den Trennfrequenzen weiten sich die Isobaren – dort, wo der Mitteltöner alleine agiert – wieder auf. In den Höhen macht sich dann die Länge des Air-Motion- Transformers bemerkbar, der sich hier wie eine kleine Linienquelle verhält und entsprechend scharf und mit der Frequenz zunehmend bündelt. Das insgesamt enge vertikale Abstrahlverhalten bietet den Vorteil, dass der Raum und hier vor allem Reflexionen vom Boden und von der Decke weniger stark angeregt werden. Andererseits erzwingt es aber auch eine passgenaue Hörposition, wo sich die Ohrhöhe des Zuhörers auf Höhe der Mittelhochtoneinheit der Lautsprecher befinden sollte.
Maximalpegel und Verzerrungen
Für die Verzerrungsmessungen wurden die beiden üblichen Messverfahren mit Sinusbursts und einem Multisinussignal angewandt. Wir betrachten dazu zunächst eine Messreihe aus Abbildung 9, bei der Verzerrungsgrenzwerte von 3 % und 10 % vorgegeben wurden und dann ermittelt wurde, welchen maximalen Schalldruck der Lautsprecher dabei bezogen auf 1 m Entfernung unter Freifeldbedingungen erreicht. Zusätzlich gibt es in diesem Messalgorithmus noch eine Leistungsbegrenzung, um wenig verzerrende Lautsprecher nicht irgendwann durch eine Überlastung zu zerstören. Die Messung erfolgte mit 185 ms langen Sinusburst- Signalen. Für die Black Hawk betrug die maximal zugeführte Leistung entsprechend der Angabe aus dem Datenblatt für die höchste empfohlene Verstärkerleistung 200 W. Dort, wo beide Kurven zusammenfallen, wurde die Messung also durch den Leistungswert begrenzt und nicht durch die Verzerrungen. Die zusätzlich noch in das Diagramm von Abbildung 9 eingezeichneten grünen Kurven zeigen den rechnerisch möglichen Wert, der sich aus der Sensitivity von 1 W/1 m und der maximalen Leistung von 200 W (+ 23 dB) ergibt. Bei dieser Art Messung ist gut zu erkennen, wo die Box in puncto Verzerrungen Stärken und Schwächen hat. Die Stärken sind hier der Hochtöner, aber auch der Tieftöner. Der Mitteltöner fällt demgegenüber mit einem Einbruch der Kurve etwas ab. Die Messung der Intermodulationsverzerrungen wurde mit einem Mittlungspegel von 85 dBA in einer typischen Hörentfernung von 4 m unter Freifeldbedingungen durchgeführt. Der Spitzenpegel bei dieser Messung, ebenfalls in 4 m Entfernung, betrug dabei 101 dB. Als Testsignal wurde ein Multisinus mit 60 Anregungsfrequenzen und einer Gewichtung nach EIA-426B für ein mittleres Musiksignal genutzt. Das Signal hatte einen Crestfaktor von 12 dB. Die Grafik aus Abbildung 10 zeigt dazu das Spektrum des Anregungssignals (grüne Kurve), das gemessene Spektrum des vom Lautsprecher abgestrahlten Signals (rot) und die daraus extrahierten Verzerrungsanteile (blau). Beides wird mit einzelnen Spektrallinien und in 1/6 Oktavbandbreite aufsummiert dargestellt. Der Gesamtverzerrungsanteil (Harmonische und Intermodulationen THD + IMD) liegt A-bewertet für den Abhörpegel von 85 dBA Leq in 4 m Entfernung bei extrem geringen – 38 dB entsprechend 1,25 %. Dazu wäre noch anzumerken, dass ein äquivalenter Dauerschallpegel von 85 dBA bereits sehr laut ist. Dieser Wert wurde hier für einen einzelnen Lautsprecher unter Freifeldbedingungen angesetzt. In der Regel wird man mit zwei Lautsprechern hören (+ 3 dB) und auch nicht im Freien, sodass noch mal – je nach Raumakustik des Hörraumes – eine Größenordnung von 2 – 3 dB durch das Diffusfeld dazukommen. Um mit einem Stereo-Set im Raum einen Abhörpegel von 85 dBA zu erreichen, wird eine Verstärkerleistung von ca. 3 W RMS bereits ausreichend sein. Die mögliche Peakleistung sollte jedoch mindestens um den Faktor 10 höher liegen, da sonst die Signalspitzen bei dynamischer Musik beschnitten und verzerrt werden.
Fazit Messwerte
Die Black Hawk von Ayon ist ein klassisches 3-Wege-System mit einem 12″-Tieftöner im Bassreflexgehäuse, einem 5,5″-Konusmitteltöner und einem Air-Motion-Transformer als Hochtöner. Mit einer Sensitivity von 90 dB eignet sich die kräftige Standbox bestens für gehobene Pegel und/oder große Räume. Dass diese Aussage nicht nur theoretischer Natur in Anbetracht der Sensitivity und Belastbarkeitswerte ist, zeigen unsere Messungen eindrucksvoll. Bei gehobenen Pegeln von 85 dBA Leq in 4 m Entfernung unter Freifeldbedingungen erreicht die Black Hawk einen Verzerrungswert von gerade einmal 1,25 %. Auf der elektrischen Seite zeigt sich die Box in der Impedanzkurve unkritisch und gutmütig. Das Abstrahlverhalten ist horizontal noch relativ breit, vertikal jedoch bedingt durch die Bauart eher eng, weshalb die Ohrhöhe des Hörers exakt auf Achse der Mitteltoneinheit liegen sollte.